Die Menge an Konzerten überschreitet schon seit langem den Vorrat an Zeit und die mannigfaltigen Interessen an den unterschiedlichen Musikrichtungen erschweren die Auswahl, welches Konzert man denn gerne besuchen möchte, kann oder vor allem will. Die inzwischen gut etablierten Haken aus England und Plini aus Australien fanden sich am Prog Frog Festival als Headliner im Kiff zusammen.
Naja, es waren nicht nur diese beiden Bands, die den Freitagabend ausfüllen sollten. Auf dem Programm standen nicht weniger als sechs Bands. Für den verlangten bescheidenen Preis von CHF 32 ist das natürlich ein Hammerangebot. Es dürfte jedoch für den einen oder anderen schwierig gewesen sein, bereits schon um 18:30 Uhr vor Ort zu sein um sich die erste Band anzusehen. Unglücklicherweise muss ich zugeben, dass es aus zeitlichen Gründen nicht nur unmöglich war die erste Band zu sehen, sondern leider auch den zuletzt auftretenden Australier Plini. Ein bedauerlicher und wirklich unglücklicher Umstand.
Interessant wären die Opener Next To None durchaus gewesen, denn am Schlagzeug sass Max, der Sprössling von Drum-Gott Mike Portnoy. Das Sprichwort; der Apfel fällt nicht weit vom Stamm könnte nicht besser passen. Schade war dass sie schon so früh anfingen. Gemäss verlässlicher Meinung zweier Zuschauer, hätte es sich gelohnt die junge Band zu sehen. Aber auch die anderen Bands wie die zwei Mann Combo The Algorithm aus Frankreich, David Maxim Micic aus Kroatien und Disperse aus Polen hatten Einiges zu bieten. Ohne die Leistung der anderen Bands zu schmälern, galt mein Augenmerk aber in erster Line den Vertretern aus Polen und England.
Disperse
Disperse repräsentierten wohl den sanftesten Vertreter des Abends und spielten eine gesunde Mischung aus Prog, Djent und Jazz. Rhythmisch anspruchsvoll und doch nicht so mathematisch, dass nur Drummer verstehen, was eigentlich abgeht, spielten Disperse Songs aus ihren beiden Alben, die übrigens wärmstens zu empfehlen sind. Schade dass Originaldrummer Mike Malyan am Gig nicht dabei sein konnte – er wurde aber würdig von einem Ersatz-Schlagzeuger vertreten.
Sänger Rafał Biernacki fand sich nach Konzert am Merch-Stand wieder wo er ausgesprochen sympathisch die Komplimente für die ganze Band entgegen nahm und sich sichtlich dankbar zeigte. Disperse ist eine Band, bei der es sich lohnt, sie im Auge zu behalten. Musikalisch passten sie sicherlich am besten zu Haken und es wäre nicht verwunderlich, würden diese wieder einmal zusammen auf der Bühne stehen.
Haken
Die Engländer dürfen auf inzwischen vier ausgesprochen spannende Alben zurückblicken. So konnten sie sich auch privat bei Drum-Meister Portnoy bestens etablieren. Schliesslich waren sie letzten Jahres Gast am heimischen Pool der Portnoys. Und plötzlich macht es auch Sinn, dass Sohnemann Max mit seiner Band im Vorprogramm von Haken auftaucht. Anyway, Vitamin B hat offenbar wieder mal genützt. Interessant war aber vor allem die Tatsache, dass Russ Jennings, der Sänger von Haken, am Konzert nicht teilnehmen konnte. Stattdessen präsentierte man als Ad Interims-Sänger Vladimir Lalic. Ein mir unbekannter Musiker und ich muss gestehen, ich hatte es versäumt zu recherchieren. Entsprechend undefinierbar waren die Erwartungen, aber eine Band wie Haken, die sich auf hohem musikalischen Niveau bewegt, kann und wird es sich nicht leisten, beim Vocalisten Abstriche zu machen.
Der Beweis für Lalics Können war schnell erbracht und der Funke der Begeisterung sprang sofort ins Publikum. Singt Jennings eher hoch und filigran, überzeugte der Ersatzmann durch eine ganz andere Singweise, die aber genau so gut zu Haken passte. Ohne die Leistung eines Russ Jennings zu schmälern musste man anerkennen, dass Lalic das Prädikat „Ersatzspieler“ nicht verdient. Die Leistung war schlichtweg superb. Einmal mehr zeigte sich auch, dass Conner Green, Bassist seit 2013 eine grosse Bereicherung für die Band ist. Die befürchtete Lücke, nach dem Ausstieg von Tom MacLean hätte entstehen können, konnte perfekt gefüllt werden.
Fanzit
Vielleicht liegt es am Alter und dem damit resultierenden und mangelnden Belastungsvermögen, aber sechs Bands in einer Location wie dem Kiff sind zwar gut gemeint, aber irgendwie zu viel des Guten. Sicher, der Preis war unübertroffen, aber lieber etwas mehr zahlen, dafür die Bands nicht im Schnelldurchgang anhören müssen. Dies wäre sicher auch im Sinne der Bands. Aber trotz des Jammern auf höchstem Niveau muss man den Veranstaltern wieder einmal ein Kompliment machen. Gutes Line-Up und gut organisiert.