Das Summer Breeze wird 20! – so verlief die metallische Geburtstagssause in Dinkelsbühl
Dutti: 20 Jahre Summer Breeze! Die Veranstalter begeisterten die rund 45’000 Besucher auch bei dieser Jubiläumsausgabe vollends. Hauptgrund war sicherlich das spektakuläre Line-Up, das für so manches Freudentränchen verantwortlich war. Auch der Wettergott schien der ganzen Geschichte mehrheitlich gnädig gesinnt gewesen zu sein. Unsere diesjährigen Breeze-Erlebnisse entnehmt ihr dem nachfolgenden Festivalbericht. Nina und ich werden euch mit niedergeschriebenen Leckerbissen verwöhnen, während Kollege Friedemann wie gewohnt seine Knipsresultate* zur Schau stellen wird.
*Anm. der Redaktion: Wie gewohnt Hammer-Knipsresultate. Da wir jedoch als grösstes Schweizer Webzine im Gegensatz zum Wacken keinen Headliner-Fotopass erhalten haben, dürfen wir jeweils nur bis 18 Uhr im Fotograben knipsen. Dementsprechend gibt’s leider von den Headlinern sehr wenige bis keine Fotos … dafür wie gewohnt auch viele von noch unbekannteren Bands, Stimmungsbilder vom Festival, von den Fans von uns für die Fans. Und wer auch findet, einer wie Friedemann verdient einen Headliner-Pass, darf dies gerne dem Summer Breeze Team kundtun 😉
Auch ein zickiges Auto kann uns nicht aufhalten. Und mit neuer Batterie am Start verläuft die Anreise schliesslich absolut problemlos. Die Schweizer Delegation trifft am frühen Dienstagabend in Dinkelsbühl ein. Für Nina und meine Wenigkeit steht zuerst ein Abstecher zum VIP-Container an. Glücklicherweise verläuft das Abholen unserer Bändchen ohne Schwierigkeiten. Danach geht’s zusammen mit unseren «Nicht-Schreiberlingen» zum normalen Festivaleingang. Der Auto-Check geht ebenfalls reibungslos vonstatten. Dank verständnisvollen Platzeinweisern schaffen es sogar alle vier Schweizer Autos nebeneinander auf den Zeltplatz – besten Dank dafür. Nach dem erfolgreichen Aufbau unseres Lagers geniessen wir die gemütliche Camping-Atmosphäre unter unserem riesigen Pavillon. Offenbar gerade rechtzeitig, denn urplötzlich entleert sich ein heftiger Gewittersturm über dem Gelände. (Anm. Nina: Blitz und Donner wechseln sich vergnüglich ab.) Gehört das etwa schon zur Bühnenshow von Amon Amarth («Twilight Of The Thunder God»)? Wohl kaum. Pavillon und Zelte bleiben glücklicherweise standhaft. Nach dem Sturm geht’s gemütlich weiter mit Bierchen zischen, Wasserpfeife qualmen und fachsimpeln über Bands und die grobe Planung der kommenden Tage. Ehrlichgesagt habe ich nach Wacken und dem Party.San gegen einen gemächlichen Start nichts einzuwenden. (Anm. Nina: Doch wie wir schliesslich alle wissen: Nach dem Regen kommt die Sonne – und wie!)
Mittwoch 16.08.2017 – Vielversprechendes Überraschungspaket auf der T-Stage
Um das musikalische Programm des heutigen Mittwochs wurde im Vorfeld der Mantel des Schweigens gehüllt. Der Überraschungseffekt soll im Vordergrund stehen. Bekannt ist lediglich, dass sich das ganze Spektakel auf der T-Stage abspielen soll. Diese wurde in diesem Jahr offenbar von einer Zelt- in eine Freiluftbühne umfunktioniert. Eine neue Erfahrung. Michael «T» Trengert galt als wichtiger Macher hinter den Kulissen des Summer Breeze Open Airs. 2013 ist er leider verstorben. Nun möchten ihm die Veranstalter in diesem Jahr mit der sogenannten «T-Party» Tribut zollen. Dabei sollen Bands auftreten, zu den Michael ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt- und an die er geglaubt hat. Einige dieser Kapellen verdanken ihre steile Karriere unter anderem diesem Mann. Namen sind – wie bereits erwähnt – nach wie vor keine durchgesickert. Die Auflösung gibt’s erst nach dem Betreten des Festivalgeländes an einer Infosäule. Holla die Waldfee! Dieses Programm kann sich definitiv sehen lassen. Beim Lesen der nun folgenden Abschnitte werdet ihr sicherlich auch verstehen weshalb. (Anm. Nina: Der Startschuss machte dann allerdings erstmal Lärm der etwas anderen Art. Es wurde nämlich kurzerhand ein zuckersüsses Feuerwerk abgelassen, aus dem rosa Wölckchen am tageshellen Himmel resultierten – erinnert irgendwie ans letztjährige Rammstein-Konzert in der Allmend Luzern.)
Born From Pain
Vor dem Auftritt des ersten Acts halten ein paar mit Leuchtfackeln bewaffnete Helfer dann ein riesiges Transparent mit der Aufschrift «Michael Trengert Unvergessen» in die Luft. Die Fans zeigen Anteilnahme und Respekt. Kurz darauf beginnt das musikalische Programm. Die Hardcore-Truppe Born From Pain sind für den Auftakt zuständig. Bereits nach den ersten paar Tönen kommen wir zum Schluss, dass es sich hierbei um die niederländischen Hatebreed handeln muss. Ähnlich wie die Amis gehen auch Rob Franssen und seine Kollegen mit vollem Einsatz zur Sache. Ein energiegeladener Beginn, auch wenn Teile des Publikums noch nicht richtig wach zu sein scheinen (Anm. Nina: Bei diesem fulminanten Start-Act war dann auch mein Gehör schon mal auf die passende Lautstärke für das restliche Festival eingestellt.). Glücklicherweise befindet sich direkt in der Nähe ein Getränkestand. Die auf den Nacken brennende Sonne greift den Flüssigkeitshaushalt gnadenlos an. Da wir heute wohl noch ein paar Stunden vor der T-Stage herumlungern werden, ist berechtigterweise viel trinken angesagt. Selbstverständlich liegt ab und auch einmal eine Cola oder ein Wasser drin. Dominant bleibt jedoch glasklar der altbekannte Hopfensmoothie.
Setlist – Born From Pain
- As Above, So Below
- Cause And effect
- Rise Or Die
- Death And The City
- Chokehold
- The New Hate
- State Of Mind
- Final Nail
- Black Gold
- Behind Enemy Lines
- Dance With The Devil
- Stop At Nothing
Vomitory
Die nächste Band gibt’s eigentlich gar nicht mehr. Ende 2013 wurde das vermeintlich letzte Kapitel in der Geschichte von Vomitory geschrieben. Nun haben die schwedischen Todesmetaller das verstaubte Buch für eine exklusive Reunion-Show nochmals hervorgekramt, um darin nochmals ein paar zusätzliche Zeilen zu ergänzen. Serviert wird der Masse brachialer Death Metal in Reinkultur. Bandleader Erik Rundqvist stellt vor dem letzten Song allerdings direkt klar, dass es sich bei diesem Gig um eine einmalige Sache handelt. Schade eigentlich, die Schweden beherrschen ihr Handwerk nämlich immer noch hervorragend. Da hat «Mister T» bei der Entdeckung der Truppe zu Beginn des neuen Jahrtausends zweifelsohne ein goldenes Händchen bewiesen.
Setlist – Vomitory
- Terrorize Brutalize Sodomize
- Blessed And Forsaken
- The Carnage Rages On
- Revelation Nausea
- Eternal Trail Of Corpses
- The Voyage
- The Corpsegrinder Experience
- Regorge In The Morgue
- Chaos Fury
- Blood Rapture
In Extremo
Die nächsten Überraschungsgäste befinden sich auf Rekordjagd. Die glorreichen Sieben aus der deutschen Hauptstadt nehmen gleich ihr 999. Konzert in Angriff. Die Rede ist natürlich von den Mittelalter-Rockern In Extremo. Die sympathische Truppe rund um Sänger Micha Rhein ist ein Garant für gelungene Auftritte. Eigentlich sind sie ja am diesjährigen Breeze eh schon eingeplant, womit der Überraschungseffekt meines Erachtens etwas flöten geht. Doch auch sie haben dank Kollege Trengert, der schon immer an das Potenzial der Spielmannsleute geglaubt hatte, an Popularität gewonnen. Lobenswert ist definitiv die Setlist des heutigen Auftritts. In Ex haben da ganz alte, teilweise längst nicht mehr gehörte Schmuckstücke ausgegraben. Da kommen beispielsweise Stücke der Silberlinge «Weckt die Toten!» oder «Verehrt und angespien» zum Handkuss. Gewohnt souverän sorgen die Herrschaften für ordentlich Stimmung. Es sind sogar die ersten Crowdsurfer auszumachen. Pyroeffekte lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. (Anm. Nina: Auch der obligatorische Schlusssong «Frei zu sein» durfte dabei nicht fehlen.) Micha bedankt sich am Ende artig beim Publikum, widmet dem Mann des Tages nochmals ein paar Zeilen und verweist schliesslich auf In Extremo-Show Nummer 1000 morgen kurz vor Mitternacht auf der Hautbühne.
Setlist – In Extremo (Mittwoch-Show)
- Wind
- Hiemali Tempore
- Herr Mannelig
- Ai Vis Lo Lop
- Vänner Och Frände
- Rotes Haar
- Palästinalied
- Krummavísur
- Merseburger Zaubersprüche II
- Omnia Sol Temperat
- Spielmannsfluch
- Frei zu sein
Powerwolf
Grosse Freude dann beim nächsten Act. Das ist jetzt wirklich eine coole Überraschung. Die Wölfe sind da! Nach dem Wacken-Acker kommt nun also auch das Summer Breeze in den Genuss der einzig wahren Metal-Messe. Einzig der Tonmensch scheint von der Euphorie nicht angesteckt worden zu sein. Resultat ist ein beinahe lautloser Powerwolf-Gig. (Anm. Nina: Wodurch ihre Predigten somit heute wohl nicht alle Anhänger der Metal-Religion erreichen konnten.) Attila Dorn und sein Rudel sind zwar wie gewohnt mit viel Engagement dabei, aber so will leider einfach keine hundertprozentige Freude aufkommen. Schade eigentlich, denn die Setlist lässt kaum Wünsche offen. Mit «Kiss Of The Cobra King» entdecke ich jedoch auch einen vermeintlich neuen Song. Von dieser Nummer habe ich noch nie was gehört. Es handelt sich jedoch um ein Stück der Powerwolf-Debütplatte «Return In Bloodred». Gemäss Aussage von Alphawolf Atilla haben sie dieses Liedchen zuletzt irgendwann 2014 live präsentiert. Der obligate Mitgröl-Refrain darf natürlich nicht fehlen. Am Ende wird die neue T-Stage noch entsprechend gesegnet. Ich bin gespannt, ob wir 2018 wieder ein grosses Zelt antreffen werden oder das Ganze von jetzt an als Freiluftbühne fortgeführt wird.
Setlist – Powerwolf
- Blessed & Possessed
- Army Of The Night
- Coleus Sanctus
- Amen & Attack
- Kiss Of The Cobra King
- Sacred & Wild
- Armata Strigoi
- Let There Be Night
- Resurrection By Erection
- Werewolves of Armenia
- All We Need Is Blood
- Sanctified With Dynamite
- We Drink Your Blood
Amon Amarth
Wenn ein Wikingerschiff auf der Bühne steht, muss man grundsätzlich nicht lange über die Identität der nächsten Künstler philosophieren. Die Streitäxte sind geschliffen und die Trinkhörner montiert. Alles ist bereit für die grosse Schlacht. Hüne Johan Hegg betritt das Schiff und läutet damit eine fulminante Amon Amarth-Show ein. Dieses Mal ist allerdings offenbar Oldschool angesagt. «With Oden On Our Side», «The Last With Pagan Blood», «Thousand Years Of Opression», «Asator», «Victorious March» – die schwedischen Melodic Death Metaller hauen beinahe ausschliesslich altgediente Hymnen raus. Was ist denn das bitteschön für eine ultrageile Setlist? Da gibt‘s direkt Freudetränen in den Augen. Endlich hört man diese Songs wieder einmal. Auch den Herrschaften auf der Bühne scheint’s sichtlich Spass zu machen. Intensives Headbangen ist nun angesagt. Glücklicherweise scheint der Kollege Tontechniker wieder aufgewacht zu sein. Lediglich zu Beginn ist uns das Dargebotene etwas zu leise. Vor der T-Stage ist es dafür inzwischen rappelvoll. Alle wollen die Wikinger sehen. Bei dieser Leistung absolut nachvollziehbar. Auch bei Amon Amarth hatte Michael Trengert scheinbar massgeblich Anteil am steilen Aufstieg der Truppe auf der Karriereleiter. Die Danksagungen der Bandmitglieder sprechen jedenfalls für sich. Zum Abschluss erläutert Johan zudem, dass sie ihr Wikingerschiff in Rente schicken und dem Summer Breeze spenden werden. Nach etlichen Jahren habe die grossartige Bühnenrequisite nun definitiv ausgedient. Er empfiehlt den Veranstaltern, dass sie daraus doch eine Bar zimmern sollen. An diesem Tresen würde ich mir sehr gerne einmal ein Schlückchen Met oder Bier gönnen. Vielleicht wird ja 2018 etwas daraus?
Setlist – Amon Amarth (Mittwoch-Show)
- Twilight Of The Thunder God
- Free Will Sacrifice
- With Oden On Our Side
- Valhall Awaits Me
- The Last With Pagan Blood
- For The Stabwounds In Our Backs
- Thousand Years Of Oppression
- Gods Of War Arise
- Versus the World
- Asator
- Under the Northern Star
- Fate Of Norns
- Varyags Of Miklagaard
- Live For The Kill
- Victorious March
Destruction & Schammasch
Danach begeben sich Nina und ich zum offiziellen Merchandise-Stand. Endlich ist die riesige Warteschlange etwas kleiner geworden. Kurz vor dem Lichterlöschen werden wir glücklicherweise noch bedient. Ich werde Kleidergrössentechnisch fündig, Nina geht leider leer aus. Aufgrund des langen Anstehens verpassen wir leider den kompletten Auftritt von Destruction. Schade, Schmier und Co. hätte ich gerne nochmals in Aktion erlebt (Anm. Nina: Echt schade, aber war mir dann doch etwas lieber als an einem der kommenden Tage fünf Stunden in der prallen Sonne anzustehen und somit noch mehr heisse Konzertmelodien zu verpassen.). Dafür reicht’s noch für die letzten Töne unserer Schweizer Schwarzmetaller Schammasch auf der kleinen Camel Stage. Dann begeben wir uns zurück in unser Lager. Die Kräfte sollen ja schliesslich auch noch für all die kommenden Tage reichen.
Fanzit Mittwoch
Dutti: Bandtechnisch war das Ganze ein absolut fantastischer Start in das diesjährige Summer Breeze Open Air. Mit den mitreissenden Auftritten der Truppen auf der neuen T-Stage hat man Michael Trengert definitiv ein würdiges Denkmal gesetzt. Gewisse Soundprobleme hätten jetzt allerdings nicht unbedingt sein müssen. Meines Erachtens hätte man zudem gerne ausschliesslich Bands verpflichten können, die nicht eh schon an dieser Festivalausgabe auftreten werden. Auf der Gegenseite haben sowohl In Extremo als auch Amon Amarth mit ihren Oldschool-Setlisten zweifelsohne aufgetrumpft und eindrückliche Auftritte abgeliefert. Somit kann man da schon einmal ein Auge zudrücken.
Nina: Einen solch fulminanten Start mit Staraufgebot hätte ich definitiv nicht erwartet an diesem Warm-Up Mittwoch. Nichtsdestotrotz hat das Geburtstagsfestival die Messlatte schon ziemlich hoch gesetzt und die Festivalbesucher somit optimal auf die kommenden Tage voller metallischer Musik vorbereitet. Mein persönliches Highlight an diesem Tag waren definitiv Amon Amarth mit ihrer Oldschool-Setlist, welche auch bei mir viele frühere Erinnerungen weckte und Songs hervorbrachte, die ich bis dahin auch noch nie live miterleben durfte. Ebenfalls die ersten Eindrücke des Summer Breeze im Allgemeinen waren durchaus positiv – es war immerhin mein erstes Vergnügen an diesem Festival in Dinkelsbühl.
Donnerstag 17.08.2017 – Unangefochtener Siegeszug der Wikinger
Nina: Neuer Tag, neues Glück. Bei der morgendlichen Gruppensitzung und dem Durchkauen des aktuellen Tages-Line-Up, stellt sich schnell heraus, dass sich die Gruppenwege heute nicht viel kreuzen werden. Jeder hat ein anderes Bühnenprogramm im Kopf und die Gemeinsamkeiten kommen dann erst wieder gegen den späteren Abend auf. Davon lassen wir uns aber nicht aus dem Konzept bringen und hören stattdessen zum musikalischen Aufwärmen einige Anekdoten aus dem Liedersammelsurium vom unterhaltsamen Schweizer Mundart-Künstler Mani Matter. Also bitte, wer kennt denn schon nicht das «Zündhölzli»?!
Dutti: Ausgeruht und munter begeben wir uns um die Mittagszeit wieder ins Herzen des Festivalgeländes. Ab heute sind nämlich sämtliche Bereiche zugänglich. Zum Erstaunen erblicken wir aber nur eine grosse Hauptbühne. Im letzten Jahr waren es doch noch zwei? Interessant. Nach genauerem Beobachten begreifen wir dann allerdings wie der Hase läuft. Es gibt in diesem Jahr tatsächlich bloss eine Mainstage. Diese verfügt jedoch über eine drehbare Plattform. Somit kann während des Auftritts der einen Truppe im Hintergrund bereits alles für die danach aufspielende Band vorbereitet werden. Ein cooles, innovatives System. Ob es auch funktionieren wird, werden wir aber erst zu einem späteren Zeitpunkt herausfinden.
Nina: Der Donnerstag ist tatsächlich eher Metalcore lastig, was mich aber nicht weiter davon abschreckt, verschiedenste Bands zu entdecken und bei den verschiedenen Bühnen vorbeizuschauen – äh – zu hören. Heute trennen sich die Wege unserer Gruppe zwar etwas mehr als an den anderen Tagen, was aber nicht weiter schlimm ist. Jeder hat schliesslich einen etwas anderen Musikgeschmack, denn der-/diejenige auch vollkommen ausleben darf und soll – eine grosse Metalfamilie sind wir ja schliesslich trotzdem.
Miss May I
Mein Tag beginnt heute bereits etwas früher, ich möchte nämlich die Band Miss May I am frühen Nachmittag einen Besuch auf der Hauptbühne abstatten. Ehrlichgesagt kannte ich bis dahin genau die beiden Songs «Relentless Chaos» und «Forgive and Forget» aus früheren Jahren und wollte mich nun von den Livequalitäten der Amis überzeugen lassen. Die Jungs aus Ohio geben dann erst einmal zu, dass ihnen ihr gesamtes Equipment bei ihrer aktuellen «The Shadows Inside Tour» abhandengekommen sei und sie ihren Auftritt am Summer Breeze beinahe absagen mussten. Glücklicherweise wurden ihnen im Vorfeld aber entsprechende Hilfsmittel auf der Bühne zur Verfügung gestellt und die Show kann wie geplant stattfinden. Ich höre allerdings nicht ganz bis zum Schluss mit, denn ich muss mich dringend auf Essens- und Flüssigkeitssuche begeben.
Setlist – Miss May I
- Lost In The Grey
- Deathless
- Relentless Chaos
- Casualties
- Hey Mister
- Swallow Your Teeth
- My Sorrow
- Forgive and Forget
- Under Fire
- Shadows Inside
Fotos Miss May I am Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Whitechapel
Nina: Während meiner Geländebesichtigung begegne ich tatsächlich auch allerlei Variationen von Einhorn-Verkleidungen, Stofftierschweine-Hüten und andere irrwitzigen Figuren (Anm. Dutti: Ach immer diese Einhörner…). Auch fliegt hie und da ein entflohener Einhornluftballon in die Weiten des stahlblauen Himmels. Vielleicht bringt’s ja Glück. Eigentlich will ich mir ja eine kurze Aufwachpause gönnen, denn an viel erholsamen Schlaf ist an einem Festival ja nicht unbedingt zu denken. Tatsächlich sieht es aber anders aus, als mir die schwache Brise plötzlich sehr wohlwollende, unbekannte Töne im Sekundentakt rüberweht. So begebe ich mich also zurück in Bühnennähe und heisse die Band Whitechapel willkommen. Whitechapel kommen allerdings nicht aus dem gleichnamigen Stadtteil in London, sondern aus Knoxville, Tennessee. «The Saw Is the Law», «I, Dementia», «Our Endless War» oder «Let Me Burn» sind nur einige der gespielten Songs. Mit ihren harten Deathcore-Melodien würde ich die Band als typische Liveband bezeichnen – die tiefen Growls finden auf jeden Fall den direkten Weg in mein Herz, wecken- und beruhigen mich zugleich. Eine, mir bis anhin unbekannte Band, welche ich aber gerne noch auf meiner Liste ergänze.
Fotos Whitechapel am Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Dutti: Die aktuell auftretenden Core-Bands bewegen sich nicht wirklich in meinem Interessensgebiet. Somit verdufte ich vorerst einmal in den EMP-Backstage-Bereich. Mit demjenigen in Wacken kann diese allerdings nicht wirklich mithalten. Die Herren haben gar lediglich zwei Klos zur Verfügung. Aber die Toiletten-Situation ist generell auf dem gesamten Areal in diesem Jahr eher schmeichelhaft. Für Breeze Nummer 21 dürften es ruhig ein paar stille Örtchen mehr sein.
Carnation
Dutti: Mein musikalisches Programm startet erst um viertel nach drei auf der kleinen Camel Stage. Dort sorgt nun die belgische Death Metal-Truppe Carnation für laute Töne. Grunzer Simon Duso sieht aus, als wäre er mit seinem Schädel in einen Eimer voller roter Farbe geplumpst. Das soll dann wohl ein blutverschmiertes Gesicht darstellen. (Anm. Nina: Ich bekomme zwar nur noch den letzten Song der Band mit, aber muss trotzdem noch meinen Senf dazu abgeben. Der arme Junge ist tatsächlich ein bisschen rot im Gesicht und ich freue mich zuerst darüber, in ihm einen vermeintlichen Leidensgenossen gefunden zu haben. Hat sich Simon Duso wirklich auch einen üblen Sonnenbrand geholt? Nein, die Entwarnung folgt schnell, denn inzwischen ist nicht nur sein Gesicht knallrot, sondern auch das Mikro, seine Bekleidung und der Bühnenboden direkt unter ihm. Musikalisch gibt’s da aber echt nichts auszusetzten – hart, aber fair.) Die Jungs geben von Anfang an Vollgas. Insbesondere die Gitarren-Fraktion zeigt ihre Propeller-Fähigkeiten. Es lohnt sich definitiv, ab und an auch auf den kleineren Bühnen des Summer Breeze vorbeizuschauen. Bleibt zu hoffen, dass die Belgier in Bälde ihre Debüt-Scheibe veröffentlichen können, so dass sie ein noch grösseres Publikum erreichen können.
Setlist – Carnation
- Sermon Of The Dead
- Hellfire
- Delusions Of Power
- Cemetery Of The Insane
- Necromancer
- The Great Deceiver
- Chapel Of Abhorrence
- Explosive Cadavers
TesseracT
Dutti: Von der Camel- geht’s anschliessend direkt hinüber zur T-Stage. Heute stehen keine Überraschungen mehr auf dem Programm. Das Band-Paket ist allen bekannt. Mich haben die aus England stammenden Progressive-Metaller TesseracT angelockt. In der brütenden Nachmittagshitze erzeugen sie mit ihrem Sound eine ganz spezielle Atmosphäre mit dem für dieses Genre typischen Facettenreichtum. Daniel Tompkins klingt stellenweise ähnlich wie der kürzlich verstorbene Linkin Park-Frontmann Chester Bennington. Neben dem klaren Gesang schleichen sich auch immer wieder Growls und Screams in die Melodien hinein. Zu diesen Klängen kann man sorglos die Augen schliessen und einfach nur geniessen. Deshalb ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich Teile des Publikums in Trance zu befinden scheinen. Das ist hier aber keinesfalls negativ zu werten. Im Gegenteil, auch TesseracT schaffen mit dieser Performance die Aufnahme in meine persönliche Band-Sammlung.
Setlist – TesseracT
- Smile
- Phoenix
- Of Matter – Proxy
- Of Matter – Retrospect
- Dystopia
- Concealing Fate (Part 2: Deception)
- Concealing Fate (Part 3: The Impossible)
- Survival
- Of Mind – Nocturne
Black Inhale
Dutti: Und gleich wieder zurück zur Camel Stage. Dieses Mal gehen die Grüsse nach Österreich. Servus! Bisher habe ich eine ausgezeichnete Quote, denn auch die Groove Metaller Black Inhale entpuppen sich als durchaus solide Geschichte. Mit ausreichend Energie und Spielfreude knallen sie der Hörerschaft ihre harten Riffs um die Lauscher. Der attraktive Bandleader Raffael Trimmal sorgt bei so mancher Dame im Publikum für Herzäuglein. Ich fokussiere mich bei meinen Beobachtungen dann doch hauptsächlich auf die Musik. Und das Dargebotene kann sich absolut hören lassen. Das ist ehrlicher, schnörkelloser Metal mitten in die Visage. Der Vierer darf in seinen Tourplänen von mir aus sehr gerne auch einmal einen Abstecher ins Eidgenossenland einplanen.
Setlist – Black Inhale
- A Doctrine Of Vultures
- The Die Is Not Yet Cast
- Warning
- Losing My Faith
- The Pessimist
Decapitated
Dutti: Groovig geht’s etwas später auch auf der T-Stage weiter. Dort übernehmen nämlich die Polen von Decapitated das Kommando. Album Nummer sieben, welches Anfang Juli veröffentlicht wurde, ist ein echtes Schmuckstück. Die sich darauf befindenden Hymnen laden ohne zu zögern zu exzessivem Headbangen ein (näheres dazu könnt ihr gerne in meiner Plattenkritik nachlesen). Und auch live sind Rasta-Mann Rafał Piotrowski und seine Kollegen echte Energiebündel. Soundtechnisch erkenne ich bei ihnen inzwischen auch einige Parallelen zu Kataklysm. Allerdings hätte ich ihnen definitiv ein etwas aktiveres Publikum gegönnt.
Suffocation
Dutti: Meine Gruppe richtet sich gleich bei der T-Stage ein. Denn auch die kommenden Acts haben unser Interesse geweckt. Als nächstes steht eine saftige Portion Brutal Death Metal auf der Speisekarte. Serviert wird uns die ganze Geschichte von den Amis von Suffocation. Ursprungsschreihals Frank Mullen scheint sein Tour-Engagement für die kommenden Jahre offenbar reduziert zu haben. Deswegen vertritt ihn heute Kevin Muller (The Merciless Concept). Dieser macht einen souveränen Job. Bei einem Track kommt’s gar zu einem Kurzduett mit Infected Rain-Frontröhre Lena. Eine kraftvolle und gelungene Show.
Nile
Dutti: Mit einigen Truppen des diesjährigen Party.San Open Airs feiere ich nun in Dinkelsbühl ein Wiedersehen. Dazu zählen beispielsweise auch die Technical Death Metaller Nile. Die Jungs sind grosse Anhänger der ägyptischen Mythologie. Diese Thematik spiegelt sich ebenfalls in den Texten der Gruppe wider. Der heutige Auftritt gefällt mir sogar noch ein Stückchen besser als derjenige vor ein paar Tagen in Schlotheim. Ohne Mähne schütteln geht’s definitiv nicht. So lob ich mir das.
Setlist – Nile
- Sacrifice Unto Sebek
- Defiling The Gates Of Ishtar
- Kafir!
- In The Name Of Amun
- Sarcophagus
- Unas Slayer Of The Gods
Fotos Nile vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Cut Up
Dutti: Ferien für die Nackenmuskeln? Fehlanzeige! Auf der Camel-Stage wartet nämlich schon das nächste Brett. Die Kombination Schweden und Todesmetal ist in den meisten Fällen sowieso stets ein Erfolgsgarant. Und so verwundert es auch niemanden, dass die Jungs von Cut Up einen starken Auftritt abliefern. Gitarrist und Bassist teilen sich dabei die Arbeit hinter dem Mikro. Zwei der Mitglieder haben zudem eine Vomitory-Vergangenheit und waren deshalb gestern schon auf der T-Stage aktiv. Ohne Zweifel ein gelungenes Aufwärmprogramm für das, was direkt im Anschluss auf der Hauptbühne passieren wird.
Amon Amarth
Dutti: Der gigantische Wikingerhelm in der Bühnenmitte verrät es bereits. Gleich wird die Band das Spielfeld betreten, die sich die Fans am allermeisten für die diesjährige Ausgabe des S:B:O:A gewünscht haben. Innerhalb von 24 Stunden kommen die meisten Besucher nun also in den Genuss einer zweiten Amon Amarth-Show. Nach dem epischen Intro ertönen auch schon die markanten Riffs von «The Pursuit Of Vikings». Ein Auftakt, der sich aber so was von gewaschen hat. Um uns herum werden munter Haare herumgewirbelt. (Anm. Nina: Unsere Truppe hat sich in der Zwischenzeit wieder vereint und eingefunden.) Wir lassen uns ebenfalls wieder vollends mitreissen. Clanführer Johan Hegg und seine Elite-Krieger haben’s einfach drauf. Mit «As Loke Falls» geht es fulminant weiter. Olavi Mikkonen zeigt uns ein weiteres Mal seine atemberaubenden Gitarrenkünste. Spätestens jetzt wird klar, dass am heutigen Abend wohl so ziemlich dieselbe Setlist wie auf der kürzlich erfolgten Jomsviking-Tournee zu hören sein wird. Deshalb sind gewisse Show-Elemente, wie die auch sich einprügelnden Wikingerkämpfer bei «The Way Of Vikings», bereits bekannt.
Nichtsdestotrotz kommt die ganze Geschichte auf einer solch grossen Spielstätte natürlich nochmals ein wenig geiler rüber. Dies kommt insbesondere bei der Überhymne «Death In Fire» zur Geltung. Eine atemberaubende Pyro-Show. Etliche Flammensäulen schiessen meterhoch in den Nachthimmel. Wow! Zu einer Überraschung kommt’s dann allerdings trotzdem noch. In der Zugabenrunde steht beim Song «A Dream That Cannot Be» plötzlich Metal-Queen Doro Pesch (Anmerkung Nina: Ach du Sch***) auf der Bühne. Zugebenermassen ist das jetzt nicht mein Favorit unter den Amon Amarth-Songs, aber die werte Dame konzentriert sich glücklicherweise aufs Singen und lässt das unnötige Geschwafel für einmal beiseite. Beim genialen Finale «Twilight Of The Thunder God» liefert sich Johan einen brutalen Kampf mit der monströsen Midgardschlange im hinteren Bühnenteil. Selbstverständlich geht der charismatische Hüne als Sieger aus diesem Duell hervor. Besser geht’s nicht. Wahrscheinlich die beste Amon Amarth-Show, die ich je gesehen habe. Headliner-Status eindrücklich untermauert.
Setlist – Amon Amarth (Donnerstag-Show)
- The Pursuit Of Vikings
- As Loke Falls
- First Kill
- The Way Of Vikings
- At Dawn’s First Light
- Cry Of The Black Birds
- Deceiver Of The Gods
- Destroyer Of The Universe
- Death In Fire
- Father Of The Wolf
- Runes To My Memory
- War Of The Gods
- Raise Your Horns
- A Dream That Cannot Be
- Guardians Of Asgaard
- Twilight Of The Thunder God
Ensiferum
Dutti: Noch ist nicht Feierabend. Auf der T-Stage gehen bereits die nächsten Skandinavier ins Rennen. Von den Finnen von Ensiferum ist man sich grundsätzlich energiegeladene Darbietungen gewohnt. Doch dieses Mal scheint leider irgendwie der Wurm drin zu sein. Gitarre und Drums haben immer wieder so ihre Problemchen. Akkordeon-Göttin Netta Skog versucht die Stimmung während einer erneuten Pause mit einer Cover-Version des Iron Maiden-Klassikers «The Trooper» etwas aufzuheitern. Das gelingt nur teilweise. Trotzdem ist es bewundernswert, was das Mädel aus ihrem Handzuginstrument herausholt. Seine Live-Premiere feiert zudem der neue Song «Way Of The Warrior». Ich freue mich schon überaus auf die neue Scheibe «Two Paths». Bei der dazugehörigen Tour werden Ensiferum sicherlich allen beweisen können, dass sie es eigentlich besser können. Der heutige Auftritt wird allerdings kaum im Gedächtnis hängenbleiben. (Anm. Nina: Gegen Showende habe ich echt Mühe, mich auf den Beinen zu halten. Klar, es war ein langer Tag – nichtsdestotrotz hat dieser Gig jetzt auch nicht unbedingt mehr an Energie beigetragen.)
Setlist – Ensiferum
- From Afar
- Token Of Time
- Warrior Without A War
- Way Of The Warrior
- Heathen Horde
- The Trooper (Iron Maiden-Mini-Cover)
- Two Of Spades
- Stone Cold Metal
- In My Sword I Trust
- Lai Lai Hei
Fanzit Donnerstag
Dutti: Tagessieger waren ganz eindeutig die Herrschaften von Amon Amarth. Das war schlichtweg überragend. Die Messlatte liegt für die anderen beiden Headliner schon beinahe in unerreichbaren Höhen. Wettertechnisch brauchen wir uns ebenfalls nicht zu beklagen. So darf’s meinetwegen ruhig weitergehen.
Nina: Zweifelsohne haben die Wikinger die heutige Schlacht hoch aus gewonnen. Persönlich durfte ich aber auch einen top Auftritt von Whitechapel erleben und für mich als Neuentdeckung hinzufügen. Wettertechnisch stimme ich da nicht ganz mit Dutti überein, für mich ist das definitiv etwas zu heiss und zu viel Sonne mit meiner nordischen Haut & Haar – aber man soll sich im Sommer ja nicht immer beklagen, gell. (Anm. Dutti: Richtig, denn ich persönlich hatte in Wacken oder am P:S:O:A nicht Immer Sommer, Sonne, Sonnenschein und geniesse es nun umso mehr hier im warmen Dinkelsbühl). Zum Glück gibt’s wenigstens genügend Getränkeversorgungen, für Schattenplätze muss ich mich notfalls halt in den Schatten eines grossen Wikingers o.ä. stellen.
Fotos August Burns Red, Moonspell, Obituary, The New Roses, While She Sleeps vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Freitag 18.08.2017 – Sturmwarnung!
Dutti: Sonnenschein gepaart mit einem kühlen Lüftchen. Diese Mischung kann getrost als optimale Festivalwitterung bezeichnet werden. Der Dank gilt ganz dem Wettergott. So, was steht denn heute alles an. Sieht nach einem Tag vor der Hauptbühne aus. Plattenlabel Nuclear Blast feiert sein 30-jähriges Bestehen und lässt zu diesem Anlass eine Auswahl der besten Pferdchen im Stall ihr Können beweisen. Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Auf zum Bühnengelände!
Cellar Darling
Dutti: Die ersten paar Songs von Cellar Darling hören wir noch aus der Ferne. Aber genau zu «Avalanche» betreten wir das Bühnengelände. Ein epischer Einmarsch für unseren Schweizer-Trupp. Viel besser hätten wir die ganze Sache kaum timen können. Jetzt können wir unsere Landsleute auf der Bühne mit vollem Elan bejubeln. Die Vergleiche mit ihrer Eluveitie werden Anna Murphy, Ivo Henzi und Merlin Sutter wohl gezwungenermassen eine Weile begleiten. Doch so langsam muss auch ich zugeben, dass die drei mit Cellar Darling ein wirklich selbständiges Projekt ins Leben gerufen, das zurecht auf eigenen Füssen steht. Auch dieser Auftritt fesselt mich zwar nicht bis zum letzten Atemzug, aber das Trio wird trotzdem irgendwie immer besser. Sympathieträgerin ist ganz klar die mit Dauergrinsen ausgestattete Drehleier-Chefin Anna. Verstärkung erhalten die drei heute von Nicolas Winter am Bass, Fredy Schnyder am Piano und Ex-Eluveitie Violinistin Shir-Ran Yinon. Mich würde sowieso interessieren, ob es im Backstage-Bereich zu einer Begegnung mit Chrigel Glanzmann und Co. gekommen ist. Unsere Schweizer Folk Metal-Macht wird heute nämlich ebenfalls noch ein Gastspiel auf der Mainstage geben.
Setlist – Cellar Darling
- Black Moon
- Hullaballoo
- The Hermit
- Avalanche
- Six Days
- Fire, Wind & Earth
- Rebels
- Starcrusher
- Challenge
Fotos Cellar Darling vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Memoriam
Dutti: Stilwechsel! Es folgt eine ordentliche Ladung Oldschool-Death Metal. Serviert wird uns das Ganze von der Truppe Memoriam. Die Truppe wurde in Gedenken an den 2015 verstorbenen Bolt Thrower-Drummer Martin «Kiddie» Kearns gegründet. Die Engländer lassen sich nicht lumpen und liefern eine grundsolide Show ab. Die Todesmetaller im Publikum kommen dabei voll und ganz auf ihre Kosten. Sänger Karl Willetts beweist, dass er nicht nur den harten Hund markieren kann. Während einer kurzen Pause hält er eine rührende Ansprache für seine demenzkranke Mutter und widmet ihr sogleich den nächsten Song. Am Meh Suff! Metal-Festival in Hüttikon kommt’s dann bereits zum Wiedersehen mit Memoriam. Vorfreude herrscht zurecht.
Setlist – Memoriam
- War Rages On
- Drone Strike
- Nothing Remains
- Resistance
- Reduced To Zero
- Spearhead (Bolt Thrower-Cover)
- Corrupted System
- Surrounded (By Death)
- Flatline
Fotos Memoriam vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Battle Beast
Der nächste Act setzt dann wieder auf ordentlich Frauen-Power hinter dem Mikro. Noora Louhimo verfügt nun einmal einfach über ein hammergeiles Rockröhren-Stimmorgan. So verleiht sie den Battle Beast-Songs die nötige Wucht. Einzig beim Griff zu den Schminkutensilien scheint sie heute aus meiner Sicht wieder einmal leicht übertrieben zu haben. Weniger wäre manchmal mehr. Aber in Sachen Bühnenerscheinungsbild wird sie sich wahrscheinlich von niemandem grossartig etwas sagen lassen. Auf die musikalische Darbietung hat all das aber keinen Einfluss. Die Finnen liefern ab. Spielfreude scheint ebenfalls massig vorhanden zu sein. Überall erblicke ich grinsende Gesichter auf der Bühne. Das ist ziemlich ansteckend. In dieser Form würde ich mir die Gruppe ohne zu zögern wieder ansehen. Der Besuch eines Gigs des zweiten Teils der «Bringer Of Pain»-Tour durch Europa Ende des Jahres wird definitiv zum Thema.
Setlist – Battle Beast
- Straight To The Heart
- Bringer Of Pain
- Familiar Hell
- Black Ninja
- Lost In Wars
- Bastard Son Of Odin
- Touch In The Night
- King For A Day
- Beyond The Burning Skies
Fotos Battle Beast vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Mors Principium Est
Dutti: Melodic Death Metal und Finnland – ja aus dieser Kombination ist schon so manch geniale Band hervorgegangen. Das gilt auch für den nächsten Trupp auf der T-Stage. Am Vormittag haben wir uns in unserem Lager extra noch ein paar Songs von Mors Principium Est angehört. Das hat eindeutig Lust auf den nun folgenden Auftritt gemacht. Aber soundtechnisch will irgendetwas nicht stimmen. Diesen Brei kann man sich nicht wirklich antun. Auf CD hat sich das doch so toll angehört. Schade, aber diese Live-Performance hinterlässt keinen bleibenden Eindruck. Vielleicht geben wir den Jungs an einem Hallenkonzert dann nochmals eine Chance.
Setlist – Mors Principium Est
- Reclaim The Sun
- Monster In Me
- Life In Black
- The Colours Of The Cosmos
- Pressure
- Birth Of The Starchild
- Pure
- Apprentice Of Death
Infected Rain
Dutti: Ohje, wir scheinen gerade an einer echten Pechsträhne zu leiden. Direkt im Anschluss hapert’s in Sachen Sound auch auf der Camel-Stage. Darunter leiden die Nu Metaller Infected Rain rund um das reizende Frontmädel Lena. Ihre Growls und Screams sitzen, aber die klar gesungenen Passagen bewegen sich eher in der Region Katzenjammer. In Sachen Aussehen wird sie sich wahrscheinlich den einen oder anderen Alissa White-Gluz-Klon-Vorwurf anhören müssen. Musikalisch kann die junge Truppe heute jedoch nicht mit den Genre-Grössen Arch Enemy mithalten. Ähnlich wie bei den zuvor gesehenen Mors Principium Est werde ich auch ihnen nochmals eine Chance geben. Ich bin sowieso nicht der Typ, der eine Band bereits nach bloss einer miserablen Performance sofort abschreibt.
Setlist – Infected Rain
- Fool The Gravity
- Serendipity
- Mold
- Orphan Soul
- Endless Stairs
- Freaky Carnival
Epica
Dutti: Die Begegnungen mit der nächsten Truppe lösen bei mir jedes Mal aufs neue Glücksgefühle aus. Schliesslich steht «meine» Simone Simons auf der Bühne. Die rothaarige Dame ist bei den Symphonic Metallern Epica für den Gesang zuständig. Auch heute ist sie wieder eine waschechte Augenweide. Trotzdem habe ich nicht nur Lob für sie übrig. Stimmlich vermochte sie mich bei den letzten Konzerten nicht immer restlos zu überzeugen. Meiner Meinung nach hat sich ihr markanter Sopran während beziehungsweise nach ihrer Schwangerschaft ein wenig verändert. Da sind beispielsweise zwischen dem 2007er-Silberling «The Divine Conspiracy» und dem aktuellen Werk «The Holographic Principle» schon gewisse Unterschiede hörbar. Heute sind sie allerdings einen ausgezeichneten Tag erwischt zu haben. Bärenstarke Gesangsleistung des Epica-Aushängeschildes. Ihre männlichen Kollegen sind ebenfalls in bester Verfassung. Mark Jansens gutturale Beiträge sorgen für ordentlich Furore. Tastenklimperer Coen Janssen kann auch kaum stillstehen und düst immer wieder hin und her. Pyro-Freunde bekommen während des Auftritts der Niederländer einiges zu sehen. Ein durchaus überzeugender Gig von Simone und Co.
Setlist – Epica
- Eidola
- Edge Of The Blade
- A Phantasmic Parade
- The Essence Of Silence
- Ascension
- Unchain Utopia
- Cry For The Moon
- Sancta Terra
- Beyond The Matrix
- Consign To Oblivion
Fotos Epica vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Dutti: Bereits vor dem Epica-Gig sah man sie schon aufziehen – rabenschwarze Wolken. Die Veranstalter haben eh schon den ganzen Tag Sturmwarnungen herausgegeben. Nun scheint die ganze Sache offenbar Realität zu werden. Aufgrund dessen ziehen wir uns ohne lange zu überlegen in unser Lager zurück. Gerade rechtzeitig treffen wir bei unseren Zelten ein. Blitz, Donner und Regen übernehmen nun das Kommando. Leider fällt für uns somit der Eluveitie-Auftritt ins Wasser. Ich hoffe trotzdem, dass ein paar Fans zur Feier der neuen Scheibe «Evocation II – Pantheon» vor der Bühne standhaft geblieben sind. Zudem wäre es eine ideale Möglichkeit gewesen, einen beinahe direkten Vergleich mit Cellar Darling zu tätigen. Aber halb so wild, beide Truppen werden in der Heimat sicherlich noch etliche Konzerte zum Besten geben.
Children Of Bodom
Dutti: Da sich die Wetterlage ein bisschen beruhigt hat, wagen wir gegen 20 Uhr einen erneuten Vorstoss ins Festivalgelände. Doch die Veranstalter machen uns einen Strich durch die Rechnung. Das Bühnengelände soll geräumt werden. Und strömt uns eine riesige Regenponcho-Masse entgegen. Das Gebrabbel aus den Lautsprechern ist unglücklicherweise nicht wirklich zu verstehen. Da ein Kollege noch ein T-Shirt kaufen möchte, bleiben wir in der Nähe des Merchandise-Standes stehen. Im Hintergrund klingt es lustigerweise so, als würden sich die Jungs von Children Of Bodom einspielen. Soundcheck und Festivalabbruch passen irgendwie nicht so recht zusammen. Wenig später folgt die nächste Durchsage via Lautsprecher. Das Konzert würde nun doch stattfinden. Offenbar scheint die Wettersituation doch nicht so gravierend zu sein. Na dann, rasch zur Bühne!
Mit 15-minütiger Verspätung starten die Finnen somit in ihr Set. Gitarrenmaschine Alexi «Wildchild» Laiho hat bloss eine Botschaft für den weinenden Himmel: «Fuck the rain!». Die 1997 gegründete Melodic Death Metal-Truppe beehrt das Breeze ebenfalls mit einer Spezialshow. Deswegen knallen die Finnen den tapferen Zuhörern einen Song-Mix der älteren Silberlinge «Something Wild», «Hatebreeder», «Follow The Reaper» und «Hate Crew Deathroll» um die Ohren. Children Of Bodom drücken dabei ordentlich aufs Gaspedal. Es hat sich definitiv gelohnt im Bühnenareal zu bleiben. Diese altgedienten Hymnen hört man – mit Ausnahme von «Hate Crew Deathroll» – nicht alle Tage. Neben dem F-Wort-liebenden Frontmann entpuppt sich auch Keyboarder Janne Wirman als talentierter Unterhalter. Der findet zwischen den Songs schon mal Zeit für ein Selfie oder klaut Jaska Raatikainen einen Drumstick, um diesen danach in die Menge zu schleudern. Jep, die Bodom-Jungs machen anno 2017 immer noch gehörig Spass.
Setlist – Children Of Bodom
- Deadnight Warrior
- Needled 24/7
- Hatebreeder
- Lake Bodom
- Black Widow
- Warheart
- Hate Me!
- Red Light in My Eyes (Part 2)
- Downfall
- Everytime I Die
- Hate Crew Deathroll
- Bed Of Razors
- Children Of Bodom
- The Nail
- Bodom After Midnight
- Towards Dead End
Kreator
Dutti: Danach wird es höchste Zeit für den Freitags-Headliner. Wie werden Kreator im Vergleich mit den Kollegen von Amon Amarth abschneiden? In Sachen Souveränität sind Mille Petrozza, Sami Yli-Sirniö, Christian «Speesy» Giesler und Ventor sowieso eine Klasse für sich. Und genau das stellen sie heute ein weiteres Mal eindrücklich unter Beweis. Das Dargebotene Thrash-Feuerwerk sucht zweifelsohne seinesgleichen. Vom neusten Meisterwerk «Gods Of Violence» schaffen es auch meine beiden Lieblingsstücke «Satan Is Real» und «Fallen Brother» in die Setlist des heutigen Auftritts. Bei letztgenanntem Song flimmern wie gewohnt verstorbene Musiker über die kleinen Bildschirme auf der Bühne. Kreator bewegen sich dabei auch ausserhalb des Metal-Genres. Ich erkenne beispielsweise die Gesichter von Amy Winehouse und David Bowie. Sackstark! Ein Faible für Feuer scheinen die Deutschen ebenfalls zu besitzen. Anders kann ich mir die eindrückliche Pyro-Szenerie nicht erklären. Ähnlich wie Amon Amarth bringen auch die Thrash-Veteranen ziemlich dieselbe Show, wie damals auf der Tour im Frühjahr. Allerdings ist heute Abend einfach alles grösser und nochmals eine Stufe besser. Well done!
Setlist – Kreator
- Hordes Of Chaos
- Phobia
- Satan Is Real
- Gods Of Violence
- People Of The Lie
- Total Death
- Phantom Antichrist
- Fallen Brother
- Army Of Storms
- Enemy Of God
- From Flood Into Fire
- World War Now
- Hail To The Hordes
- Extreme Aggression
- Civilization Collapse
- Violent Revolution
- Pleasure to Kill
Insomnium
Nina: Nun ja, während Dutti und die anderen bei ihrem Freitags-Headliner Kreator abfeiern, mache ich mich leise aus dem Staub. Es geht in Richtung T-Stage, wo sich bereits Insomnium auf der Bühne ready machen. Ich suche mir also ein Plätzchen in den hinteren Reihen um einen guten Überblick zu haben und um dann anschliessend auch wieder schnell zur Hauptbühne düsen zu können.
Die Finnen lassen mit ihren düsteren und atmosphärischen Melodien bekanntlich die Melodic-Death-Metal Herzen höher schlagen und ich freue mich schon länger darauf, die Jungs endlich mal live erleben zu können. Niilo Sevänen lieferte dann auch brav ab, hauptsächlich gräbt er die Songs vom Album «Shadows Of The Dying Sun» aus dem Jahre 2014 aus. Die Show ist echt nicht schlecht, aber irgendwie hätte ich mir da ein bisschen mehr Power und Growling gewünscht – es ist somit «bloss» okay. Bei ihrem nächsten Konzert werde ich ihnen aber definitiv wieder einen Besuch abstatten für eine Neubewertung. Für heute heisst es erstmals ab zurück zur Hauptbühne und den Schlusssongs von Kreator!
Setlist – Insomnium
- The Primeval Dark
- While We Sleep
- Change of Heart
- Only One Who Waits
- Revelation
- The Kiljoy
- Against the Stream
- Ephemeral
- The Promethean Song
- Mortal Share
- Weighed Down With Sorrow
Wintersun
Yes, endlich dürfen wir die nun folgende Truppe einmal live erleben. Wintersun standen schon lange auf der persönlichen Wunschliste. Doch leider bekleckern sich die Finnen nicht gerade mit Ruhm. Wahrscheinlich trifft sie selbst aber nicht mal wirklich viel Schuld. Die Herren Tontechniker scheinen nämlich nach Kreator Feierabend gemacht zu haben. Solch ein schrecklicher Brei lässt die edlen Hymnen der Melodic Death-Helden in einem ganz schlechten Licht dastehen. Eine bittere Enttäuschung. Bleibt zu hoffen, dass die ganze Geschichte am Meh Suff! Metal-Festival erträglicher von statten gehen wird. (Anm. Nina: Wenigstens der Backdrop auf der Bühne ist eine volle Augenweide, der Designer schien im Vergleich zum Tontechniker jeweils nicht mitten während der Arbeit Feierabend zu machen…).
Setlist – Wintersun
- Awaken From The Dark Slumber (Spring)
- Winter Madness
- Beyond The Dark Sun
- Starchild
- Sons Of Winter And Stars
- Eternal Darkness (Autumn)
Fanzit Freitag
Dutti: Am Ende des Tages gehe ich mit gemischten Gefühlen zum Zeltplatz zurück. Einige Bands haben problemlos überzeugt, während andere leider einen überaus schwachen Tag eingezogen haben. Den meisten werde ich jedoch bei einem nächsten Aufeinandertreffen nochmals eine Chance geben. Die Geschichte mit der Sturmwarnung wurde ebenfalls nicht ganz souverän gelöst. Für ein nächstes Mal erhoffe ich mir ein paar eindeutigere Anweisungen bezüglich Evakuation des Bühnengeländes. Glücklicherweise sehen die Wetterprognosen für den morgigen Samstag sehr angenehm aus. Somit müssen wir uns diesbezüglich hoffentlich gar keine Gedanken machen.
Nina: Diesen Tag können wir sicher als sehr facettenreich abhaken. Einerseits das totale Hoch zu Beginn des Konzertprogramms mit Epica, deren Musik mich vollends berührt hat. Andererseits die, im Schlamm versunkenen Bands, die wir aufgrund der «Beinahe-Evakuation» leider verpasst haben. Wir haben uns davon allerdings nicht unterkriegen lassen und nach einem kurzen Campingstopp inkl. Überprüfung aller Zeltheringe wieder aufs Festivalgelände gewagt und auch noch die letzten Bands des Tages bei Regen mit unserem Besuch beehrt – Freifahrt für eine Schlammschlacht wäre da ebenfalls mit dabei gewesen.
Fotos Betontod und Sonata Arctica vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Samstag 19.08.2017 – Würdiges Finale mit Overkill, Dark Tranquillity, Heaven Shall Burn und Korn
Dutti: Die Zeit rast einmal mehr viel zu schnell. Heute steht leider bereits der letzte Festivaltag auf dem Programm. Vorerst steht nochmals das Geniessen der Camping-Atmosphäre an. Bierchen zischen, philosophieren und den Körper so langsam auf die letzte Etappe einstimmen. Um die Mittagszeit begeben wir uns schliesslich wieder in Richtung Bühnengelände. Wir sind gespannt, wie unser Festival-Finale ablaufen wird.
Den Anfang machen die Heavy Metaller Primal Fear. Ui, Sänger Ralf Scheepers ist ja ein echter Schreihals. Der haut ja schrille und hohe Töne raus. Parallelen zu Rob Halford von Judas Priest sind durchaus hörbar. Kein Unbekannter in der Szene ist selbstverständlich Basser Mat Sinner. Der deutsche Tausendsassa ist ein richtiges Arbeitstier und in etlichen Bands aktiv. Sämtliche Herrschaften auf der Bühne sind hervorragend gelaunt. Da dürfen kleine Spässchen zwischendurch natürlich nicht fehlen. Zu hören gibt’s effektiv Heavy Metal in Reinkultur. Fäuste in die Luft und Mähne schütteln ist also angesagt. Stücke wie «Metal Is Forever» unterstützen die ganze Sache ausgezeichnet.
Setlist – Primal Fear
- Countdown To Insanity
- Final Embrace
- In Metal We Trust
- Angel In Black
- Sign Of Fear
- Nuclear Fire
- Angels Of Mercy
- The End Is Near
- Chainbreaker
- Metal Is Forever
Fotos Primal Fear vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Delain
Dutti: Holland ist ein Quell für geniale Symphonic Metal-Truppen. Dazu zählen ganz klar auch die 2002 gegründeten Delain. Mit ihren bisher fünf veröffentlichten Alben haben sie in dieser Genre-Ecke ordentlich Staub aufgewirbelt. Aushängeschild ist wie für Gruppen dieser Art üblich die Frontsängerin. Und Charlotte Wessels ist definitiv ein Hingucker. Heute hat sie sich für ein farbenfrohes Jäckchen entschieden, das zugegebenermassen etwas gewöhnungsbedürftig aussieht (Anm. Nina: Farbenfroh? „Farben“ ja, „froh“ eher nicht. Dieses Teil würde ich nicht mal geschenkt haben wollen!). Das hässliche Septum trägt sie leider ebenfalls noch. Liebe Charlotte, lass doch diese Gesichtsverunstaltung bitte wieder weg. Das hast du echt nicht nötig. Aber wir sind ja nicht für das Mode-Rating zuständig.
Kommen wir zum musikalischen Part. Die heutige Songauswahl kann sich definitiv hören lassen. Delain haben eine beeindruckende Entwicklung hingelegt. Inzwischen sind sie mit den Grössen des Genres definitiv auf Augenhöhe. Mini-Gitarristin Merel Bechtold ist ebenfalls zuckersüss. Man möchte sie einfach nur knuddeln. Ich freue mich schon sehr auf die Herbsttour, die sie zusammen mit meinem Helden Marco Hietala absolvieren werden. Wir sehen uns im Z7 in Pratteln! (Anm. Nina: Bevor man(n) jetzt noch vollends abschweift aufgrund der weiblichen Besetzung auf der Bühne, begeben wir uns jetzt am besten mal zum nächsten Act. Leider werde ich bei Delain‘s Besuch in der Schweiz wohl an einem parallel stattfindenden Metalkonzert anzutreffen sein, aber die nächste Gelegenheit kommt bestimmt.)
Setlist – Delain
- Hands Of Gold
- Suckerpunch
- The Glory And The Scum
- Get The Devil Out Of Me
- Fire With Fire
- Pristine
- Mother Machine
- Don’t Let Go
- We Are The Others
Fotos Delain vom Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Motorjesus, Havok
Dutti: Nach einer zweistündigen Pause melden wir uns um halb fünf zurück und lauschen auf der Camel-Stage den Klängen von Motorjesus. Die Jungs aus Mönchengladbach verzeichnen einen beachtlichen Publikumsaufmarsch vor der kleinen Bühne. Das Dargebotene könnte zum Teil von Black Stone Cherry stammen. Eine sehr solide Geschichte. Gefällt mir gut. Leider können wir uns nicht alles anschauen und müssen bereits zur T-Stage weiter.
Dort übernehmen nämlich die Thrash-Haudegen von Havok das Zepter. David Sanchez und seine Kollegen fackeln nicht lange. Von Anfang wird ordentlich auf die Tube gedrückt. Da bleibt kein Nackenmuskel unbenutzt. In der Hitze des Gefechts gehen sowohl bei der Band als auch bei den Zuhörern wohl einige Liter Schweiss verloren. Ein Besuch beim naheliegenden Getränkestand wird zum unausweichlichen Muss. Am Ende des Auftritts appelliert Frontmann David an das selbständige Denken der Masse. In der Welt passiere zurzeit genug Müll. Man solle sich nicht von Lügnern blenden lassen. Tja, dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.
Setlist – Havok
- Prepare For Attack
- Point Of No Return
- F.P.C.
- Hang ‚Em High
- Claiming Certainty
- Ingsoc
- Covering Fire
- Intention To Deceive
Overkill
«One rule, I’m in charge», mit exakt diesen Worten sorgt der neuerdings mit Pornoschnäuzer ausgestatte Bobby «Blitz» Ellsworth anschliessend auf der Hauptbühne direkt zu Beginn für klare Verhältnisse. Danach konzentriert er sich mit seinem schrillen Schreistimmchen voll und ganz auf den Gesang. Ob man’s glaubt oder nicht, aber Overkill sind tatsächlich Summer Breeze-Debütanten. Von Nervosität fehlt bei den erfahrenen Thrash-Legenden aus New York City jedoch jede Spur. Im Gegenteil, die fünf Herren legen los wie die Feuerwehr. Im Fokus der Setlist steht nicht bloss das neue Eisen «The Grinding Wheel». Nein, auch die älteren Hymnen kommen zum Handkuss. Einigen scheint Bobbys Gekreische mit der Zeit auf den Zeiger zu gehen. Ich find’s dagegen hammermässig. Overkill lassen überhaupt nichts anbrennen. Der Frontschreihals sorgt zwischenzeitlich mit seinen minimalen Deutschkenntnissen für Lacher. «Verpisst euch» oder «Fickt euch ihr Luschen» hören sich dabei gar nicht einmal so schlecht an. Für ein fulminantes Schlussfurioso sorgen standardmässig die Überhymnen «Elimination» und «Fuck You».
Setlist – Overkill
- Mean, Green, Killing Machine
- Rotten To The Core
- Electric Rattlesnake
- Hello From The Gutter
- In Union We Stand
- Goddamn Trouble
- I Hate
- Electro-Violence
- Ironbound
- Elimination
- Fuck You
Dark Tranquillity
Die Plattform auf der Bühne dreht sich und das Programm wird mit Pionieren des Melodic Death Metal-Genres fortgesetzt. Dark Tranquillity sind ohne Zweifel einer der erfolgreichsten Absolventen der Göteborger Schule. Zusammen mit dem Sonnenuntergang krönen sie sich heute selbst zu den Königen der Atmosphäre. Frontmann Mikael Stanne sammelt mit seinem Dauergrinsen im Sekundentakt Sympathiepunkte (Anm. Nina: Und er weist ziemlichen Kuschelbedarf auf.). Einmal mehr setzen die Schweden auf riesige Videoleinwände, auf denen wahlweise Lyrics oder malerische Bilder zu sehen sind. Angst vor Publikumsnähe? Das kennt Mikael nicht. Immer wieder lässt er sich zu Ausflügen in die Menge bewegen. Bei «Atoma» nimmt der Chef zusammen mit den Security-Leuten sogar einen crowdsurfenden Rollstuhlfahrer in Empfang und umarmt diesen herzlich. Verdammt geniale Aktion. Hut ab! Beim obligaten Finale mit «Misery’s Crown» setzet der Sänger dann nochmals einen drauf. Er performt den gesamten Song während des Crowdsurfens. Am Ende wollen ihn die Fans beinahe nicht mehr ziehen lassen. Eindeutig einer der besten und überzeugendsten Dark Tranquillity-Auftritte die ich je gesehen habe. (Anm. Nina: Leider hapert es zu Showbeginn wiedermal etwas mit der Tonqualität. Dadurch müssen favorisierte Songs, wie «Force Of Hand» oder «Atoma» schwer darunter leiden. Grmpf!)
Setlist – Dark Tranquillity
- Force Of Hand
- The Lesser Faith
- Atoma
- The Treason Wall
- The Science Of Noise
- Forward Momentum
- Terminus (Where Death Is Most Alive)
- Monochromatic Stains
- Clearing Skies
- The Wonders At Your Feet
- ThereIn
- Misery’s Crown
Fotos Dark Tranquillity Summer Breeze 2017 (Friedemann)
Heaven Shall Burn
Dutti: Den Circle Pit-Experten von Heaven Shall Burn bin ich in diesem Jahr bereits auf dem unheiligen Wacken-Acker begegnet. (Anm. Nina: Die Thüringer Jungs seien anscheinend bereits am allersten Summer Breeze mit von der Partie gewesen zu sein.) Egal wo sie auftreten, die Publikumsaktivität ist jedes Mal äusserst beeindruckend. Das gelingt nicht vielen Truppen. Aufgrund von Sänger Marcus Bischoffs Dialekt kriegen wir zwar immer Lachkrämpfe, aber ein Störfaktor ist das keinesfalls. Heute erleben wir die Herrschaften zum allerersten Mal bei Nacht (Anm. Nina: Im Rucksack mit dabei ist das neuste Album «Wanderer».). Und es wird eine absolut lohnenswerte Geschichte! Die Wärme der Pyroeffekte ist sehr gut auf der Haut spürbar. Beinahe pausenlos schiessen Flammensäulen in die Luft. Heaven Shall Burn fackeln die Bühne regelrecht ab. Auch in Sachen Songs geht’s gewohnt heftig zur Sache. «Voice Of The Voiceless», «Combat», «Counterweight», «Endzeit» etc. – die Deutschen lassen wirklich keinen Nackenzerstörer aus. Marcus heute ebenfalls besonders gut drauf und macht auf Quasselstrippe. Sonderlob gibt’s für das fleissige Publikum. Das habe er am letzten Festivaltag jetzt nicht unbedingt erwartet. Die Crowdsurferei artet ebenfalls aus. Ununterbrochen werden um uns herum Körper durch die Gegend getragen. Das HSB-Fitnessprogramm ist definitiv nichts für Amateure. Was die Jungs da gerade zeigen, könnte durchaus als Headliner-Show bezeichnet werden. Zum Abschluss mit «Black Tears» steht sogar noch Dan Swanö auf der Bühne, der diesen Song ursprünglich geschrieben hat.
Nina: Heaven Shall Burn – Puh! Es ist ja nicht mein erstes Konzert von ihnen, eher eines von vielen – auch wenn es ein paar Jährchen zurück liegt. Aber eine solche Wucht von geballter Energie hätte ich dann doch nicht gleich erwartet – mein Kopf schaltet auf Headbang-Modus und funktioniert einfach nur noch im Takt zur Musik.
Setlist – Heaven Shall Burn
- The Loss Of Fury
- Bring The War Home
- Voice Of The Voiceless
- Land Of The Upright Ones
- The Only Truth
- Forlorn Skies
- Corium
- Combat
- Passage Of The Crane
- Downshifter
- The Omen
- Hunters Will Be Hunted
- Counterweight
- Endzeit
- They Shall Not Pass
- Godiva
- Black Tears
Korn
Dutti: Heaven Shall Burn haben vorgelegt, nun liegt der Ball in der Spielhälfte von Korn. Die beiden Truppen kennen sich ja noch von der gemeinsamen Tour im März/April dieses Jahres. Vor der Hauptbühne hat sich inzwischen eine riesige Menschenmenge angesammelt. Sie alle wollen den Debütauftritt der aus Kalifornien stammenden Nu Metal-Truppe hautnah miterleben. Dann fällt der Vorhang und gibt den Blick frei auf die solaranlagenähnliche Bühnendeko. Soundtechnisch erwischt Headliner Nummer drei allerdings einen miserablen Start. Die Techniker kriegen leider erst nach ein paar Songs die Kurve. Dafür geht’s danach aber richtig zur Sache. So kennen wir Korn. Modisch hat Bandleader Jonathan Davis mit seinem Rock zwar danebengegriffen, dafür stimmt gesanglich so ziemlich alles. Growls, Schreie, clean Vocals und sogar seine «Ausflipp-Passagen» sitzen. Im Zentrum des Geschehens steht selbstverständlich auch wieder der wunderschön anzusehende HR Giger-Mikrofonständer. Jonathan scheint ebenfalls ein Anhänger des F-Wortes zu sein. Aber keine Angst, ich habe nicht mitgezählt. Passend zu gibt’s den Song «Y’All Want A Single» – inklusive tonnenweise Mittelfinger. Basser Reginald «Fieldy» Arvizu und Gitarrist Brian «Head» Welch scheinen sich auf der grossen Bühne pudelwohl zu fühlen und befinden sich ständig in Bewegung. Und da steht ja sogar ein Keyboarder auf der Bühne. Der ist bei mir beim Konzert in der Schweiz gar nicht aufgefallen. Mit «Freak On A Leash» wird die ganze Geschichte schliesslich nach rund 80 Minuten beendet.
Nina: Auch wenn ich leider bei Korn meine Leute in der Menge aus den Augen verloren habe, bleibe ich nicht lange alleine. Munter gesellen sich einige Fans zu mir, um die kornischen Klänge bei einem lecker Bierchen zu geniessen. Eine Band, die ich immer wieder verpasst habe: 2009 am Greenfield wegen der damaligen Unwetterwarnung und diesen März in der Samsung Hall. Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt und nun darf endlich auch ich ein Häkchen hinter den Bandnamen setzen.
Setlist – Korn
- Rotting In Vain
- Falling Away From Me
- Here To Stay
- Y’All Want A Single
- Clown
- Black Is the Soul
- Did My Time
- Shoots And Ladders
- Twist
- Got The Life
- Coming Undone
- Insane
- Make Me Bad
- Somebody Someone
- 4 U
- Blind
- Freak On A Leash
Fanzit Samstag
Dutti: Finntroll hätte ich sehr gerne noch gesehen, aber dafür reichen die Kräfte nicht mehr. Somit begeben wir uns zurück in unser Lager. Beim Verlassen des Bühnengeländes kommen wir noch in den Genuss eines fantastischen Feuerwerks. Irgendwie scheinen wir aber die einzigen zu sein, die dem Ganzen Beachtung schenken. Alle anderen strömen zielstrebig zur Camel- respektive T-Stage. Für gibt’s noch einen Abstecher zum Zyklopenspiessverkäufer, ehe es dann definitiv zurück zum Campingplatz geht.
Damit endet ein fantastisches S:B:O:A. Ich könnte mir keine passendere Geburtstagssause vorstellen. Das Line-Up war schlichtweg überragend. Liebhaber verschiedener Metal-Genres kamen zwar oftmals in Entscheidungsnöte, aber am Ende wurden trotzdem jede und jeder irgendwie fündig. Die qualitativ guten Auftritte behielten glücklicherweise die Überhand. Von den drei Headlinern waren Amon Amarth Weltklasse. Doch auch Kreator und Korn wussten zu überzeugen. Letztgenannte erwischten einfach einen schwachen Start. Die Geschichte mit bloss einer grossen Hauptbühne hat ebenfalls funktioniert. Zu Beginn hatte ich meine Zweifel, aber dann wurde ich eines Besseren belehrt. Die neue T-Stage hat dagegen in Sachen Sound noch Potenzial. Hier gab es für ein Truppen leider Schwierigkeiten. Als besonders mühsam empfand ich in diesem Jahr die Toiletten-Situation. Da dürfte man für die kommenden Ausgaben gerne ein wenig aufrüsten.
Nina: Als Souvenir durfte ich nach dem Korn-Konzert dann ein beschriftetes «Devil»-Cap eines Fans auf meiner durchgeschüttelten Mähne mitnehmen. Finntroll hätte ich mir zwar ebenfalls gerne noch gegeben, aber die Kälte schlich sich schon ziemlich unter’s Shirt. So begab ich mich dann also an diesem letzten Festivaltag (eigentlich war es schon Sonntag) zu unserer, bereits stillgelegten Zeltfestung.
Dutti: So, jetzt ist von meiner Seite her aber genug gemeckert (Anm. Nina: Wieso gemeckert? Also bei mir ist alles in bester Ordnung. 😉 ). Wagen wir einen Ausblick ins 2018. Ferien solltet ihr vom 15. bis und mit 18. August buchen. Dann wird nämlich Breeze Nummer 21 über die Bühne gehen. Bands sind noch keine bekannt, aber in den nächsten Wochen wird sich diesbezüglich sicherlich etwas tun. Wir von Metalinside würden uns jedenfalls überaus freuen, auch im nächsten Jahr wieder über sämtliche Ereignisse aus Dinkelsbühl berichten zu können. (Anm. Nina: Adé merci! Over and Out!)