Eisige Erde in heisser Sommernacht
Winterthur stand an diesem Wochenende nicht nur aufgrund des Albanifestes im Fokus. Nein, denn mit Iced Earth gastierte eine legendäre Metal-Truppe im Kulturzentrum Gaswerk. Unterstützung erhielten die Hymnenmeister von unseren beiden Schweizer Kapellen Burning Witches und Gonoreas. Wie’s war? Der nachfolgende Metalinside-Artikel liefert die Antwort.
Wieder einmal eine Premiere für Dutti. Zum ersten Mal in meiner Metaljournalisten-Karriere darf ich einen Text zu einer Veranstaltung im Gaswerk verfassen. Das macht als Winterthurer natürlich besonders viel Freude. Für den heutigen Abend haben die Veranstalter allerdings auch ein sackstarkes Programm aus dem Boden gestampft. Die legendären Iced Earth beehren die Eulachstadt mit einem Besuch. Eisig wird’s bei diesen hochsommerlichen Temperaturen allerdings kaum werden. Support erhalten die Amis gleich im Doppelpack – und zwar durch unsere talentierten Schweizer Metal-Bands Burning Witches und Gonoreas. Man darf zurecht mit einer ziemlich gut besuchten Location rechnen. In Sachen Aftershow-Party sollten ebenfalls keine Probleme bestehen. Da in der Stadt aktuell das Albanifest läuft, liegt nach dem Konzert ein Abstecher ins Hard Rock-Zelt durchaus im Bereich des Möglichen.
Gonoreas
Um 20.30 Uhr eröffnen Gonoreas den Konzertreigen. Nach dem kürzlich erfolgten Abgang von Leandro Pacheco übernimmt Jonas Ambühl, den wir hierzulande hauptsächlich für sein Engagement bei Atlas&Axis kennen, temporär den Job am Mikrofon. Somit erlebe ich die Truppe heute Abend zum ersten Mal in dieser neuen Konstellation. In der ersten Auftrittshälfte werde ich mit der Stimme des neuen Fronters leider nicht wirklich warm. Auch die Soundqualität hat noch Luft nach oben.
Glücklicherweise wird im zweiten Show-Teil alles besser. Meine Gehörgänge haben sich nun an Jonas’ Interpretation der Gonoreas-Hymnen gewöhnt. Mit seinen «Winterthur»-Rufen übertreibt er es allerdings mit der Zeit ein wenig. Ich weiss schon, wo ich bin, danke. Klampfer Damir Eskic zupft gewohnt souverän an seiner Saitenkönigin herum und Basser Pat Rafaniello ist sowieso ein steter Wirbelwind. Abkühlung gibt’s für die Musiker dank den Ventilatoren auf der Bühne. Wir im Publikum schwitzen dagegen munter vor uns hin. Kaum ist das Bier getrunken, scheint es den Körper auch schon wieder zu verlassen. Glücklicherweise ist die Nachschubs-Quelle nicht weit. Wir wissen ja alle, dass bei Hitze viel getrunken werden soll.
Burning Witches
«Hex, Hex!». Nein, keine Angst. Bibi Blocksberg kommt nicht vorbei. Dafür aber die Ladies von den Burning Witches. Auch bei ihnen ist es seit unserem letzten Aufeinandertreffen zu einem Besetzungswechsel gekommen. Gitarristin Alea Wyss hat dem Hexenzirkel den Rücken gekehrt und wurde durch die Holländerin Sonia Nusselder ersetzt. Rasch wird klar, dass sie sowohl von der Optik als auch vom musikalischen Können her ausgezeichnet in die Frauen-Truppe passt. Abermals sehe ich mich in meiner Theorie, dass die Niederlande ein Quell für begabte Metal-Musiker/Innen sind, absolut bestätigt. Ex-Gitarristen Alea steht im Publikum und feuert ihre Kolleginnen mit vollem Einsatz an. Coole Aktion.
Die Witches erwischen ein ähnliches Schicksal wie die Jungs von Gonoreas. Zu Beginn wirkt die Soundqualität ziemlich mau. Oder liegt das etwa an meiner Position auf der linken Bühnenseite? Halb so wild, denn auch hier kriegt der Tontechniker rasch die Kurve. Prägende Figur ist einmal mehr Frontmädel Seraina Telli mit ihrem facettenreichen, kräftigen Stimmorgan. Songtechnisch setzt das Quintett auf bewährtes Material ihres Debütwerks. «Creator Of Hell», bei dem die Damen ihren Hexen-Walzer vorführen, vermag dieses Mal besonders zu überzeugen. Album Nummer zwei steht übrigens offenbar bereits in den Startlöchern und soll noch in diesem Winter erscheinen.
Iced Earth
Das Gaswerk verwandelt sich immer mehr in eine Sauna. Das könnte während des Auftritts des Headliners zu einer intensiven Hitzeschlacht kommen. Im Gegensatz zu den beiden Support-Acts haben die Amis die ganze Bühne als «Spielwiese» zur Verfügung. Ich erlaube mir einmal, für Iced Earth ein neues Genre ins Leben zu rufen: Hymnen Metal. Dass diese Bezeichnung alles andere als unpassend ist, stellen die Herrschaften mit dem Start-Song «Great Heathen Army» sogleich eindrücklich unter Beweis. Sowohl für Gonoreas als auch die Witches ist das überaus lehrreicher Anschauungsunterricht.
Für viele ist der ehemalige Sänger Matt Barlow ja das Mass aller Dinge. Mit Stu Block hat Bandleader Jon Schaffer aus einer Sicht jedoch einen eben so talentierten Herrn für den Job am Mikrofon gewinnen können. Was der Kanadier hier stimmlich zeigt, ist schlichtweg top. Schade, dass sein Mikro ausgerechnet bei «Seven Headed Whore», einem der mitreissendsten Stücke des aktuellen Werkes «Incorruptible», phasenweise den Geist aufgibt. Ansonsten geht der Gig von Iced Earth aber komplett ohne weitere technische Schwierigkeiten über die Bühne.
Anfang des Jahres durfte ich die Herren ja schon einmal im Z7 live erleben. Im Vergleich zu heute hatten sie damals ein bisschen mehr Spielzeit zur Verfügung. Das wirkt sich natürlich auf die Setliste aus. Waren es in Pratteln noch 18 Tracks, müssen wir uns in Winterthur mit 12 Stücken begnügen. Sowohl die «Something Wicked»-Trilogie als auch «I Died For You» wurden aufgrund dessen leider gestrichen.
Vor dem Zugaben-Block beginnt mein sprachaffines Gehör ein bisschen zu leiden. Diese Aussprache des Bandnamens scheint bei zahlreichen Zuschauern für Schwierigkeiten zu sorgen. Das klingt dann in etwa so: «Ei-sed-Örth». Nicht gerade der pure Hörgenuss. Der Headliner lässt sich nicht lumpen und haut mit «Clear The Way (December 13th, 1862)» nochmals eine längere Hymne raus. Den endgültigen Konzertabschluss bildet schliesslich «Watching Over Me», welches Jon und Co. dem verstorbenen Vinnie Paul widmen.
Das Fanzit
Das war ein gelungener Abend im Gaswerk. Sämtliche drei Akteure legten grundsolide bis bärenstarke Auftritte aufs Parkett. Kleinere, technisches Probleme bezüglich des Sounds konnten jeweils rasch behoben werden. Aufgrund der Sauna-Temperaturen hat sich die Zuhörerschaft sicherlich auch das eine oder andere Kilo von den Rippen geschwitzt.
Setliste – Gonoreas
- Bloodstones
- Seeds Of A New Future
- Destructive Ways
- Breakout
- When Nobody Asked
- Core Of Love
- Kursk
Setliste – Burning Witches
- Metal Demons
- We Eat Your Children
- Creator Of Hell
- Creatures Of The Night
- Bloody Rose
- Save Me
- Black Widow
- Holy Diver (Dio-Cover)
- Burning Witches
Setliste – Iced Earth
- Great Heathen Army
- Burning Times
- Dystopia
- Black Flag
- Seven Headed Whore
- Vengeance Is Mine
- Raven Wing
- The Hunter
- Angels Holocaust
- Travel In Stygian
- Clear The Way (December 13th, 1862)*
- Watching Over Me*
*Zugabe