Tanja: Es ist Freitag, der 3. November 2017. Und das heisst Z7! Rhapsody of Fire, eine meiner ersten Metal Bands, beehren endlich wieder die Konzertfabrik in Pratteln. Sie sind zwar nur Vorband, aber das soll dem Erlebnis keinen Abbruch tun.
Ich freue mich, und selbst die Erkenntnis kurz vor Konzert, dass gar nicht mehr Fabio Lione bei RoF singt, kann die Freude nur ein klitzekleines bisschen trüben. Ich bin sehr gespannt auf den neuen Sänger (der übrigens seit 2016 dabei ist und auf den Namen Giacomo Voli hört).
Unleash The Archers
Tanja: Vor-Vorband sind Unleash the Archers, die ich mal auf YouTube gehört zu haben glaube, aber sonst so gar nicht kenne. Immerhin trügt mich meine Erinnerung nicht, und die Kanadier haben tatsächlich eine Sängerin am Mikrofon. Um kurz nach halb acht geht’s los, und entweder die Bogenschützen haben ihren Fanclub mitgebracht, oder sie sind bekannter als ich gedacht habe. Jedenfalls werden die Jungs und das Mädel mit mächtig viel Jubel begrüsst und das Publikum macht erstaunlich gut mit während ihres 40-minütigen Auftritts. (Und das trotz dem längsten Intro, das ich je gehört habe – gefühlte 5 Minuten, real wohl 2-3 Minuten). Das überrascht mich, ist es doch so gar nicht typisch schweizerisch schon bei der ersten Band so abzugehen. Aber es ist auf jeden Fall toll zu sehen, dass die Band offenbar voll den Nerv ihres Publikums trifft, und so macht ihr Auftritt richtig Laune.
Zwar ist es nicht so meins, aber die Kanadier liefern einen wirklich professionellen Auftritt ab, dem trotz aller Professionalität die Spielfreude nicht fehlt.
Rhapsody Of Fire
Tanja: Nach etwas mehr als einer halben Stunde betreten Rhapsody of Fire um kurz nach 20:30 zum Intro «In Principio» die Bühne. Nebst dem darauffolgenden «Distant Sky» und dem Outro der einzige Song vom zweitletzten Album «Into the Legend». Danach geht es mit Best Of Songs weiter – gemäss dem Motto des letzten Albums, «Legendary Years». Das freut das Fanherz… um einiges weniger freut mich, dass das Publikum vermutlich Energie sammeln will für Orden Ogan, oder aber das ganze Pulver schon bei Unleash the Archers verschossen hat… jedenfalls könnte man meinen, niemand im Z7 hätte je von den Italienern gehört und alle müssten sich erst gründlich überlegen, ob sie die Jungs gut finden sollen oder nicht. Das ist wirklich, wirklich schade und trübt meine Konzertstimmung schon etwas.
Giacomo Voli macht seinen Job super – auch wenn er die sehr grossen Fusstapfen von Fabio Lione nicht ganz zu füllen vermag. Mein persönliches Highlight ist heute Abend auf jeden Fall «The Magic of the Wizard’s Dream», das Giacomo der grossen Legende Christopher Lee widmet. Und das erste Mal habe ich den Eindruck, dass ein Musiker so richtig in 2017 angekommen ist und die moderne Realität akzeptiert – Giacomo bittet das Publikum, seine Handys hervorzuholen, die Taschenlampe einzuschalten und die Geräte zu schwenken. Erstaunlich viele folgen der Aufforderung und halten ihre Smartphones hoch – und irgendwie berührt mich das in dem Moment total. Ich wüsste zu gerne, wie das von der Bühne aussieht.
Gleich nachher muss ich schon wieder den Kopf schütteln ob unserer Schweizer Zurückhaltung – offenbar ist es Giacomos Geburtstag und er bittet uns, für ihn Happy Birthday zu singen. Das klappt. Und wenn man beide Augen zukneift und mit einem Ohr so halb hinhört, dann könnte es sogar als gut durchgehen.
Ich muss sagen, ich bin recht betrübt, als der letzte Song angekündigt wird – RoF sind und bleiben einfach eine meiner Lieblingsbands – doch immerhin schliessen die Italiener mit „Emerald Sword“ und das macht alles wieder gut. Es gibt kaum etwas, was ich nicht vergeben kann, wenn „Emerald Sword“ gespielt wird.
Und damit war’s das auch schon und eine sehr, sehr geile Show ist zu Ende. Schade, viel zu kurz, aber wir sehen uns ja bald wieder. Denn: 2018 ist Reunion Tour in Europa angesagt! Und dann geht’s wieder ab in grüne Gefilde mit Drachen und bösen Feinden und dunklen Herrschern.
Setliste Rhapsody Of Fire
- In Principio (Intro)
- Distant Sky
- Dargor, Shadowlord of the Black Mountain
- Flames of Revenge
- Dawn of Victory
- The Magic of the Wizard’s Dream
- Holy Thunderforce
- The March of the Swordmaster
- When Demons Awake
- Emerald Sword
- Custode Di Pace (Outro)
Kaufi: Also was das Publikum betrifft, sehe ich das jetzt nicht ganz so drastisch wie die werte Kollegin Tanja, denn Rhapsody Of Fire haben wirklich mächtig eingeheizt. Ich bin mit der Band zwar alles andere als vertraut und was ich bislang so hörte, hatte mich nicht so gepackt. Aber heute hat mir das durchaus Spass gemacht, da werde ich dann wohl auf dem Schiff bei der 70‘000 Tons of Metal sicher wieder reinhören nächstes Jahr!
Orden Ogan
Kaufi: Nun ist es aber Zeit für Orden Ogan! Die Sauerländer haben im Sommer mit „Gunmen“ ein erneut starkes Album rausgehauen und auf dem Bang Your Head!!! Festival überzeugten sie mit einer der geilsten Bühnendekos des Wochenendes. Und so sieht es auch heute im Z7 aus: Ein Fort wie im wilden Westen, bewacht von zwei Untoten mit glühenden roten Augen und Gewehren in der Hand, die mit ihren drehenden Köpfen das Geschehen immer im Blick haben. Im Hintergrund dazu ein gigantisches Backdrop und die Musiker selbst sind ebenfalls westernmässig gekleidet, wenn auch nicht ganz so extrem.
Kurz vor 22 Uhr ertönt das Intro „Orden Ogan“ und Seeb Levermann und seine Revolverhelden betreten unter dem Jubel der etwa 500 Besucher die Bühne und starten mit „To New Shores Of Sadness“ in ihren Arbeitstag, direkt gefolgt vom genialen „F.E.V.E.R.“. Und mir fallen gleich mehrere Dinge auf… Als erstes ist die grosse Bühne definitiv mehr auf die Band zugeschnitten als das Mini Z7 vor eineinhalb Jahren! Dann haben Orden Ogan ganz offensichtlich durch viele Konzerte (noch) mehr Selbstvertrauen getankt: Die Jungs präsentieren sich wie aus einem Guss, die machen Druck, die haben Spass – das ist RICHTIG gut! Ich erinnere mich grad an die Show in Balingen, von der ich nicht ganz so überzeugt war. Doch heute haut mich der Vierer von Beginn weg richtig um!
„Here At The End Of The World“ ist nochmals eine ältere Nummer, bevor mit „Gunman“ endlich der erste Titel des aktuellen Werks an der Reihe ist. Im Gegensatz zu Balingen dürfen die Cowboys im Hintergrund heute allerdings keine Papierfötzeli verschiessen – hat da vielleicht die Putzkolonne nach dem Delain-Konzert von letzter Woche reklamiert? 😉
Orden Ogan respektive Fronter Seeb Levermann haben auch den Comedy-Faktor massiv runtergeschraubt. Kaum irgendwelche Ansagen im Stile von Edguys Tobi Sammet, keine Currywurst-Witze – nur herzliche Dankeschöns an die Fans und die Supportbands und die eine oder andere Ansage des nächsten Songs. Auch hier hat sich die Band schwer geändert! Schade höchstens, dass Seeb mehrheitlich englisch spricht, dies trotz „Umfrage“ beim Publikum. Für ein Grinsen sorgt er dann jedoch, als er zwischendurch auf Deutsch wechselt und plötzlich alles durcheinander bringt…
Die Musik von Orden Ogan ist stellenweise sehr episch und bombastisch – ohne Keyboards ist das wohl live schwierig umzusetzen. Also braucht man computermässige Unterstützung. Doch auch hier scheint es, als ob die Sauerländer sich geändert haben. Zumindest habe ich den Eindruck, dass deutlich weniger Samples abgespielt werden (klar – bei „F.E.V.E.R.“ oder „We Are Pirates“ geht’s kaum ohne), dies lässt die einzelnen Songs roher und härter erscheinen. Was mir sehr gut gefällt!
In der ersten Hälfte der Show steht überraschenderweise vor allem „Ravenhead“ im Fokus: Vier der ersten sechs Songs stammen vom 2015er Album. Doch nach dem uralten „Lord Of The Flies“ – der einzigen Nummer von „Vale“ – zeigen die Gunmen, dass auch die neuen Nummern live durchaus bestehen können! Das sperrige „Fields Of Sorrow“ überzeugte etwas früher im Set, „Come With Me To The Other Side“ bringt nur mit dem sanften Beginn für einen kurzen Moment etwas Ruhe ins Spiel – danach fliegen auf und vor der Bühne wieder die Haare. „Forlorn And Forsaken“ macht ebenfalls mächtig Druck, bevor „One Last Chance“ bereits nach einer knappen Stunde das vorläufige Ende markiert.
Lange bitten müssen die Fans nicht bis Seeb fragt, ob wir noch einen Song hören wollen. Oder zwei Songs? Oder drei? Vier?? „To The End“ als erste Zugabe ist der erste Song vom gleichnamigen Album – schon eine kleine Überraschung, dass nicht mehr davon im Programm steht. Und die nächste Überraschung folgt gleich hintennach: „Angels War“ von „Testimonium A.D“ – also eigentlich vom Debüt vor dem Debüt! Die Nummer hat man offenbar für die Tour wieder ausgegraben – schön und sehr speziell!
Ich habe derweil immer mehr die Hoffnung, dass meine Nicht-Lieblingsnummer „We Are Pirates“ aus dem Set geflogen ist. Tja – „Pech“ gehabt: Zugabe Nummer drei ist’s und sogar ich als ewiger Stänkerer, wenn’s um diesen Piraten Song geht, muss zugeben, dass es heute wesentlich weniger schlimm ist als auch schon. Kommt noch so weit, dass mir das plötzlich gefällt….?
Vier Songs hat Seeb angekündigt – vier kriegen die Fans auch vor den Latz geknallt! Logisch, was zum Abschluss folgt: „The Things We Believe In“. Ich kriege davon allerdings leider nicht viel mit, weil mir beim Headbangen jemand seinen Schädel gegen meinen rammt – eine „hübsche“ Beule als Souvenir, die dank Eiswürfeln von der Bar nicht ganz so gross wird.
Um halb zwölf ist endgültig Schluss, Seeb, Tobi, Niels und Dirk verabschieden sich von ihren Fans und posen brav für ein Abschlussföteli. Und das Fanzit? Wenn auch die Spielzeit mit 90 Minuten immer noch am unteren Level ist, so überzeugen Orden Ogan ansonsten von A bis Z! Die neuen Songs fügen sich perfekt ins Programm ein, Überraschungen und nicht Erwartetes sind dabei, die Einstellung passt und das alles wird abgerundet durch das fantastisch anzusehende Bühnenbild. Insgesamt also ein ganz starker Headliner Auftritt! Da freut man sich auf ein Wiedersehen….
Setliste Orden Ogan
- Orden Ogan (Intro)
- To New Shores Of Sadness
- F.E.V.E.R.
- Here At The End Of The World
- Gunman
- Deaf Among The Blind
- Sorrow Is Your Tale
- Fields Of Sorrow
- The Lords Of The Flies
- Come With Me To The Other Side
- Forlorn And Forsaken
- One Last Chance
- To The End*
- Angel’s War*
- We Are Pirates*
- The Things We Believe In*
*Zugaben