Die neue Zürcher-Konzerthalle bescherte dem Publikum an diesem Samstag einen Abend mit Höhen und Tiefen. Der überragenden Korn-Show standen die massiven, technischen Probleme von Heaven Shall Burn gegenüber. Mit Ach und Krach legten die Deutschen dann immerhin noch ein 30-Minuten-Set auf das Parkett. Alle weiteren Details sind im nachfolgenden Konzertbericht ersichtlich.
Beim «Rock Monsters Of Switzerland»-Event durfte ich noch als Gast-Autor bei unserer Berichterstattung mitmischen. Heute Abend folgt nun mein erster, offizieller «Headliner»-Schreibeinsatz in der Samsung Hall. Auf der Speisekarte stehen die Klänge von Hellyeah, Heaven Shall Burn und Korn. Zu den beiden letztgenannten Truppen habe ich schon persönliche Konzerterfahrungen gesammelt. Insbesondere Heaven Shall Burn dürfen sorglos als Stimmungskanonen und Live-Macht bezeichnet werden. Hellyeah – die Truppe rund um Ex-Pantera-Drummer Vinnie Paul – sind mir dagegen (noch) kein Begriff.
In der Halle trifft man zahlreiche vertraute Gesichter. Einige haben bereits ordentlich etwas im Tank. Da am Nachmittag der «Züri Raid» über die Bühne ging, wurden wohl einige Metalhead-Lebern bereits etwas strapaziert. Heute Abend finde ich mich in der Location schon etwas besser zurecht. Relativ zackig geht’s hinein in den Bühnensaal. Wo bei Gotthard und Co. noch Absperrband eingesetzt wurde, stehen heute Abend massive Wellenbrecher. Offenbar rechnen die Veranstalter mit etwas heftigeren Publikumsaktivitäten, was angesichts dieses Line Up’s allerdings nur allzu verständlich ist.
Korns aktuelle Europatournee nimmt in Dübendorf ihren Anfang. Bevor die Altmeister des Nu Metal auf die Bühne kommen, dürfen Heaven Shall Burn und Hellyeah dem Publikum ordentlich einheizen. Mein Grüppchen platziert sich im vorderen Saalbereich auf der rechten Bühnenseite. Noch ist die Halle nicht überfüllt und wir erfreuen uns an ausgezeichneter Sicht auf die Bühne. Da der Soundcheck ziemlich laut um die Ecke kommt, schicke ich meine AXA-Ohrenstöpsel schon einmal präventiv in die Schlacht. Ausnahmsweise hätte ich nix gegen eine leichte Regulierung der Lautstärke einzuwenden. Ich bin gespannt, wie sich die Situation dann bei den Auftritten selbst präsentieren wird.
HELLYEAH
Um halb acht betrifft der Opening-Act die Spielfläche. Bei meiner geforderten Lautstärken-Anpassung hat man aber offenbar ebenfalls den Mikrofon-Knopf von Frontmann Chad Lee Gray in Mitleidenschaft gezogen. Ihn respektive sein Stimmorgan hört man zu Beginn nämlich praktisch nicht. Glücklicherweise können die Herren Techniker dieses Problem ziemlich rasch lösen. Danach erleben wir eine solide Metal-Show mit sehr bewegungsfreudigen Musikern auf der Bühne. Chad verfügt über eine äusserst kräftige Stimme. Der Fokus liegt heute Abend allerdings auf dem Mann hinter der Schiessbude: Vinnie Paul. In der Mitte des Hellyeah-Sets stehen dann plötzlich einzelne Mitglieder von Korn mit einer Geburtstagstorte auf der Bühne. Diese wird dem strahlenden Vinnie überreicht. Coole Geste. Happy Birthday!
Das Publikum wirkt jedoch noch etwas unterkühlt und lässt sich nicht wirklich aus der Reserve locken. Glücklicherweise scheint Chad die richtigen Worte parat zu haben. «We are one happy metal family!». Jetzt ist ihm der Saal hörig. Als Belohnung gelingt gar die Durchführung eines Mini-Circle Pits. Danach geht der halbstündige Gig bereits wieder zu Ende. Mir persönlich hat das Dargebotene gut gefallen. Hellyeah würde ich mir sicherlich wieder einmal zu Gemüte führen.
HEAVEN SHALL BURN
Auf den nächsten Act des Abends freue ich mich besonders. Heaven Shall Burn sind echte Live-Götter und können das Publikum stets mitreissen und motivieren. Wer schon einmal die gigantischen und rekordverdächtigen Circle Pits am Wacken Open Air erlebt hat weiss, wovon ich spreche. Bei mir sorgt immer ein bestimmter Punkt während Heaven Shall Burn-Shows für dezente Lachanfälle. Und zwar spreche ich vom Kontrast zwischen der extremen, bösartigen Musik der Band und Sänger Marcus Bischoffs Ansagen, die er jeweils mit seinem witzigen Thüringer-Dialekt vorträgt. Urkomisch.
Eigentlich hätte die Show um zwanzig nach acht starten sollen. Beim nächsten Kontrollblick auf die Uhr haben wir allerdings bereits kurz vor neun. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit. Solch eine grosse Verspätung kann nichts Gutes bedeuten. Plötzlich taucht dann Marcus auf der Bühne auf. Sie hätten erhebliche Probleme mit der Technik gehabt und könnten jetzt nur noch 2-3 Songs spielen. Enttäuschung pur.
Zackig kommt danach die ganze Band auf die Bühne und dann geht wilde Fahrt mit den Hymnen «Black Tears» und «Voice Of The Voiceless» schon einmal sehr gut los. Marcus und Co. präsentieren sich schwungvoll und energiegeladen wie und je. Dann urplötzlich die positive Botschaft. Die Band erhält «grünes Licht» für ein paar zusätzliche Songs. Faire Sache. Die Halle kommt somit noch in den Genuss von «The Omen», «Counterweight», «Endzeit» und «Bring The War Home». Untermauert wird die Show durch den Einsatz von Rauchsäulen. Pyros scheinen in der Samsung Hall wohl leider nicht gestattet zu sein. (Anm. Kaufi: Jup, ist so. Wurde uns vor der Rock Monsters Show so bestätigt.) Leider ist der Sound zwischendurch immer noch mehr Brei als Metal. Das Publikum gibt – wie bei Heaven Shall Burn-Auftritten üblich – ziemlich Gas. Somit machen die deutschen Metalcore-Helden das Beste aus der ihnen gewährten halbstündigen Bühnenpräsenz. Am Ende bedankt sich Marcus artig bei den treuen Fans und verspricht, dass Heaven Shall Burn bald in die Schweiz zurückkehren werden. Dann allerdings bitte ohne die technischen Schwierigkeiten.
KORN
Frenetischer Jubel ist bereits zu hören, bevor irgendein Mitglied von Korn auf der Bühne steht. Auslöser ist der soeben platzierte Mikrofonständer von Sänger Jonathan Davies. Dieser wurde vom verstorbenen Schweizer Alien-Designer HR Giger entworfen und feiert somit heute Abend auf dieser Bühne eine Art Heimspiel.
Die Show von Korn startet aufgrund der vorausgegangenen Ereignisse ebenfalls mit einer kleinen Verspätung. Es ist genau 22 Uhr, als hinter dem riesigen Vorhang die Silhouetten von Jonathan und seinen Kumpels sichtbar werden. Harte Gitarren-Riffs der Herren James «Munky» Shaffer und Brian «Head» Welch, sowie kräftiges Getrommle von Ray Luzier leiten schliesslich den ersten Song ein. Der Vorhang fällt somit zur Melodie von «Right Now» und gibt den Blick auf die Nu Metal-Veteranen frei. Sofort auffallend sind die «solaranlagenmässig» platzierten Scheinwerfer auf der Bühne. Diese sorgen für eine fulminante Lichtshow. Jonathan gibt gleich bei diesem Song eine Kostprobe seines stimmlichen Spektrums. Klar gesungenen Passagen und Gebrülle kommen gleichermassen zum Einsatz. Mit der Wahl von «Right Now» als Eröffnungs-Nummer wird auch gleich die Song-Tendenz für den heutigen Abend festgelegt. Die alten Korn-Hymnen sollen es richten. Die im Oktober des vergangenen Jahres veröffentlichte Platte «The Serenity Of Suffering» ist lediglich mit zwei Kandidaten vertreten – «Rotting In Vain» und «Insane». Die Halle scheint absolut nichts dagegen zu haben. Im Gegenteil, mit Stücken wie «Somebody Someone» oder «Word Up!» verwandeln Korn die Lokalität in ein waschechtes Tollhaus. Eskalation im Publikum! Für viele scheint diese Show wohl eine Reise in die eigene Jugend darzustellen. So stark habe ich Korn gar nicht in Erinnerung gehabt. Der Nova Rock-Auftritt war nämlich eher etwas durchzogen.
Überraschungen bleiben ebenfalls nicht aus. In der Hälfte der Super-Hymne «Coming Undone» folgt plötzlich ein kurzer Einschub von Queens «We Will Rock You». Wunderschön anzusehen sind auch die hunderten hochgestreckten Mittelfinger bei «Y’All Want A Single». Zum Intro von «Shoots And Ladders» steht Jonathan dann plötzlich mit Dudelsack auf der Bühne. Der Kollege ist im musikalischen Bereich effektiv vielseitig begabt. Im selben Song kriegen wir dann gegen Ende noch einen Einspieler des Metallica-Hits «One» zu hören. Im Vorfeld wurden ausserdem Gerüchte laut, dass Corey Taylor Korn auf Tour begleiten und mit Ihnen jeweils den Song «A Different World» performen würde. Dies ist nicht der Fall. Aber auch ohne einen Gastauftritt von Mister Slipknot/Stone Sour werden wir alle heute Abend Zeugen eines fantastischen und hammermässigen Korn-Auftritts.
Im Zugaben-Block hauen die Herrschaften mit «Falling Away From Me» und «Freak On A Leash» nochmals zwei echte Korn-Klassiker raus. Danach verlassen die Amis die Bühne und lassen ein total erschöpftes und überglückliches Publikum zurück. Korn muss man definitiv noch nicht abschreiben. Das war eine kleine Machtdemonstration von Jonathan und Co.
FAZIT
Hut ab vor Korn. Das war ein unerwartet starker Auftritt der fünf Herren aus dem sonnigen Kalifornien. In dieser Form würde ich mir ohne zu zögern wieder einmal ein Konzert der Truppe zu Gemüte führen. Und gemäss den zufriedenen Gesichtern in der Halle wäre ich bei diesem Vorhaben wohl nicht allein.
Organisatorisch scheint schon einiges besser geklappt zu haben, als noch bei den «Rock Monsters Of Switzerland». Unzufriedenheit lösen offenbar immer noch die Garderoben-Situation und das überforderte Bar-Personal aus. Zumindest konnte ich dies den Stimmen aus meinem Umfeld entnehmen.
Mich persönlich haben die technischen Probleme bei Heaven Shall Burn viel mehr geärgert. Hoffentlich kommt dies bei Samsung Hall-Konzerten nicht öfters vor. Zur absoluten Weissglut getrieben haben mich allerdings die unverbesserlichen Idioten, die ihre meist noch vollen Depot-Plastik-Becher mitten in die Menge werfen oder in der Halle stinkfrech auf das Rauchverbot pfeifen müssen. Solche Leutchen dürfen meinetwegen sehr gerne zuhause bleiben und haben an einem Konzertevent nichts verloren.
Setliste – Hellyeah
- Love Falls
- X
- Demons In The Dirt
- Sangre Por Sangre (Blood for Blood)
- Moth
- Startariot
- I Don’t Care Anymore (Phil Collins-Cover)
Setliste – Heaven Shall Burn
- Black Tears
- Voice of the Voiceless
- The Omen
- Counterweight
- Endzeit
- Bring The War Home
Setliste – Korn
- Right Now
- Here To Stay
- Rotting In Vain
- Somebody Someone
- Word Up!
- Coming Undone (with «We Will Rock You» snippet before the second verse)
- Insane
- Y’All Want a Single
- Make Me Bad
- Shoots And Ladders (with a snippet of Metallica’s «One» at the end)
- Drum Solo
- Blind
- Twist
- Divine
- Falling Away From Me*
- Freak On A Leash*
*Zugabe