Aufgepasst: Ein neuer Herausforderer betritt den Symphonic Metal-Ring!
Die US-amerikanische Symphonic Metal-Truppe Seven Spires rund um Frontfrau Adrienne Cowan wird am 4. August ihr allererstes «full-length» Album via dem deutschen Label SAOL veröffentlichen.
«Solveig» dokumentiert musikalisch die Reise einer verlorenen Seele durch eine dämonische, düstere Unterwelt im neo-viktorianischen Gewand. Die Band verspricht der Zuhörerschaft vielschichtigen Symphonic Metal. Ob die vier Musiker dieses Versprechen einlösen können, werde ich für euch in der nachfolgenden Albumkritik versuchen herauszufinden.
DAS ALBUM – «Solveig»
«The Siren» macht den Anfang. Ein nicht ganz zweiminütiger Intro-Song, der durch Klavier-Geklimper dominiert wird. Ein dezenter Trommelwirbel ist ebenfalls ab und zu hören. Selbiges gilt für die Streichinstrumente. Offenbar scheint die Band mit einem Orchester zusammenzuarbeiten – was in diesem Genre ja alles andere als unüblich ist. Die Zuhörerschaft ist nun jedenfalls sicherlich gespannt auf den ersten, echten Track der Scheibe.
Und da braust er auch schon heran. «Encounter» strotz geradezu vor Bombast-Elementen. Dann zerreisst plötzlich ein gellender Schrei den Chorgesang. Frontmädel Adrienne hat sich ein erstes Mal gemeldet. Die darauffolgende Combo aus Riffs und Drum-Geprügel regt unvermeidlich die Nackenmuskulatur an. Die Dame hinter dem Mikro verfügt über ein kräftiges Stimmorgan. Im Hintergrund mimen die Chorfrauen mit ihrem Gesang offenbar die Sirene nach. Eine durchaus einlullende Angelegenheit. Ja, dieser Nummer macht definitiv Lust auf mehr Seven Spires-Material.
Mit «The Siren (Reprise)» begeben wir uns in Sachen Songstruktur nochmals zurück zum Intro-Track. Ultrakurze 27 Sekunden lang wird nochmals ordentlich mit der epischen Kelle angerührt. Da klappt der Übergang ins direkt folgende «The Cabaret Of Dreams» fliessend. Zu diesem Track hat die Truppe bereits ein Musikvideo veröffentlicht. Adrienne demonstriert von Beginn in eindrücklicher Manier den Facettenreichtum ihres Stimmchens. Von energievollen Schreien bis zu zart ins Mikro gehauchten Passagen ist alles dabei. Eine waschechte Rockröhre! Und im letzten Song-Drittel knallt sie der Zuhörerschaft gar kurzzeitig noch Growls und Screams um die Lauscher. Die Amis mischen somit noch eine Prise Melodic Death Metal in ihren Sound. Hammermässig!
Auch «Choices» ist eine eher kraftvolle Geschichte. Einmal mehr fordern Jack Kostos Gitarrenspiel und Chris Dovas’ rasantes Getrommle die Headbanger unter den Zuhörern heraus. Wunderschön anzuhören ist ausserdem das Zusammenspiel zwischen Adriennes klarem Gesang und den Ausflügen in die Tiefen ihrer Kehle.
Der eingängige Rhythmus von «Closure» lädt ebenfalls zum munteren Headbangen ein. Auch Liebhaber der klassischen Klänge kommen hier auf ihre Kosten. Für einmal wird nicht allzu sehr aufs Gaspedal gedrückt. Die instrumentalen Parts weisen stellenweise einen leicht orientalischen Touch aus. Das kennen wir bereits von Genre-Grössen wie beispielsweise den Niederländern von Epica. In der zweiten Songhälfte nimmt die ganze Geschichte dann doch plötzlich nochmals Fahrt auf. Adrienne macht an dieser Stelle doch tatsächlich auf Alissa White-Gluz. Ein Duett dieser beiden genialen Sängerinnen wäre definitiv wünschenswert. Schliesslich beherrschen beide den fliessenden Wechsel zwischen Growls und clean-gesungenen Parts.
Bei «100 Day» geht’s schliesslich definitiv gemächlich zu und her. Es ist Balladen-Zeit! Adrienne beweist von Anfang an, dass sie auch mit dieser Song-Art umzugehen weiss. Begleitet wird sie von akustischen Gitarrenklängen. Nach der Hälfte machen sich dann auch die Streichinstrumente bemerkbar und versetzen dem Ganzen einen Hauch Dramatik. Eine wunderschön vorgetragene Nummer und eine willkommene Verschnaufpause.
Mit aufgetankten Batterien ist die Zuhörerschaft bereit für «Stay». Chris scheint’s hinter seiner Schiessbude eilig zu haben. Kollege Jack holt ein weites Mal mitreissende Melodien aus seiner Saitenkönigin heraus. Zudem gibt’s abermals unterschiedliche Gesangsarten zu hören. Nicht schlecht, aber die Scheibe hat trotzdem noch ein paar stärkere Hymnen zu bieten.
Und dazu zählt definitiv das nun aus den Boxen dröhnende «The Paradox». Auch dazu existiert seit ein paar Wochen ein durchaus ansprechender Videoclip auf YouTube. Lasst euch vom ruhigen Beginn nicht täuschen. Es wird gleich ordentlich zur Sache gehen. Adrienne klettert erneut die Tonleiter nach unten und tobt sich in der «Stimmen-Hölle» mit vollem Einsatz aus. An die Zweifler unter euch: Ja, da singt respektive grunzt tatsächlich eine Frau. Spätestens die Klargesangs-Parts schaffen diesbezüglich dann endgültig Klarheit. Die Instrumentenfraktion rund um Jack, Chris und Bassist Peter de Reyna gibt ebenfalls vollen Einsatz. Zurecht einer der zahlreichen Anspieltipps dieses Silberlings.
Holla die Waldfee! Was für ein wuchtiger Schrei zu Beginn des Songs «Serenity». Erneut zweigt die Frontdame ihre beiden Gesangs-Gesichter. Besonders sind keltisch-klingenden Melodien gegen Ende des Songs. Seven Spires erschaffen effektiv ihren eigenen und äusserst abwechslungsreichen Sound.
Basser Peter prägt eindeutig den Track «Depths». Bald übernimmt jedoch Adriennes kräftiges Stimmorgan wieder das Zepter. Und Jack darf ebenfalls noch ein Solo beisteuern. Insgesamt haut mich diese Nummer allerdings nicht wirklich aus den Socken. Aber bei einem Album mit 15 Tracks schleichen sich gezwungenermassen in der Regel schon einmal 1-2 «Lückenfüller-Songs» ein. Das können nur die wenigsten Bands vermeiden.
Bombast- und epische Elemente sind fester Bestandteil des nun folgenden «Distan Lights». Mit Lichtgeschwindigkeit vorgetragenen Gitarren-Soli passen perfekt ins Gesamtbild dieses Nümmerchens. Generell ist hier erneut ordentlich Tempo drin. Für einmal setzt Adrienne wieder ausschliesslich auf klaren Gesang. Ohne ein paar schrille Schreie geht’s dann aber trotzdem nicht. Nichtsdestotrotz packt mich auch dieses Liedchen nicht vollends. Geht den Amis etwa gegen Ende der Platte die Puste aus?
Denkste! Mit einer Spielzeit von 08:21 schicken Seven Spires nun nämlich ein echtes Monster ins Rennen. Enttäuscht wird auf dieser musikalischen Achterbahnfahrt namens «Burn» niemand. Die junge Truppe gibt unermüdlich Vollgas. Dieses Mal hört es sich allerdings so an, als würde eine männliche Stimme die Growls übernehmen. Allerdings kann ich nicht eruieren, wer genau dahintersteckt. Glücklicherweise mindert dies das Hörvergnügen kein bisschen.
Leider kommt dann auch «Ashes» etwas arg seicht daher. Mit den Top-Songs des Albums kann dieser Nummer definitiv nicht mithalten. Da fehlt die Durchschlagskraft. Die Amis haben’s ja drauf, das haben sie zuvor mehr als einmal bewiesen. Für die Finalissima ist das Lied «Reflections» besorgt. Ein letztes Mal rühren Seven Spires mit der grossen, epischen Kelle an. Das Ganze hört sich an, wie der Soundtrack während des Abspanns eines fantastischen Kinofilms. Nochmals ein wenig Hochgenuss für die eigenen Gehörgänge. Als Vergleich fällt mir da so spontan «Imaginaerum» (der Song, nicht das Album) von Nightwish ein. Aber die Finnen bleiben eindeutig die unangefochtenen Könige in dieser Disziplin.
FAZIT
«Solveig» darf zurecht als sackstarkes Debütalbum bezeichnet werden. Es gibt lediglich 2-3 «Lückenfüller-Songs» zu beklagen. Das ist definitiv kein 08/15-Symphonic Metal! Doch genau aus diesem Grund könnten sich Seven Spires allenfalls längerfristig in dieser Genre-Ecke positionieren und die dortigen Grössen zum Konkurrenzkampf herausfordern. Grossen Anteil hat ganz klar Bandleaderin Adrienne Cowan und ihr unglaubliches Stimmorgan. Man darf gespannt sein, wie die Entwicklung dieser jungen Truppe weitergehen wird. Ich werde diese Sache definitiv im Auge behalten. Sascha Paeth (u.a. Bassist bei Avantasia) – welcher das Album mitproduziert hat – bezeichnete Seven Spires kürzlich als «eine der wenigen neuen Persönlichkeiten im Metal». Zudem durfte die Truppe bereits mit Grössen wie Arch Enemy, Amaranthe und Apocalyptica touren. Hoffentlich schauen sie auch bald einmal in der Schweiz vorbei.
Trackliste Seven Spires – Solveig
- The Siren
- Encounter
- The Siren (Reprise)
- The Cabaret Of Dreams
- Choices
- Closure
- 100 Days
- Stay
- The Paradox
- Serenity
- Depths
- Distant Lights
- Burn
- Ashes
- Reflections
Line Up – Seven Spires
- Adrienne Cowan – Vocals
- Jack Kosto – Guitar
- Peter de Reyna – Bass
- Chris Dovas – Drums