Flora und Fauna im Z7
Tote Gänseblümchen. Neue Rosen. Und ein Zebra als König. Und das im Z7. Tönt nicht gerade nach „Rock’n’Roll“? Ist es aber! King Zebra, The New Roses und vor allem The Dead Daisies verwandeln den Konzerttempel in ein Tollhaus…
Ein herrlich warmer Frühlingsabend. Die Natur ist grün und lebhaft. Und im Z7 gastiert ein Paket, welches mit ihren Bandnamen dazu passt wie die berühmte Faust aufs Auge. Ärgerlich allerdings, dass der Opener bereits um 19.30h auf die Bühne muss – da überall Beginn 20h kommuniziert ist, verpassen doch einige Fans diesen Auftritt fast komplett! Auch wenn die Band sehr kurzfristig ins Programm gerutscht ist – richtige Kommunikation wäre schon wünschenswert…
King Zebra
Los geht’s also wie gesagt eine halbe Stunde zu früh mit King Zebra. Eine Schweizer Truppe, die mir vorher völlig unbekannt war. Das ändert sich nun! Die Band existiert bereits seit 2012, doch der letztjährige Einstieg von Fronter Eric St. Michaels dürfte hier sicher für zusätzliche Popularität sorgen. Ins Auge stechen neben dem China-Sänger auch Gitarrist Jerry und Basser Michael mit ihrem 70er Outfit – inklusive beeindruckenden Schnudderbremsen!
Doch auch musikalisch passen King Zebra perfekt auf das Billing. Old School Hard Rock mit den Wurzeln tief in den 80ern zocken die fünf Herren. Das macht Spass, das macht Laune. Allerdings ist das Z7 sehr spärlich gefüllt, viele Fans stehen noch draussen und geniessen den herrlichen Abend – während andere erst eintreffen. Die Stimmung ist demzufolge nicht gerade berauschend, doch die Leute, die sich den Gig wirklich anschauen, geniessen ihn auch! King Zebra können heute trotz suboptimalen Umständen sicher den einen oder anderen Fan gewinnen – Mission somit erfüllt. Mit dem Neil Young-Cover „Rockin‘ in a free world“ beendet die Band ihren 35-minütigen Auftritt. Und dank Eric realisiere auch ich Spätzünder, dass King Zebra ja demnächst auch im Hall of Fame aufschlagen werden – mit Felskinn und Crystal Ball! Da freut man sich doch glatt noch etwas mehr….
Setliste King Zebra
- Glamrock City
- Bombshell
- Star Attraction
- Firewalker
- That’s What I Like
- Don’t Stop Me
- Bad Idea
- Rockin‘ In A Free World
The New Roses
Etwas mehr Zuspruch erfahren anschliessend The New Roses. Diese Truppe scheint wirklich auf dem Weg nach oben zu sein – verdientermassen! Das aktuelle Album „One More For The Road“ im Gepäck, feuern die Wiesbadener eine grosse Rock’n’Roll Breitseite auf das Volk ab, welches langsam aber sicher auf Betriebstemperatur kommt. Neun Songs in fast 50 Minuten gibt’s auf die Lauscher – dass da einerseits das neue Werk im Zentrum und andererseits doch eine begrenzte Spielzeit zur Verfügung steht, müssen Timmy und seine Kumpels halt auch Kompromisse bei der Songauswahl eingehen. Dass allerdings mit „Thirsty“ nur ein Titel vom geilen „Dead Man’s Voice“ geboten wird, finde wohl nicht nur ich etwas schade.
Doch das wird schlussendlich kompensiert durch eine immense Spielfreude! Fronter Timmy Rough führt souverän durch das Geschehen, Gitarrist Norman Bites (…) ist immer noch ein Meister im Grimassen schneiden (was ihn nicht am brillanten Gitarrenspiel hindert!) und auch Basser Hardy sieht heute extrem fit und motiviert aus, während hinter der Schiessbude Urban den ganzen Soundteppich legt für diese Party.
Und die ist (trotz Absenz solcher Killer wie „Whiskey Nightmare“ „Dead Man’s Voice“ oder „Heads Or Tails“) gespickt mit Highlights. „Every Wildheart“ als Opener passt perfekt, „Dancing On A Razorblade“ fetzt genauso wie „It’s A Long Way“ und die beste Stimmung im Publikum ist zweifellos bei „Life Ain’t Easy (For A Boy With Long Hair)“. Doch insgesamt ist – zumindest in meinen Ohren – der Titelsong des aktuellen Silberlings „One More For The Road“ der absolute Höhepunkt. Das ist einfach nur geil! Und wenn ich meine Frau in der ersten Reihe so anschaue – die sieht das wohl ähnlich… „Thirsty“ beendet dann die schweisstreibende Action und der Vierer verabschiedet sich für heute unter grossem Applaus. Auch die werden sich heute einige neue Fans angelacht haben! Und jetzt mal Durst bekämpfen…
Setliste The New Roses
- Every Wildheart
- Forever Never Comes
- Dancing on a Razorblade
- Gimme Your Love
- It’s a Long Way
- Life Ain’t Easy (For a Boy With Long Hair)
- Devil’s Toys
- One More for the Road
- Thirsty
The Dead Daisies
Falls es auch nur die kleinsten Zweifel gibt, dass die Dead Daisies jetzt vielleicht einen schweren Stand haben könnten – die werden von der ersten Sekunde an zerstreut! So gut die beiden Support Acts waren, aber die Amis zeigen sofort, wer heute wirklich Herr im Ring ist! John Corabi sieht zwar immer noch so aus, als ob er direkt aus der Entzugsklinik kommt. Doch von dem Äusseren sollte man sich nicht täuschen lassen, denn der ehemalige Shouter von The Scream und Mötley Crüe ist in Bestform – genauso wie seine Mitstreiter Doug Aldrich, Marco Mendoza, David Lowy und Deen Castronovo.
Die Namen verraten es ja: Hier ist eine Bande von Vollprofis am Werk. Da könnte man fast etwas „Dienst nach Vorschrift“ erwarten resp. befürchten. Eine All Star Truppe, von denen jeder möglicherweise eine mehr als gesunde Portion Ego mit ins Gefüge bringt. Oder so. Falscher könnte man allerdings kaum liegen! The Dead Daisies haben Spass. Mächtig Spass! Mit der Musik, mit sich, mit dem Publikum. So verwandelt sich das Z7 – angetrieben von Hymnen wie dem Opener „Ressurected“ oder „Make Some Noise“ – innert kürzester Zeit in einen Hexenkessel. Da es draussen mittlerweile schifft, sind auch die letzten Zuschauer in die Halle gekommen, sodass schlussendlich einige hundert Fans eine grosse Rock’n’Roll Party feiern.
Die Dead Daisies haben auf ihren Alben den einen oder anderen Song gecovert, doch erfreulicherweise setzen sie heute fast ausschliesslich auf Eigenkompositionen. Nach einem kurzen Drum Solo von Deen Castronovo folgt dann mit dem saugeilen „Bitch“ der erste Titel, der „geklaut“ ist. Ich bin jedoch nicht der einzige, der im Vorfeld nicht gewusst hat, dass das Original hier von den Rolling Stones ist… Immerhin: Wieder was gelernt!
Weiterhin ist viel Spass auf der Bühne angesagt. Speziell Marco und „Golden Boy“ Doug schmeissen ihre Pleks im Minutentakt ins Publikum. Doug übertreibt es irgendwann, sodass er plötzlich seine Fingernägel einsetzen muss… Hilfe naht von der Bühnenseite: Da werden ihm massenhaft Plektren zugeworfen, bei denen der Gitarrist allerdings mangelnde Fangfähigkeiten offenbart. Herrliche Bilder! Derweil verschwindet Basser Marco plötzlich von der Bühne – und taucht Momente später mitten im Publikum auf und spaziert völlig verschwitzt durch die Fanreihen… Auch eine Art von „Fannähe“!
Bevor mit „Mainline“ der Endspurt eingeleitet wird, gibt’s eine ausführliche Bandvorstellung. Und jedes Bandmitglied wird mit einem kurzen Anspielen einer grossen Hardrock Hymne „geehrt“. Für den Australier David Lowy gibt’s (wen überrascht das!) AC/DC – „Highway To Hell“. Deen kriegt Kiss‘ „Rock And Roll All Nite“, Doug Aldrich brilliert zu Deep Purple’s „Smoke On The Water“ und Marco Mendoza bekommt „The Boys Are Back In Town“ von seiner ehemaligen Band Thin Lizzy. Den Schlusspunkt unter diese etwas andere Introduction gebührt John Corabi mit Black Sabbath’s „Heaven And Hell“.
Doch genug Geplänkel – Zeit für noch mehr Rock’n’Roll! „Mainline“, „Long Way To Go“ und das intensive „Midnight Moses“ setzen nach über 90 Minuten den (vorläufigen) Schlusspunkt. Lange müssen die Fans glücklicherweise nicht auf die Zugaben warten, unter grossem Jubel kehren die Pflanzen nochmals auf die Bühne zurück. Während mit „Leave Me Alone“ nochmal ein richtiger Brecher gespielt wird, ist das finale „Highway Star“ – zumindest in meinem Augen und Ohren – ein magerer Schlusspunkt. Genau hier wäre mehr möglich gewesen! Doch schlussendlich vermag das den Gesamteindruck kaum zu trüben – was die Dead Daisies insgesamt zeigen, ist schlicht grossartig und wird mit entsprechendem Applaus gewürdigt!
Setliste Dead Daisies
- Resurrected
- Rise Up
- Make Some Noise
- Song and a Prayer
- Dead and Gone
- Mexico
- What Goes Around
- Last Time I Saw the Sun
- Can’t Take It With You
- All The Same
- Drum Solo
- Bitch
- With You and I
- Mainline
- Long Way to Go
- Midnight Moses
- Leave Me Alone*
- Highway Star*
*=Zugaben
Das Fanzit
Fans des klassischen Hardrocks kommen an diesem Abend wirklich voll auf ihre Kosten! King Zebra als guter Opener (auch wenn sie aufgrund des früheren Beginns leider etwas verheizt werden – sie hätten mehr Fans verdient!) und die New Roses als sackstarker Support. Doch die Dead Daisies überragen heute einfach alle! Hier stimmt von A bis Z praktisch alles: Songauswahl, Performance, Spielfreude, Spass, Publikumsreaktionen. Rock and Roll is still alive!