Die Wespe sticht zu
Der gesetzlose Blackie und seine drei Kumpels gastierten am Samstagabend im Schweizer Metal-Mekka Z7. Den Fans wurde eine fulminante W.A.S.P.-Show geboten. Das Einheizen übernahmen die Italo-Rocker von Rain. Die weiteren Details entnehmt ihr wie gewohnt dem nachfolgenden Metalinside-Konzertbericht.
Immer noch verzückt vom überragenden Kürbiskopf-Konzert des gestrigen Abends pilgere ich heute einmal mehr in die Nordwestschweiz. Was gibt es dort an diesem regnerischen Novembertag interessantes zu tun? Eventuell ein Besuch im Metal-Tempel Z7 in Pratteln? Korrekt! Denn genau das ist mein Plan. Überall an den Bahnhöfen lungern sogenannte «Fastnächtler» herum. Am 11.11. beginnt ja bekanntermassen die Saison der Verkleideten. Ein Kostüm habe ich nicht nötig. Schliesslich bin ich das ganze Jahr über als Metal-Dutti unterwegs. Die heutigen Programmpunkte beinhalten musikalische Darbietungen der Truppen Rain und W.A.S.P. Letztgenannte sind mir aufgrund gewisser Über-Hymnen bereits ein Begriff. Live habe ich allerdings beide Bands noch nie erlebt. Höchste Zeit also, dies endlich zu ändern.
Vor dem Eingangsbereich des Z7 angekommen wird einem die bereits im Vorfeld durchgesickerte «Sold Out»-Meldung schonungslos in Form einer riesigen Warteschlange vor Augen geführt. Ich bin ehrlichgesagt überrascht, dass W.A.S.P. dies geschafft haben. Das hätte ich 2017 doch viel eher ein paar anderen Kandidaten zugetraut. Eigentlich habe ich auf das drohende Gedränge nicht sonderlich viel Bock. Die Konzertfabrik ist zweifelsohne eine der besten Schweizer Locations, aber in ausverkaufter Form kann es selbst hier teilweise ziemlich ungemütlich werden. Naja, lassen wir uns doch einmal überraschen. Hinein ins Vergnügen!
Rain
Glücklicherweise kann ich mir an der Bar in Bühnennähe ein einigermassen schlaues Plätzchen mit guter Sicht ergattern. Bier wird heute ausschliesslich in Bechern ausgeschenkt, weshalb offensichtlich eine Aufstockung des Zapfhahn-Personals nötig gewesen ist. Da scheint sich wohl wieder einmal irgendein Ami-Management panisch vor Dosen zu fürchten. Ich verkneife mir jetzt einmal die bissigen Kommentare. Befassen wir uns stattdessen lieber mit der Musik.
Seit über 35 Jahren rockt die italienische Truppe Rain bereits die Konzerthallen dieser Welt. Nach etlichen Line Up-Wechselspielen besteht das ganze Gefüge aktuell aus Maurizio «Evil Mala» Malaguti (Gesang), Alessio «Amos» Amorati (Gitarre), Freddy «V» Veratti (ebenfalls Klampfe), Gabriele «King» Ravaglia (Bass) und Andrew Gunner (Drums). Die unglaubliche Energie des Quintetts trifft auf ein – leider – noch ziemlich passives Publikum. Lediglich in den vorderen Reihen wird vereinzelt mitgefeiert. Maurizio ist zweifelsohne mit einem geilen Rockstimmorgan gesegnet. Schade eigentlich, dass sich diese tolle Truppe bloss mit 30 Minuten Spielzeit begnügen muss. Ich persönlich hätte gerne noch mehr gehört. Dieser Mix aus Heavy Metal und modernem Rock hat definitiv etwas an sich. Folgende Frage sei am Ende noch erlaubt: Vermisst eigentlich irgendjemand die aus der Tour ausgestiegenen Beast In Black?
W.A.S.P.
Mit rund zehnminütiger Verspätung betritt der Headliner schliesslich um 21.25 Uhr das Spielfeld. Ich klebe nach wie vor an meiner Bar-Ecke. Glücklicherweise weilt Metalinside-Kollegin Nicky im Fotograben und wird meinen Worten sicherlich das passende Bildmaterial beifügen. Die vier Herren auf der Bühne rühren offenbar mit der grossen Show-Kelle an. Auf beiden Seiten kommen Videoleinwände zum Einsatz. Dies hat einen besonderen Grund. Während des gesamten Wespen-Auftritts werden Ausschnitte des Filmes zum viel umjubelten Konzeptalbum «The Crimson Idol» über die Bildschirme flimmern. Die Scheibe selbst feiert im Rahmen dieser Tour ihr 25-jähiges Jubiläum. Zu diesem Anlass bringen W.A.S.P. das Produkt «Re-Idolized» auf den Markt, welches zum einen den erwähnten Film in voller Länge und auch den dazugehörigen Soundtrack enthält. Eine Pflicht-Trophäe für sämtliche Anhänger der Band.
Los geht’s mit «The Titanic Overture». Über den Bandkopf Blackie Lawless habe ich im Vorfeld schon viele schlechte Dinge gehört. Playback war da beispielsweise einer der kritischen Aspekte. Doch ich werde umgehend eines Besseren belehrt. Das ist definitiv erstklassiger Live-Gesang, den das Z7-Publikum auf die Lauscher serviert bekommt. Vorurteile souverän widerlegt. Unterstützt wird der Sänger von seinen Kollegen Doug Blair, der mit einem «doppelhalsigen» Gitarrenmonstrum herumhantiert, und Basser Mike Duda. Im Hintergrund sitzt Aquiles Priester an der Schiessbude. Da W.A.S.P. keinen fixen Drummer haben, ist auf dieser Position immer mal wieder mit Rotationen zu rechnen.
Auf «The Invisible Boy» und «Arena Of Pleasure» folgt das bärenstark vorgetragene «Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)», welches von den absolut dazu passenden Motorsägegeräuschen untermauert wird. Die Halle tobt und singt lauthals mit. So langsam wird die ganze Geschichte zu einer äusserst schweisstreibenden Angelegenheit. Auf den Videoleinwänden ist wie bereits erwähnt die zum Konzeptalbum dazugehörige Geschichte zu sehen – zumindest gewisse Ausschnitte davon. W.A.S.P. erzählen auf «The Crimson Idol» die Story des fiktiven Rockstars Jonathan Steel. Wir erleben sowohl Höhepunkte (stetig wachsender Ruhm) als auch tragische Erlebnisse (Tod des Bruders). Es ist ein wahres Vergnügen Soundtrack und Film gemeinsam auf sich einwirken zu lassen. Ich entdecke heute Abend für mich jedenfalls etliche neue Hymnen, die ich definitiv nicht so rasch wieder aus meinen Gehörgängen vertreiben werden kann.
Die aus Los Angeles stammende Kapelle hat selbstverständlich auch einige Balladen im Repertoire. Dazu zählt selbstverständlich auch das äusserst gefühlvolle «Hold On To My Heart». Zahlreiche Feuerzeuge und Smartphone-Lämpchen erhellen nun das gesamte Z7. Ein wundervoller Anblick. Die Stimme des gesetzlosen Herrn am Mikro zeigt nach wie vor kaum Schwächen. Ich bin absolut beeindruckt. Mit «The Great Misconceptions Of Me» sind wir schliesslich am Ende des Konzeptalbums angelangt. Passend dazu flimmert der Abspann über die beiden Videowände. Trotz Samstagabend entscheide ich mich bereits jetzt für einen vorzeitigen Abgang und quetsche mich durch die Masse hinaus ins Freie. Da ich morgen im «Joggeli» beim Barrage-Rückspiel der Schweiz gegen Nordirland anwesend sein werde, möchte meine Kräfte bis dahin noch ein wenig schonen. Wie mir ein Blick auf die Setliste verrät, verpasse ich dadurch allerdings leider die Stücke «L.O.V.E. Machine», «Wild Child», «Golgotha» und das alles andere in den Schatten stellende «I Wanna Be Somebody». Tja, Pech gehabt. Damit muss ich jetzt wohl oder übel leben.
Das Fanzit
Nach dem überragenden Helloween-Konzert am Vorabend folgte heute mit dem nicht minder schlechten W.A.S.P.-Auftritt sogleich der nächste Kracher. In dieser Form kann ich Blackie und Co. sorglos weiterempfehlen. Diese bombastische Spezial-Show war definitiv eine einzigartige Geschichte. In diesem Bereich muss meine Plattensammlung unbedingt noch die eine oder andere Erweiterung erfahren. Der Support-Act aus Italien konnte sich ebenfalls hören lassen. Weitere Gastspiele auf Schweizer Boden wären äusserst wünschenswert.
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Rain
- Love In The Back
- Kite ‘N’ Roll
- Hellfire
- Bang Bus
- Spacepirates
- Cops
- Blackford
- The Gate (Outro)
Setliste – W.A.S.P.
- The Titanic Overture
- The Invisible Boy
- Arena Of Pleasure
- Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)
- The Gypsy Meets The Boy
- Doctor Rockter
- I Am One
- The Idol
- Hold On To My Heart
- The Great Misconceptions Of Me
- L.O.V.E. Machine*
- Wild Child*
- Golgotha*
- I Wanna Be Somebody*
*Zugabe