Ich verbeuge mich vor Cradle Of Filth
Die aus England stammenden Cradle Of Filth melden sich am 22. September dieses Jahres via Nuclear Blast mit neuem Material zurück. Studioalbum Nummer zwölf hört auf den klangvollen Namen «Cryptoriana – The Seductiveness Of Decay» und befasst sich gemäss Oberkreischer Dani Filth mit viktorianischem Gothic-Horror.
Wie sich diese düsteren Spukgeschichten im Detail anhören, könnt ihr in der nachfolgenden Plattenkritik nachlesen.
DAS ALBUM – «Cryptoriana – The Seductiveness Of Decay»
Bereits beim Intro-Track «Exquisite Torments Await» läuft einem zu Beginn ein eiskalter Schauer über den Rücken. Solch eine unheimliche Grusel-Atmosphäre können neben Cradle Of Filth heutzutage wohl nur noch Carach Angren erzeugen. Trotz der eher bescheidenen Spielzeit von 02:15 Minuten versucht die Truppe scheinbar bereits möglichst viele unterschiedliche Elemente in das Stück einzuschleusen: Horror, Bombast, Chöre und Danis durch Mark und Bein gehende Schreie. Das macht definitiv Lust auf mehr. Mögen die Quälereien beginnen!
Bezüglich der Songlänge braucht man sich von jetzt an nicht zu beklagen. Alle nun folgenden Stücke knacken nämlich die Sechs-Minuten-Marke. «Heartbreak And Seance» lebt ebenfalls von variablen Strukturen. Gefühlvolle Riffs der Saitenköniginnenfraktion um Ashok und Richard Shaw treffen auf knallhartes Blastbeat-Geknüpple von Drummer Martin Skaroupka. Währenddessen stellt Mister Filth am Mikro ein weiteres Mal sein eindrückliches Stimmorgan zur Schau. Die Frage nach der Stilrichtung sorgt im Falle dieser Truppe häufiger für kontroverse Diskussionen. Aktuell spricht man primär von Symphonic Black Metal oder Extreme Metal. Dem kann ich nach dem bisher gehörten definitiv zustimmen.
Oha, «Achingly Beautiful» geht voll durch die Decke! Welch verflucht hohes Tempo die Herrschaften da fahren. Aber die Band besteht ja nicht bloss aus männlichen Mitgliedern. Mit Lindsay Schoolcraft ist auch eine Dame an Bord. Sie ist für das Tastengeklimpere und den weiblichen Gesang zuständig, den wir bei diesem Track ein erstes Mal zu hören bekommen. Der Einsatz von Chören in der Songhälfte verleiht der ganzen Geschichte einen epischen Charakter. Und auch Dani beweist, dass er nicht bloss in der Gegend herumkreischen kann. In den tieferen Stimmlagen tobt er sich offenbar ab und zu ebenfalls gerne aus. Eindeutig ein Anspieltipp dieses neuen C.O.F.-Silberlings.
«Wester Vespertine» mag zwar langsam beginnen, aber lange können sich die Briten nicht zurückhalten. Schon bald wird wieder ordentlich aufs Gaspedal gedrückt. Trotzdem wirkt dieser Track im Vergleich zu den vorangegangenen Stücken weniger düster. Man kann sogar beinahe einen Lichtstrahl in der Dunkelheit erkennen. Das liegt hauptsächlich am Kontrast zwischen Danis gnadenlosem Gekreische und den Filmsoundtrack-artigen Melodien im Hintergrund. Kurz nach der Hälfte haut der Chor schliesslich alles weg. Ist das Böse besiegt? Fehlanzeige! Direkt im Anschluss wird abermals munter drauf los gehämmert. Die Extreme Metaller beweisen hier zweifelsohne Facettenreichtum. Mein Kiefer hat nach dieser Nummer Bodenkontakt.
Nun folgt der beinahe Titel-Track. Mir fällt übrigens auf, dass Schreiberling Filth bei sämtlichen Titeln der Scheibe auf sehr anspruchsvolles Englisch setzt. Das mag zwar nicht unbedingt jedermanns Sache sein, aber es hört sich trotzdem irgendwie toll an. Die Gehörgänge erleben auf «The Seductiveness Of Decay» sowieso eine weitere Achterbahnfahrt. Die Gefühle, welche diese Hörerlebnisse auslösen, sind manchmal nur schwer in Worte zu fassen. Es ist schlichtweg grosses Kino, was Cradle Of Filth da abliefern. Neben dem dunkeln Fürsten am Mikro verdient sich die Instrumentalfraktion ebenfalls erneut Bestnoten.
Weiter geht’s mit «Vengeful Spirit». Ein gemächlicher Auftakt mit einem tiefsingenden Dani. Doch bereits wenig später wird bereits wieder mit vollem Einsatz auf die Tube gedrückt. Aber was ist das? Nach 01:21 Minuten ist plötzlich eine weibliche Stimme zu hören. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Lindsay. Im Gegenteil, die Extreme Metaller scheinen sich eine alte Bekannte ins Boot geholt zu haben. Die Norwegerin Liv Kristine hat schliesslich bereits beim C.O.F.-Überhit «Nymphetamine» aus dem Jahre 2004 mitgewirkt. Die beiden harmonieren auch 13 Jahre später immer noch hervorragend zusammen.
Anschliessend folgt die Nummer «You Will Know The Lion By His Claw». Die Truppe wirft nochmals alles in die Waagschale. Mit ultrahoher Geschwindigkeit braust der Song durch die Gegend. Erneut schiesst Meister Filth seine stimmlichen Giftpfeile ins Mikrofon. Nach wie vor weist der Spielfluss keinerlei Schwächen auf. Vieles, was schon bei anderen Songs löblich hervorgehoben wurde, könnte ich auch hier niederschreiben. Aber zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen verzichte ich auf zusätzliche Zeilen.
Der längste Track der Platte hat eine Spielzeit von 08:48 Minuten. Ein kleines Monster, welches nur so vor Abwechslung strotzt. Mähne schütteln und geniessen – was will das metallische Herz denn bitteschön mehr? In unnachahmlicher Art und Weise erzeugen Cradle Of Filth einzigartige Stimmungsbilder. Im letzten Songdrittel sind ausserdem abermals ein paar energiegeladene Gitarrensoli zu hören. Hauptsächlich getragen wird die ganze Geschichte jedoch abermals vom Frontmann himself. Mir persönlich geht sein doch häufiges Gekreische in keiner Sekunde auf den Geist. Aber wer das nicht aushält, sollte sowieso brav die Finger von sämtlichen Werken der Briten lassen. «Death And The Maiden» ist ein absolut würdiges Album-Finale.
FAZIT
Der zwölfte Opus von Cradle Of Filth kann zurecht als kleines Meisterwerk bezeichnet werden. «Cryptoriana – The Seductiveness Of Decay» besticht durch viel Tempo, einer ordentlichen Dosis Atmosphäre, abwechslungsreiche Song-Strukturen, Instrument-Beherrschung auf höchstem Niveau und nicht zuletzt durch den furchteinflössenden Kreisch-Gesang eines überragenden Frontmannes. Selbst nach mehreren Durchläufen kommt beim Hören der Platte keine Langeweile auf. Würde mich nicht wundern, wenn das neuste C.O.F.-Werk in der Alben-Rangliste am Jahresende weit vorne platziert anzutreffen sein wid.
Hierzulande kann man die Band im Februar des nächsten Jahres bestaunen. Die gemeinsame Tour mit ihren Kollegen von Moonspell führt Dani und seine Kollegen am 10. Februar nach Pratteln ins Z7. Diesen Samstag sollte man sich somit definitiv reservieren.
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Trackliste Cradle Of Filth – Cryptoriana – The Seductiveness Of Decay
- Exquisite Torments Await
- Heartbreak And Seance
- Achingly Beautiful
- Wester Vespertine
- The Seductiveness Of Decay
- Vengeful Spirit
- You Will Know The Lion By His Claw
- Death And The Maiden
Line Up – Cradle Of Filth
- Dani Filth (Vocals)
- Richard Shaw (Guitars)
- Ashok (Guitars)
- Daniel Firth (Bass)
- Martin Skaroupka (Drums)
- Lindsay Schoolcraft (Keys, Female Vocals)