Besengitarren und eine melodiöse Jubiläumssause
Die Zürcher Band Rizon lud am Freitagabend zur 20-Jahre Jubiläums-Party. Unterstützung erhielten sie dabei von den wilden 80er Hard Rockern Haïrdrÿer. Es rumpelte jedenfalls sehr ordentlich im Gewölbe des Dynamo. Auch der Verfasser dieses Berichts gab ein kurzes Gastspiel auf der Bühne. Details entnehmt ihr wie gewohnt den nachfolgenden Zeilen.
Selbst an meinem Geburtstag gönne ich mir keine Konzertpause. Allerdings würde ich einen Abend mit guter Musik und coolen Leuten sowieso als das beste Geschenk überhaupt bezeichnen. Aus diesem Grund geht die heutige Reise ins Zürcher Werk 21. Feierlaune dürfte nicht nur bei meiner Wenigkeit ausreichend vorhanden sein, denn auch die Melodic Rocker/Metaller von Rizon können die Korken so richtig knallen lassen. Grund dafür ist ein rundes Jubiläum. Die 1997 gegründete Truppe möchte ihre sich über zwei Dekaden lange Geschichte würdevoll zelebrieren. Neben Songmaterial sämtlicher Scheiben soll offenbar auch der eine andere Überraschungsgast auftauchen. Zudem wurde extra für diesen Anlass ein eigenes Bierchen gebraut. Wir dürfen also gespannt sein. Seit dem gelungenen Hall Of Fame-Auftritt im Oktober des vergangenen Jahres haben Rizon in mir sowieso einen neuen Fan dazugewonnen. Über den Support-Act mit der interessanten Namensschreibweise ist mir hingen kaum etwas bekannt (zu diesem Zeitpunkt ahnte ich auch noch nicht, auf welch eindrückliche Art und Weise ich die Jungs dann genauer kennenlernen würde).
Kurz nach halb acht findet die erste Flüssignahrungsaufnahme meinerseits am Tresen der kleinen Werk 21-Bar statt. Sonderlich viele Nasen haben sich noch nicht in das Dynamo-Kellergewölbe verirrt. Herumstehendes Knabbergebäck entpuppt sich als zusätzlicher Durstanreger. Im Raum nebenan geben die Haïrdrÿer-Boys in einer finalen Soundcheck-Session ihrer Musik den letzten Schliff. Somit ist anzunehmen, dass ein pünktlicher Beginn um 20 Uhr eher unrealistisch wird. Aber an einem Freitagabend ist Stress zum Glück überhaupt kein Thema. Die Location beginnt sich langsam aber sicher zu füllen. Nichtsdestotrotz herrscht nach wie vor eine angenehme, familiäre Atmosphäre. Aus den Boxen dröhnt nun ein Mix aus Classic bis Modern Rock. Wir bewegen uns von Deep Purple bis hin zu Nickelback. Mission «optimales Einstimmen» absolut geglückt. Nun dürfte nach meinem Gusto sehr gerne die erste Live-Darbietung des heutigen Abends beginnen.
Haïrdrÿer
Mit ziemlicher Verspätung beginnt schliesslich um 20.40 Uhr die musikalische Zeitreise zurück in die 80er-Jahre. Die fünf Haartrockner zwängen die Zuhörerschaft in einen fiktiven DeLorean und schalten das Autoradio an. «Can’t Stop The Rock» ertönt. Jetzt geht’s ab. Outfittechnisch würde Sänger David Niederberger mit seiner Lederjacke zweifelsohne hervorragend in die «Back To The Future»-Filme passen. Seine Stimme erinnert stark an gewisse Rock-Grössen aus den Achtzigern. Die hohen Töne sitzen ebenfalls. Die aus Nidwalden stammenden Haïrdrÿer sind allerdings keine simple Cover-Kapelle. Sie verfügen auch über eigenes Material. Bisher veröffentlicht wurden bisher die EP «Smokin’ Nights» und anschliessend die erste «Full-Length»-Platte «Off To Haïradise». Auf dem letztgenannten Opus befindet sich der Track «Grow Your Hair», welchen der Fünfer nun vorträgt. David, Tastenklimperer Marko Kumpulainen und Drummer Lucien Egloff scheinen sich dieser Aufforderung allerdings noch nicht gebeugt zu haben. Für die langen Mähnen in der Band sind nämlich ausschliesslich Marco und Luca Troxler verantwortlich. Dabei fallen insbesondere die Rastas des Herrn am Bass auf.
Spielfreude und Energie werden bei Haïrdrÿer grossgeschrieben. Insbesondere der Herr am Mikrofon entpuppt sich als wahres Duracell-Häschen. Wildes Herumgehüpfe und gelegentliche Abstecher ins Publikum runden die ganze Sache sauber ab. Mit «Runaway» folgt eine weitere, starke Nummer. Dabei wirkt David durchaus wie eine jüngere Version von Jon Bon Jovi. Im Hintergrund tobt sich Marko derweil am Synthesizer aus. Ich habe selten eine so starke Coverversion dieser Rock-Hymne gehört. Mit dieser tollen Darbietung erobern die heissen Haartrockner die Herzen der Zuhörerschaft problemlos.
Im letzten Drittel der Show habe dann schliesslich auch ich meinen grossen Auftritt. David ist sichtlich angetan von meinem Engagement und drückt mir einen Besen in die Hand. Bitte was? Darf ich jetzt zur Belohnung saubermachen? Falsch gedacht. Nun sind meine Künste an der sogenannten Besengitarre gefragt. Gesagt, getan. Plötzlich stehe ich sogar mit den Jungs zusammen auf der Bühne. Für ein paar Minuten selbst zum Rockstar zu werden ist ein unglaubliches Gefühl. Der Körper wird mit Unmengen von Adrenalin vollgepumpt. Da wird auch gerne schon einmal die Tatsache ausgeblendet, dass ich eigentlich bloss mit einem hundsgewöhnlichen Besen dastehe. Besten Dank an Haïrdrÿer für dieses sagenhafte Erlebnis. Zur Belohnung gibt’s ein Bierchen und nach der Show werde ich am Mech-Stand mit diversen Artikeln eingedeckt.
Rizon
Der Headliner darf sich dank der genialen Vorarbeit des Support-Acts an einem bestens aufgewärmten Publikum erfreuen und eröffnet sein Set mit zwei Stücken des aktuellen Silberlings «Power Plant». Bei «Me» werden gar noch aus München angereiste Gäste begrüsst. Schön zu sehen, dass die Rizon-Popularität nicht bereits an der Landesgrenze zum Erliegen kommt. Gestohlen ist dieser Erfolg keinesfalls. Mit der Kombination zwischen melodiösem Rock und Metal hat die Band einen optimalen Sound geschaffen, der sich regelrecht in den Gehörgängen einnistet. Das Gesangs-Duo Rahel und Matt harmoniert hervorragend zusammen. Auf der kleinen Bühne wird’s stellenweise ziemlich eng, da die Gruppe insgesamt aus sieben Musikern besteht.
Als nächstes steht die 2012er-Platte «Masquerade» auf dem Speiseplan. Das Werk wird dem Publikum mittels des Titel-Tracks und dem Stück «Sign From Eternity» nähergebracht. Im Laufe der Jahre blieben auch Rizon nicht vom sich fortlaufend drehenden Wechsel-Karussell verschont. Doch für eine «20 Years Anniversary»-Sause könnte man doch eventuell ehemalige Mitglieder reaktivieren, nicht? Matt und Co. scheinen sich dieselben Gedanken im Vorfeld dieser Veranstaltung gemacht zu haben, denn das anschliessende «Despair» wird von der ersten Sängerin Franziska vorgetragen. Eine äusserst gefühlvolle Angelegenheit. Sie wurde übrigens 2010 von der heutigen Burning Witches-Anführerin Seraina Telli am Mikro abgelöst. Leider bleibt ihr Gastspiel am heutigen Abend jedoch aus. Zu lange sollte man jedoch nicht in der Vergangenheit verweilen, denn die Band hat mit Rahel ja aktuell eine bärenstarke und sympathische Frontröhre am Start. (Anm. Kaufi: Oh ja! Das hat sich auch schon beim Queen-Musical «We Will Rock You» eindrücklich unter Beweis gestellt!)
Das Publikum zeigt sich bisher von einer äusserst aktiven Seite. Den Stimmungshöhepunkt erzeugen Rizon schliesslich mit einer Cover-Version des Iron Maiden-Klassikers «Run To The Hills». Der zieht einfach immer. Beim darauffolgenden «Nevermore» darf sich die Band ebenfalls an grosser Unterstützung erfreuen. Insbesondere den Refrain grölen die Fans lauthals mit. Bei «Ravenmaster» vom 2008er-Album «Sudden Life» kündigt sich der nächste Gast an. Der ehemalige Gitarrist Mark Wietlisbach darf hier sein Können unter Beweis stellen. Mit «Out Of Nowhere» und dem wuchtigen «Timebomb» nähren wir uns schliesslich so langsam dem regulären Show-Teil. Dieser wird mit «Destiny» definitiv abgeschlossen. Die Band bedankt sich bei allen Helfern und Fans und verduftet danach in den Backstage-Bereich. Doch eigentlich wissen sie ganz genau, dass ihr Arbeitseinsatz noch nicht ganz zu Ende ist. So wird den vom Publikum vehement geforderten Zugaben-Wunsch brav entsprochen. Bei «Rockin’ In A Freeworld» und «Freedom Of Life» gibt das Septett ein letztes Mal Vollgas. Nach der Show lässt sich ein abermaliger Abstecher meinerseits an den Merchandise-Stand kaum mehr vermeiden. Meine Musik-Sammlung hat eindeutig Bedarf nach Rizon-Material.
Das Fanzit
Rizon richteten an diesem Abend eine rundum gelungene Jubiläums-Fete aus. Das war ein mitreissender und sympathischer Auftritt. Bleibt zu hoffen, dass da noch die eine oder andere zusätzliche Dekade zur Band-Historie dazukommen wird. Dann gäbe es beispielsweise 2027 abermals einen Grund für Feierlichkeiten. Der Support-Act Haïrdrÿer vermochte ebenfalls absolut zu überzeugen. Ich würde mich jederzeit wieder als «Besist» zur Verfügung stellen.
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Haïrdrÿer
- Can’t Stop The Rock
- Highway Warrior
- Grow Your Hair
- Runaway (Bon Jovi-Cover)
- Saturday Night
- Call Me At Midnight
- Backstage Pass
- Mrs. Whiskey
Setliste – Rizon
- Intro / If You Rule The World
- Me
- Masquerade
- Sign From Eternity
- Despair
- Run To The Hills (Iron Maiden-Cover)
- Nevermore
- Feel The Heat
- Ravenmaster
- Out Of Nowhere
- Timebomb
- Destiny
- Rockin’ In A Free World*
- Freedom Of Life*
*Zugabe