Sechsfacher Abriss-Metal in Bülach
Wie ein Wirbelsturm fegten an diesem Freitagabend die Mitglieder des «Chaos Over Switzerland Fest»-Events durch die Gemäuer des Guss39. Einmal mehr durfte ich einige interessante Exponate der Schweizer Metal-Szene kennenlernen. Details zu diesem intensiven Konzertabend sind im nun folgenden Konzertbericht nachzulesen.
Ich habe mich spontan dazu entschieden, heute Abend doch noch nach Bülach zu fahren. Meine Kollegen besitzen zweifelsohne exzellente Überredungskünste. Da ich vor meiner militärisch-bedingten Abwesenheit im Büro alles sauber abschliessen konnte, liegt dieser Konzertbesuch definitiv drin. Premieren gibt’s gleich im Doppelpack: Ich werde sowohl eine neue Location als auch ein paar möglicherweise neue Kandidaten für mein Band-Repertoire kennenlernen. Grund für den heutigen Anlass ist das 10-jährige Jubiläum der Zürcher Truppe Omophagia. Die Death Metaller stehen aber nicht alleine da. Für eine voraussichtlich wilde Fete haben sie gleich fünf Support-Acts auf die Bühne des Guss39 eingeladen. Es wird somit zweifelsohne ein echter Härtetest für die eigenen Gehörgänge.
Kurz vor 19 Uhr kommen mein Kollege und ich bei der Location an. Leider wird die Parkplatzsuche zu einer kleinen Herausforderung. Vor dem Gebäude ist alles besetzt. Somit stellen wir unseren Benzinschlucker irgendwo im umliegenden Quartier ab und sprinten zurück zum Guss39. Wo ist denn bitte der Eingang? Ach, auf der gegenüberliegenden Seite! Na dann, ab ins Vergnügen.
IRONY OF FATE
Der Saal ist ziemlich überschaubar. Heute Abend wird’s wohl kuschlig zu- und hergehen. Die erste Band des Abends hat schon losgelegt. Auf der kleinen Bühne stehen die Berner Melodic Death Metaller Irony Of Fate. Aushängeschild ist ohne Zweifel Frontmädel Cveti Stojmenova. Sie verfügt über ein bitterböses Stimmorgan, welches man durchaus mit demjenigen von Ex-Arch Enemy-Frontröhre Angela Gossow vergleichen könnte. Generell weist die Musik von Irony Of Fate einige Parallelen zu den Schweden auf. Lippenstift gehört bei Cveti offenbar auf den Hals. Das soll wohl Blut darstellen. Kann man schon mal so machen. Im Herzen scheint sie allerdings trotzdem noch eine kleine, süsse Prinzessin zu sein. Das Mädel gönnt sich nämlich während der Show ab und an einen Schluck aus ihrem Walt Disney-Becher. Mit sichtlich Spielfreude ist auch Bassist Tom Zürcher am Start. Sein Dauergrinsen ist regelrecht ansteckend.
Bereits zu dieser frühen Stimmung macht das Mini-Publikum ordentlich Stimmung. Da sind beispielsweise kleinere Circle Pits und eine Wall Of Death auszumachen. Trotzdem hätte ich den Bernern noch ein paar Zuschauer mehr gegönnt. Es steckt eindeutig ein riesiges Potenzial in dieser Truppe. Ich hoffe, dass sie ihren Weg machen und sich in der Szene etablieren können.
SOLDIERS BLOODCRAFT
Mit heulenden Sirenen geht’s ab auf das Schlachtfeld. An unserer Seite kämpfen die Lokalhelden Soldiers Bloodcraft. Sie ballern der Zuhörerschaft die volle Breitseite Abriss-Death Metal um die Lauscher. Mikrofon-Brüller Tobias Gasser ist permanent in Bewegung und gönnt sich keine ruhige Minute. Beim exzessiven Headbangen kommt der dem Bühnenboden jeweils gefährlich nahe. Beulen gibt’s jedoch keine. Einzig mit dem Location-Namen steht er etwas auf Kriegsfuss. Egal ob Guss39, 38 oder 37 – Hauptsache Bülach. Für den Lacher des Gigs sorgt allerdings eine Aktion aus dem Publikum. Während andere Musiker Plüschviecher oder Höschen auf die Bühne geknallt bekommen, erhält Basser Patrick Piatti ein Schweissbändchen um sich sein vollgeschwitztes Haupt trocken zu tupfen. Nette Geste. Es herrschen aber effektiv saunaartige Temperaturen im Raum. Kaum hat man sein Bierchen getrunken, wird es auch schon wieder herausgeschwitzt. Gitarrist Jonathan «Johnny» Berney wird – und so viel sei vorweggenommen – heute Abend nicht zum letzten Mal auf dieser Bühne stehen. Jep, auch die Soldiers Bloodcraft kann ich sorglos weiterempfehlen.
Nach der Show der Zürcher gönnt sich das Publikum eine Verschnaufpause auf dem Vorplatz des Gebäudes. Blitze zucken durch den Himmel und danach folgt lautes Donnergrollen. Das sind dann wohl doch eher Spezialeffekte für Bands wie AC/DC («Thunderstruck») oder Amon Amarth («Twilight Of The Thunder God»).
ETERNAL DELYRIA
Lugano calling! Die nächste Truppe musste bei der Anreise wohl oder übel einige Kilometer auf sich nehmen. Aber die Jungs aus dem Tessin haben es geschafft und stehen jetzt hier in Bülach auf der Bühne. Zum ersten Mal am heutigen Abend kommt auch ein Keyboard zum Einsatz. Clod bedient allerdings nicht nur die Tasten, sondern kümmert sich ebenfalls um die Backing Vocals. Zu hören gibt’s erfrischenden, mitreissenden Melodic Death Metal. Der routinierte Zuhörer schnappt zudem auch ein paar Black Metal-Einflüsse auf. Sänger Lutz klebt nicht bloss auf der Bühne. Ab und an unternimmt er kleinere Wanderungen durch die Publikumsreihen, was ihm viel Applaus einbringt.
Dann werden plötzlich etliche «Johnny-Rufe» laut. Eternal Delyria streben da offenbar ein Featuring an. Rasch ist der gesuchte Herr gefunden und wird ohne zu zögern auf die Mini-Bühne befördert. Jetzt wird’s langsam eng dort oben. Johnny schnappt sich ein Mikro und unterstützt seine Tessiner-Kollegen während eines Songs am Gesang. Eine durchaus gelungene Performance.
BURNING FLESH
Nun überwinden wir auch noch den «Röschtigraben». Die aus Genf stammenden Burning Flesh übernehmen jetzt das Kommando. Frontmann Mulk ist ein echter «Gesangs-Hulk». Ähnlich wie der grüne Marvel-Held verfügt auch er über eine brutale, kraftvolle Stimme. Da wird gegrunzt was das Zeug hält. Brutal Death Metal ist eindeutig die korrekte Bezeichnung für diese Darbietung. Abermals wird das Publikum zu Höchstleistungen angespornt. Ohne Wall Of Death geht’s selbstverständlich nicht. Die Truppe gibt auf ihrer Facebook-Seite Blood Red Throne und Napalm Death als musikalische Einflüsse an. Ähnlichkeiten zum Sound dieser beiden Bands sind ganz klar vorhanden. Bis hierhin sind alle Auftritte überzeugend. So darf’s gerne weitergehen. Allerdings merke ich, dass mein Energielevel zunehmend zu sinken droht. Es handelt sich heute Abend effektiv um eine schweisstreibende Metal-Schlacht.
OMOPHAGIA
Homo… Omo… Phöbia… – ach, immer diese zu komischen Aussagen verleitenden Bandnamen. Die korrekte Bezeichnung lautet natürlich Omophagia. Die Swiss-Brazilian Death Metal-Combo macht seit 2007 die Bühnen unsicher. Heute Abend möchte sie mit uns ihr 10-jähriges Bestehen zelebrieren. Mit ihren Bühnenoutfits ziehen die Herrschaften jeweils sofort die Blicke auf sich. Die blutverschmierten Hemden und Krawatten fallen nun einmal auf. Die fünf Auftragskiller geben von der ersten Sekunde an Vollgas. Sänger Beni überzeugt zudem mit sympathischen Ansagen. Trotz Sauna-Hitze sitzt Drummer Wild gar mit Anzugsjacke hinter seiner Schiessbude – Respekt! Band und Publikum sind gleichermassen mit vollem Einsatz bei der Sache. Somit wird das Ganze definitiv zu einem würdigen Headliner-Auftritt. Bei einem Track taucht gar der ehemalige Omophagia-Gitarrist Raphael auf der Bühne auf und knallt uns ein paar wilde Soli um die Ohren. Nach dieser tollen Show ist zu hoffen, dass wir hoffentlich noch ein paar weitere Jubiläen mit dieser Truppe feiern dürfen.
TENEBRAE AETERNUM
Der Saal ist beinahe leer. Viele Metalheads sind bereits abgereist. Teilweise kann ich das nachvollziehen. Immerhin haben wir inzwischen schon 1 Uhr morgens. Nach Irony Of Fate wurde der Zeitplan unglücklicherweise nicht mehr sauber eingehalten. Somit muss sich Johnny bei seinem dritten Auftritt am heutigen Abend mit einem spärlichen Publikum begnügen. Dieses Mal präsentiert er uns seine neuste Truppe: Tenebrae Aeternum. Symphonic Avant-Garde Black Metal steht auf der Speisekarte. Als Einflüsse geben die Jungs unter anderem Kapellen wie Fleshgod Apocalypse oder Watain an. Aber auch Spuren von Johnnys Ex-Band Frozen Gate sollen im Sound von Tenebare Aeternum enthalten sein. Zu sehen (und hören) gibt’s einen einigermassen soliden Auftritt. Allerdings sind Fans und Band ziemlich müde. Schliesslich liegt ja auch ein überaus anstrengender Abend hinter allen Parteien. Höhepunkt ist übrigens ein Gastaufritt von Frozen Gate-Bassist Charon. Das gehörte macht nichtsdestotrotz Lust auf mehr, weshalb ich mir Tenebrae Aeternum unbedingt wieder einmal irgendwo ansehen muss.
FAZIT
Vorab möchte ich mich beim Veranstalter für die problemlose Akkreditierung bedanken, obwohl die Anfrage meinerseits ziemlich spontan und kurzfristig abgeben wurde. Sämtliche Bands hinterliessen weitestgehend einen guten Eindruck und ich kann alle weiterempfehlen. Das Guss39 ist eine coole, familiäre Location mit einer soliden Soundqualität. Einzige Negativpunkte sind das Parkplatzproblem und die Nichteinhaltung des Zeitplans. Zum Abschluss möchte ich euch allen nochmals den folgenden Leitsatz in Erinnerung rufen: «Support your local Metal-bands!».
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Irony Of Fate
- When Worlds Collide
- The Wanderer
- 6 Ft. Deep
- The Curse
- Unleashed Your Chains
- Destruction
Setliste – Soldiers Bloodcraft
- Intro
- Overture
- Deception
- Forced To Slaughter
- Your Law My Wealth
- Total War
- Nuclear Warheads
Setliste – Eternal Delyria
- Faith Misplaced
- Eradication Of Solitude And Despair
- The Awakening
- Chasing Shadows
- Growing Roots
Setliste – Burning Flesh
- Human Vivisection
- Acid Sea
- Carnivor Micose
- Human Flesh Fertilizer
- Total Hate
- Chain React
- Wall Of Lead
Setliste – Omophagia
- Intro
- Willing Whore
- Man-Machine
- Until The Sky Turns Red
- Killing The Weak
- The Predator
- The Leader
- The Dominant
- Love Song
- Gain From Suffering
- War On Mammon
- Wheel In The Engine
- Down We Fall
Setliste – Tenebrae Aeternum
- Sculpting The Monument Of Decline
- Creation Of Creators
- Medium
- Beyond All Stars
- I Am What I Am
- Orbis Silentium