Maidens The Great
Sie gehören zu den berühmtesten Cover-Bands überhaupt. Es gibt nicht viele davon, die auf Welttourneen gehen können.
Meist etablieren sich Cover-Bands ja vor allem regional oder im besten Falle national. Da muss man schon ein bisschen mehr bieten, als einfach bekannte Songs von bekannten Bands nachspielen …
Ein erster Schritt ist sicher schon mal eine Prise Exotik. Hier gegeben durch den Fakt, dass es sich um ausschliesslich weibliche Protagonisten handelt. In der Macho-Welt des Metals kann das sicher helfen, wenn auch optisch für das männliche Auge was geboten wird. Kann aber sehr schnell auch zu einem Nachteil werden, da das gleiche Auge bzw. Geschlecht Frauen schlichtweg wenig zu traut, wenn es um die härtere Musik geht. Auch wenn sich da in den letzten Jahren einiges getan hat, vor allem haben sich langsam aber auch sicher die ewiggestrigen an Female Fronted Metal Bands gewöhnt. Doro ist und bleibt die Queen – nicht nur des Metals aber auch der Amazonen – doch so richtig zum Durchbruch halfen Bands wie Nightwish. Wenn auch grad bei den Finnen die Dame am Mik und an der Front schon des öftern den Launen des Bandleaders geopfert wurden.
Gut, wir haben jetzt also fünf Damen die Maiden covern. Das reicht sicher schon mal für einen Chilbiauftritt. Dann braucht es aber nebst dem Optischen auch noch Können, Glück und vor allem Ausdauer. Und davon haben The Maidens reichlich. Spielerisch sind sie absolut top, was uns heute in der Chollerhalle auch wieder Mal eindrücklich bestätigt werden wird. Ausdauer im Sinne, dass es die Band mit wenigen Wechseln schon seit 2001 gibt. Und Glück, weil eine Gitarristin – Nitta Strauss – von Alice Cooper für seine Tourneen abgeworben wurde. Was einerseits die Qualität der Musiker bestätigt und anderseits der Band noch mehr Publizität brachte und pr-mässig entsprechend ausgeschlachtet wird.
Nun, genug dem Vorgeplänkel, denn um 20:30 Uhr gehts los – ohne Vorgruppe. Bis dann – und leider etwas überraschend für den Veranstalter – trinken Metler und das vorwiegend männliche Publikum vom Lande auch gerne Bier. Das unterdotierte und nicht grad effizienteste Personal – zu allem muss noch jedes Fläschli in ein Plastikbecher umgefüllt werden – ist beim ersten Andrang heillos überfordert. So vergeht einem beim Anstehen schon der Durst. Und das die Chollerhalle vom Bierdurst überrascht wurde, zeigt auch, dass bei der Bar links der Bühne schon Mitte Konzert der Gerstensaft ausgeht.
So viel zur leisen Kritik an die Organisation des Gastrobereichs, den der Rest war einmal mehr Top. Eine Bühne, die mehr breit als die Halle lang ist, kann man kaum toppen. Soundmässig kann ich von meiner Seite auch nichts bemängeln, selbst ganz am Bühnenrand ist dieser ein Hörgenuss.
The Iron Maidens
Das es aber nicht nur technisch ein Genuss ist, dafür sorgen schlussendlich die vier Damen aus LA. Sängerin Kirsten Rosenberg entschuldigt sich gleich zu Beginn, dass sie erkältet sei und somit aufs Publikum zählt, das ihr beim Singen helfen soll. Doch die Zweifel an ihrer wirklich etwas angeschlagenen Sprechstimme verfliegen schon bei den ersten gesungenen Tönen. Sie singt den ganzen Abend überragend bis in die dickinschen Höhen – man neigt zu sagen, besser als das Original. Dazu neigt man bei der ganzen Band. Die Saitenfraktion ist schlichtweg überragend. Zweistimmige Soli wie beim Original, Leadgitarren die sich abwechseln, ergänzen und nie konkurrenzieren und mit Wanda Ortiz eine Bassistin, die sich auch in einer Jazz-Band sehr gut machen würde. Kollege Thomas – ehemaliger Berufsmusiker – kommt bei ihr richtig ins Schwärmen. Ich tue es im gleich. Und bei Maiden ist der Bass bekanntlich nicht nur Taktgeber und Teppichausleger.
Der Einstieg wählen die Kalifornierinnen eher gemächlich und mit eher unbekannteren Maiden-Songs – kein Kracher gleich zu Beginn. Mit „Revelations“ von der „Piece Of Mind“ als Nr. 3 schliesslich eine der anspruchsvolleren Nummern, bei der sich die Musikerinnen schon mal exzellent profilieren können.
Im Unterschied zum Original bringen die Maidens immer wieder Songs, die ganz tief in den 80er Schubladen verstau(b)t sind. Aber jetzt wäre schon Zeit, einen Aufwecker zu bringen. Und der kommt mit „Wasted Years“. Unglaublich wie nah die Stimme von Kirsten der von Bruce kommt. Und auch hier wieder tolle zweistimmige Soli – da wird einem wieder mal bewusst, dass die Maiden Songs gar nicht so banal sind. Das Zusammenspiel der mehreren Lead-Gitarren und Bass ist schon sehr einmalig.
Und so kann es weiter gehen und tut es auch mit „The Trooper“. Ädequat packt sich Kirsten in die rote Uniform der britischen Armee zu Zeiten des Krimkrieges im 19. Jahrhundert und ebenfalls ganz Bruce-like mit dem Union Jack schwingend. Auch wenn die Flagge im Vergleich zum Original etwas mickrig ist. Und bei der mitgeschwungenen Schweizer Fahne wollen wir jetzt nicht auch noch kleinlich sein und sehen grosszügig drüber hinweg, dass diese rechteckig ist. Und mit dem wohl fettesten Kreuz ever. Der Gedanke zählt.
Es fällt auf, dass zumindest ein paar der Mädels mit handelsüblichen Ohrenpfröpfen spielt – keine In-Ear-Kopfhörer – da ist noch viel echte Handarbeit. Und was ich jetzt noch schreiben wollte, kann ich in meinen Notizen grad nicht mehr entziffern. Aber es muss was sehr Cooles sein, da als nächstes steht: „Mädels, wir lieben euch!“ Sorry, dass ich euch da jetzt was vorenthalte, was scheinbar verdammt cool war … irgendwann während des Konzerts kam ich scheinbar doch noch zu meinen Bieren.
Und verdammt cool ist jetzt gerade auch „The Number Of The Beast“. Einmal mehr bringt das Kirsten trotz Erkältung hammermässig. Es hört sich an wie ab CD. Besser geht nicht. Einzig der Eddie ist nicht ganz auf dem Level des Originals – sieht aus wie Eddie-Junior im Halloween-Kostüm des Vaters. Aber das soll man ja auch nicht ganz zu ernst nehmen. Schön haben sie ein paar Mini-Eddies eingepackt. Papi Eddie ist halt meist mit Iron Maiden unterwegs.
Kann man das bisher Erlebte und Gehörte noch toppen? Man kann, mit „Alexander The Great“, einem der grössten Maiden-Songs aller Zeiten und welcher gemäss Kirsten die Original-Band noch nie live spielte … („A song Maiden never played live …“). An all die Cover-Band-Verschmäher: Diese epische Hymne geht an euch! Kirsten meint dann noch: „Strange that Maiden never played this song live. We played this one 2006 in Mexico City. Bruce and Steve were in the audience … that was weired.“ Ja schon komisch, wenn das Original seinen Übersong live zum ersten Mal bei einer – nicht einer, der wohl besten – Coverband hört …
Zum Abschluss gibts dann auch noch das obligate „Iron Maiden“ und leider ist alles viel zu schnell vorbei. Ich hätte noch ein paar weitere Klassiker ertragen können.
Das Fanzit
Soundmässig war das heute absolut top! Vom Original kaum besser. Showmässig ist sind die Jungs den Mädels mit ein bisschen mehr Budget und ein paar Dutzend Lastwagen an Equipment zusätzlich natürlich weit voraus. Die Mädels waren engagiert, auch was zu bieten, aber das kam schon besser. Man merkte schon, dass Kirsten etwas angeschlagen ist, wenn auch nicht in ihrem Gesang. Ich wiederhol mich, entgegen viele Vorurteilen sind The Iron Maidens in erster Linie was fürs Ohr und nicht (nur) fürs Auge. Und das ist gut so.
Fotos The Iron Maidens in der Chollerhalle 2017 (Friedemann)