Mehr als nur ein finaler Countdown
Die schwedischen Hard Rock-Götter von Europe bewiesen am Samstagabend dem Prattelner Publikum, dass sie es immer noch voll im Saft sind. Unterstützung gab’s von den Black Star Riders. Weitere Infos zu diesem gitarrenlastigen Event entnehmt ihr wie gewohnt dem nachfolgenden Metalinside-Bericht.
Der heutige, regnerische Samstag schreit geradezu nach Indoor-Aktivitäten. Glücklicherweise kann das Z7 in Pratteln da Abhilfe schaffen. Zu Gast sind die Gruppen Europe und Black Star Riders. Beide Bands durfte ich in diesem Jahr am Rock The Ring-Festival in Hinwil beziehungsweise auf dem heiligen Acker in Wacken schon einmal in Aktion erleben. Volle Vorfreude stürze ich mich somit hinein in eine sehr gut besuchte Konzertfabrik. Ein aus meiner Sicht idealer Samstagabend.
Black Star Riders
Seit die legendäre irische Truppe Thin Lizzy sozusagen auf Eis gelegt wurde, segelt ein Teil der Mitglieder seit 2012 unter der Black Star Riders-Flagge durch die Weltmeere. Die Truppe rund um Frontmann Ricky Warwick bietet eine unterhaltsame und sympathische Rock-Show. Selbst dem sonst eher grimmig dreinblickenden Gitarristen Scott Gorham huscht ab und zu ein Lächeln über die Lippen. Die Setliste ist ein Mix aus Thin Lizzy-Material und eigenen Stücken. Alles gipfelt schliesslich in der Über-Hymne «Whiskey In The Jar». Für eine Vorgruppe erhalten die Riders eine verhältnismässig grosszügige Spielzeit von stolzen 75 Minuten. Mir ist das ehrlichgesagt etwas zu lang, da die ganze Geschichte mit der Zeit leider etwas öde wird. In diesem Fall wäre weniger definitiv mehr gewesen.
Europe
Sind Europe effektiv bloss ein «One-Hit-Wonder»? Ich würde behaupten, dass nur wenige auf diesem Planeten die meisterhafte Nummer «The Final Countdown» nicht kennen. Ein überragender Song für die Ewigkeit. Doch leider warten viele Zuhörer bei Konzerten der Schweden oftmals nur auf diese eine Komposition. Das Ding ganz zum Schluss zu spielen ist für die Jungs eigentlich beinahe schon ein ungeschriebenes Gesetz. Eigentlich würde ich mir wünschen, dass Europe einmal Eier zeigen und den Track etwas früher im Set-Verlauf raushauen würden. Doch wahrscheinlich dürfen sie das nicht. Anschliessend wäre die Halle wohl halbleer und das Bar-Personal würde keinen Umsatz mehr machen. Somit wird diese Geschichte ziemlich sicher Wunschdenken meinerseits bleiben. (Anm. Kaufi: Wärst du ins Volkhaus gekommen letztes Jahr, wäre dein Wunsch erfüllt worden…)
Aber wir wollen heute Abend ja nicht ausschliesslich über einen Song sprechen. Die Schweden haben nämlich deutlich mehr zu bieten. Seit Oktober dieses Jahres ist das elfte Studioalbum der Truppe auf dem Markt. Mit dem Titel-Track «Walk The Earth» eröffnen sie dann auch ihre heutige Show. Ein epischer Auftakt! Die markanten Keyboard-Klänge von Herrn Mic Michaeli – welche auf der neusten Scheibe ziemlich nach Deep Purple klingen – bohren sich einem gleich in die Gehörgänge. Mit «Rock The Night» folgt verhältnismässig früh bereits ein anderer, bekannter Europe-Hit. Fronter Joey Tempest präsentiert sich in bestechender Form – sowohl stimmlich als auch bewegungstechnisch. Mit seinen 54 Lenzen ist er nach wie vor eine echte Rampensau. Kraftvoll schwingt er seinen weissen Mikro-Ständer durch die Gegend. Auch für kleinere Mitsing-Spielchen mit dem Publikum wird genügend Zeit eingeplant. Im Vergleich zu seinen Kollegen ist er zweifelsohne ein echter Aktivposten. Da kann lediglich noch Basser John Levén mithalten. Die anderen halten sich eher zurück. Zudem kriege ich Mic, Klampfer John Norum und Drummer Ian Haugland aufgrund meiner Position auf der rechten Hallenseite kaum zu sehen.
Einen bleibenden Eindruck hinterlässt bei mir ausserdem das Stück «Last Look At Eden» vom gleichnamigen Silberling aus dem Jahre 2009. Herrlich, wie Keyboard und Gitarre zusammen harmonieren und ein packendes Klanggerüst erzeugen. Das Publikum macht fleissig mit und jubelt ihren Helden zu. Ich drücke den Altersdurchschnitt wohl wieder einmal ein wenig nach unten. Im Verlauf der Show kommen dann Mic und Ian je zu einer fulminanten Solo-Einlage. Dabei demonstrieren sie in eindrücklicher Manier ihr ganzes Können. Die später folgende, rasante Nummer «Wasted Time» gefällt mir ebenfalls sehr gut. Schritt um Schritt erweitere ich meine Europe-Kenntnisse. Nach wie vor ist Joey mit vollem Engagement bei der Sache. Mit «Cherokee» endet schliesslich der offizielle Teil der Show.
Jep, nun ist klar, was noch fehlt. Nichtsdestotrotz drängt mich das vernichtete Bier zu einem Besuch bei den sanitären Anlagen. Jetzt aber rasch! Beim Händewaschen erklingt sie dann – die unverkennbare Keyboard-Melodie. Im Eiltempo flitze ich an die Bar, hole dort neues Hopfentee-Material ab und geselle mich subito wieder in die Menge. So schnell habe ich mich wohl noch nie durch das Z7 bewegt. Glücklicherweise erlebe ich dank dieses Einsatzes «The Final Countdown» von Anfang bis Ende. Ein Stück Rockhistorie, welches auch 2017 seine Wirkung keinesfalls verfehlt. Publikum und Band mobilisieren nochmals die letzten Kraftreserven und feiern eine wilde Sause. So muss das sein!
Das Fanzit
Ein weiterer absolut gelungener Abend im Schweizer Metal-Tempel Numero uno. Insbesondere der Headliner aus Schweden vermochte mich vollends zu überzeugen. Spuren von Rost sucht man bei diesen fünf Herrschaften vergebens. Das war eindeutig mehr als bloss ein finaler Countdown.
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Europe
- Walk The Earth
- The Siege
- Rock The Night
- Love Is Not The Enemy
- Last Look At Eden
- Prisoners In Paradise
- Firebox
- Keyboard Solo
- Sign Of The Times
- Vasastan
- Girl From Lebanon
- Election Day
- Turn To Dust
- Danger On The Track
- Drum Solo
- Riches To Rags
- Wasted Time
- War Of Kings
- Superstitious
- Cherokee
- The Final Countdown*
*Zugabe