Metalinside.ch - Alice Cooper - Samsung Hall 2017 - Foto Kaufi
Mi, 29. November 2017

Alice Cooper

Samsung Hall (Dübendorf, CH)
/ 10.12.2017

Spend the night with Alice Cooper 

Am Mittwochabend beehrte der Altmeister zusammen mit seiner schlagkräftigen Truppe die Samsung Hall. Alles verlief in gewohnter Manier nach Plan. War es die übliche Cooper-Show oder wurden doch gewisse Änderungen eingebaut? Die Antworten darauf entnehmt ihr dem nachfolgenden Metalinside-Bericht. 

Vincent Damon Furnier – welcher allen von uns eher unter seinem Künstlernamen Alice Cooper ein Begriff sein dürfte – lädt zur abendlichen Konzertsause in Dübendorf. Keine Frage, diesem Ruf folgen die Massen jeweils ohne zu zögern. Ganz ohne Support-Act möchte er uns seine einzigartige Rockkunst in voller Länge präsentieren. Doch auf welche Show-Elemente wird der talentierte Golfer heute Abend setzen? Altbekannte Dauerbrenner oder neue Geschichten? Vielleicht findet sogar das eine oder andere Stück des im Sommer erschienenen Albums «Paranormal» (das 27. in der Karriere des A. C.!) den Weg in die Setliste.

«Coop» hat mich bei all unseren vergangenen Begegnungen noch nie enttäuscht. Deshalb betrete ich die Samsung Hall äusserst gelassen. Nichtsdestotrotz kritisieren einige die sich stets wiederholenden Show-Elemente (gigantische Frankenstein-Figur, Alice’ Enthauptung mittels Guillotine etc.) und hoffen darauf, dass die Rocklegende endlich einmal etwas Neues zu wagen versucht. Ich persönlich teile diese Ansicht nicht. Langeweile habe ich während eines Cooper-Gigs noch nie verspürt. Zudem ist es ja nicht jedes Mal exakt 1 :1 das gleiche. Regelmässig werden gewisse Songs ausgetauscht, was durchaus ein wenig Abwechslung in die ganze Angelegenheit hineinbringt. (Anm. Kaufi: Dutti hat grundsätzlich schon recht. Aber auch ich würde beispielsweise gerne wieder einmal sehen, wie Alice am Galgen hängt, statt wie üblich geköpft zu werden….).

Lassen wir uns überraschen. Ich bringe mich auf der linken Bühnenseite mit Hopfentee in der Hand in Beobachtungsposition. Für das Bildmaterial ist heute Metalinside-Kumpane Kaufi besorgt. Ich bin schon gespannt auf die Resultate seiner Fotograbenarbeit. Gespannt sind die Blicke auf den alles verdeckenden Vorhang gerichtet. Zwei riesige Horror-Augen starren uns an. Lange kann’s nicht mehr dauern.

Alice Cooper

Mit rund zwanzigminütiger Verspätung ertönt das Intro-Stück «Spend The Night». Eine furchteinflössende Stimme teilt uns mit, dass wir die Auserwählten seien, um die Nacht mit dem legendären Alice Cooper zu verbringen. Dann fällt der Vorhang und gibt den Blick frei auf die Mitmusiker des Altmeisters. Dieser hat definitiv eine äusserst talentierte Truppe zusammen. Etwas erhöht im Hintergrund sitzt Glen Sobel auf seinem Drum-Thron. Auf der linken Seite sind Klampfer Ryan Roxie und Bass-Biest Chuck Garric zu erkennen. In der gegenüberliegenden Ecke kitzelt Wahlschweizer Tommy Henriksen (er wohnt und lebt ja im Zürcher Oberland) nette Töne aus seiner Saitenkönigin heraus. Insbesondere die männlichen Besucher interessieren allerdings deutlich mehr für die Dame neben ihm. Nita Strauss heisst der blonde Wirbelwind aus Los Angeles. Die ehemalige The Iron Maidens-Gitarristen ist seit 2014 Mitglied der Cooper-Truppe und eine echte Bereicherung. Nun fehlt bloss noch der Chef himself. Dieser betritt schliesslich zu den Klängen von «Brutal Planet» verhüllt in einem schwarzen Mantel die Spielfläche. Galant entledigt er sich desselben und zeigt der Masse stolz sein Rocker-Outfit (welches er im Verlaufe des Abends wohl noch ein paar Mal wechseln wird). Frenetischer Jubel prescht ihm und seiner Band entgegen.

Mit «No More Mr. Nice Guy» folgt dann bereits eines meiner Lieblingsstücke. Coole Riffs und ein schlichtweg gelungener Mitmach-Refrain. Das Publikum macht jedenfalls fleissig mit. Beeindruckend, wie fit Alice scheinbar problemlos auf der Bühne herumflitzt. Seine Bewegungen wirken alles andere als eingerostet. Der feine Herr feiert im kommenden Februar immerhin bereits seinen 70. Geburtstag. Auch seine Mitstreiter sind allesamt mit äusserst viel Spielfreude unterwegs. Bei «Billion Dollar Babies» lässt Coop es wie gewohnt munter Geldscheine hageln und fuchtelt wild mit seinem Degen durch die Gegend. Nach «Woman Of Mass Distraction» hat dann Nita ihren grossen Auftritt und haut ein überragendes Solo raus. Da bleibt einem schlichtweg die Spucke weg. Am Ende gelingt ihr die perfekte Überleitung zum wohl bekanntesten Alice Cooper-Hit überhaupt. «I wanna love you but I better not touch. I wanna hold you but my senses tell me to stop. I wanna kiss you but I want it too much” – Zeilen für die Ewigkeit. Das Publikum ist kaum noch zu halten. Die Stimmung erleidet nur kurz einen Dämpfer, als zwei betrunkene Proleten in unserer Nähe plötzlich zu pogen beginnen und wahllos Leute anpöbeln. Sorry Freunde, aber das hat an einem Alice Cooper-Konzert überhaupt nichts zu suchen! (Anm. Kaufi: Schön, dass das auch andere Leute mal so sehen!). Glücklicherweise schreitet die Security rasch ein und befördert die beiden Deppen aus der Halle.

Etwas später steht Alice im blutverschmierten Ärztekittel auf der Bühne. Doktor Frankenstein bittet nun zum Tanz. Ebenfalls eine verflucht geile Live-Hymne. Die «cooper’sche» Anhängerschaft skandiert lautstark: «Feed my Frankenstein!». In der Mitte des Stücks wird Alice von seinen maskierten Helferlein an einer grossen Apparatur festgeschnallt. Doch das Experiment geht schief. Es kommt zu einem Kurzschluss und ein lauter Knall ertönt. Der Schock-Rocker hat sich in Luft aufgelöst. Dann braust plötzlich von der linken Seite her eine gigantisches Frankenstein-Monstrum heran. Für den eingefleischten Fan zwar nichts Neues, aber trotzdem immer wieder sehenswert. (Anm. Kaufi: Und genau hier wird ein Mangel an der ansonsten grossartigen Samsung Hall deutlich – pyrotechnische Effekte sind nicht erlaubt. In diesem Fall fehlt ohne den durch Kurzschluss verursachten Funkenregen einfach das i-Tüpfli bei dieser Showeinlage!). Beim anschliessenden «Cold Ethyl» vergeht sich Mister Cooper an einer Frauenpuppe. Danach wird’s dank «Only Woman Bleed» ziemlich gefühlvoll. Nun hat auch Ehegattin Sheryl Cooper ihren ersten, grösseren Auftritt am heutigen Abend. Als lebendig gewordene Puppe tänzelt sie um ihren Mann herum und bezirzt diesen. Die ganze Sache nimmt jedoch ein tragisches Ende, als Alice ihr einen Dolch in den Bauch rammt. Etliche Fans nutzen das ausgezeichnete Beleuchtung um die Szenerie auf ihren Smartphones festzuhalten. Diese Handyfilmerei artet an diesem Konzert stellenweise beinahe ein wenig aus. (Anm. Kaufi: „Ein wenig“ ist gut… Das nimmt teilweise richtig Überhand…). Ich bin zwar auch mit meiner Digitalkamera am Start, versuche diese aber nicht die ganze Zeit über zu benutzen.

Dann die Überraschung. Mit «Paranoiac Personality» gibt’s tatsächlich einen der ganz neuen Cooper-Tracks zu hören. Das Stück reiht sich hervorragend ins bestehende Show-Gefüge ein. Eine gelungene Wahl. Leider wird dies das einzige Liedchen von «Paranormal» bleiben. Im Anschluss bewegen wir uns nämlich wieder in bekannteren Gewässern. Die Horror-Show schreitet langsam aber sicher ihrem Höhepunkt entgegen. Zu «Ballad Of Dwight Fry» kriegt der Altmeister die Zwangsjacke verpasst. Kurz darauf taucht auch schon seine als Psycho-Krankenschwester verkleidete Gattin auf. Die Tänzerin scheint nichts von ihrer Beweglichkeit verlernt zu haben. Problemlos reckt sie ihre Beine in die Luft. Alice’ Versuch sie zu erwürgen wird erfolgreich abgewehrt. Zum Teilauszug des Stückes «Killer» rollt dann das Todesurteil des Rockers heran: Die Guillotine. Zum gefühlten 1000. Mal wird Coop brutal enthauptet. Stolz präsentiert der Henker dem Publikum den abgetrennten, blutigen Schädel, während die Band unter der Führung von Bassist Chuck die Nummer «I Love The Dead» zu spielen beginnt. Doch keine Sorge. Der unverwüstliche Mister Cooper ist nicht tot. Mit einer Krücke ausgestattet erscheint er wenig später zur genialen Hymne «I’m Eighteen» wieder im Rampenlicht. Im Zugaben-Block ertönt standardgemäss die markante Schulglocke. Seifenblasen, Riesenballons (die Alice gekonnt mittels Wurfmessern zerplatzen lässt) und eine Passage mit Pink Floyd’s «Another Brick In The Wall» – die Live-Darbietung von «School’s Out» bildet einmal mehr einen überragenden Show-Abschluss.

Das Fanzit

Einmal mehr eine absolut solide Performance von Coop und seinen Mitstreitern. Songtechnisch habe ich lediglich «Hey Stoopid» und das neuere «Holy Water» vermisst. Die Samsung Hall brillierte ein weiteres Mal mit einer top Soundqualität und exzellenten Lichtverhältnissen. Einzig das Publikum hätte phasenweise gerne noch etwas mehr Stimmung machen dürfen. (Anm. Kaufi: Wie soll das gehen mit den Handys in der Luft? Da verwackeln ja die Filmli…). Insgesamt empfand ich den Auftritt im Z7 im Juni des vergangenen Jahres noch ein Spürchen besser. Bleibt zu hoffen, dass sich Alice noch langer bester Gesundheit erfreuen darf und uns schon bald mit einem nächsten Gastspiel beehren kann.

Kaufi: Ja, in der Tat einmal mehr ein grossartiger Auftritt des Altmeisters! Im Gegensatz zu Dutti hat mir die Show heute deutlich besser gefallen. Das kann allerdings auch daran liegen, dass wir heute deutlich näher am Geschehen waren und die Rahmenbedingungen besser waren. Einziger Kritikpunkt, den man anbringen kann: 90 Minuten, zumal ohne Vorgruppe, ist auch hier relativ mager. Und ja: „Hey Stoopid“ hat gefehlt, wie auch viele weitere Nummern von dieser Götterscheibe! Nun, dann hoffen wir mal, dass dies beim nächsten Besuch dann nachgeholt wird…

Setliste – Alice Cooper

  1. Intro – Spend The Night
  2. Brutal Planet
  3. No More Mr. Nice Guy
  4. Under My Wheels
  5. Department Of Youth
  6. Pain
  7. Billion Dollar Babies
  8. The World Needs Guts
  9. Woman Of Mass Distraction
  10. Guitar Solo (Nita Strauss)
  11. Poison
  12. Halo Of Flies (with drum solo)
  13. Feed My Frankenstein
  14. Cold Ethyl
  15. Only Women Bleed
  16. Paranoiac Personality
  17. Ballad Of Dwight Fry
  18. Killer / I Love The Dead (beide nur partiell)
  19. I’m Eighteen
  20. School’s Out*

*Zugabe

Fotos von Alice Cooper in der Samsung Hall 2017 (Kaufi)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 10.12.2017
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