Die grösste Core-Party von Aarau
„Cool, Chelsea Grin kommen nach Aarau!“ dachte ich mir damals, als ich die Ankündigung des KIFF gesehen hatte.
Ich hatte die Band am Greenfield 2015 kennengelernt und war damals von ihrem Potential als Live-Band beeindruckt. Schnell reservierte ich mir also den Abend, um dann trotz der Hitze in die Kantonshauptstadt zu fahren und mir dort eine richtig geile Core-Party reinzuziehen. Zusätzlich spielten Motionless In White und The Devil Wears Prada: zwei Bands, die für mich neu waren, auf der Bühne dann aber mächtig abgingen.
Vor dem Konzert
Das Konzert findet im 2. Stock des KIFF statt. Schon draussen ist es extrem warm, aber so wie es da drin ist, stelle ich mir die Hölle vor. Der Schweiss läuft einem auch ohne Bewegung von der Stirn, der ganze Körper ist nassgeschwitzt – aber es gibt Bier! Aufgrund der aktuellen Geschehnisse um Five Finger Death Punch (Ivan Moody wird vorübergehend ersetzt) ist deren Musik aus den Lautsprechern zu hören. Es sind nicht allzu viele Leute anwesend, aber das wird sich im Verlaufe des Abends noch ändern. Die vielen Core-Fans freuen sich extrem auf die Bands, auch wenn vor dem Konzert nicht bekannt war, ob Chelsea Grin oder Motionless In White zuerst spielen würden. Ein Blick auf die angeschlagenen Programmblätter verrät aber: Chelsea Grin wird den Abschluss das Abends nach Motionless In White vollziehen.
The Devil Wears Prada
Aber erst zur Vorband. Die Corer aus dem Bundesstaat Ohio eröffnen bretterhart, was man auch daran merkt, dass schon ab dem ersten Takt die Haare fliegen – sowohl auf der Bühne als auch in den ersten Reihen! Die Band bietet eine tolle Kombo aus Screaming und Clean Vocals (was mir persönlich sowieso extrem gefällt, sei es bei Epica oder bei Fear Factory). Die Musiker überzeugen mit peitschend hartem Core und bieten neben den nicht besonders zahlreichen Breakdowns nur wenige Verschnaufpausen, auch wenn die Hälfte der Band – zumindest vom Aussehen her – True Metaller sein könnten. Einzig dem Bassisten sieht man dank seinem core-artigen Auf-Ab-Headbangen die musikalische Richtung an. Erstaunlicherweise gibt es während dem ganzen Konzert von TDWP sehr wenige Pits, was aber mit wildem Headbangen kompensiert wird. Mit einigen ruhigeren, bisweilen sogar düsteren Parts sind TDWP unterwegs zum Ende ihrer Show, welche dank den Instrumental Parts kein bisschen eintönig ist. „Fuck Trump“ ruft der Shouter irgendwann noch in die Menge: ein Phänomen, das man in letzter Zeit an Konzerten öfters beobachten konnte. Bald verzieht sich die Band dann aber in den Backstage-Bereich und überlässt die Bühne der nächsten Band.
Motionless In White
Gegen Ende des ersten Konzertes und vor allem auch während der Umbauphase füllt sich der Zuschauerbereich schon mehr: Zu Beginn von Motionless In White hat sich die Menge bestimmt schon verdoppelt! Generell sind viele MIW-Fans zu erkennen, sei es anhand der Shirts oder an den Gesprächen vor dem Konzert.
Nicht ganz pünktlich treten dann die weisslich geschminkten Corer aus Pennsylvania auf die Bühne. Mit einem eher melodischen Song eröffnen sie ihr Set und bringen auch in den weiteren Songs die Zuschauer zum Toben. Ihre Musik ist melodiöser und enthält mehr Clean Vocals als die von TDWP. Wären da nicht die Breakdowns und das Djenthafte an ihrer Musik, könnten man sie geradezu als Melodic Death Metal durchgehen lassen. Irgendwie haben sie auch etwas von Emergency Gate. Naja, Musik ist nicht einfach zu beschreiben, Hauptsache sie gefällt! Und das tut sie mächtig! Schon nach wenigen Spielminuten bilden sich die ersten Mosh- und Circle Pits. Bald schon steht auch ein Fan auf der Bühne neben Sänger Chris „Motionless“ Cerulli. Er selber nimmt das gelassen, die Security allerdings reagiert bissig und scheucht den jungen Mann wieder zurück in die Menge. Die wenigen Crowdsurfer werden ebenfalls von den Zuschauern hin- und hergegeben, da es vor der Bühne keinen Graben hat, in dem sie landen können.
Auf jeden Fall ist die Stimmung im KIFF auf dem Höhepunkt. Der Holzboden bebt dank der vielen Basstöne und dem Gestampfe und das Ganze wirkt, als wollten Band und Publikum den Schuppen auseinandernehmen! Einziger Negativ-Punkt von meiner Seite: Wieso stehen da zwei zusätzliche Mikros, wenn die Background Vocals ab Band kommen?
Chelsea Grin
Zu Beginn des Chelsea Grin Konzertes hat es schon wieder weniger Leute. Ich frage mich, wer von den beiden jetzt der Headliner ist. Auf dem Plakat stehen sie nebeneinander, auf Ankündigungen ist es Chelsea Grin, dem Publikum nach ist es Motionless In White – wer es musikalisch ist, lest ihr im Fanzit.
Die nächste amerikanische Band, dieses Mal aus Utah, beginnt circa eine Viertelstunde zu spät. Schon nach weniger als einer Minute (zumindest gefühlt, ich habe ja keine Stoppuhr bei mir) folgt jedoch der erste Breakdown – und der ist episch! Während dem ganzen Konzert zeigen CG ihre Spitzendisziplin: den Breakdown! Davon folgen viele, sie folgen unerwartet, sie folgen düster, sie folgen genial! Was mir ebenfalls gefällt, ist der bereits in meinem Vorbericht besprochene Genre-Mix. Man hört Einflüsse aus verschiedenen Metal-Subgenres raus, darunter besonders nennenswert Death, Thrash und Symphonic. Erstaunt werde ich ebenfalls vom Drummer Pablo Viveros. Neben seinem gewaltigen Getrommel kümmert er sich um die Background Vocals – etwas, das ich mir als Drummer selber nicht mal vorstellen kann. Zudem frage ich mich bald, ob er nicht sogar besser singt als Frontmann Alex Koehler. Aber lassen wir diese kritischen Fragen, denn auch beim Schlussact ist Party angesagt: Die Circle Pits toben, man schwitzt noch mehr als bei der anfänglichen Hitze und einige wenige versuchen sich sogar im Stagediven. Bei der von Koehler geforderten Wall Of Death zeigen sich dann auch die ziemlich zahlreichen Violent Dancers. Vor der Zugabe bedanken sich Chelsea Grin beim Schweizer Publikum für das (nach eigener Aussage) beste Konzert, das sie jemals im KIFF gespielt haben.
Fanzit
Der Abend hat sich auf jeden Fall gelohnt. Alle drei Bands haben mich überzeugt: Sowohl Chelsea Grin, welche ich bereits kannte, als auch die beiden für mich neuen Bands. Vor allem Motionless In White haben mich aber richtig begeistert: Ihre Nähe zum Melodeath gefällt mir, musikalisch spielen sie ein bisschen genauer, der Sound ist ein wenig besser abgemischt und auch vom Publikum wurden sie noch ein wenig mehr abgefeiert als Chelsea Grin und TDWP. Auf jeden Fall würde ich jederzeit wieder an ein Konzert einer dieser Bands gehen.
Setliste Motionless In White
- Carry The Torch (Intro)
- 570
- Abigail
- Rats
- Eternally Yours
- Break The Cycle
- Loud
- Reincarnate
- Death March
- Immaculate
- Devil’s Night
Setliste Chelsea Grin
- Sandeep
- Clickboat
- Strungbean
- Playing With Tires
- My Dalmatian
- Cruca Banger
- Sonnet
- Never Forevernever
- Scratching And Scrotum
- Broken Bongs
- Chainie Strokes*
- Recreate*
*Zugaben