Udos letztes Rendez-vous mit seinen Accept-Hymnen
Auch im zweiten Teil seiner «Back To The Roots»-Tour plante der werte Herr Dirkschneider einen Zwischenhalt im Z7 ein. Ein allerletztes Mal ballerte er den zahlreich erschienenen Fans die alten Accept-Klassiker um die Lauscher. Den Support-Slot belegten die NWOBHM-Veteranen Raven. Sämtliche Details gibt’s im nun folgenden Metalinside-Bericht nachzulesen.
Anfang April 2016 gastierte die deutsche Metal-Legende Udo Dirkschneider zum ersten Mal mit seiner «Back To The Roots»-Tour in der Konzertfabrik Z7. Nun kommt’s im Dezember dieses Jahres an Ort und Stelle zum Wiedersehen. Die Tournee wurde aufgrund der enormen Nachfrage verlängert. Am heutigen Dienstagabend wird die Zuhörerschaft im Prattelner Metal-Tempel eine beinahe komplett neue Setliste zu hören bekommen. Man darf somit zurecht gespannt sein.
Viele von uns lieben und schätzen bekanntermassen das Z7, nichtsdestotrotz hätten Udo und seine Mannen aus meiner Sicht für einmal auch gerne eine andere Schweizer Location beehren dürfen. Aufgrund der Popularität des Tarnanzugträgers rechne ich allerdings mit einer ziemlich gut besuchten Hütte. Deswegen wird sich die Konzertfabrik am Ende wohl doch als passender Austragungsort herauskristallisieren.
Den Support-Act Raven habe ich am diesjährigen Bang Your Head!!!-Festival kennengelernt. Einen wirklich bleibenden Eindruck haben die Herrschaften bei mir damals allerdings nicht hinterlassen. Eventuell ändert sich dies ja nach der heutigen Show. Waren das nicht die mit dem Gesang in teilweise ungemütlich hohen Tonlagen? Ich bin nicht mehr sicher. Der bald beginnende Auftritt wird sicherlich Gewissheit bringen.
Kurz nach der Türöffnung um 19 Uhr stehe ich in der (un-)heiligen Halle, welche sich immer mehr zu füllen beginnt. Udo zieht die Massen definitiv an. Wenig überraschend scheinen sich ebenfalls etliche Fans aus Deutschland in die Nordwestschweiz verirrt zu haben. Beim sympathischen Bar-Personal muss ich inzwischen gar keine Bestellungen mehr abgeben. Bevor ich irgendetwas sagen kann, steht das Feldschlösschen schon vor meiner Nase. Der Herr am Tresen tauft die Dose kurzerhand in Wurfgeschoss um. Aber keine Angst, die einzige Flugroute, welches das leergetrunkene Ding am heutigen Abend zurücklegen wird, erstreckt sich von meiner Hand bis hin zum nächstgelegenen Abfalleimer.
Raven
Das NWOBHM/Speed Metal-Trio Raven eröffnet um 20 Uhr den Konzertabend. Die Gebrüder John (Bass) und Mark Gallagher (Gitarre) sind von der ersten Sekunde an nicht zu bremsen. Im Eiltempo flitzen sie auf der Bühne hin und her. Mark scheint sich heute Abend wohl den Titel des Grimassenkönigs sichern zu wollen. Beeindruckend, zu welch extremen Gesichtsverrenkungen der gute Mann fähig ist. Sein Bruder ist neben dem Bassspiel auch für den Gesang verantwortlich. Sein Mikro trägt er als Headset ständig mit sich herum. Bei seinem unglaublichen Bewegungsradius kann ich dies jedoch absolut nachvollziehen. Als Kontrast zu seinen beiden hyperaktiven Kollegen sitzt Mike Heller gemütlich hinter seiner Schiessbude und trommelt vor sich hin.
Bald schon folgt dann Gewissheit bezüglich der Frage, welche ich mir in der Einleitung gestellt habe. Raven sind effektiv die Truppe mit dem teilweise nervigen Gesang. Kann ein Man überhaupt in solche Tonhöhen vordringen, ohne sich dabei sein bestes Stück einzuklemmen? Ob die Z7-Boxen dieser Belastung standhalten können? Das Publikum wirkt ebenfalls zwiegespalten. Zum Glück singt John allerdings mehrheitlich normal und aushaltbar. Abgesehen von diesen Höhenentgleisungen hat der Sound von Raven nämlich durchaus seinen Reiz. Zudem beherrschen die die Musiker ihre Instrumente wirklich hervorragend. Während eines Medleys gegen Ende des Auftritts, welches auch einen Teil von «It’s A Long Way To The Top (If You Wanna Rock ‚N‘ Roll)» enthält, ehrt John den verstorbenen AC/DC-Rhythmusgitarristen Malcom Young. Mit «Crash Bang Wallop» beenden die Briten nach einer guten Stunde ihr Set. Etwas weniger Spielzeit hätte es meiner Meinung nach auch getan.
Dirkschneider
Um 21.30 Uhr übernimmt schliesslich der Headliner das Kommando. General Udo und seine Mitstreiter schreiten zur Tat. Mit Fitty Wienhold (Bass), Andrey Smirnov (Gitarre), Bill Hudson (Gitarre) und Sohnemann Sven Dirkschneider (Drums) steht sozusagen die ganze Belegschaft der Truppe U.D.O. auf der Bühne. Doch extra für die «Back To The Roots»-Tour läuft das Ganze unter dem Namen Dirkschneider. Die knipsende Zunft darf vorerst noch nicht in den vergrösserten Fotograben. Die deutschen Schwermetaller haben nämlich ein ziemliches Arsenal an Pyro-Material mitgebracht. Allerdings kommen vorerst bloss Rauchsäulen zum Einsatz.
Und wie sieht diese ominöse modifizierte Setliste nun aus? Komplett zu den Anfängen von Accept geht’s offenbar noch nicht zurück. «The Beast Inside» von der 1994er-Platte «Death Row» wird als erste Nummer ins Rennen geschickt. Udos unverkennbare Reibeisenstimme bohrt sich der anwesenden Zuhörerschaft sofort in deren Gehörgänge. Der Kerl ist einfach unverwüstlich. Die Bühne wird in der Anfangsphase in grünes Licht getaucht. Auf beiden Seiten stehen zwei mit Tarnfarben verzierte Wände. Die Militärthematik ist sozusagen omnipräsent.
Mit alten Accept-Werken kenne ich mich leider nicht sonderlich gut aus. Glücklicherweise bin ich Horizonterweiterungen nur selten abgeneigt. So reisst mich das drauffolgende «Aiming High» richtig mit. Geile Hymne! Auch bei den anderen Zuschauern herrscht richtig gute Stimmung. Neben dem Meister selbst überzeugen mich insbesondere die beiden Gitarristen Andrey und Bill. Mit energiegeladenen Soli wird nicht gegeizt. Bei den nächsten Stücken bewegt sich die Truppe zwischen den Alben «Objection Overruled» (1993), «Metal Heart» (1985) und «Russian Roulette» (1986). Beim wuchtigen «Protectors Of Terror» wird’s dann so richtig heiss. Die Flammen kommen zum Einsatz. Hammermässige Show!
Die drei Tracks «London Leatherboys», «Fight It Back» und «Can’t Stand The Night» kann ich noch mitnehmen. Danach ist aber bereits ein Abgang nötig. Neuerdings fährt mein letzter Zug unter der Woche bereits um 22.41 Uhr. Normalerweise kratzt mich dies nicht sonderlich, aber die heutige Show hätte überaus gerne bis zum Ende miterleben wollen. Ein Blick auf die Setliste verrät unter anderem folgende Dinge: Die ersten beiden Scheiben «Accept» (1979) und «I’m A Rebel» (1980) kommen nicht zum Handkuss, ich verpasse leider die sackstarke Hymne «Russian Roulette» und im Zugaben-Block setzt Udo offenbar auf altbewährte Geschichten der Marke «Princess Of The Dawn» oder «Fast As A Shark».
Das Fanzit
Auf einen durchzogenen Raven-Auftritt folgte eine überragende Dirkschneider-Show, der ich dummerweise nicht bis zum Ende beiwohnen konnte. Da machte mir das Zeitmanagement nach langer Zeit wieder einmal einen Strich durch die Rechnung. Hat Udo nun wirklich endgültig mit dem Accept-Kapitel abgeschlossen? Das wird die Zukunft zeigen.
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Raven
- Destroy All Monsters
- Hell Patrol
- All For One
- Hung, Drawn & Quartered
- Rock Until You Drop (Guitar-Solo)
- Tank Treads (The Blood Runs Red)
- Faster Than The Speed Of Light
- On And On
- Break The Chain / It’s A Long Way To The Top (If You Wanna Rock ‚N‘ Roll) / Symptom Of The Universe
- Crash Bang Wallop
Setliste – Dirkschneider
- The Beast Inside
- Aiming High
- Bulletproof
- Midnight Mover
- Slaves To Metal
- Another Second To Be
- Protectors Of Terror
- London Leatherboys
- Fight It Back
- Can’t Stand The Night
- Amamos La Vida
- Stone Evil
- Breaker
- Hard Attack
- Love Child
- Objection Overruled
- X-T-C
- Russian Roulette
- Princess Of The Dawn*
- Metal Heart*
- Fast As A Shark*
- Balls To The Wall*
*Zugabe