Die Weltenwanderer im Heimspiel
«Heidenlärm aus Luzern». Das versprechen die sieben Musiker von Abinchova auch mit ihrem neuen Album «Weltenwanderer». «Heidenlärm» ist durchaus wortwörtlich zu interpretieren, die Geschichten erzählen von verschiedenen Schweizer Sagen und was mit «Lärm» gemeint ist, ist wohl allen klar. In einige Songs konnte man schon vorab hineinhören, das ganze Album wurde am Karfreitag in der Schüür in Luzern präsentiert – beste Lage für die Ebiker!
Die Beziehung zwischen mir und Abinchova verlief bisher ein wenig wie verflucht. Kennengelernt habe ich sie als Vorband von Arch Enemy im Kofmehl, wo sie mich leider nicht besonders überzeugt haben. Spielzeit-Überschneidungen und Zugausfälle liessen mich dann die Shows in Wacken und als Vorband von Eluveitie verpassen. Beim Reinhören in einige der neuen Singles stand für mich aber fest: an dieses Albumrelease muss ich hin!
All Will Know
Ein bisschen Recherche verrät mir, dass die Melo-Deather von All Will Know aus Darmstadt kommen und schon so manchen Line Up-Wechsel hinter sich haben. Wie sie sich live schlagen? Grandios! Nach einem eher düsteren Intro, bei dem die Musiker die Hände zum Dreieck geformt nach vorne strecken, geben die Deutschen ab dem ersten Moment Vollgas. Auch das Aussehen passt zur brachialen Musik. Einzig der Drummer sticht mit seinen blonden, kurzen Haaren und dem hellen Shirt ein wenig aus dem Gesamtbild heraus – geht dafür aber auf seiner Schiessbude umso mehr ab! Der Gesang besteht aus einem Mix aus coolen Scream-Growls und Klargesang aus der Kehle des Frontmannes. Unterstützt wird er von den etwas tiefergelegten Growls, welche vom 6-Saiten-Basser ins Mikrofon gebrüllt werden. Das Publikum reagiert erstaunlicherweise erst verhalten, nach ein paar Songs fliegen aber schon die ersten Haare. In der zweiten Hälfte des Auftritts sind dann auch alle warm, viele gehen ab und vorne in der Mitte bildet sich ein grosses Headbanger-Kollektiv. Ganz starke Nummer! Diese Band wäre auch absolut headlinerwürdig!
Abinchova
Nach dem Umbau wird es dunkel und es ertönt das auf Schweizerdeusch eingesprochene Album-Intro «Präludium». Eigentlich beginnt jedes Abinchova-Album mit einem «Präludium», gespielt wird aber natürlich dasjenige vom aktuellen Album «Weltenwanderer». «Doch was das Ganze mit eme tanzende Baum und Chatze so gross wie Chüeh z tue het… das, ja das isch en anderi Gschicht». Dann bin ich ja gespannt!
Der erste Song ist der Titeltrack des Albums und auch der Headliner beweist, dass er ab dem ersten Takt voll reinhauen kann. Das Publikum reagiert umgehend und schon ab den ersten paar Sekunden fliegen die Köpfe. Es folgt der zweite Track «Lichtfänger», nachdem uns Fronter Arnaud mit einer Ansage willkommen heisst. Wer denn vor drei Jahren schon am Release von «Wegweiser» in der Schüür gewesen sei. Und wer denn vor sieben Jahren schon am Release von ihrem Debut «Versteckte Pfade», ebenfalls in der Schüür, gewesen sei. Die Freude, wieder zurück zu sein, ist den Ebikern sichtlich ins Gesicht geschrieben.
Weiter geht es mit den restlichen Songs aus «Weltenwanderer», zu denen der sympathische Sänger dann zwischendurch verschiedene Anekdoten erzählt werden. So handelt «Gestaltenwandler» dank Arnauds Ideenlosigkeit von «allem Möglichen» und er kann die Lyrics noch immer nicht auswendig. Tatsächlich entdecke ich nach dem Konzert auf dem Bühnenboden einen Spickzettel… Die Inspiration zu «Pestwind» lag übrigens in einem Furz, der einst den Tourbus zur kontaminierten Zone machte. Was es nicht alles gibt! Auch Frontfrau Nora ist sich einigen dummen, aber sympathischen Sprüchen nicht zu schade, als sie vor dem «Nachtlied» das Wort an sich nimmt.
Nachdem «Weltenwanderer» von Anfang bis Schluss komplett durchgespielt wurde, verziehen sich die Musiker hinter die Bühne. Nur wenig später kommen sie aber zurück und spielen den «achteinfuckinghalb Minuten» langen Song «Echo», welcher dann noch einmal viele der musikalischen Facetten der Band zusammenfasst. Mischa klöpft üble Double-Bass-Attacken aus den Lautsprechern, während Serge, Wigi und Michi mit ihren insgesamt 19 (!) Saiten komplexe melodische Kombinationen hinlegen. Unterstützt werden sie alle natürlich von Nora an der Violine (und am Mikro) und Pat an den Keys sowie von der charakteristisch dreckigen Stimme Arnauds. Von schnellen und brutalen Passagen wechselt der 7er gekonnt zu eingängigen Gesangsstellen und epischen Zwischenstücken. Das Publikum goutiert Können und Begeisterung der Band mit seeeehr viel Headbangen. Rundum dreht sich alles – und zwar nicht nur in meinem Kopf. Einzig das mit dem Moshen will, trotz einer einzigen kurzen Aufforderung während einem der ersten Stücke, nicht ganz klappen.
Das Fanzit
Was für ein (Achtung Wortspiel!) vielsaitiger Abend! All Will Know beweisen mit einer eher kurzen, aber doch Laune machenden Show, dass sie locker auch alleine auf der Bühne bestehen könnten und haben sich bestimmt dem einen oder anderen Schweizer Metalhead bekannt gemacht. Abinchova fegt wie ein Wirbelsturm über die Bühne und liefert dem Publikum eine wunderbare Release-Show. Da werde ich wohl nicht der einzige sein, der über Ostern an Nackenschmerzen leiden wird…
Setliste Abinchova
- Präludium (Intro)
- Weltenwanderer
- Lichtfänger
- Schatzhüter
- Eulenmann
- Gewässerdieb
- Nachtlied
- Gestaltenwandler
- Liedermacher
- Pestwind
- Tannkönig
- Adlermädchen
- Sennenpuppe
- Echo*
*Zugaben