In Gossau, ganz in der Nähe der Ostschweizer Metropole St.Gallen, gibt es seit ein paar Jahren ein kleines Rock Festival. Am zweiten Weekend im August findet die nunmehr fünfte Ausgabe statt mit einem Billing, welches sich durchaus sehen lassen kann.
Während vor einem Jahr beim Rock On! Music Festival noch Hardrock dominierte, sind für die diesjährige Ausgabe doch einiges an härteren Klängen zu erwarten. Das Freitagsprogramm bot unter anderem Serentiy, Sirenia (die für die sehr kurzfristig absagenden Xandria eingesprungen sind) und Battle Beast. Wenn man Kollege Friedemann glauben darf, so war der Zuschaueraufmarsch allerdings sehr bescheiden.
Fotos vom Rock on! Music Festival Tag 1 (Friedemann)
Nun, meine Wenigkeit ist (trotz Battle Beast) vor allem am Samstagsprogramm interessiert. Zugegeben: Es sind einige Bands am Start, die man immer mal wieder sehen kann. Aber es sind solche, die man auch immer wieder gerne sieht!
Nachdem die Tage zuvor die himmlische Sprinkleranlange etwas gar häufig eingeschaltet war, hat die Wiese auf dem Gelände doch etwas gelitten. Da für den Samstag zumindest trockenes Wetter (wenn auch keine hochsommerlichen Temperaturen) angesagt sind, kann man hoffen, dass die Schlammschlacht nicht allzu schlimm wird. Die Veranstalter haben zudem sehr viel Stroh ausgelegt, zweifellos eine sehr gute Sache!
Das Gelände selbst ist zwar nicht sehr gross, doch es gibt einige Food- und Getränkestände. Auch gedeckte Zelte mit Festbänken sind aufgestellt. Und über dem Mischpult gibt’s noch eine Bar, von da oben hat man eine prima Aussicht auf die Bühne. Die Atmosphäre ist sehr relaxed, die Security äusserst freundlich (gut – wirklich viel zu tun haben die Jungs eh nicht…) und gegen Abend wird in einem Erdloch noch ein grosses Lagerfeuer gemacht. Aufwärmen ist irgendwann schon nötig, denn es sollte noch recht frisch werden. Wirklich zu beanstanden sind höchstens die Preise. 5 Stutz für 3 dl Bier – das ist ja dann in Zürich noch günstiger! Naja – vielleicht gehen ja 2 Franken oder so an den Veranstalter. Ein kleiner Beitrag an den Schaden…
Also: im Prinzip somit alles im grünen Bereich, nichts spricht gegen ein tolles Festival! Bleibt nur noch eine Frage: Wo sind denn nur all die Leute??
Night Demon
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, so ist der Opener recht kurzfristig auf das Billing gerutscht. Night Demon aus dem sonnigen Kalifornien haben die Aufgabe, mit ihrem Old School Heavy Metal den Festivaltag zu eröffnen. Sogar die Sonne zeigt sich und verdrängt die Wolken zumindest mal für kurze Zeit. Nach einer ausgedehnten Europatour in der ersten Jahreshälfte hat das Trio nun noch einige Festivals und zusätzliche Gigs angehängt. Und so kommt’s heute zum Zwischenstopp in der Ostschweiz. Warum man allerdings den Kaliforniern nicht mehr Beachtung schenkt, kann ich nicht verstehen!
Vielleicht 25, 30 Leute haben sich auf dem Gelände verloren, am Bühnenrand steht kaum ein Dutzend Nasen. Ein trauriges Bild! Doch Jarvis Leatherby (Bass, Vocals), Dusty Squires (Drums) und Armand John Anthony (Guitars) lassen sich davon nicht beirren und legen enthusiastisch mit „Welcome To The Night“ los. Vierzig Minuten lang lassen die drei ihr starkes Metal-Programm auf die kleine Meute los und die dankt es ihnen mit viel Applaus. Immerhin! Als musikalische Highlights darf man wohl „Screams In The Night“ sowie „Night Demon“ nennen, bei „The Chalice“ kommt zudem noch ihr „Maskottchen“ auf die Bühne. Auf die ansonsten obligate Coverversion von Iron Maiden‘s „Wasted Years“ wird heute allerdings verzichtet. Macht auch nix, die Jungs haben genügend eigene starke Songs.
Setliste Night Demon
- Welcome to the Night
- Full Speed Ahead
- Flight of the Manticore
- Ritual
- The Howling Man
- Black Widow
- Screams in the Night
- The Chalice
- Night Demon
Miss Rabbit
Friedemann’s Faves stehen als nächstes auf dem Programm: Miss Rabbit. Den Namen höre ich heute zum ersten Mal. Sind drei Mädels aus dem St.Galler Rheintal, die sich zumindest für die Live-Shows etwas männliche Unterstützung hinzuziehen. Musikalisch zockt der Hase harten Rock (welche Überraschung…!) mit teilweise punkigem Einschlag. Persönlich finde ich das jetzt nicht so prickelnd, doch zumindest kann sich die Band über etwas mehr Zuschauer freuen, auch wenn die ganze Geschichte da immer noch sehr überschaubar ist. Wenn ich es richtig erkannt habe, bildet das Ramones Cover „Blitzkrieg Bop“ den Abschluss des vierzig minütigen Auftritts. Mit dem Resultat, dass auch Miss Rabbit von der kleinen Menge anständig Applaus erhalten.
Bloodbound
Powermetal ist angesagt! Nun gut – Bloodbound gehören zwar nicht zu meinen absoluten Favoriten. Aber ich hab mit der Zeit doch einige Songs entdeckt, die durchaus Spass machen. Und die Jungs selbst sind auch sympathische Zeitgenossen. Klar, dass man da also nicht fehlen darf. Die Schweden um Fronter Patrik J. Selleby liefern während einer knappen Stunde eine richtig gute Show ab. Der Sänger macht immer wieder Ausflüge auf den kleinen Laufsteg und kann es – verständlicherweise! – kaum fassen, dass hier nicht mehr Leute da sind. Zwar haben Bloodbound fraglos am meisten Publikum bis jetzt, aber es ist nach wie vor bedenklich. Nichtdestotrotz zeigen sich die Musiker sehr motiviert. Vor allem Basser Anders Broman versucht immer wieder richtig „böse“ zu schauen, während Patrik die Fans recht erfolgreich zum Mitsingen und Mitklatschen animiert.
Die Setlist besteht zur Hälfte aus Songs des neuen Albums „War Of Dragons“, zur anderen Hälfte aus Klassikern der Marke „In The Name Of Metal“, „Stormborn“ und natürlich „Nosferatu“. Unbestrittenes Highlight ist allerdings einmal mehr „Moria“ – zumindest in meinen Ohren die mit Abstand beste Nummer, die Bloodbound je geschrieben haben! Vielleicht bin ich da in meiner Euphorie jetzt auch etwas voreingenommen, aber ich hab schon das Gefühl, dass hier am lautesten mitgesungen und gefeiert wird… Insgesamt also ein absolut sehenswerter Auftritt. Nur „Metalheads Unite“ vermisse ich schmerzlich…
Setliste Bloodbound
- Battle in the Sky
- War of Dragons
- Stand and Fight
- In the Name of Metal
- Stormborn
- When All Lights Fail
- Moria
- Silver Wings
- Dragons Are Forever
- Nosferatu
Almanac
Nun gibt’s noch mehr Power Metal, allerdings mit einem gehörigen Symphonic Einschlag: Almanac stehen als nächstes auf dem Programm. Zur grossen Überraschung fehlt heute Jeanette Marchewka im Line Up – Andy und David müssen somit heute auch ihre Parts übernehmen. Auch an der Rhythmus Front hat es Wechsel gegeben: Tim Rashid heisst der neue Mann, der die vier Saiten bedient und Athansios „Zacky“ Tsoukas ist neuerdings für die Schiessbude zuständig. Tim ist sicher eine Bereicherung, der geht gerne auch mal an den Bühnenrand und interagiert mit den Fans.
Was fällt sonst noch auf? Ah ja – der Chef, Victor Smolski scheint heute hervorragend aufgelegt zu sein. Wenn er nicht gerade seine Soli spielt, dann strahlt er selig ins Publikum und auch nach der Show zeigt er sich von seiner besten Seite, posiert für Fotos, gibt Autogramme. Auf der Bühne ist natürlich vor allem Andy B. Franck zuständig für die Unterhaltung. Leider beginnt der Auftritt aufgrund irgendwelcher technischen Probleme verspätet und Andy meint, dass er deshalb nicht so viel labbern würde… Und leider hält er dieses „Versprechen“.
Musikalisch halten sich Almanac heute erfreulicherweise an eigenes Material. Schwerpunkt bildet natürlich „Tsar“, doch wie schon beim Bang Your Head!!! schmuggeln sich zwei neue Songs ins Programm. Andy und Victor machen auch darauf aufmerksam, dass am 3. November Album Nummer 2 erscheint… „Loosing My Mind“ hat mich schon in Balingen überzeugt, beim „Sacred Path“ bleibt mir nach einmaligem Hören jetzt noch nicht viel hängen.
Mit „Empty Hollow“ beendet ein Rage Song nach einer Stunde einen guten Auftritt von Almanac. Einzig getrübt durch die Abwesenheit von Jeanette, denn ihre Stimme gibt den Songs fraglos einen ganz anderen Touch. Hoffen wir, dass in absehbarer Zeit die Truppe wieder vollzählig irgendwo in der Gegend spielen wird!
Setliste Almanac
- Tsar
- Self-Blinded Eyes
- Hands are Tied
- Loosing my Mind
- Children of the Future
- Nevermore
- No More Shadows
- Sacred Path
- Empty Hollow
Dreamshade
Im Fernsehen nennt man Samstagabend 20.15h „Prime Time“. Und zu dieser Prime Time steht in Gossau eine Band auf der Running Order, von der ich noch nie was gehört habe. Dreamshade nennen sie sich, kommen aus Lugano. Der Wikipedia Eintrag haut mich dann schier um: Melodic Death Metal. Au weh! Aber was soll’s – ich hab vor nicht mal einer Woche auch 90 Minuten Amon Amarth überlebt. Doch die Mucke von Dreamshade – nein. Das treibt mich sehr schnell in die Flucht. Ich habe eher das Gefühl, dass dies Richtung Metalcore geht. Friedemann findet’s recht gut, ich hingegen bin froh, dass die Tessiner ihren Gig aufgrund Verzögerungen zu Beginn offenbar noch kürzen müssen und nach 35 Minuten wieder verschwinden. Zur Prime Time stelle ich mir etwas anderes vor…
Zwischendurch muss auch mal etwas Verpflegung sein. Am Grillstand ist ein Mann, offensichtlich aus dem nördlichen Nachbarland angereist, der sich eine Bratwurst bestellt. Ich ahne schon Schlimmes – und es trifft ein: Er bestellt Senf! Dafür kassiert er einen „bösen“ Blick der Verkäuferin und ich versuche ihm schonend beizubringen, dass Senf zur Bratwurst in dieser Gegend als Todsünde gilt… Auf seine erstaune Frage, was wir denn auf die Wurst schmieren, ist die Antwort klar: „Nichts, sind ja GUTE Würste!“ Nichtsdestotrotz lässt er sich nicht davon abbringen und erhält von der Verkäuferin etwas widerwillig das Gewünschte – und lachend meint sie, dass die Wurst deswegen „ausnahmsweise“ nicht mehr kostet!
Kissin‘ Dynamite
Doch zurück zur Musik! Nach einer langen Umbaupause ist es um 22h endlich soweit: Kissin‘ Dynamite sind da! Glasklar der Headliner: So viel Publikum hatte vorher niemand und auch danach nicht. Allerdings sind’s auch jetzt wohl kaum 400 Leute. Schade, sehr schade! Denn nicht nur die Schwaben hätten mehr verdient…
Hannes und seine Jungs interessiert das alles scheinbar wenig. Die geben Vollgas und haben Spass, egal ob vor 400 oder 4‘000 Leuten! Speziell Basser Steffen: Der Kerl bangt sich die Seele aus dem Leib, als ob’s kein Morgen gäbe. Und im Verlauf des Gigs macht er Spässchen mit Gitarrist Jim. Mich wundert es nur, dass die beiden beim Headbangen ihre Schädel nicht aufeinander hauen…
Kissin‘ Dynamite sind wirklich zu einer saustarken Live-Band geworden. Hannes führt souverän durch die Show, Andi treibt die Band mit geilem Drumming an und der zweite Gitarrist Ande ist irgendwie fast der ruhige Gegenpol zu Jim und Steffen. In ihren leider nur 75 Minuten bieten die Schwaben einen guten Querschnitt durch alle ihre Alben. „Generation: Goodbye“ steht natürlich im Mittelpunkt. Ganz früh klaut Hannes einem Fan in der ersten Reihe das Smartphone, selbstverständlich kriegt er es aber kurz darauf wieder zurück. Später im Set nimmt der Sänger diese Aktion zum Anlass, den kritischen Hintergrund von „Hashtag Your Life“ zu erwähnen. Tragisch, dass es auch in diesem Moment Fans hat, die mit dem Smartphone alles festhalten müssen. Klarer Fall von „Message nicht verstanden“…
Erwähnenswert ist auch ein Mädchen im Teenager-Alter: Mit den Eltern reist sie an fast jede Show von Kissin‘ Dynamite, dieses Jahr hat sie gerade mal drei Shows der Band verpasst, insgesamt ist es das 58. Konzert! Respekt…
Erfreulicherweise hat sich „Steel Of Swabia“ mittlerweile wieder einen festen Platz im Set. Hannes kriegt da auch eine schöne Fahne und präsentiert seine Künste als Fahnenschwinger! Da erblasst wohl mancher Eidgenosse vor Neid… Einzig beim Auffangen hat der Sänger noch Steigerungspotenzial… Steffen hingegen scheint nicht ganz so beeindruckt und tippt sich lachend an den Kopf ob Hannes‘ Einlagen…
Die ganze Show dauert wie gesagt leider nicht sehr lange. Und so startet nach einer Stunde bereits das „Von-der-Bühne-verschwinden-und-für-die-Zugaben-zurückkommen“-Spielchen. Mit dem herrlich spassigen „Six Feet Under“ kommt nochmals mächtig Stimmung auf, und bei „I Will Be King“ schreitet Hannes wie üblich mit königlicher Robe über die Bühne. „Flying Colours“ beendet danach die starke Show. Und einige Zuschauer machen sich jetzt bereits auf den Heimweg…
Setliste Kissin‘ Dynamite
- Highlight Zone
- Money, Sex & Power
- DNA
- Running Free
- She’s a Killer
- Love Me, Hate Me
- She Came She Saw
- Somebody to Hate
- Sex Is War
- Hashtag Your Life
- Steel of Swabia
- Ticket to Paradise
- Six Feet Under*
- I Will Be King*
- Flying Colours*
*Zugaben
Bonfire
Nach einer erneut sehr langen Umbaupause beginnt nach Mitternacht der Auftritt des nominellen Headliners Bonfire. Eine Band, die ihre grössten Erfolge in den 80ern hatte und in letzter Zeit eher mit Sängerwechseln denn mit Musik für Gesprächsstoff sorgte. Bandchef Hans Ziller hat als einzig verbliebenes Gründungsmitglied nun eine runderneuerte Besetzung. Zugegeben: Die machen das nicht schlecht. Doch ich gehöre zu jenen Leuten, die bei Bonfire einfach die Stimme von Claus Lessmann hören wollen. Nichts gegen Alexx Stahl am Mikro, der macht fraglos einen guten Job! Aber ein Song wie „Don’t Touch The Light“ tönt einfach… anders.
Mein Fahrer hat genug gesehen, ich bin auch müde mittlerweile – also geht’s bald mal heimwärts. Somit verpasse ich zwar den grössten Teil der Bonfire Show, die – wenn man dem Papier auf dem Bühnenboden glauben darf – eine ziemliche Old School Set zocken, aber für mich passt es so irgendwie einfach nicht. Freilich sehen das einige Hardcore Fans am Bühnenrand anders, aber das ist auch ok so!
Setliste Bonfire
- Power Train
- Never Mind
- Don’t Touch the Light
- Hard On Me
- Under Blue Skies
- Praying 4 a Miracle
- Give It a Try
- Sword & Stone
- Tony’s Roulette
- Drum Solo
- American Nights
- Can’t Break Away
- Stand Up 4 Rock
- S.D.I.
- Sweet Obsession
- Ready 4 Reaction
- You Make Me Feel*
- Champion*
- Nothin‘ At All*
*Zugaben
Fanzit
Eines ist klar: Das „Rock on!“-Festival wird in absehbarer Zeit nicht gerade eine Konkurrenz zum grossen St. Galler Openair. Muss es auch nicht! Aber dass hier so wenige Zuschauer den Weg in die Ostschweiz finden, ist dennoch sehr enttäuschend! Denn es ist wirklich sehr gemütlich, sowohl mit Auto wie auch mit öV sehr gut zu erreichen, die Organisation stimmt, das Programm stimmt und zumindest an diesem Samstag stimmt auch das Wetter. Woran der geringe Aufmarsch liegt, ist schwer zu sagen. Doch es wäre den Veranstaltern wie auch den Bands (die heute allesamt top motiviert waren!) zu gönnen, wenn im nächsten Jahr die Zuschauerzahl in die Höhe gehen würde! Rock on!
Fotos vom Rock on! Music Festival Tag 2 (Friedemann/Kaufi)
Anm. der Redaktion: Unser Webzine-Name ist zwar meist Programm, wenn auch wir alle Genres der verzerrten Gitarrenmusik abdecken, aber am Tag 3 müssen wir uns schon sehr strecken … und verrenken, dass diese Bands ihren Weg in unser Webzine finden. Aber die Fotos verdienen es hier gezeigt zu werden – aus Respekt vor dem Fotografen und auch vor dem Veranstalter. Herzblut ist die Basis von uns und vor allem vom Metal und das soll belohnt werden!