Fünffaches-Schweizer-Metal-Package im Hall Of Fame
Die kleine Club Stage wurde an diesem Samstagabend so richtig an ihre Grenzen gebracht. Ob auch wirklich alle Truppen überzeugen konnten, wird euch der nun folgende Konzertbericht detailliert verraten.
Samstagabend und gleichzeitig Kernmoment eines jeden Wochenendes. Aufgrund von ein paar Ungereimtheiten in meinem privaten Umfeld kann ich etwas Ablenkung definitiv gebrauchen. Deshalb folgt die Pilgerreise nach Wetzikon ins Hall Of Fame. Das Schweizer Veranstalter-Duo Dark Wings/36zwei Entertainment ist schon seit ein paar Wochen mit dem «Louder XXL Fest» unterwegs. Jana Mühlethaler und Co. bringen uns heute Abend gleich fünf Bands auf die kleine Bühne des Wetziker-Rockclubs. Richtig gelesen, die Shows finden offenbar auf der Club Stage statt. Interessant – bei einer Veranstaltung dieser Grösse hätte ich eher mit dem grossen Saal gerechnet. Aber nichts destotrotz durfte ich auch schon im Fumoir des Hall Of Fame einige Konzerthighlights erleben. Ich erinnere mich da beispielsweise sehr gerne an Lords Of Black aus Spanien im vergangenen Dezember. Aufgrund dessen schreite ich sorglos zur Bar und genehmige mir einen ersten Hopfen-Tee. Bandtechnisch habe ich heute Abend einen ziemlich bescheidenen Wissensstand vorzuweisen. Allerdings lehne ich eine metallische Horizonterweiterung eigentlich nie ab.
D.R.Ê.A.M
Um halb acht eröffnet die erste Gruppe den Konzertabend. Für Hall Of Fame-Verhältnisse mag dies zwar eine frühe Startzeit schein. Allerdings ist diese aufgrund der Anzahl Bands absolut vertretbar und legitim. Auf der Bühne steht das Trio D.R.Ê.A.M aus Zürich. Gemäss eigenen Angaben spielen die Jungs Alternative Metal und sind heute somit nicht die einzigen Vertreter dieses Genres. Patrick Bottarella (Gesang/Gitarre), Basil Cook (Drums) und Dan Wolfensberger (Gitarre) entpuppen sich als solider Opening-Act. Leider ist das Publikum noch sehr zurückhaltend. Einzig vorne links geht ein Typ bereits zu dieser frühen Stunde des Abends ordentlich ab. So muss das sein!
Die Genre-Schubladisierung dieser Band ist effektiv keine leichte Sache. Alternative Metal ist sowieso ein eher schwammiger Begriff und beinhaltet diverse Elemente. Ich höre insbesondere Einflüsse von Avenged Sevenfold und Parkway Drive. Patrick haut neben den klaren Passagen auch gerne mal ein paar Screams heraus. Kollege Basil erreicht hinter seiner Schiessbude offenbar ziemlich rasch Betriebstemperatur. Bereits nach dem zweiten Song sitzt er nämlich ohne Shirt da. Showtechnisch kommt eine Nebelmaschine zum Einsatz. Hier weiss man zwischendurch nicht genau, ob der Rauch wirklich von der Maschine oder doch eher von Hall Of Fame-Boss Pasquale Salatino stammt, nachdem er einen kräftigen Zug von seiner E-Zigarette genommen hat.
CREEON
Nach einem etwas längeren Soundcheck und gefühlten 100 «Help Me!»-Schreien steigt als nächstes bereits ein Mitglied des Headliner-Trios in den Ring. Die Rede ist von der aus Brugg stammenden Truppe Creeon. Diese Herren sorgen bereits seit 2009 in der Szene für Furore. Ihrer Debütscheibe konnten sie allerdings erst im März dieses Jahres veröffentlichen. Das Werk hört auf den Namen «Help» und ist logischerweise in der Setliste des heutigen Abends überaus gut vertreten.
Der charismatische Frontmann Björn Roggensinger erntet gleich Lob für zweierlei Dinge. Er verfügt über eine unglaubliche Stimm-Variation. Von clear vocals bis hin zu Screams und Growls ist alles dabei. Zudem muss er mir unbedingt verraten, von welchem Optiker seine Brille stammt. Das Teil ist ultra-stabil und sitzt auch nach intensivem Headbangen immer noch wie angegossen auf der Nasenspitze. Ich hätte meine Sehhilfe bei gleichem Engagement der Nackenmuskulatur wohl schon längst verloren und würde nur noch als verirrte, blinde Seele durchs Hall Of Fame irren. Gelegentlich erhält Björn gesangliche Unterstützung von Gitarrist Ralph Preysch. Auffallend ist ebenfalls die Haarpracht von Bassist Gabriele Gattaceca. Seine Rastas sind beinahe so lang wie diejenigen von Six Feet Under-Schreihals Chris Barnes.
Musikalisch decken Creeon gleich mehrere Bereiche ab. Ihre Songs enthalten Spuren von Heavy, Power und Alternative Metal. Hörenswert ist diese Geschichte allemal. Ein sackstarker Auftritt. Ich werde diese Truppe definitiv im Auge behalten. Meine trockene Kehle zwingt mich anschliessend zu einem weiteren Abstecher an die Bar. Ein neuer Hopfen-Tee muss her!
CRAIGH
Im Hintergrund prangert auf dem weissen Backdrop eine hässliche Clownsfratze und kündigt gleichzeitig den nächsten Act des heutigen Konzertabends an. Die aus Weinfelden stammenden Craigh bringt eine kleine Prise Thurgau ins Zürcher Oberland. Im Vergleich zu den vorangegangenen Truppen legen sie in Sachen Intensität nochmals eine Schippe drauf. Sebastian Möbius brüllt unermüdlich in sein Mikro und ist in jeder Bühnenecke anzutreffen. Vorne rechts hat er gar ein kleines Podestchen zur Verfügung, auf welchem man sich hervorragend austoben kann. Gitarrist Michael Rüegg gibt ebenfalls Vollgas gibt wilde Soli zum Besten. Die Spielfreude steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Daniel Gmür scheint die Funktion gewechselt zu haben. Zuvor schwirrte er noch mit Kamera durch den Saal und nun steht er plötzlich mit einem Bass bewaffnet auf der Bühne.
Craigh spielen seit ihrer Gründung im Jahre 2004 in derselben Besetzung. Das ist definitiv beachtenswert. Ihre musikalische Darbietung würde ich am Ehesten mit Bands wie Killswitch Engage oder Soilwork vergleichen. Im April 2015 haben sie ihr bisher erstes und einziges Album «Of Dreams & Wishes» veröffentlicht. Auch diese Truppe kann ich sorglos weiterempfehlen.
ATROPAS
Kommen wir nun zur eigentlichen Hauptattraktion des Abends – den Modern Metallern von Atropas. Die vier Jungs fackeln nicht lange und zeigen von Anfang an eine engagierte und dynamische Show. Und auch das Publikum scheint nun definitiv vollends wach zu sein. Gefeiert wird teilweise mit wilden Moshpits. Sänger Mahmoud Kattan wünscht sich trotzdem noch etwas mehr Einsatz von der Masse. Dieses Ziel versucht er mittels unterhaltsamen Ansprachen zu erreichen. Die Lachmuskel-Fraktion freut sich jedenfalls tierisch darüber. Das Spielgerät von Sandro Chiaramonte scheint den Härtetest ohne Kratzer zu überstehen. Zuvor haben nämlich bereits alle anderen Trommler grosse Teile seines Drum-Sets «missbraucht». Über die Soundqualität gibt es jetzt ein erstes Mal etwas zu bemängeln. Basser Kevin Steigers gesangliche Unterstützungsbeiträge hört man aufgrund eines zu leise eingestellten Mikros leider kaum. Atropas bieten eine würdige Headliner-Show und zeigen deutlich, dass sie heute Abend nicht zum ersten Mal auf der Bühne stehen. Gerne wieder.
SACRIFICED WITH A SCYTHE
Ist es dann schon gewesen? Nicht ganz. Zwar haben die drei Headliner bereits gespielt, aber die Veranstalter haben da nochmals eine Truppe im Köcher. Die lokalen Hardcore-Thrasher von Sacrificed With A Scythe dürfen sich nun als Rausschmeisser betätigen und die Hütte komplett abreissen. Musikalisch sind sie zweifelsohne bestens dazu geeignet. Aggressive Gitarrenriffs und rasante Drums treffen auf das bitterböse Stimmorgan von Sänger Mike. Beinahe pausenlos tigert auf der der Bühne hin und her und unternimmt auch gelegentliche Ausflüge ins Publikum. Leider müssen auch sie teilweise mit kleineren Soundproblemen kämpfen.
Die Sensenmänner haben zudem noch einen weiteren Grund zu feiern. Der heutige Gig ist sozusagen die Release-Party ihrer Debüt-EP «Bitter End», von der nicht ganz unerwartet alle vier Tracks den Weg in die Setliste gefunden haben.
Sind die Konzertbesucher nach dem Auftritt des Headliners Atropas nicht verduftet? Nein, ein Grossteil ist geblieben und lässt sich von der Energie von Mike und seinen Kumpels anstecken. Moshpits und Circle Pits sind die logische Folge. Gegen Ende liegt gar noch eine kleine Wall Of Death drin. In den Publikumsreihen stehen auch einige Mitglieder der zuvor aufgetretenen Bands und jubeln ihren Kollegen zu. Schöne Geste.
FAZIT
Ein mitreissender Abschluss der «Louder XXL Fest»-Tour. Da hat das Veranstalter-Duo definitiv ein nettes Band-Paket zusammengestellt. Die lokale Metal-Szene lebt! Auch wenn die heute dargebotenen Genres nicht unbedingt zu meinen Favoriten zählen, konnten doch sämtliche Truppen dank gelungenen Auftritten überzeugen. Sonderlob gibt’s für die beiden «C»’s: Creeon und Craigh.
Zur gelungen Durchführung des Abends hat selbstverständlich auch die ganze Hall Of Fame-Crew beigetragen. Abermals danke, dass ihr euren Gästen (egal ob Musiker, Presse-Mensch oder «normaler» Konzertbesucher) stets einen ausgezeichneten und angenehmen Service bietet. Bereits jetzt bin ich überaus gespannt auf die kommenden Events in eurem Laden.
Setliste – D.R.Ê.A.M
- Hide
- Faceless
- S.C.R.Ê.A.M In My D.R.Ê.A.M
- The Light
- In The Distance
- Riverside
- For No One
Setliste – Craigh
- Origin
- Ronny Johnson
- Unity
- Deathless Wings
- Reckless
- Destroy To Create
- Again And Again
- Drowning In My Memories
- Rejection Of The Real Me
Setliste – Atropas
- My Oath
- Alone
- Take Me Home
- Molotov
- Crimson Zero
- Real Me
- Hit The Floor
Setliste – Sacrificed With A Scythe
- Prevail
- Aylin
- What Do You Want
- Dream
- Pray
- Bitter End