Eine wahre Götterspeise von Eluveitie
… oder Eluveitie laden zum Tanze im gründe Walde. Wie man will, es geht um keltische Gottheiten und musikalisch bewegt man sich zwischen Träumen, Tanzen, Trinken, Troubadour (das einzige «T», das mir als fernes Synonym für Singen grad in den Sinn kam).
Unser Schweizer Nationalhelden lösen ein längeres Versprechen ein: Ihres erstes Akustik-Album „Evocation I – Arcane Dominion“ erhält endlich ein Geschwisterchen. Der Nachzügler erblickt am 18. August 2017 im Himmels-Zeichen des stolzen Löwen das Licht der Welt. Da müsste man doch von einem fetten Gebrüll ausgehen, aber wie schon der Erstgeborene schreit der Kleine wenn dann nur sanft und weiblich in der Stimme von Fabienne Ernie. Chrigel hört man nur im Hintergrund mit dem einen oder anderen Schrei und ich denke auch die eine oder andere gehauchte (Sprech-)Stimme. So oder so, ein Unfall war Evo II nicht. Wie das «I» bei Evocation vermuten lässt, war «II» schon 2008 als Nr. 2 der Dilogie geplannt.
Aber bevor wir uns dem Jüngsten der wilden und eben auch ruhigeren Elu-Kinderschar anhören, schauen wir ihn mal an, heben ihn hoch. Hübsch ist er wie alle Elu-Kinder. Chrigel hat die Covers seit eh und je im Griff, ob es auch sein Griffel war, der dieser letzte Nachwuchs gestaltete, ist mir jetzt grad nicht bekannt, aber vielleicht finden wir das ja während dem drauflosschreiben noch raus. Gut, was man schon früher erfahren hat, dass das Cover das Pantheon, die Welt der Götter unserer Vorfahren, bildlich darstellt.
Das Symbol auf dem Album-Cover beinhaltet gemäss Medieninfo das «grosse Rad», das den Jahreskreis mit seinen Jahreszeiten, Sonnenwenden und Tag/Nachtgleichen verkörpert und der zu den Grundfesten der keltischen Mythologie gehört:
«Das «grosse Rad» ist eingebettet in ein dreiteiliges Enneagramm; denn die Drei ist nicht nur eine wichtige Zahl in der keltischen Mythologie – wir begegnen im keltischen Pantheon sogar der Dreifaltigkeit. Während der innere Kreis die Initialen der Namen der Gottheiten, die auf diesem Album geehrt werden, enthält – dreiteilig angeordnet entsprechend ihrer Beziehungen innerhalb des Pantheons und ihrem Platz in der Mythologie –, spricht der äussere Kreis eine Einladung, wie auch ein Segen aus: Ein magischer Segensspruch für den, der es wagt, einzutreten und sich auf diese Reise zu begeben! Das Zentrum des Symbols enthält indes eine dreifache Symbolik. Es stellt den Gott Lugus dar, der immer wieder auch in der Mehrzahl – Lugoves – angesprochen wurde, denn er ist ebenso ein dreifaltiger Gott, wie auch ein Tricephalos. «Der, mit der sicheren Hand» und der «Begabte in allen Künsten» wird hier in einer Kombination von zwei wichtigen Symbolen gezeigt. Einerseits ist er als «Hochkönig» (und «Druide der Druiden») dargestellt, eine typisch gallische Symbolik von essenzieller Bedeutung und Signifikanz. Andererseits ist Lugus hier gesäumt von der gallischen «Herr der Tiere/Herr des Lebens»-Symbolik: Die Figur ist umgeben von diversen Tieren und gleichzeitig eng mit ihnen verbunden.»
Nun, jetzt aber Mund auf, zeig was du draufhast. OK, das erste was wir hören sind Wind und geheimnisvolle Stimmen. Zieht euch das mal in einem stockdunklen Zimmer mit anständiger Lautstärke auf einer fetten Anlage rein. Ui, das gruselt schon fast ein bisschen … bis Fabiennes warme Stimme ertönt. Das gibt doch Halt und führt uns raus aus dem dunklen Walt. Der Männer-Aaaahahaha-Chor im Hintergrund erinnert mich schon mal an Filmmusik. Zum Beispiel «Geronimo». Nun, nicht grad die gleiche Gegend wo wir uns grad befinden, aber irgendwie passt das schamanenartige doch ganz gut. Der Einstieg gefällt mir ausgesprochen gut. Der Kleine kann was. Gerne weiter so.
Und weiter geht’s auch mit Vertrautem. Einer Göttin – Epona – der man schon mal Rosen schenkte und der Song selbst war ja auch die erste Single-Auskopplung/-Video des neusten Longplayers aus der Elu-Schmiede. Man kennt ihn also schon, auch live schon mehrere Male gehört, ist dies einer meiner absoluten Lieblingssongs von Eluveitie und die Stimme von Fabienne kommt richtig schön rüber. Bei diesem Song muss man einfach tanzen, auch wenn es eher ein Gebet für die Göttin sein soll. So oder so, Fabienne die Waldfee hat hier nicht nur im Video einen ganz grossen Auftritt. So lässt sie die Anna fast ein bisschen vergessen, aber nur fast, denn die ist ja u.a. auf Evocation I mit dem Übersong «Omnos» verewigt.
In dieser Reihenfolge geht es über 50 Minuten weiter. Es kommt mal ein eher instrumentales Stück, flüsternde Stimmen, Naturgeräusche, Geflötle und die ganze Akustik-Palette der Neuner-Truppe.
Was die Songs sehr schnell auslösen ist ein intensives Kopfkino. Ich bin ein Liebhaber von Filmmusik. Meist kennt man den Film und kauft sich dann diese dazu. Beim Hören werden einem dann die entsprechenden Szenen in Erinnerung gerufen. Bei Evocation II ist jedoch umgekehrt. Ich habe zuvor keinen Film Namens «Evocation II – Pantheon» gesehen – mal abgesehen von den beiden bisher veröffentlichten Videos – und höre jetzt den Score zu einem real nichtexistierenden Film. Und dennoch fängt das Kopfkino an zu rattern. Ich bin überzeugt, als die Songs geschrieben wurden, hatten die Verantwortlichen zuerst einen Film im Kopf und komponierten dann die Songs dazu. Es schreit schon nach einem Storyboard, einer vorgeschriebenen Geschichte, einem Drehbuch. Auch wenn dieses vielleicht nie aufgeschrieben wurde, aber es muss da sein. Weil anders kann ich mir so ein Album nicht erklären. Wäre spannend, in das jeweilige Kopfkino eingeladen zu werden.
Oder auch nicht … denn ich denke, was der grosse Unterschied und eben auch grad die Stärke von den beiden Akustikalben gegenüber den «normalen» Metal-Scheiben von Elu ist, jeder hat bei bei diesen seinen eigenen Film vor Augen. Und drum habe ich jetzt auch nicht bis ins Detail drüber gelesen und recherchiert, von was die einzelnen Songs handeln. Ich glaub, wenn ich das wüsste und hier niederschriebe, nähme das etwas vom Reiz in diese mystisch-historische Zeitreise. Darum überlasse ich das jedem selbst, ob er mehr über den Inhalt erfahren will. Mir reichen die Eckpunkte, wo und in welcher Zeit wir uns befinden. Wer oder was Epona war, aber ich brauch nicht jeden Song einzeln erklärt, auch wenn natürlich ein grosser Teil der Arbeit in diesem Album genau darin steckt, Songs über eine Zeit zu schreiben, von der man nicht sehr viel weiss und in einer Sprache die längst tot ist. Von unzähligen Puzzle-Teilen die von Wissenschaftlern aus ganz Europa zusammengesetzt werden und doch ist das Puzzle nie fertig, das Bild nie vollkommen.
Und doch ist das Gallische ist mit Evocation II lebendiger denn je. Das Album hat wenige düstere Momente, wirkt aber mehrheitlich fröhlich – eben zum Tanze und Umtrunk einladend. Ich finde es auch noch zugänglicher als die erste Ausgabe der zwei Akustikalben. Evo I hat grosse Momente – wie schon erwähnt der Übersong Omnos, der sich oft auch auf der Live-Setliste von Elu befindet, aber über das Ganze Album gesehen, ist Evo II verträumter, verspielter, melodiöser.
Es ist ein Album, dass sich sowohl als Hintergrund-Lounge-Musik eignet als auch um sich völlig den Songs hinzugeben und abzuheben in eine andere Welt. Eben, in sein Kopfkino. Und nicht zu Letzt, für das nächste Mittelalter-Fest. Auch wenn zeithistorisch wohl nicht ganz korrekt, so hat es schon auch das Flair, wie man sich so ein Mittelalterfest anno dazumal vorstellt. Nur schon wegen der Instrumentierung, auch wenn die Leier leider etwas stark im Hintergrund ist. Da hatte wohl Anna mit damals rund einem Jahr mehr Band-Erfahrung als Michalina bei der ersten Ausgabe mehr zu den Songs beigetragen.
Was noch speziell ist – und ich hätte es selber wohl kaum gemerkt, ausser dass man immer wieder Mal das Gefühl hat, die eine oder andere Melodie auch schon gehört zu haben (von Stairway To Heaven bei «Antvmnos» – passt da grad gut, da Antvmnos «Anderwelt» bedeutet – bis zu alten Folksongs) – in jedem neuen Song ist was von einem Alten verpackt. Da erwähne ich gerne Angela von Metal.de, die dass in einem Interview mit Chrigel angesprochen hat und ihn damit glücklich, dass es endlich jemand erkannt hat. Als ich setz die Lorbeeren hier gar nie auf und gebe sie grad weiter an die Kollegin. Respekt vor dieser Entdeckung, die zwar in der Medienmitteilung angesprochen wurde, aber wie finde nicht so offensichtlich ist beim Reinhören.
Fanzit zu Eluveitie Evocation II – Pantheon
Evocation II – Pantheon ist definitiv aus der gleichen Familie wie der grössere Bruder, der schon bald zehn Jahre alt ist. Die beiden sind aus dem gleichen Holz geschnitzt. Es ist in vielem auch eine Wiederholung und manchmal wohl auch ein Sequel – einfach mit mehrheitlich anderen Eltern. Doch die Eltern gaben dem Jungen ganz schön gute Gene mit. Soundmässig top, produziert ebenfalls makellos und Fabiennes Stimme passt einfach perfekt – und nicht zuletzt auch ihr Look. Sie stammt optisch aus dieser Zeit – zumindest in der romantischen Vorstellung von damals. Wenn es eine Überraschung gibt, dann hätte ich sogar noch mehr Fabienne erwartet – zum Beispiel auch in der Art wie bei «Artio», da haucht sie einmal mehr feenhaft, begleitet fast nur von Naturgeräuschen. Hammer! Aber übers ganze Album gesehen passt es mit den instrumentalen Teilen doch sehr gut. Elu Fans, Liebhaber von Evo I und Folk Musik, auch in der Art wie Blackmore’s Night können hier bedenklos unten auf den Bestellbutton klicken.
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