Eluveitie bleiben eine Macht – trotz zu kleiner Bühne
Die Schweizer Folk Death Metal-Institution befindet sich aktuell zwischen vereinzelten Konzerten und Studio-Aufnahmen zum Nachfolger von „Evocation I – The Arcane Dominion; dem erfolgreichen Akustik-Album – also Folk Death Metal ohne Death Metal.
Für heute Abend wurden davon ein paar neue Songs angekündigt, dennoch hoffen wir, dass wir wieder Mal vorwiegend die härteren Sachen hören werden. Dies nach den diversen Auftritten im „Das Zelt“ im letzten Jahr mit jeweils längeren Akustik-Sets. Und an einem Freitagabend möchte man auch mit Power ins Weekend starten. Das tun wir dann auch mit ein paar Krachern und Klassikern wie mit dem Hattrick «Your Gaulish War», «King» und «Neverland» zum Einstieg. Das passt doch schon mal sehr gut und sicher auch dem sehr gut gefüllten KiFF bzw. denen, die es füllen. Auch wenn es noch Tickets an der Abendkasse gibt, mehr haben kaum Platz.
Im Allgemeinen spielt heute das Neuner-Ensemble einen guten Mix aus vielen Live-Klassikern – alle CDs wurden mehr oder weniger gut berücksichtigt (abgesehen von der ersten Akustik-Scheibe) – und Songs, bei welchen die neue Sängerin brillieren kann. Es ist nach den beiden Elu & Friends Konzerten Anfang Jahr im Z7 ihr erst dritter Auftritt in der Schweiz. Und so dürfte heute der eine oder andere auch da sein, um Mal ein Ohr und Aug von ihr zu nehmen. Fabienne hat ja bekanntlich mit dem Abgang und der markanten Stimme von Anna Murphy sehr grosse Schuhe zu übernehmen. Auch wenn von Anfang klar war, dass das zierliche Folk-Mädel eigene mitbringt.
Bevor sie einen Ton von sich gibt – zumindest stimmlich – hat sie wohl schon die Hälfte des Saals einfach mit ihrer Ausstrahlung im Sack. Da hat sich nach den wenigen Konzerten einiges an Routine zugelegt. Im Z7 wirkte sie verständlicherweise noch etwas nervös und nicht immer ganz sicher was als nächstes zu tun ist. Absolut verständlich, es waren damals ja nicht nur ihre ersten Elu Konzerte, sondern die ersten auf grosser Bühne mit einem Tausender-Publikum überhaupt. Da muss man sich nicht nur einmal in einer grossen Band integrieren, sondern auch mal an die neuen Eindrücke gewöhnen und dabei auch die hohen Erwartungen erfüllen. Alles in allem war es aber ein perfekter Einstieg.
Und heute steht sie da mit ihrer Harfe und spielt lächelnd gekonnt, als wäre sie schon seit Jahren mit Chrigel & Co. unterwegs. Das gilt auch für die anderen „Neuen“, die jedoch ein paar Monate Vorsprung gegenüber Fabienne und insbesondere auch schon die grossen Festivals wie Wacken oder Leyendas del Rock in Spanien miterlebt haben.
Eluveitie scheint also auf besten Weg wieder als eine Einheit wahrgenommen zu werden. Nach dem Abgang von drei gewichtigen Mitgliedern vor einem Jahr, war 2016 etwas wie eine Übergangsphase. Es wirkte ein bisschen wie ein Projekt bestehend aus Session-Musikern – mit dem Tiefpunkt in Wacken, als Liv Kristin (ex-Leaves‘ Eyes) für ein paar Songs den weiblichen Gesang übernahm. Der Wacken-Auftritt war im Allgemeinen eine Machtdemonstration, aber Liv – die ich als Sängerin bisher immer schätzte und mehrere Alben mit ihr mein Eigen nenne – war ein Totalausfall. Umso cooler, dass die damaligen „Neuen“ – Jonas, Michalina und Alain – Ende 2016 als fixe Mitglieder bestätigt wurden und mit Fabienne endlich ein adäquater Ersatz für Anna gefunden wurde.
Also dann kann heute kaum was schiefgehen. Tut es bis auf ein paar Soundproblemen bei «Grannus» auch nicht. Nicole scheint da bei dieser neuen Akustiknummer die anderen nicht wirklich zu hören und so bricht das fragile Werk bestehend aus neun Musikern für einen kurzen Moment beinahe auseinander. Da zeigt sich aber, dass die Band schon gefestigt ist und Chrigel begnadete neue Musiker gefunden hat. Denn schon beim nächsten neuen Akustik-Song ist die Harmonie wieder perfekt.
Dennoch erlebe ich heute nicht eines der besten Elu-Konzerte. Die schon fast intime Atmosphäre im KiFF ist wohl für eine Band, die sich inzwischen grössere Bühnen gewöhnt ist, nicht mehr der ideale Ort, um die volle Power abzurufen. Dafür ist die Bühne für neun Leute schlicht zu klein. Und im Gegensatz dazu waren meine Erwartungen heute wohl auch etwas zu gross.
Es passt eigentlich alles vom Sound (bis auf die erwähnte kleine Ausnahme), Songauswahl, Publikum bis ja eigentlich zu dieser Kult-Location (OK, die zu kleine Bühne mal ausgenommen) – um nach acht Jahren wieder Mal Vollgas zu geben im Haus der „Kultur in der Futterfabrik“. Die Magie die ein Elu Konzert jeweils umgibt, war zumindest für mich heute nicht voll da. Dies ist jedoch jammern auf sehr, sehr hohem Niveau und kann durchaus sein, dass dies ein subjektives Empfinden ist.
Und es gibt ihn auch, den Hühnerhaut-Moment:
Als Fabienne alleine «Scorched Earth» anstimmt und diesen mehr oder weniger ohne Begleitung singt. Chrigel kommt am Ende noch flötelnd dazu, da stehen Haar und Haut vertikal stramm.
Oder das Duett von Fabienne mit Chrigel bei «Quoth Of The Raven». Sehr cool gegen Ende wo Fabienne die Sprechstimme übernimmt und dann einen schönen «Cry» von sich gibt. Einmal mehr hat man das Gefühl, Fabienne hätte die letzten 10 Jahre nichts Anderes gemacht … Lustig, vor zwei Wochen waren wir am Cellar Darling-Konzert in der Schüür (siehe Review) und da sagte Anna Murphy, als sie ihre neue Scheibe komplett durchspielten, dass sie sich trotz 10 jahrelanger Bühnen-Erfahrung wie beim ersten Mal fühle … verkehrte Welt. Fabienne hat das Zepter definitiv übernommen.
Wenn Fabienne etwas Schwächen offenbarte war dies am ehesten bei «Omnos» der Fall – da ist sie nicht immer 100% sattelfest – soweit meine Lauscher dies wahrnehmen können. Aber an diesen Song sind meine Erwartungen auch besonders hoch, zählt er doch zu meinen absoluten Favoriten. Und ein anderer von diesen ist «Thousandfold», hier habe ich ebenfalls das Gefühl, der Übersong hatte schon mal mehr Power.
Und zu den drei neuen Songs? Passt. Da dürfen wir uns auf eine weitere neue Hammerscheibe freuen. Einzig, für solche folkigen Lieder fehlt der Platz im vollen KiFF, da müsste man im Kreise tanzen können – keinen Circle Pit, mehr gemütlich ohne Verluste. Und ja, wenn wir schon dabei sind, ein Lagerfeuer wäre auch noch passend. Und etwas Wald.
Perfekt dann der Abschluss mit nochmals richtigen Granaten wie «Havoc» oder auch «Helvetios». Und als Zugabe unvermeidlich «Inis Mona». Gut ein Song, der alleine auf Youtube über 25 Millionen Mal angeklickt wurde, ist eine Pflicht.
Fanzit
Eluveitie bleiben eine Macht! Auch wenn es für sie heute nicht die perfekte Location war. Die Bühne ist für neun Musiker schlicht zu klein und so kam nicht die volle Power und Energie, die ich mich von ihnen gewohnt bin. Doch auch 80% reichen, um den Rest des Genres und darüber hinaus an die Wand zu spielen. Schön auch zu sehen und zu wissen, dass Eluveitie definitiv wieder eine Band sind und sich auch das neuste Mitglied mit der grössten Vorgabe praktisch nahtlos eingegliedert hat. Ich kann das nächste Konzert kaum erwarten. Das wird für mich wohl Greenfield sein – dann wieder mit mehr Platz …
Setliste Eluveitie
- Your Gaulish War
- King
- Neverland
- Quoth the Raven
- Omnos
- Belenos (Acoustic)
- Grannus (Acoustic)
- Epona (Acoustic)
- Thousandfold
- A Rose for Epona
- The Call of the Mountains
- Kingdom Come Undone
- Inception
- Scorched Earth
- Tegernakô
- Havoc
- Helvetios
- Inis Mona