Mächtiger Melodic Death Metal-Abend im Z7!
Unsere Lieblings-Wikinger haben Pratteln einmal mehr problemlos erobert. An welchen Show-Elementen durften wir uns erfreuen? Welche Perlen fanden den Weg in die Setliste des Abends? Und wie haben überhaupt die Vorgruppen abgeschnitten? Die Antworten auf all diese Fragen liefert der nun folgende Konzertbericht.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht pilgere ich heute Abend ein weiteres Mal in den Schweizer Metal-Tempel Nummer 1. Zu Gast ist eine meiner absoluten Lieblings-Bands: Amon Amarth. Die Truppe rund um den charismatischen Fronthünen Johan Hegg durfte ich schon etliche Male in Aktion erleben. Bisher wurde ich bei keiner Show enttäuscht. Für ein paar Stunden fühlt man sich jeweils wie ein echter Wikinger. Die Schweden rühren stets mit der grossen Show-Kelle an. Schlachten, Wikingerboote, Drachenköpfe, Flammen oder einfach nur Blitz und Donner – da wird einiges geboten.
Momentan befinden sich Johan und Co. ja bekanntermassen auf der «Jomsviking»-Tour. Leider habe ich ihren ersten Schweizer-Boxenstopp im vergangenen November im Komplex 457 verpasst. Damals mischten Testament und Grand Magus im Vorprogramm mit. Insbesondere die erstgenannte Truppe hätte ich mir sehr gerne angesehen. «Brotherhood Of The Snake» war für mich DIE Thrash-Platte des Jahres 2016. Aber das ist inzwischen alles schon kalter Kaffee. Konzentrieren wir uns doch lieber auf das Hier und Jetzt.
Vor dem Z7 treffe ich schon auf eine durchaus ansehnliche Warteschlange. Allerdings geht der Einlass glücklicherweise ziemlich zügig voran. Schliesslich will ich auch heute Abend keinesfalls die Support-Acts verpassen. Mit Dark Tranquillity und Omnium Gatherum haben sich Amon Amarth da nämlich eine nicht zu unterschätzende Verstärkung mit ins Boot geholt. Einem gelungenen Melodic Death Metal-Event steht somit nichts mehr im Wege. Die grossen Tore der Halle stehen weit offen und dadurch gelangen die Leute ohne Schwierigkeiten ins Innere. Das war damals beim Kreator-Gig deutlich mühsamer. Allerdings tummelt sich der Grossteil der Menschenmasse auf dem Vorplatz. Da scheint nicht gerade viel Interesse an der bald aufspielenden, ersten Band des Abends vorhanden zu sein.
OMNIUM GATHERUM
Die Finnen rund um Sänger Jukka Pelkonen legen um 19.20 Uhr mit ihrem Set los. Dominant sind sowohl das Keyboard als auch die beiden Gitarren. Tastenklimperer Aapo Koivisto scheint allerdings einen ruhigen Job zu haben, denn er steht doch ziemlich gelassen auf der Bühne herum. Joonas Koto und Markus Vanhala düsen da schon um einiges aktiver mit ihren Saitenköniginnen durch die Gegend. Insbesondere Markus kommt mir irgendwie bekannt vor. Genau, das ist doch der Typ von Insomnium, oder? Richtig, der gute Herr ist in beiden Bands aktiv.
Der Soundabmischung fehlt es offenbar noch am Feinschliff. Jukka ist nämlich etwas zu leise. Aber ansonsten hört sich die ganze Sache nicht schlecht an. Mit der Zeit wird dann auch der Gesang etwas lauter. Dummerweise wirkt das Publikum überhaupt nicht wach. Viele stehen in bester Black Metal-Manier regungslos in der Halle herum.
Auffallend bei Omnium Gatherum ist zudem die spezielle Metalhorn-Pose, welche die Herren jeweils zum Besten geben. Man formt mit beiden Händen die bestens bekannten Horns, reckt die Arme in die Höhe und schaut, dass sich die beiden Zeigfinger und die kleinen Finger genau gegenüberstehen. Das sieht dann etwa so aus, wie das Schaltzeichen eines Widerstandes (Elektronik-Freunde unter euch können sich nun allenfalls etwas darunter vorstellen).
DARK TRANQUILLITY
Kurz nach acht geht bereits die nächste Truppe ins Rennen – ein echter Hochkaräter. Dark Tranquillity sind eines der Aushängeschilder der Göteburger Schule des Melodic Death Metal. Im Vergleich zu Omnium Gatherum legen die Herrschaften rund um Frontmann Mikael Stanne nochmals eine Schippe drauf. Und auch das Publikum präsentiert sich nun ein wenig engagierter. Die Soundqualität ist perfekt. Ausserdem punkten die Schweden mit dem Einsatz einer grossen Videoleinwand. Es flimmern Ausschnitte aus Musikvideos der Truppe, Songtexte oder Bilder von riesigen Skeletten über den Bildschirm. Das solide Set findet mit der Über-Hymne «Misery’s Crown» ihr Ende.
Ein souveräner Auftritt der Schweden. So stark hatte ich die Band gar nicht in Erinnerung. Empfehlenswert sind Dark Tranquillity allemal. Und die Jungs werden schon bald wieder auf Schweizer Boden für Furore sorgen. Am 20. April darf man sich in der Schüür in Luzern auf eine Headliner-Show der Band freuen. Man merke sich dieses Datum.
AMON AMARTH
Zeit für die Wikinger! Nach einem erneuten Abstecher die Bar kehre ich gespannt zu meinem «Dutti-Pfosten» zurück. Kurz darauf erklingt auch schon das epische Intro der Nordmänner. Pure Hühnerhaut. Die Menge johlt. Beim Intro handelt es sich übrigens um eine abgeänderte Version des Songs «Amon Amarth» von der Debüt-Platte «Once Sent From The Golden Hall» aus dem Jahre 1998. Die mit Streichinstrumenten angereicherte Version dieses Tracks kann sich absolut hören lassen. Dann taucht Jocke Wallgren aus dem emporsteigenden Rauch auf und pflanzt sich hinter sein Schlagzeug, das auf einem gigantischen Wikinger-Helm in der Bühnenmitte thront. Wenig später erscheinen dann auch seine Bandkollegen auf der Bildfläche. Los geht’s mit dem ersten Song des Abends. Aber… diese unverkennbaren, markanten Gitarren-Riffs… das kann doch nicht? Doch! Amon Amarth starten tatsächlich direkt mit ihrer Über-Hymne «The Pursuit Of Vikings» in ihren Auftritt. Welch geiler Auftakt! Das braucht Eier! Die Masse im nun rappelvollen Z7 reckt munter ihre imaginären Äxte, Speere und Schwerter gen Himmel. Möge Odin uns sicher durch diese Konzert-Schlacht geleiten!
Mit dem darauffolgenden «As Loke Falls» nehmen die Schweden dann so richtig Fahrt auf. Chef-Gitarrist Olavi Mikkonen sorgt für die passenden Riffs und Melodien. Aushängeschild von Amon Amarth ist und bleibt allerdings Frontmann Johan Hegg. Der Growl-Meister brüllt einmal mehr unermüdlich in sein Mikro. Bärenstark! Die Fans danken es ihm mit wilder «Headbangerei». Da fliegen um mich herum nur noch Haare durch die Luft. Nach dem Song nimmt sich Johan Zeit für eine ausführlichere Begrüssung und erkundigt sich dem Wohlbefinden seiner «finest vikings from Switzerland». Trotz seines furchteinflössenden Erscheinungsbildes kann er durchaus ein ganz charmanter Kerl sein (pam: Kann er nicht nur. Ist er auch. Supersympathischer Kerl).
Mit den nächsten drei Songs «First Kill», «The Way Of Vikings» und «At Dawn’s First Light» wird schliesslich erstmals die aktuelle Scheibe «Jomsviking» berücksichtigt. Mein persönliches Highlight ist ganz klar «The Way Of Vikings». Johan und Co. ziehen sich dabei in den hinteren Bühnenbereich zurück und überlassen die Mitte zwei Wikinger-Kriegern, die einander in einem gnadenlosen Duell gegenübertreten. Mit Schwert und Schild bewaffnet prügeln die beiden aufeinander ein. Aber am Ende kann es natürlich nur einen Sieger geben. Dem Verlierer wird brutal die Kehle durchgeschlitzt ehe sein Körper fortgeschleift wird. Wow! Mir fehlen beinahe die Worte. Hammer!
Das etwas später folgende Gekrächze kündigt den nächsten Song an. Logisch – nach der Schlacht kommen die schwarzen Vögel, um sich am herumliegenden Aas zu laben. «Cry Of The Blackbirds» stammt von der 2006er-Platte «With Oden On Our Side» und entpuppt sich als weiteres «Setlist-Läckerli». Die nächsten Songs – «Deceiver Of The Gods», «Tattered Banners And Bloody Flags» und speziell «Destroyer Of The Universe» – halten den Energielevel brav aufrecht.
Bei der nächsten Amon-Über-Hymne «Death In Fire» komme ich schliesslich zum einzigen Kritikpunkt an der Show der Schweden. Wo zur Hölle bleibt das Feuer? Im Z7 herrscht doch meines Wissens kein Pyro-Verbot? Schade, dass die Schweden diesbezüglich offenbar mit angezogener Handbremse spielen müssen. Sicherlich ist die Show keinesfalls schlecht. Aber mit ein paar Flammensäulen wäre die ganze Sache noch etwas besser zur Geltung gekommen. Aber Amon Amarth werden ja in diesem Jahr noch auf einem einen oder anderen Festival auftreten. In Wacken oder beim Summer Breeze dürfen wir uns dann sicher wieder an einer grossartigen Feuer-Show ergötzen.
Wikinger und Balladen? Das passt grundsätzlich nicht wirklich zusammen. Trotzdem verfügen Johan und Co. durchaus über ein paar «balladen-ähnliche» Stücke in ihrem Repertoire. Heute Abend entscheiden sie sich für «One Thousand Burning Arrows» vom «Jomsviking»-Album. Flankiert werden die Herrschaften dazu auf beiden Seiten von zwei Bogenschützen. Kann man mal so machen. Passt.
Die Tempo-Zunahme erfolgt dann wieder mit «Father Of The Wolf». Die Hymne für den nordischen Gott Loki besticht durch ein zusätzliches Showelement. Da steht plötzlich ein mit Hornhelm und Speer ausgestatteter Skelettkrieger auf der Bühne. Ich nehme an, dass dies wohl Loki selbst darstellen soll. Mit «Runes To My Memory» und «War Of The Gods» endet schliesslich der reguläre Show-Teil und die fünf Nordmänner ziehen sich vorerst zurück.
Den Zugaben-Block eröffnen Amon Amarth mit ihrer neusten Hymne «Raise Your Horns». In der ganzen Halle sind nun Trinkhörner zu sehen und man prostet sich gegenseitig zu. Selbstverständlich wird auch auf der Bühne getrunken. Johan nennt natürlich das mit Abstand grösste Horn sein Eigen. Mit dem epischen «Guardians Of Asgaard» nähern wir uns dann so langsam dem Finale des Abends. Und dieses hat es nochmals absolut in sich. Donnergrollen ist zu hören. Urplötzlich steht Johan mit einem riesigen Mjölnir-Hammer auf der Bühne. Für die nächsten viereinhalb Minuten verwandelt er sich in Thor – den Donnergott. Aus den Rauchschwaden taucht im Bühnenhintergrund überraschend die monströse Midgardschlange auf. Johan zeigt keine Furcht und stürzt sich ins letzte Gefecht. Das Vieh bekommt ein paar deftige Schläge auf den Schädel und kann schliesslich besiegt werden. Ich habe noch nie eine solch geniale Darbietung von «Twilight Of The Thunder God» gesehen. Hammer! (im wahrsten Sinne des Wortes).
FAZIT
Das war ein Weltklasse-Konzertabend im ausverkauften Z7. Jeder Auftritt war nochmals etwas besser als der vorrangegangene. Amon Amarth haben am Ende jedoch alles und jeden an die Wand gespielt. Das war die mit Abstand beste Show der Schweden, die ich bisher erleben durfte. Da fehlten effektiv lediglich noch die Pyros. Die Setlist liess keine Wünsche offen. Ich habe zumindest keine Hymne vermisst. Zudem ging – trotz ausverkaufter Hütte – sehr friedlich zu und her. Ich freue mich schon auf meine nächste Amon-Show – und wenn ich dafür bis nach Walhalla wandern muss!
Setliste – Dark Tranquillity
- Force Of Hand
- The Lesser Faith
- Atoma
- The Science Of Noise
- Forward Momentum
- Terminus (Where Death Is Most Alive)
- ThereIn
- The Wonders At Your Feet
- Clearing Skies
- Misery’s Crown
Setliste – Amon Amarth
- Intro (Amon Amarth – String Version)
- The Pursuit Of Vikings
- As Loke Falls
- First Kill
- The Way Of Vikings
- At Dawn’s First Light
- Cry Of The Blackbirds
- Deceiver Of The Gods
- Tattered Banners And Bloody Flags
- Destroyer Of The Universe
- Death In Fire
- One Thousand Burning Arrows
- Father Of The Wolf
- Runes To My Memory
- War Of The Gods
- Raise Your Horns*
- Guardians Of Asgaard*
- Twilight Of The Thunder God*
*Zugaben