Metalinside.ch - Steven Wilson - Halle 622 Zürich 2018 - Foto Liane 7
Mi, 7. Februar 2018

Steven Wilson, Donna Zed

Halle 622 (Zürich-Oerlikon, CH)

Wilson – der Name ist Programm

Wer über Prog redet, spricht ihn irgendwann einmal aus – den Namen des Londoners Sängers, Gitarristen, Komponisten, Produzenten, Engineers und Bandleaders – Steven Wilson.

Sein Konterfeil zierte in den letzten Jahren immer öfters die Titelseiten namhafter Magazine und seine Veröffentlichungen fanden sich unter etlichen Top-Ten-Listen wieder. Wen wundert es also, dass seine Konzerte oft ausverkauft sind. Fakt ist – Wilson schwimmt auf einer Erfolgswelle.

Ohne Zweifel tut er dies berechtigt, denn Wilson zählt, im Moment zumindest, zu den gefragtesten Künstlern des Genres. Die Fans von Steven Wilson gehören erwiesenermassen  zu einem anspruchsvollen und auch sehr kritischen Publikum. Genau letzteres löst dabei oft kontroverse Diskussionen aus. Insbesonders geschah dies nach dem aktuellen Release „To The Bone“ der Anlass für die andauernde Tour des Meisters ist.

Donna Zed

Ist es ein Fluch oder ein Segen bei einer Grösse wie Steven Wilson im Vorprogramm zu spielen? Die Sängerin, Pianistin, Komponistin, Photografin und Model Donna Zed, kam in den Genuss, dies hautnah erfahren zu können. Alleine mit ihrem Piano stand sie am Bühnenrand und unterhielt das heimische Publikum mit beeindruckender Stimme. Schön zu hören, das Swiss Quality auch im Vorprogramm von Steven Wilsons neuer Show Platz gefunden hat. Stimmgewaltig war die Dame allemal und überzeugte als Solo-Künstlerin, auch wenn der Musikstil wohl nicht jedermanns Sache war. Und man höre und staune – Donna Zed ist auch mit härteren Formationen zu hören. Bei den Griechen Until Rain singt sie Backing Vocals und wer die Griechen kennt, weiss dass die ganz schön abgehen.

Des einen Freud, des anderen Leid

Mit seinem neuen Album schaffte es Wilson, wohl eher unbeabsichtigt, ziemlich zu provozieren. Auslöser für die teilweise extremen Reaktionen der Wilson Fangemeinde war der Song „Permanating“. Bei dieser eindeutigen Pop-Komposition gingen und gehen wohl immer noch die Meinungen diametral auseinander. Dazu gab es auf den Social-Media-Kanälen schon teilweise heftige Kommentare und man unterstellte Wilson gar billige Kommerzialisierung.  Ich durfte mir sagen lassen, dass es in der Halle 622 Personen gab, die aus Protest den Saal bei diesem Song verliessen. Kann man tun, muss man aber nicht.

Tja, was soll man als eingefleischter Prog-Fan dazu sagen? Wilson wäre nicht Wilson, wenn er sich einen Deut darum kümmern würde, was die Masse denkt. Und genau das macht es aber auch aus. Steven Wilson ist durch und durch ein Künstler und das ist unbestritten. Und wie bei Satire, die einen unglaublichen Freiraum an Meinungsäusserung einnehmen will, sei es musikalischen Künstlern ebenso getattet, sich auf ihre Art und Weise zu entfalten. Was soll man sagen? Dem einen oder anderen Konzertbesucher erschien es wohl ein wenig seltsam, dass als Einstimmungsmusik Abba aus den Lautsprechern erklang und die Vermutung lag nahe, dass die Auswahl wohl etwas mit Wilsons Pop-Songs „Permanating“ zu tun haben könnte. Und genau so war es auch.

Wer das Konzert jetzt auf Grund dieses einzelnen Songs bewertet liegt ohnehin falsch. Wilsons Back-Katalog ist schlichtweg gigantisch und sein Schaffen ist selbst für ihn unübersichtlich geworden. Es wird für Wilson wohl immer schwieriger ein adäquates Programm zusammenzustellen. Zu gross ist die Songauswahl und zu gut ist das zur Verfügung stehende Material. Wenig Überraschung bot das Bühnenbild. Der schon bei der Grace for Drowning Tour erstmals eingesetzte Vorhang fand erneut Verwendung und bot Platz für Projektionen. Bei „Pariah“ wurde die fehlende Ninet Tayeb auf den Vorhang projiziert – ein netter Effekt, der aber das Fehlen der Sängerin nicht wett machen konnte.

Leider gibt es einen Umstand, der für die Live-Dabietung von Wilson eigentlich eher ungewöhnlich ist. Es war laut, viel zu laut und da änderte auch die Hörposition nichts. Im Gegenteil. Weit hinten verwirrte die Surround-Beschallung so manchen Besucher, der Nick Beggs Stimme sehr prominent aus den hinteren Lautsprechern wahrnahm. Wer in der Gallerie seinen Platz hatte, durfte sich an einem besseren Klangbild erfreuen, aber auch in den oberen Rängen war ein Hörgenuss ohne Gehörschutz fahrlässig.

Ein Hauch von Vergangenheit

Die Stimmen aus dem Publikum waren eindeutig. Man zollte dem Meister Respekt und lobte den Gig ohne jedoch darauf zu verweisen, dass der zweite Teil des Konzertes das Highlight war. Nun ja, nicht wenige Wilson Fans sind grundsätzlich mal Porcupine Tree Fans und so wundert es nicht, dass deren Begesiterung im zweiten Konzertteil über das normale Mass wuchs. Nicht weniger als fünf Songs aus dem früheren Schaffen von Steven Wilson fanden im 2. Set den Weg auf die Bühne.

Positiv ist Wilsons wachsende Kommunikationsbereitschaft zum Publikum. War er vor Jahren eher zurückhaltend, scheut er den direkten Kontakt mit seinen Fans immer weniger und lässt sich sogar zum einen oder anderen Witz hinreissen. Unbestritten gibt es zwei zentrale Personen des Quintetts – Wilson und Beggs. Letzterer stand aber auch schon mehr im Rampenlicht, welches diesmal besonders vom Bandleader in Anspruch genommen wurde.

Steven Wilson liess es sich dann auch nicht nehmen, seinem Ego Tribut zu zollen und gab sein Solo-Auftritt mit „Even Less“ zum Besten, bevor er die Zugaben dann wieder mit seiner gesamten Band gab. Das Fehlen von Dave Kilminster war natürlich bedauerlich, doch stand ihm sein Ersatz in keiner Art und Weise nach. Schön wäre auch gewesen, hätte man David Kollar an der Gitarre gesehen, schliesslich spielte er auf zwei der neuen Songs Gitarre. Aber eben, die Wege des Meisters sind unergründlich.

Fazit

Ob das nun das beste Konzert von Wilson war sei dahingestellt – jeder empfindet da anders. Eines ist aber unumstösslich, Steven Wilson ist live ein Garant für eine Darbietung auf höchstem Niveau – da rüttelt auch die aktuelle Tour nichts daran. Im Gegenteil, sie bestätigt es sogar und man spürt die Versuchung diesen Gig noch einmal zu buchen und lohnen würde es sich so oder so. Wer Steven Wilson sonst wieder live sehen möchte, sollte sich am 4. Juli im Z7 zu „An Evening With Steven Wilson“ einfinden.

Setliste Steven Wilson

  1. Nowhere Now
  2. Pariah
  3. Home Invasion
  4. Regret #9
  5. The Creator Has A Mastertape (Porcupine Tree song)
  6. Refuge
  7. People Who Eat Darkness
  8. Ancestral
  9. Arriving Somewhere But Not Here (Porcupine Tree song)
  10. Permanating
  11. Song Of I
  12. Lazarus (Porcupine Tree song)
  13. Detonation
  14. The Same Asylum As Before
  15. Heartattack In A Layby (Porcupine Tree song)
  16. Vermillioncore
  17. Sleep Together (Porcupine Tree song)
  18. Even Less (Porcupine Tree song) (SW solo)
  19. Harmony Korine
  20. The Raven That Refused To Sing

Fotos Steven Wilson, Donna Zed in der Halle 622 Zürich 2018 (Liane)


Wie fandet ihr das Konzert?

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