Epica einmal mehr überragend!
Die niederländischen Symphonic-Grössen aus dem Hause Epica verzückten am Samstagabend das Z7-Publikum mit ihren fantastischen Melodien. Unterstützung gab’s von Anneke van Giersbergen’s Vuur und Myrath. Konnten die beiden Truppen mit dem Headliner mithalten? Oder blieben sie eher blass? Das erfahrt ihr alles im nachfolgenden Metalinside-Bericht.
Wenn Epica rufen, lasse ich mich nicht zwei Mal bitten. Insbesondere die attraktive Frontröhre mit der orangefarbenen Haarpracht hat es mir seit eh und je angetan. Leider war Kamelot-Keyboarder Oliver Palotai schneller als ich und hat schon bald einmal Nägel mit Köpfen gemacht. Doch an Simone Simons wundervollen Stimmorgan darf ich mich glücklicherweise nach wie vor erfreuen. Sei es auf Platte oder während Live-Auftritten. Heute Abend ist das Letztgenannte der Fall. Dabei habe ich ein kleines Jubiläum zu feiern. Es handelt sich nämlich bereits um meine zehnte Epica-Show. Die Holländer sind sowieso gerngesehene Gäste auf Schweizer Boden. Mitte Januar rockten sie zusammen mit Powerwolf das Zürcher Volkshaus und am diesjährigen Greenfield Festival vermochten sie – sofern ich den Aussagen meiner Kollegen Glauben schenken darf – ebenfalls zu überzeugen.
Für die aktuelle Tour stellt die Truppe insbesondere die neuste Scheibe «The Holographic Principle» und die dazugehörige EP «The Solace System» ins Zentrum des Interesses. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gefallen mir die meisten sich darauf befindenden Stücke immer besser. Musikalische Unterstützung erhalten die Holländer heute Abend von ihrer Landsfrau Anneke van Giersbergen, die mit ihrem neuen Projekt Vuur am Start ist, und den Tunesiern von Myrath, auf die ich mich sehr freue.
Die Konzertfabrik füllt sich ziemlich rasch. Die Popularität des Headliners scheint immer noch ausser Frage zu stehen. An den Säulen in der Halle kleben ungewohnte Zettelchen. «Bar closes at 23.20» ist darauf zu lesen. Zudem wird das Bier heute ausschliesslich in Bechern ausgeschenkt. Nach Rücksprache mit einem Angestellten erfahre ich, dass diese Anordnungen direkt von Epica respektive dem zuständigen Management kommen. Da der ganze Konvoi morgen offenbar eine weite Reise vor sich hat, müssen die Zelte heute so rasch abgebrochen werden. Da dafür Lastwagen in die Halle fahren müssen, sollte diese natürlich vorher geräumt worden sein. Naja, aber das Konzertvergnügen lasse ich mir von solchen Geschichten selbstverständlich nicht nehmen.
Myrath
Die erste Kapelle des Abends habe ich im März des vergangenen Jahres als bärenstarken Support-Act von Symphony X (ebenfalls hier im Z7) kennengerlernt. Myrath mischen Progressive Metal mit orientalischen Folk-Elementen. Das Ganze klingt in etwa so wie der Soundtrack der Videospielreihe «Prince Of Persia». Doch das musikalische Märchen zu «1000 und einer Nacht» wird um 19 Uhr nicht durch die Band, sondern durch eine gutaussehende Bauchtänzerin eröffnet, die zum instrumentalen Intro-Track «Jasmin» gekonnt ihren Köper schüttelt. Danach betreten die fünf Herren das Spielfeld und schicken sogleich ihren Über-Hit «Believer» ins Rennen. Ein besseres Müsterchen für den speziellen Sound der Truppe gibt’s schlichtweg nicht. Myrath stehen zu ihren Wurzeln. Dieser eingängige Rhythmus lässt eigentlich niemanden kalt. Nichtsdestotrotz ist die Publikumsaktivität noch etwas verhalten. Sänger Zaher Zorgati verfügt über ein hammermässiges Stimmorgan und würde damit eigentlich genau so gut in eine Power Metal-Truppe passen. Glatzkopf Malek Ben Arbia beherrscht seine Saitenkönigin problemlos. Auch heute gibt die Band wieder Vollgas. Schade nur, dass sie lediglich 30 Minuten Zeit haben. Ich würde Myrath sehr gerne einmal in der Headliner-Position erleben. Vielleicht klappt’s ja beim nächsten Wiedersehen.
Anneke van Giersbergen’s Vuur
Beim nächsten Act sind die Erwartungen ziemlich hoch. Schliesslich steht mit Anneke van Giersbergen eine wichtige Persönlichkeit der holländischen Metal-Szene auf der Bühne. Vielen dürfte sie noch aufgrund ihres Engagements bei der Prog-Rock Band The Gathering ein Begriff sein. Sie hat ebenfalls schon mehrmals mit Mastermind Arjen Lucassen zusammengearbeitet. Nun soll der Fokus aber auf ihr neustes Projekt gerichtet werden. Vuur bedeutet übersetzt Feuer – und genau dieses versucht die Sängerin/Gitarristen jetzt zu entfachen. Leider bei grossen Teilen des Publikums (inklusive meiner Wenigkeit) ohne Erfolg. Stimme und Sound wollen irgendwie einfach nicht zusammenpassen. Gelangweilt wende ich mich ab und flüchte an die Bar. Da hätte man meiner Meinung nach ruhig Myrath ein wenig mehr Spielzeit gewähren können.
Epica
Beim Headliner habe ich dagegen kaum Angst vor einem Dämpfer. Simones mächtige Sopran-Stimme wirkte zwar in letzter Zeit nicht immer rundum überzeugend, aber nach dem bärenstarken Auftritt am diesjährigen Summer Breeze Open Air bin ich diesbezüglich sehr optimistisch. Der Mikrofonständer in «S»-Form ist jedenfalls bereit für seinen Einsatz. Da gehen auch schon die Lichter aus und das Intro-Stück «Eidola» dröhnt aus den Boxen. Etappenweise betreten die männlichen Bandmitglieder zu dieser epischen Melodie nach und nach die Bühne. Direkt im Anschluss geht’s mit «Edge Of The Blade» subito ans Eingemachte. Die Nummer gefällt mir immer besser. Madame Simons schreitet nun ebenfalls zur Tat und ist in ihrem schwarzen Outfit abermals ein echter Hingucker. Von der gesanglichen Leistung her kommt sie heute verflucht stark aus den Startlöchern. Die ersten Hühnerhautmomente sind bloss eine Frage der Zeit. Ihr Kollege Mark Jansen meldet sich gelegentlich mit seinem ultrabösen Gegrunze zu Wort. In den Publikumsreihen fliegen munter Haare durch die Luft. Epica begeistern die Massen.
Ein Blick auf die Setliste verrät, dass heute primär die neueren Kreationen zum Handkuss kommen sollen. Glücklicherweise blenden die Niederländer ihre Vergangenheit aber nicht komplett aus. Das wäre bei solch zahlreichen Hammer-Liedern ehrlichgesagt auch eine echtes «No-Go». Und so kommen die Fans in den Hörgenuss von «Sensorium». Die Nummer befindet sich auf dem Epica-Erstling «The Phantom Agony» aus dem Jahre 2003. Dann übernehmen jedoch wieder die neueren Geschichten das Kommando. «Wheel Of Destiny» ist sogar eine ganz frische Angelegenheit von der September-EP «The Solace System».
Simone, Mark und der zweite Klampfer Isaac Delahaye halten sich wie gewohnt im vorderen Bühnenbereich auf. Die Spielfreude steht insbesondere den beiden Herren ins Gesicht geschrieben. Der hintere Bereich gehört primär Bassist Rob van der Loo, Drummer Ariën van Weesenbeek und Keyboarder Coen Janssen. Letztgenannter mimt einmal mehr den Pausenclown. Dank seines drehbaren Spielgeräts kommt allerdings auch er zu seiner Bewegungsdosis. Mit den Show-Elementen halten sich die Musiker dagegen etwas zurück. Auf Pyro-Effekte wird gar komplett verzichtet. Schade eigentlich, denn gewisse Epica-Songs entfalten ihre volle Live-Wirkung erst durch «Flammen-Unterstützung». Bei dieser Show muss das Publikum jedoch mit Rauchsäulen vorliebnehmen. Doch ein überraschendes Element gibt es trotzdem. Bei «Storm The Sorrow» steht plötzliche Anneke an Simones Seite. Eigentlich will ich umgehend einen fiesen Kommentar raushauen, aber dieses Mal straft mich die zuvor gescholtene Madame van Giersbergen Lügen. Es geht ja! Ihre Stimme scheint offenbar deutlich besser zu Epica zu passen. Ein wundervolles Duett der beiden Sängerinnen. Da strahlen sie am Ende absolut verdientermassen um die Wette.
Mit «Unchain Utopia» und «Once Upon A Nightmare» biegen die Holländer so langsam auf die Zielgerade ein. Aber ohne einen würdigen Zugaben-Block will hier niemand nach Hause gehen. Auch diesbezüglich lassen Epica nichts anbrennen. Es werden nämlich nochmals stolze 21 Minuten drauf gepackt. Einzig mit dem «Mit-hüpf»-Song «Beyond The Matrix» stehe ich noch etwas auf Kriegsfuss. «Sancta Terra» und vor allem «Consign To Oblivion» sind dagegen nochmals gelungene Abstecher in die Diskographie-Vergangenheit der Band.
Das Fanzit
Myrath und Epica waren absolut top. Anneke van Giersbergen vermochte dagegen bloss bei ihrem Gastauftritt während des Shows des Headliners zu überzeugen. Um eine interne Meinungsverschiedenheit mit Metalinside-Kollege Kaufi ein für alle Mal klären zu können, wäre ich nun irgendwann in naher Zukunft für eine gemeinsame Tour von Epica und Delain. Danach wird sich eindeutig zeigen, wer die wahren Anwärter für den niederländischen Symphonic Metal-Thron sind. Ich rechne ehrlich gesagt mit einem knappen Rennen, welches am Ende zu Gunsten von Simone Simons und Co. ausgehen wird. (Anm. Kaufi: Du verstehst schon, dass ich das etwas anders sehe? 😉 ) (Anm. Dutti: Das verstehe ich absolut. Genau aus diesem Grund würde ich mich sehr auf den zuvor erwähnten Konzertevent und die anschliessenden Diskussionen mit dir freuen 🙂 .
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Myrath
- Jasmin
- Believer
- Get Your Freedom back
- Storm Of Lies
- Merciless Timess
- Beyond The Stars
Setliste – Epica
- Eidola
- Edge Of The Blade
- Sensorium
- Wheel Of Destiny
- Victims Of Contingency
- The Holographic Principle – A Profound Understanding Of Reality
- Ascension – Dream State Armageddon
- Dancing In A Hurricane
- Storm The Sorrow (mit Anneke van Giersbergen)
- Unchain Utopia
- Once Upon A Nightmare
- Sancta Terra*
- Beyond The Matrix*
- Consign To Oblivion*
*Zugabe