«Hügagel!»
Die melodiösen Todesmetaller Devils Rage tauften am Samstagabend in ihrer Heimatstadt Sursee ihren neuen Silberling «Desolation». Die Sause fand im Kulturwerk 118 statt. Unterstützung gab’s von den Truppen Hellvetica und Mortal Factor. Alle weiteren Details zu ausgiebigem Hopfentee-Verschleiss und lauter Beschallung der eigenen Gehörgänge gibt’s im nachfolgenden Metalinside-Bericht nachzulesen.
Ein unglaublich nasser Samstag fesselt mich gezwungenermassen ans bequeme Sofa. Alles sieht nach einem gemütlichen Abend in den heimischen vier Wänden aus. Doch da gibt’s es ja noch die äusserst wirkungsvollen Überredungskünsten meiner Kollegen. So finde ich plötzlich auf dem Rücksitz eines Autos wieder und bin auf dem Weg in den Kanton Luzern. Dort soll im Städtchen Sursee eine Plattentaufe über die Bühne gehen. Dabei handelt es sich um das neue Werk der Band Devils Rage. Hmm, die Jungs aus der Innerschweiz hatte ich bisher ehrlich gesagt nicht auf dem Radar. Glücklicherweise verfügt der Fahrer über ausreichend CD-Material und so können meine Wissenslücken rasch geschlossen werden. Das Gehörte gefällt mir sehr gut. Meine Nackenmuskeln könnten in den nächsten paar Stunden durchaus ins Schwitzen kommen. Neben Devils Rage werden zudem die mir bereits bekannten Truppen Mortal Factor und Hellvetica auftreten. Also eine optimale Gelegenheit, um den Schweizer Metal-Untergrund wieder einmal sinnvoll zu unterstützen. An mein Sofa verschwende ich inzwischen keinen einzigen Gedanken mehr.
Kurz nach der Türöffnung kommen wir vor Ort an. Ein paar Luftballons an der Eingangstüre sind erste Indizien für eine Feier. An der Abendkasse kann man auf Wunsch gleich auch noch das Album «Desolation» käuflich erwerben. Ohne zu zögern schlagen wir bei diesem Angebot zu. Danach geht’s an die Bar. Das vorhandene Biersortiment lädt jedenfalls zur ausgiebigen Degustation ein. Die Zapfhahn-Betreuerinnen tragen übrigens alle grosse, grüne Guiness-Hüte auf dem Haupt. Stimmt, heute ist ja St. Patrick’s Day! Na dann, Prost.
Über einen kleinen Durchgang gelangt man in den nächsten Raum, in welchem sich die Bühne befindet. Sieht gemütlich aus. Ein Garant für die sogenannte Club-Atmosphäre Unangenehm könnte es erst bei einer rappelvollen Hütte werden. Das Kulturwerk 118 ist übrigens ebenfalls in Feierstimmung. Der Verein des «Kulti» feiert nämlich 2018 sein 20-jähriges Bestehen. Metal City Sursee hat hier schon diverse Konzerte veranstaltet. Sollte der heutige Abend ein Erfolg sein, könnte ich mir weitere Reisen von Winterthur nach Sursee durchaus vorstellen.
Mortal Factor
Den Anfang macht die Luzerner Thrash-Maschinerie Mortal Factor. Ohne irgendwelche Schnörkeleien wird sofort munter darauf los geknüppelt. So mögen wir das. Sänger und Basser Dave ist mit dem für das Genre passende raue Stimmorgan ausgestattet. Die Headbanger in den Publikumsreihen kommen definitiv auf ihre Kosten. Zu hören gibt’s unter anderem sämtliche fünf Tracks der neuen EP «five cc of pure…».
Vor der Bühne kann das altbekannte Bild des typisch schweizerischen Sicherheitsabstandes beobachtet werden. Doch als Dave die Zuhörerschaft bittet näher zu kommen, wird dieser Aufforderung erstaunlich rasch Folge geleistet. Nun sind alle vollends zufrieden. Dem Trio steht die Spielfreude sowieso in die Gesichter geschrieben. Immer wieder fordern die Fans schnellere Stücke. Aus meiner Sicht sind Mortal Factor alles andere als Lahmärsche. Da steckt schon ordentlich «Wumms» dahinter. Gitarrist René gibt sogar zu, dass er ab der hohen Kadenz seines Kollegen Spiga an den Drums ein bisschen überrascht sei. Nach 40 Minuten ist schliesslich Ende Feuer. Beim nächsten Mal hätte ich gegen ein längeres Set absolut nix einzuwenden.
Devils Rage
Um 21.30 Uhr geht dann die Hauptattraktion des heutigen Abends ins Rennen: Devils Rage. Inzwischen ist der Raum rappelvoll. Freunde, Bekannte, Verwandte – alle sind gekommen, um der Show der fünf Jungs beizuwohnen. Die Lokalmatadore setzten allerdings nicht ausschliesslich auf das Material der neuen Scheibe. Ein paar Songs der 2012er-EP «Rise Of Insanity» und des 2015er-Albums «Impending Demise» schaffen ebenfalls den Weg in die Setliste. Sänger Stefan Häfliger verfügt über ein bitterböses Stimmorgan und brüllt sich regelrecht die Seele aus dem Leib. Um mich herum fliegen nur noch Haare durch die Gegend. Sackstarker Auftritt der Sursee-Metaller.
Nach dem neuen Stück «Addicted» steht der grosse Moment unmittelbar bevor. Zeit für die Plattentaufe. Dazu benötigen Devils Rage einen freiwilligen aus dem Publikum. Um den Glücklichen (oder die Glückliche) zu ermitteln, wird ein Jägermeisterfläschchen in die Menge geworfen. Der Fänger darf anschliessend zu den Jungs auf die Bühne. Diese Methode könnte man an Hochzeiten eigentlich an Stelle der Brautstrauss-Geschichte anwenden, nicht? Der auserkorene Taufpate schreitet schliesslich zur Tat und begiesst das neuste Teufelswerk mit ausreichend Hirsch-Kräuterlikör. Es ist vollbracht! Nun kann die Show weitergehen.
Auch im restlichen Set drücken die Melodic Death Metaller ordentlich auf die Tube. Diese Energie färbt abermals auf die Zuhörerschaft ab. Resultat daraus ist eine ansprechende Wall Of Death. Immer wieder ertönen «Hügagel»-Rufe. Endlich gibt’s’ Aufklärung für meine irritierte Denkzentrale. Das sei offenbar der Schlachtruf der Band. Ja da hätte ich noch Ewigkeiten nach einer passenden Übersetzung suchen können. Am Ende des Songs «Nothing Left» verschwindet der Fünfer kurz hinter der Bühne. Aber selbstverständlich dürfen die Jungs ohne Zugabe noch nicht Feierabend machen. Deshalb folgt mit «Exit» ein fulminanter Schlusspunkt.
Hellvetica
Mit neuem Hopfentrunk in der Hand sind wir gestärkt für den letzten Act des Abends. Richtig, die Party ist nämlich noch nicht zu Ende. Nach ihrem mitreissenden Auftritt an diesjährigen Swiss Metal Masters freue mich sehr auf Hellvetica. Aber hey, wo sind denn bitteschön all die Zuschauer hin? Der Saal ist beinahe schon gähnend leer. Die Lenzburger Modern Thrasher lassen sich von diesem Anblick jedoch nicht aus dem Konzept bringen. Voller Energie reissen sie die Hütte ab.
Motivator Roman Wettstein wird nicht müde das dezimierte Publikum regelmässig anzustacheln. «Chömed, chömed, chömed!». Dieses Vorgehen zeigt Wirkung. Circle Pits, Moshpits, Wall Of Death, Crowdsurfing und Stagediving – in Sachen Aktivitäten werden nochmals alle Register gezogen. In diesem Ausmass ist das den anderen beiden Gruppen nicht gelungen. Ob Gitarrist Jon Schnider wohl deswegen mit einem Dauergrinsen unterwegs ist? Seine Kollegin am Bass – Sonja Traussnig – lässt ihre schwarze Mähne in bester Propeller-Manier herumwirbeln. Jep, Hellvetica gefallen mir effektiv immer besser. Ein erneuter Konzertbesuch meinerseits ist definitiv Pflicht.
Das Fanzit
Ein gelungener Abend ganz im Zeichen der Schweizer Metal-Bands. Sämtliche Truppen boten starke Shows. Logische Folge war die ausgiebige Plünderung der Merchandise-Stände am Ende des Abends. Das Bier floss ebenfalls in Strömen. Insgesamt hat sich das «Kulti» als coole, charmante Location erwiesen. Ein erneuter Abstecher nach Sursee könnte somit durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Allerspätestens bei der nächsten Plattentaufe von Devils Rage wird dies wohl wieder der Fall sein. In diesem Sinne: «Hügagel!».
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Mortal Factor
- Leave You To Rot
- Mortal Factor
- Crank It
- All I Had
- Body In My Bed
- Gotta Get Out
- Whiskey Stream
- Blind Warrior
- Ain’t That Something
- Shy Hell
- That’s The Way
Setliste – Devils Rage
- Full Speed
- Mirror’s Game
- Lost in Prison
- From The Ashes
- Dominate
- Modesty
- Addicted
- Plattentaufe «Desolation»
- Fuck This Shit
- Change
- Stupid
- Walk Through Hell
- Failure
- Ignorant Know-It-All
- Nothing Left
- Exit*
*Zugabe
Setliste – Hellvetica
- Deadly Eyes
- Against The Odds
- Forever Revolution
- Jump The Fuck Up
- Wake Up The Dead
- Rise And Fall
- Raging Wars
- Bitch Slap
- Pit Master
- Road Kill
- Face The Facts*
*Zugabe