Among The Kings!
Das «Big Four»-Mitglied Anthrax beehrte an diesem Mittwochabend das Komplex 457 in Zürich. Scott Ian und Co. zeigten eine sackstarke Thrash-Show. Auch die Vorgruppe The Raven Age konnte überzeugen. Gewinner des Abends war allerdings die Location selbst, da es dieses Mal zu (fast) keinen Soundproblemen kam. Alles Weitere folgt in den nun nachfolgenden Zeilen.
Die vier Grossen des Thrash Metal sind allesamt Legenden. Rein vom Popularitäts-Ranking her würde ich persönlich allerdings Metallica und Slayer auf Rang eins bzw. zwei sehen. Platz drei geht an Dave Mustaine und seinen Mannen von Megadeth. Und an letzter Stelle würden dann Anthrax folgen. (Anm. von pam: Das sehe ich persönlich etwas anders … rein kommerziell haste recht, aber vom Einfluss auf den Metal würde ich Anthrax an zweiter Stelle nach Metallica stellen … Anthrax haben den Crossover lanciert … auch wenn daraus nicht nicht Gutes gedeihte …). Verstecken müssen sich die Herren rund um Sänger Joey Belladonna allerdings keinesfalls. In der Vergangenheit durfte ich bereits einige starke Auftritte der New Yorker erleben. Zuletzt kreuzten sich unsere Pfade am Allmend rockt-Festival in Luzern. Dort hatten Anthrax für meinen Geschmack allerdings einen etwas zu kurzen Auftritt. Auch die Vorgruppe des heutigen Abends stand bereits in Luzern auf der Bühne. Steve Harris-Sprössling George und seine Kollegen konnten mich damals überzeugen in sind mir in bester Erinnerung geblieben. Ich bin gespannt, wie die beiden Gruppen am heutigen Abend abschneiden werden.
Offenbar rechnet der Veranstalter nicht gerade mit einem gigantischen Publikumsansturm. Grosse Teile des Komplex‘ sind abgesperrt und gar nicht erst zugänglich. Zudem müssen – aufgrund der Sicherheitsbegehren der Künstler – Rücksäcke und Taschen zwingend an der Garderobe abgegeben werden. Erwartet werden circa 600 Nasen. Zumindest teilt mir dies ein Security-Mitarbeiter so mit. Für einen Namen wie Anthrax ist dies eher ein unwürdiges Publikum Andererseits erlebt man ein Mitglied der «Big 4» nicht alle Tage in einem verhältnismässig kleinen Rahmen.
Merch-Einkäufe wird es für mich heute Abend keine geben. CHF 80.00 für einen Pullover sind dann doch etwas gar ungesund für das eigene Portemonnaie. Zudem überzeugen mich die Designs nicht. Da spende ich doch lieber der Bierindustrie ein kleines Sümmchen. Und nun wird es aber so langsam Zeit für Musik.
THE RAVEN AGE
Um 20 Uhr starten die Jungs von The Raven Age mit ihrer Show. Namenstechnisch dürfte wohl George Harris das bekannteste Mitglied der Londoner Truppe sein. Exakt, es handelt sich bei ihm um den Sohnemann von Iron Maiden-Bassist Steve Harris. Im Gegensatz zu seinem Vater spielt George allerdings Gitarre. Sein Basecap hat er dabei frech verkehrt herum montiert. Hauptanimateur auf der Bühne ist allerdings sein Kollege Matt Cox am Bass. Immer wieder stachelt er das Publikum an. Diese Energie wirkt jedoch offenbar leider nur auf die erste Reihe ansteckend. Die übrigen Metalheads stehen regungslos in der Gegend herum und lauschen den Klängen auf der Bühne. Immerhin lassen sie sich ab und an zu einem Anstandsapplaus motivieren. Drummer Jai Patel besticht mit seinen Jongleur-Fähigkeiten und lässt seine Sticks munter umherdrehen.
Soundtechnisch spielen The Raven Age eine Art melodischen Groove Metal. Im Fokus der Setlist steht die am Freitag erscheinende Debüt-Platte «Darkness Will Rise». Die Briten haben da durchaus ein paar ansprechende Hymnen am Start. Der mit Löwenfrisur ausgestattete Sänger Michael Burrough verfügt über ein angenehmes Stimmorgan. Ausser 1-2 «Kurz-Entgleisungen» mit einem überdrehten Bass bleibt die Sound-Abmischung stabil. Dagegen ist die Beleuchtung nicht immer sonderlich «foto-freundlich». Allenfalls haben meine Profi-Kollegen im Graben ja etwas mehr Glück.
Nach gut 40 Minuten geht der durchaus solide Auftritt von The Raven Age zu Ende. Die Band kann ich nach wie vor mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Wir werden sicherlich noch einiges von ihnen zu hören bekommen.
ANTHRAX
Was hat der Headliner heute Abend für uns geplant? Definitiv ein echtes «Zückerli». Scott Ian und Co. werden nämlich die gesamte 1987er-Platte «Among The Living» durchspielen. Die Scheibe gilt als kommerzieller Durchbruch der Band. Abgerundet wird das Set durch ein paar zusätzliche Songs, über welche die Fans im Vorfeld via Online-Voting abstimmen konnten. Ich bin jedenfalls sehr gespannt.
Die Herren schreiten mit zwanzigminütiger Verspätung um 21.20 Uhr auf die Bühne. Die Menge tobt. Sofort ertönen die markanten Gitarren-Riffs des Album-Titeltracks. Bereits jetzt fliegen von allen Seiten munter Haare durch die Luft. So hat Thrash Metal zu klingen! Verschnaufpause? Gibt’s nicht. Anthrax machen direkt mit ihrer Über-Hymne «Caught In A Mosh» weiter. «Gemosht» wird nun auch fleissig im Publikum. Der Saal scheint aufgewacht zu sein. Jetzt ist hier definitiv etwas los, na halleluja. Joey Belladonna ist stimmlich in Hochform. Die Töne – und vor allem die schrillen Schreie – sitzen. Ziegenbärtchen-Meister und Rhythmus-Gitarrist Scott darf sich selbstverständlich mit seinem Gebrüll an den Vocals beteiligen.
1:1 behalten die Herrschaften die Albumreihenfolge allerdings nicht bei. Scott meinte dazu in einem BBC-Interview Folgendes: «… Und nach drei Shows haben wir entdeckt, dass die Album-Reihenfolge live nicht funktioniert. Also haben wir das Ding ein wenig umgebaut, um eine Dynamik zu erzeugen, die auf der Bühne besser funktioniert». Aus diesem Grund folgt nun als Einschub «One World» und nicht «I Am The Law». Der Gesetzes-Song wird dann allerdings umgehend nachgelegt. Der Mann hinter den Drums gibt vollen Einsatz. Aber Moment einmal, das ist ja gar nicht Charlie Benante. In der Tat handelt es sich bei diesem Herrn um Jon Dette. Aufgrund seiner Hand-OP im Sommer 2013 kann Charlie jeweils nicht eine ganze Tour über sich ergehen lassen. Jon hat ihn übrigens schon in vergangenen Jahren vertreten. Er macht auch heute Abend einen soliden Job. Aber Mister Benante ist da natürlich schon nochmals ein ganz anderes Kaliber.
Songtechnisch geht es nun treu in der Reihenfolge der Albumtracklist weiter. Es folgen das schnelle «A Skeleton In The Closet», «Efilnikufesin (N.F.L.)», «A.D.I./Horror Of It All» und die nicht zu unterschätzende Hymne «Indians». Joey steht in der zweiten Showhälfte zudem plötzlich mit Mütze auf der Bühne. Penner-Look? Oder betreibt er einfach Werbung für die Anthrax-Merch-Artikel? Ich kann es nicht eruieren. Bassist Frank Bello und Scott rennen stets die Treppchen zu Drummer Jon rauf und runter. Altmetall sind die Herren definitiv noch nicht. Mit «Imitation Of Life» endet schliesslich der «Among The Living»-Teil des heutigen Konzertabends. Welche Tracks werden uns Anthrax wohl noch als Bonus servieren?
Die Antwort auf diese Frage folgt wenige Sekunden später in Form des Songs «Fight ‘Em ‘Til You Can’t». Das ist einer meiner Lieblings-Anthrax-Songs. Herzlichen Dank dafür. Mit «Breathing Lightning» wird schliesslich auch die neuste Platte «For All Kings» berücksichtigt. Total Publikums-Eskalation bringt allerdings der darauffolgende Track mit sich. Zeit für die Irrenanstalt. Das Komplex wird zum ultimativen «Madhouse». Es gibt kein Halten mehr. Nach dem nächsten Song – «Blood Eagle Wings» verschwinden die Thrash Metal-Veteranen von der Bühne. Lange müssen die Fans aber nicht auf sie verzichten. Joey kehrt mit einem Grinsen im Gesicht und kündigt den letzten Song des Abends an: «Antisocial». Ohne den hätten sie uns definitiv nicht stehenlassen dürfen. Ein würdiger Abschluss eines überragenden Auftritts.
FAZIT
Hammermässig! Definitiv eines der besseren Events im doch noch jungen Konzert-Jahr 2017. The Raven Age waren solide und Anthrax schlichtweg überragend. Zudem hat heute Abend die Technik im Komplex souverän mitgespielt. Dies war in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall. Der nun folgende Abschlusskommentar mag zwar total unrealistisch sein, aber er gehört trotzdem hier rein. Drei der «Big Four» spielen (oder spielten) in diesem Jahr im Komplex. Anthrax durften wir ja heute Abend erleben. Slayer kommen im Juni und dann folgen Megadeth im August. Wer fehlt? Genau, Metallica *zwinker*
Setliste – The Raven Age
- Uprising
- Promised Land
- The Death March
- Eye Among the Blind
- The Merciful One
- Salem’s Fate
- Angel in Disgrace
Setliste – Anthrax
- Intro
- Among The Living
- Caught In A Mosh
- One World
- I Am The Law
- A Skeleton In The Closet
- Efilnikufesin (N.F.L.)
- A.D.I./Horror Of It All
- Indians
- Imitation Of Life
- Fight ‘Em ‘Til You Can’t
- Breathing Lightning
- Madhouse
- Blood Eagle Wings
- Antisocial