Geraten die Katalysatoren etwa ein wenig ins Stocken?
Auf der letzten Tour der kanadischen Todesmetall-Prügler standen ihre beiden Alben «Shadows & Dust» (2002) und «Serenity In Fire» (2004) im Vordergrund.
Mit diesem Ausflug in die Vergangenheit haben Kataklysm den Fans bewiesen, dass sie sie eigentlich schon immer für überaus geilen Sound verantwortlich waren. Doch zurück zur Gegenwart. Mit «Meditations» soll Anfang Juni das 13. Studioalbum des Quartetts via Nuclear Blast erscheinen. Die nachfolgende Plattenkritik wird zeigen, ob die zehn neuen Tracks eine ansprechende Qualität aufweisen – oder nicht.
Das Album – «Meditations»
Kataklysm bleiben ihrer Tradition treu. Jeder erste Song wird jeweils von einem Film-Zitat eingeleitet. Bei «Shadows & Dust» stammt dies beispielsweise von Russell Crowe aus «Gladiator». Für das neuste Eisen aus der Katalysator-Schmiede scheint man sich beim Kriegsstreifen «Tränen der Sonne» bedient zu haben. Direkt nach Zitatende dröhnt «Guillotine» aus meinen Boxen. Der Einstieg wirkt in der Tat ein bisschen abgehakt. Kurz darauf drischt Oli Beaudoin in gewohnter Manier gnadenlos auf sein Drumset ein. Frontmann Maurizio Iacono brüllt brutal in sein Mikro. Im Hintergrund lässt Jean-François «JF» Dagenais währenddessen die für die Band typischen Riffs vom Stapel. Wirkliche Innovationen sucht man hier vergebens – aber Truppen wie Kataklysm sind jetzt ja nicht auch unbedingt dazu verdammt das Rad neu zu erfinden, oder?
Nach der Kopfabtrennerei geht’s weiter mit «Outsider». Dank dem unvergleichlichen Groove der Band kommen die Nackenmuskeln der Zuhörerschaft ordentlich ins Schwitzen. Erneut erstklassige Klampfenarbeit von Monsieur Dagenais. «The Last Breath I’ll Take Is Yours» setzt dann wieder vermehrt auf die melodiöse Schiene. Stücke dieser Art sind der Beweis, dass Kataklysm mehr zu bieten haben, als bloss sinnfreien «Hau-drauf-Metal». Nichtsdestotrotz darf man von Maurizio zurecht niemals klar gesungene Parts erwarten. Das würde jedoch auch überhaupt nicht zum Sound der Truppe passen.
02:42 Minuten? Selbst für Kataklysm-Verhältnisse ist dies eine relativ kurze Nummer. Das Didgeridoo-Intro sorgt durchaus für Hühnerhautmomente. Danach setzen Maurizio und Co. abermals zur Nackenzerstörung an. Doch irgendwie wirkt es so, als würden sie mit angezogener Handbremse spielen. Ziemlich ungewöhnlich. Des Weiteren kann sich der Song in dieser überschaubaren Spielzeit kaum entfalten. Da hätten die Herrschaften sicherlich mehr daraus machen können – ja müssen.
Bei «Born To Kill And Destinied To Die» ist bloss eine Sache angesagt: Mähne schütteln! Insbesondere JF tobt sich mit viel Engagement an seiner Saitenkönigin aus. Die Soli sitzen. Exakt so kennen und lieben wir unsere metallischen Katalysatoren. Die Nummer dürfte ebenfalls bei künftigen Live-Shows ein sicherer Wert sein. Bitte mehr davon.
«In Limbic Resonance» entpuppt sich schliesslich als echter Killer. Treibende Trommelschläge von Oli und der Gekrächz-Gebrüll-Mix von Maurizio stechen besonders hervor. Die Zuhörerschaft wird regelrecht mitgerissen. Doch in der Hälfte des Tracks folgt urplötzlich eine kurze Vollbremsung. Leicht irritierend. Glücklicherweise geht’s direkt im Anschluss gewohnt zerstörerisch weiter.
Gemächliche Headbanger-Riffs läuten den nächsten Song «And Then I Saw Blood» ein. Klingt für Kataklysm-Verhältnisse insgesamt beinahe ein wenig zu klar. Selbst Maurizio hält sich mit seinem Stimmorgan etwas zurück. Wo bleibt die Durchschlagskraft? Erst gegen Ende nimmt das Stück nochmals ein wenig Fahrt auf – aus meiner Sicht leider zu spät.
Schwerfällige Riffs prägen «What Doesn’t Break Doesn’t Heal». Wir befinden uns für einmal eher im Midtempo-Bereich. Das hält die Jungs allerdings nicht davon ab, unseren Nackenmuckis ein paar zusätzliche Trainingsblöcke anzubieten. Eine sehr solide Angelegenheit. «Bend The Arc, Cut The Cord» beginnt gemächlich und entwickelt sich dann aber doch noch zu einer rasanten Nummer. An der Mikro-Front geht Maurizio gewohnt aggressiv zu Werke. Melodiöse Elemente sind ebenfalls enthalten.
Die längste Nummer kommt zum Schluss. «Achilles Heel» hat eine Spielzeit von 05:18 Minuten. Haben sich die Kanadier die beste Hymne etwa bis ganz am Ende aufgespart? Scheint beinahe so. Von der ersten Sekunde an ist das nämlich ein ganz anderes Kaliber. Die melodiösen Riffs wissen durchaus zu gefallen. Von Hochgeschwindigkeit kann jedoch erneut nicht die Rede sein. Die headbangende Zunft kommt jedenfalls trotzdem auf ihre Kosten. Genau in diesem Innovationsbereich dürften sich Kataklysm gerne öfters austoben – ohne dabei natürlich ihre Kernkompetenzen komplett in den Hintergrund zu stellen.
Das Fanzit
Kataklysm-Scheiben sind in der Regel Garanten für ziemlich Top-Punktzahlen bei Bewertungen. Der neuste Streich kann da leider nicht ganz mithalten. Immerhin reicht’s am Ende trotzdem für eine überaus solide Sieben. Aber wo sind denn die sonst so souverän laufenden Katalysatoren ein bisschen ins Stocken geraten? Ein paar Nummern sind eindeutig zu kurz geraten, während bei anderen phasenweise die Durchschlagskraft oder letzte Konsequenz fehlt. Die Kanadier sind gewiss keine Truppe, die den Fuss zu oft vom Gaspedal nehmen sollte. Glücklicherweise klingt die Mehrheit der Songs nach wie vor nach Kataklysm – inklusive der gefürchteten Nackenbrecher-Passagen. Zudem gilt für Maurizio und Co. schlussendlich dasselbe wie für Machine Head (deren neuster Silberling «Catharsis» mich ja bekanntermassen auch nicht restlos überzeugen konnte): Live ist die Band eine Macht. Das wird sich glücklicherweise in absehbarer Zukunft wohl auch nicht ändern. Deswegen bin ich schon sehr gespannt auf die Shows im Herbst. Dann wird das neue Material sicherlich eine Auftritts-Feuertaufe über sich ergehen lassen müssen.
Ab Release reinhören und limited Edition Digipak inklusive DVD portofrei (vor-)bestellen
Trackliste Kataklysm – Meditations
- Guillotine
- Outsider
- The Last Breath I’ll Take Is Yours
- Narcissist
- Born To Kill And Destinied To Die
- In Limbic Resonance
- And Then I Saw Blood
- What Doesn’t Break Doesn’t Heal
- Bend The Arc, Cut The Cord
- Achilles Heel
Line Up – Kataklysm
- Maurizio Iacono (vocals)
- JF Dagenais (guitar)
- Stephane Barbe (bass)
- Oli Beaudoin (drums)