Elfen, finstere Waldbewohner, Schreihälse und Geschichtenerzähler
An diesem Dienstagabend fand ein durchaus interessantes Schaulaufen im Mini Z7 statt. Grund dafür war die «Your Heroes Are Dead»-Tour. Alle weiteren Details entnehmt ihr wie gewohnt dem nachfolgenden Bericht.
Regnerisches Wetter und massenhaft Stress im Büro. Dagegen hilf nur eine Medizin: Metal! Deshalb statte ich heute Abend abermals dem Mini Z7 einen Besuch ab. Ganze vier Bands stehen auf dem Programm. Von Elvenking, den Headlinern aus Italien, kenne ich ein paar Songs. Begleitet werden die Elfen von einem deutschen Trio: Finsterforst, Firtan und Evertale. Erstgenannte sind mir zuletzt im Vorprogramm von Equilibrium – ebenfalls hier an dieser Spielstätte – begegnet. Damals konnten sie mich überhaupt nicht überzeugen. Dieses ganze «YOLO-Metal-Zeugs» könnte man geradesogut in die Tonne knallen. Aber schauen wir doch einmal, wies es heute Abend wird.
EVERTALE
Um 19 Uhr schreitet die erste Band zur Tat. Evertale sind eine Power Metal-Truppe aus dem Raum Baden-Württemberg. Gemäss Frontmann und Gitarrist Matthias Graf haben sie einige Geschichten von Elfen und Drachen für die Zuhörerschaft im Gepäck. Die perfekte Mischung. Das ist doch alles, was das Power Metal-Herz so begehren kann. Auf jeder Bühnenseite stehen zwei grosse Banner, auf denen das Cover der 2013er-Debüt-Platte «Of Dragons And Elves» zu sehen ist.
Soundtechnisch decken die vier Herren einen Bereich von Twilight Force bis hin zu Hammerfall ab. Da sind wirklich ein paar coole Hymnen dabei. Bassist Marco Bächle erhält ungewöhnlich viele Gesangs-Einsätze und überrascht das Publikum mit einer ansprechenden «Stimm-Bandbreite». Da ist von Growls bis zu klarem Gesang alles hörbar. Strenggenommen hat er beinahe mehr zu tun, als Bandleader Matthias. Evertale dürfen die Bühne bereits jetzt vollends ausnützten. Für einmal steht das Schlagzeug nicht in der Bühnenmitte und schränkt dadurch die Bewegungsfreiheit der Jungs nicht ein.
Im Mini Z7 selbst herrscht noch gähnende Leere. Nur direkt an vorderster Bühnenfront kommt etwas Stimmung auf. Ich hätte Evertale nach dieser Leistung definitiv noch ein paar Zuhörer mehr gegönnt. Mich konnten sie mit ihrem 40-minütigen-Set vollends überzeugen. Meine persönliche Power Metal-Datenbank ist soeben um eine Band reicher geworden. Evertale sind absolut empfehlenswert.
FIRTAN
Achtung Stilbruch! Jetzt stehen Black und Pagan Metal auf dem Programm. Verantwortlich dafür sind die aus Süddeutschland stammenden Firtan. Mit zerrissenen Klamotten und Dreck im Gesicht und auf den Armen sehen die Jungs doch ein wenig arg «abgefuckt» aus. Soundtechnisch geben sie allerdings Vollgas und bringen die Nackenmuskulaturen der Zuhörerschaft ordentlich ins Schwitzen. Der mit Kapuze ausgestattete Frontmann Phillip Thienger verfügt über ein bitterböses Stimmorgan.
Die Darbietung erinnert mich stellenweise sowohl musikalisch als auch vom Auftreten her ziemlich an die finnische Band Moonsorrow. Ausserdem weisen so ziemlich alle Tracks der heutigen Firtan-Setliste eine beträchtliche Länge auf. Somit können sie auch mit nur sechs Songs trotzdem locker eine Spielzeit von 40 Minuten aufs Parkett legen. Da sind ein paar komplexe Geschichten mit dabei. Für (Hobby-)Fotografen ist das Scheinwerferlicht der pure Horror. Da gelingen nur sehr wenige Schnappschüsse. Insgesamt dürfen wir aber einen überzeugenden und engagierten Auftritt der Deutschen erleben. Gerne wieder!
FINSTERFORST
Jetzt wird’s spannend. Wieviel «YOLO-Metal» muss ich meinen Gehörgängen beim nächsten Auftritt wohl zumuten? Ihr merkt es vielleicht schon, ich bin überhaupt kein grosser Anhänger der neusten Finsterforst-EP. Doch als die Herrschaften um 21 Uhr die Bühne betreten, bin ich vorerst beruhigt. Sänger Oliver Berlin trägt keine hässliche Disco-Brille im Gesicht. Und auch in Sachen Musik scheinen bei der heutigen Show die älteren Alben im Fokus zu stehen. Finsterforst sind ebenfalls keine Freunde von kurzen Songs. Unter acht Minuten Spielzeit geht praktisch nix. Auch die Schwarzwald-Metaller sind allesamt mit Dreck übersäht. Einigen Zuhörern ist der Sound offenbar etwas zu eintönig. Auch ich muss zugeben, dass Finsterforst nicht ganz mit den beiden zuvor spielenden Gruppen mithalten können. Trotzdem gefallen sie mir viel besser als damals im Vorprogramm von Equilibrium.
Allerdings kommt sie dann trotzdem noch – die «#YØLØ-Entgleisung». Augen beziehungsweise Ohren zu und durch. Ich kann diese «Blödel-Nummer» einfach nicht ernst nehmen. Da haben mir die anderen vier Lieder definitiv besser gefallen. Allerdings will «#YØLØ» auch gar nicht auf Ernsthaftigkeit anspielen. Im Publikum entsteht gar ein kleiner Mini-Circle Pit, bei dem die Zuhörer Kartonschilder in die Höhe halten. Darauf ist «Ole» zu lesen. Eine Liebes-Ode an den Finsterforst-Frontmann? Keine Ahnung. Immerhin können sich meine Kollegen/-innen an meinen Reaktionen auf diesen – nennen wir es einmal Song – ergötzen.
ELVENKING
Zeit für die Headliner des Abends. Um viertel nach zehn übernehmen die Italiener von Elvenking schliesslich die Bühne. Dem Publikum steht nun eine ordentliche Dosis Melodic Power Metal und Folk Metal bevor. Auch die Elflein treten mit verzierten Gesichtern auf. Scheint wohl irgend so eine Art Stammesbemalung zu sein. Zudem rankt sich als Dekoration Efeu um die Mikrofonständer auf der Bühne. Somit ist das Mini Z7 bestens gerüstet für eine Reise in den Elfen-Wald.
Was steckt eigentlich genau hinter der «Your Heroes Are Dead»-Tour? Ein durchaus rührender Grund, wie man nach den folgenden Ausführungen feststellen wird. Es geht um weit mehr, als bloss ein simpler Track auf dem 2011er-Silberling «Red Silent Tides». Elvenking-Sänger Damna und seine Kollegen sind selbst Fans verschiedenster Bands. Bekanntermassen hat im vergangenen Jahr Gevatter Tod in der Metal-Szene massiv gewütet. Etliche unserer Idole liessen leider ihr Leben. Diese tragischen Ereignisse haben auch Elvenking geprägt. Deswegen möchten sie mit dieser Tour den verstorbenen Metal-Grössen Tribut zollen.
Und die Elfen servieren dem Prattelner-Publikum eine temporeiche und energiegeladene Show. Vor allem Damna legt einige Kilometer auf der Bühne zurück. Auch Lethien weiss mit seinem Violinen-Spiel zu beeindrucken. Der «gute-Laune-Sound» ist zweifelsohne ziemlich ansteckend. In Sachen Setliste berücksichtigen die Elfen beinahe alle ihrer acht Studioalben. Viele im Raum flippen dann bei der Über-Hymne «The Divided Heart» richtig aus. Dank diesem Song bin auch ich damals auf Elvenking aufmerksam geworden. Das Publikum springt brav mit und es fliegen auch munter Haare durch die Luft. Die Elfen liefern effektiv eine würdige Headliner-Show. Mit dem Song «The Loser» kommt die ganze Geschichte schliesslich zu einem Ende. Allerdings braucht sich heute Abend niemand als Verlierer zu fühlen.
Nach den Shows gönnt sich mein Trupp noch einen ausgiebigen Abstecher an den Merch-Stand. Dort tummeln sich bereits Mitglieder sämtlicher deutschen Bands. Die Jungs von Evertale sind ganz sympathische Kerle. Auch Phillip von Firtan hat noch Zeit für ein kurzes Schwätzchen. Später gesellt sich ausserdem noch Oliver von Finsterforst zur Runde dazu. Selbstverständlich kann ich mir einen Seitenhieb in Sachen «#YØLØ» nicht verkneifen. Er nimmt’s mit Humor und ist auch nicht um einen Konter-Spruch verlegen. Das lasse ich gerne gelten. Am Ende gibt’s trotzdem noch einige Erinnerungsfotos. Schade, dass sich Elvenking bereits in den Tour-Bus verkrochen haben. Mit Ihnen hätte ich ebenfalls gerne noch ein paar Worte gewechselt.
FAZIT
Meine Bilanz sieht folgendermassen aus: Elvenking und Evertale top, Firtan solide und Finsterforst durchschnittlich. Dank Kollege Benji Meier konnte ich sogar den gesamten Konzertabend in voller Länge erleben und geniessen. Besten Dank für den tollen Taxi-Service! Geschätzt habe ich zudem abermals die familiäre Atmosphäre im Mini Z7. Trotzdem hätten sich ruhig noch ein paar Nasen mehr nach Pratteln verirren dürfen.
Setliste – Evertale
- Intro (Paladine’s Embrace )
- In The Sign Of The Valiant Warrior
- Into The Dragon’s Lair
- As Tarsis Falls
- Brothers In War (Forever Damned)
- Intermission (My Honor Is My Life )
- The Crownguard’s Quest
- Firestorm
- Outro (Sturm’s Funeral March)
Setliste – Firtan
- Im Licht Meiner Sonne
- Wogen Der Trauer
- Seelenfänger
- Neuer Song (noch ohne Titel)
- Gezeiten
- Huckup
Setliste – Finsterforst
- Finsterforst
- Fremd
- Mach Dich Frei
- #YØLØ
- Ein Lichtschein
Setliste – Elvenking
- The Manifesto (Intro)
- King Of The Elves
- Elvenlegions
- The Wanderer
- Moonbeam Stone Circle
- Through Wolf’s Eyes
- Your Heroes Are Dead
- Trows Kind
- Pagan Revolution
- The Dweller Of Rhymes
- The Divided Heart
- Neverending Nights
- The Loser*
*Zugabe