Ganz grosses Metal-Kino
Die wiedervereinigten Rhapsody-Mitglieder boten dem Z7-Publikum am Donnerstagabend eine packende Show. Auch die Finnen von Beast In Black hatten den Fuss permanent auf dem Gaspedal. Einzig Scarlet Aura konnten nicht ganz mit der hohen Kadenz der beiden anderen Truppen mithalten. Die weiteren Details entnehmt ihr wie gewohnt dem nachfolgenden Metalinside-Bericht.
Nach dem gestrigen Butcher Babies in Zürich führt mich meine heutige Pilgerreise wieder einmal nach Pratteln. Drei Truppen stehen auf der musikalischen Speisekarte. Die Bandgeschichte des Headliners ist für den Laien allerdings ein nicht ganz übersichtliches Wirrwarr, weshalb ich diese kurz etwas genauer erläutern möchte. Ein Jahr nach der Gründung fand 1994 die Umbenennung der Truppe in Rhapsody statt. Unter diesem Namen wurde über einen Zeitraum von 17 Jahren gemeinsam musiziert. Aufgrund von unterschiedlichen Plänen kam es 2011 zu einer Aufspaltung. Daraus resultierten die beiden «Tochter-Gruppen» Rhapsody Of Fire und Luca Turilli’s Rhapsody. Seither machen beide Lager ihr eigenes Ding. Im vergangenen Jahr kündigte schliesslich Mastermind Luca Trulli unter anderem anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Debütwerks «Legendary Tales» eine kurzzeitige Reunion an. Personell gestaltet sich die ganze Sache folgendermassen: Luca Turilli (Gitarre), Fabio Lione (Vocals), Dominique Leurquin (Gitarre), Patrice Guers (Bass) und Alex Holzwarth (Drums). Am Ende dieser Tour wird allerdings jedes Mitglied wieder seinen eigenen Weg gehen. Doch vor der Show des Headliners werden zuerst Beast In Black und Scarlet Aura versuchen, dem Publikum ordentlich einzuheizen.
Scarlet Aura
Als erste müssen um 19.30 Uhr die Rumänen von Scarlet Aura ran. Rechtzeitiges Erscheinen vor Ort hat sich gelohnt, denn auf den Flyern war stets von einem Konzertbeginn um 20 Uhr die Rede. Wohl genau deshalb muss sich der Vierer aus Osteuropa mit verhältnismässig wenig Publikum begnügen. Blickfang ist ganz klar Sängerin Aura Danciulescu. Da kann ich Gitarrist Mihai «Thor» Danciulescu absolut verstehen, dass er sie vom Markt genommen – sprich; geheiratet – hat. Die attraktive Wasserstoffblondine eröffnet die Show mit riesigen Engelsflügeln auf dem Rücken. Für den restlichen Auftritt lässt sie diese «Karneval-Kapriolen» dann aber glücklicherweise sein. Diese empfand ich nämlich schon bei unserer letzten Begegnung vor zwei Jahren – übrigens ebenfalls hier im Z7 – als störend. Gesanglich bewegt sie sich phasenweise auf den Spuren von Kobra Paige, ohne dieser allerdings so wirklich das Wasser reichen zu können.
Zu einem unverhofften Déjà-vu-Erlebnis komme ich schliesslich beim Track «Zombie». Bereits gestern in Zürich hat eine Truppe die bekannte Hymne der Cranberries gecovert. Nach einer guten halben Stunde beenden die Rumänen ihr Set und hinterlassen mich mit gemischten Gefühlen. Sie waren zwar besser als beim letzten Mal, aber der Funke ist trotzdem nach wie vor nicht vollends herübergesprungen.
Beast In Black
Vor dem Auftritt der nächsten Truppe dröhnt die Judas Priest-Nummer «Night Crawler» aus den Boxen. Dadurch steigt meine Vorfreude auf die Begegnung mit Metal-Gott Rob Halford und Co. im Juni gleich nochmals an. Das ist jedoch Zukunftsmusik. Die Gegenwart heisst Beast In Black. Nach dem sie bei der gemeinsamen Tour mit W.A.S.P. rausgeflogen sind, kommt die Z7-Zuhörerschaft nun doch noch in den Genuss der Finnen. Der Sound der Truppe ist gespickt mit Einflüssen von Battle Beast – wofür aufgrund seiner Vergangenheit Klampfer Anton Kabanen massgeblich verantwortlich sein dürfte – und – wie das Intro-Stück bereits unverkennbar verraten hat – Judas Priest. Der griechische Sänger Yannis Papadopoulos scheint nicht nur denselben Friseur wie Mister Halford zu haben, sondern hat sich auch stimmlich durch den Oberpriester beeinflussen lassen. Mit seinem langen Mantel ist er für mich im wahrsten Sinne das schwarzgekleidete Biest in Person.
Freunde, diese Band muss der geneigte Power Metal-Anhänger zwingend auf dem Schirm haben. Die fünf Herren zeigen einen überragenden Auftritt und strotzen nur so vor Spielfreude. Anton kreischt gelegentlich ebenfalls ins Mikro. Für Lacher sorgt die Saitenfraktion dann beim Track «Crazy, Mad, Insane». Alle drei tragen grosse Cyber-Brillen, über deren Gläser die Wörter des Song-Titels flimmern. Pures Disco-Metal-Feeling. Das kenne wir ja schon von Bands wie Gloryhammer oder eben Battle Beast. Diese Brillen würden sich als Merchandise-Artikel eigentlich noch gut machen. Nach der Show muss ich jedoch feststellen, dass diese Idee noch nicht zur Band durchgedrungen ist. Dafür wird meine persönliche Sammlung um ein weiteres Tour-Shirt erweitert. Mein Kleiderschrank wird mich zweifelsohne hassen.
Rhapsody
Wie reagieren die wiedervereinten Rhapsody-Mitglieder auf diese sackstarke Beast In Black-Show? Sie stehen gelinde gesagt leicht unter Druck. Bereits mit dem epischen Intro-Track «In Tenebris» wird die Marschroute direkt festgelegt. Das Publikum darf mit einer grosszügigen Dosis Bombast-Filmsoundtrack-Metal rechnen. Ein riesiger Drache ziert das Backdrop. Dann legen die Hollywood-Metaller mit «Dawn Of Victory» los wie die Feuerwehr. Chef Luca Turilli flitzt mit Hochgeschwindigkeit auf der Bühne herum. Bald macht sich dann auch Sänger Fabio Lione an die Arbeit. Was für eine geile Power Metal-Stimme! Schmunzeln muss ich dagegen wegen des «Lord Of The Drinks»-Shirt von Gitarrist Dominique Leurquin. So ein Witzbold. Auch den Rhapsody-Mitgliedern steht die Spielfreude regelrecht ins Gesicht geschrieben. Alle Parteien harmonieren hervorragend miteinander. Wenn man das so sieht, wirkt es überaus schade, dass sich die Truppe auf einer «Farewell Tour» befindet.
Mit sechs Songs ist die 1998er-Platte «Symphony Of Enchanted Lands» prominent in der heutigen Setliste vertreten. Das Album ist Teil der von Signore Turilli verfassten «Emerald Sword»-Saga. Insgesamt befassen sich fünf Silberlinge der Truppe mit diesen Erzählungen. Alle Stücke, die wir heute zu hören bekommen, sind an sich ein Spektakel. Bemerkenswert ist zudem das hohe Tempo, welches Rhapsody beim Spielen an den Tag legen. Basser Patrice und Drummer Alex erhalten dann noch ihre Solo-Momente. Für tonnenweise Hühnerhaut sogt jedoch Fabio mit seiner Interpretation des Andrea Bocelli-Klassikers «Time To Say Goodbye (Con Te Partirò)». Einfach hammermässig gesungen. Mein Kiefer hat Bodenkontakt. Wow! Da ist definitiv ein kleiner Tenor an ihm verloren gegangen. Im Zugaben-Block stellt er dies bei «Lamento Eroico» gleich nochmals unter Beweis. Direkt im Anschluss folgt mit «Emerald Sword» das letzte Stück des heutigen Abends. In diesem Sinne: «Arrivederci, Rhapsody!».
Das Fanzit
Die Gewinner des Abends waren glasklar Beast In Black und Rhapsody. Dank einer charmanten Mitfahrgelegenheit in Richtung Winterthur durfte ich sogar die ganze Show des Headliners miterleben und geniessen. Ich hätte mir ehrlich gesagt aber auch in den Allerwertesten gebissen, wenn ich einen Teil dieser bärenstarken Darbietung verpasst hätte. Komplimente gehen auch an die Z7-Crew. Abermals waren sowohl die Lichtverhältnisse als auch die Soundqualität absolut top.
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Scarlet Aura
- Immortal In Your Eyes
- Tomboy
- My Own Nightmare
- You’re Not Alone
- Zombie (The Cranberries-Cover)
- Colour Blind
Setliste – Beast In Black
- Intro – Night Crawler (Judas Priest Song)
- Beast In Black
- Eternal Fire
- Blood Of A Lion
- The Fifth Angel
- Born Again
- Crazy, Mad, Insane
- Blind And Frozen
- End Of The World
Setliste – Rhapsody
- Intro – In Tenebris
- Dawn Of Victory
- Wisdom Of The Kings
- The Village Of Dwarves
- Power Of The Dragonflame
- Beyond The Gates Of Infinity
- Knightrider Of Doom
- Wings Of Destiny
- Riding The Winds Of Eternity
- Symphony Of Enchanted Lands
- Drum Solo
- Land Of Immortals
- The Wizard’s Last Rhymes
- Bass Solo
- Time To Say Goodbye (Con Te Partirò) (Andrea Bocelli-Cover)
- Holy Thunderforce
- Rain Of A Thousand Flames*
- Lamento Eroico*
- Emerald Sword*
- Outro – …And the Legends Ends…*
*Zugabe