Drei coole Bands vs. unterirdischer Publikumsaufmarsch
Das italienische Doppelpack Lostair und Ghost Of Mary sorgten gemeinsam mit den aufstrebenden Spoil Engine am Freitagabend im Fumoir des Hall Of Fame für ordentlich Furore. Leider war der Event äusserst schwach besucht. Wieso ein Abstecher nach Wetzikon eine durchaus sinnvolle Option gewesen wäre, könnt ihr im nachfolgenden Metalinside-Bericht nachlesen.
Wochenausklang im sympathischen Zürcher Oberländer Rocklokal? Ja das muss man mir nicht zwei Mal sagen. Ab ins HoF! Kenne ich heute irgendeine der drei Truppen? Eher dürftig. Habe ich damit ein Problem? Keinesfalls. Doch leider scheine ich mit dieser Einstellung der Minderheit anzugehören. Gemäss «Tätschmeischter» Pasquale Salatino sei der Vorverkauf ziemlich schleppend gelaufen. Das verwöhnte Schweizer Konzertpublikum scheint offenbar kein Interesse an gelegentlichen Horizonterweiterungen zu haben. Unbekanntere Kapellen haben somit hierzulande einen schweren Stand. Vielleicht macht dem Veranstalter aber auch das sommerliche Wetter einen Strich durch die Rechnung. Nichtsdestotrotz könnte dank einem Food Truck und Sitzmöglichkeiten im Aussenbereich der Location durchaus ein gewisses «Grillbieren»-Gefühl aufkommen.
Die italienische Booking-Agentur Crown Metal lotst heute Abend drei Gruppen nach Wetzikon. Ghost Of Mary, Lostair und Spoil Engine machen Europa momentan im Rahmen der «Wastelands 2018»-Tour unsicher. Diese findet im Hall Of Fame ihr Ende. Ich freu mich insbesondere auf den Auftritt des Headliners. Spoil Engine sind eine belgisch-niederländische Combo, die sich den beiden Genres Melodic Death Metal und Metalcore verschrieben haben. Meine Kollegen und ich haben die talentierte Truppe am letztjährigen Summer Breeze-Festival leider verpasst. Um so dankbarer sind wir somit für die tolle Gelegenheit, Spoil Engine hier und heute im kleinen Rahmen und in voller Länge nun doch noch live erleben zu können. Die werten Bardamen dürfen natürlich nicht arbeitslos sein. Somit folgt vor Showbeginn die Vernichtung des einen oder anderen Hopfengebräus.
Ghost Of Mary
Die Symphonic Death Metaller Ghost Of Mary machen um 20.30 Uhr den Anfang. Ihre Herkunft scheint den Herrschaften besonders wichtig zu sein, denn sie betonen gleich zu Beginn mehrmals, dass sie aus Süditalien stammen. Scheinbar möchte man mit dem Norden nicht sonderlich viel zu tun haben. Trotzdem bin ich dankbar, dass sie die Alpenüberquerung erfolgreich gemeistert haben und hier in der Schweiz gelandet sind. Sonst wäre ich wohl nie in den Genuss des nun folgenden, überragenden Gigs gekommen.
Auf der Bühne tummeln sich ein paar klassische Instrumente wie die Violine oder das Cello. Allerdings haben diese ein apokalyptisches Design. Das passt wiederum ausgezeichnet zum Sound der Gruppe. Die anfängliche Skepsis des Publikums weicht rasch purer Begeisterung. Sänger Daniele Rinis kräftiges Stimmorgan trifft uns mit voller Wucht. Lahm geht’s definitiv nicht zur Sache. Ghost Of Mary mausern sich locker zur unerwarteten Überraschung des Abends. Mit sieben Musikern ist die Kapazität der kleinen Club Stage ziemlich ausgereizt. Da bleibt kaum mehr Platz für ausführliche Bewegungen. Allerdings lassen sich die Italiener davon nicht aus dem Konzept bringen und zocken ihr halbstündiges Set mit viel Spielfreude durch. Cello-Mann Luca Basile – der sonst bei Elegy Of Madness tätig ist – sichert sich heute Abend den Titel des Grimassen-Königs.
Nach diesem sackstarken Auftritt ist ein Besuch der Merchandise-Ecke unausweichlich. Die Jungs erweisen sich als äusserst sympathische und dankbare Verkäufer. «Oblivaeon» – der Debütsilberling aus dem Jahre 2016 – gehört nun meiner Plattensammlung an. Dazu gibt’s ausserdem Gratis-Anstecker und Flyer. Die Bandmitglieder amüsieren sich derweil über unsere Schweizer Münzen. Ich bleibe dabei: Ghost Of Mary sollte man definitiv auf dem Radar haben.
Lostair
Ebenfalls bei Revalve Records unter Vertrag steht das Quartett Lostair. Die Label-Kumpels von Ghost Of Mary sind im nordöstlichen Teil des Stiefels beheimatet. Die Bühnendeko lässt automatisch auf eine schwarze Messe schliessen. Auf zwei kleinen Säulen stehen Kerzen. Allerdings hat man sich für die LED-Variante entschieden. Abfackel-Gefahr elegant abwandet. Ein Totenschädel ist ebenfalls am Start. Frontmann Teo und seine Kollegen starten etwas verspätet in ihr Set. Soundtechnisch bewegen sie sich mehrheitlich im Thrash Metal-Bereich. Gerad beim Gesang sind jedoch phasenweise ganz dezente Black Metal-Elemente enthalten. Die Headbanger kommen jedenfalls auf ihre Kosten.
Die Setliste besteht zum grössten Teil aus Stücken der Scheibe «Ad Jubilaeum», welche im Oktober des letzten Jahres erschienen ist. Der Track «Where The Angels Die» erweist sich beispielsweise als starke Live-Hymne. Lostair ballern uns allerdings auch zwei Cover-Versionen um die Lauscher. Bei einer davon handelt es sich um Megadeths «Symphonie der Zerstörung». Hört sich ziemlich gut an. Am Ende der Show muss sich Klampfer Andrea beim Publikum bedanken. Teo fehlen dazu die Worte. Scheinbar ist er zu «geflashed» vom lobenswerten Engagement des kleinen Zuhörerschaftsgrüppchens. Anschliessend wird meine Geldbörse am Merchandise-Stand abermals um ein paar Münzen erleichtert.
Spoil Engine
Wir können effektiv sehr dankbar sein, dass der Headliner heute Abend überhaupt auf der Bühne steht. Gestern Abend wurde die Band in Mailand nämlich Opfer eines Überfalls. Aus dem aufgebrochenen Tour-Büschen wurden unter anderem Laptops, In-Ear-Systeme, Kameras, Geld und Kleidung gestohlen. Ein Albtraum für jede Band. Leider häufen sich solche Raub-Geschichten in letzter Zeit immer häufiger. Fleshgod Apocalypse wurde beispielsweise Anfang des Monats in Göteborg übelst ausgebraubt uns mussten ihre laufende Tour deshalb abbrechen. Für die Taten dieser Diebe habe ich kaum Worte. Ich hoffe lediglich, dass diese niederträchtigen Kreaturen unserer Gesellschaft eines Tages ihre gerechten Strafen erhalten werden.
Doch nun zurück ins HoF. Um 23 Uhr legen Spoil Engine mit «Doomed To Die» los. Meine Fresse! Diese Belgier haben ordentlich PS unter der Haube. Das liegt zweifelsohne hauptsächlich an ihrem niederländischen Frontmädel Iris Goessens. Gesangstechnisch wandelt sie äusserst gekonnt auf den Pfaden von Maria Brink (In This Moment) oder Alissa White-Gluz (Arch Enemy). Für klargesungene Passagen ist sie sich jedoch ebenfalls nicht zu schade. Nach dem Song heisst Iris uns zur Pyjama-Party willkommen. Bitte was? Tja, aufgrund des gestrigen Diebstahls habe sie sich mangels Kleidungsalternativen nicht wie gewohnt herausputzen können. Meiner Meinung nach macht sie aber auch im «Schlabber-Look» eine gute Figur.
Der Vierer geht sehr engagiert zu Werke und hat dabei viel Spass. Basser Dave De Loco – der gelegentliche «Unterstützungs-Growls» ins Mikro brüllt – und Gitarrist Steven «gaze» Sanders grinsen die ganze Zeit um die Wette. Letztgenannter ist sowieso ein echter «Luusbueb». Bei einem Stück streckt er mir plötzlich sein Plektrum hin. Damit soll ich nun an seiner Saitenkönigin herumkitzeln. Mein nicht vorhandenes musikalisches Talent sich an dieser Stelle wieder einmal bemerkbar. Da bleibe ich lieber bei meiner Luftgitarre und überlasse den Rest den Profis. Für Unterhaltung sorgt Stevens Aktion aber allemal. Bandmitglied Nummer vier bleibt gezwungenermassen im Hintergrund. Dauer-Kapuzenträger Matthijs Quaars gibt seinen Mitstreitern mit seinem Getrommle den Takt vor.
Die 2004 gegründete Band hat bereits vier Studioplatten veröffentlicht. Heute liegt der Fokus beinahe ausschliesslich auf dem aktuellen Werk «Stormsleeper». Einziger Exot ist «Fitting The Pieces» vom Debütsilberling «Skinnerbox v.07». Die Nummern «Black Sails», «Silence Will Fall» und «Disconnect» sorgen für viel Stimmung. Trotz kaum vorhandenem Publikum reichts einmal sogar für eine kleine Wall Of Death. Dass man im Zugaben-Block dann nochmals auf «Disconnect» zurückgreifen muss, finde ich dagegen etwas schwach. Einen Engpass an Songmaterial hat die Band nämlich eindeutig nicht. Das bleibt am Ende jedoch der einzige Kritikpunkt an einem sonst sackstarken Auftritt.
Das Fanzit
Der heutige Abend hat gezeigt, dass auch Konzerte der härteren Gangart problemlos im Hall Of Fame stattfinden können. Vielleicht dürfen wir uns schon bald auf weitere Gigs dieser Art in Wetzikon freuen. Allerdings muss dazu logischerweise aber auch der Besucherandrang stimmen. Dieser liess – zum Leidwesen von Spoil Engine, Lostair und Ghost Of Mary – heute definitiv zu wünschen übrig. Dank tollen Leistungen kann ich alle drei Truppen mit gutem Gewissen weiterempfehlen.
Cheers
Dutti \m/
Setliste – Ghost Of Mary
- Shades
- Last Guardians
- Nothing
- Something To Know
- The End Is The Beginning
Setliste – Lostair
- Intro – Ave Satani
- At The Hands Of Black Inquisition
- Rise
- Where The Angels Die
- Vaticanum
- The Bible Code
- Trinity
- Primitive
- 2012
- Master Of Morphine (Necrodeath-Cover)
- Symphony Of Destruction (Megadeth-Cover)
- The Fall Of Any Gods
Setliste – Spoil Engine
- Doomed To Die
- Hollow Crown
- Wastelands
- The Verdict
- Black Sails
- Silence Will Fall
- Stormsleeper
- Disconnect
- Fitting The Pieces*
- Disconnect*
*Zugabe