Zum 35. Bühnenjubiläum gibt’s Alben 20 und 21
(Kaufi) Über die Karriere der Düsseldorferin Doro Pesch irgendwelche Worte zu verlieren, ist müssig. Der Blindschopf ist schon so lange aktiv in der Metalszene, die Bezeichnung „Metal Queen“ kommt nicht von ungefähr und diverse Klassiker pflastern ihre Karriere, vor allem auch aus der Zeit mit Warlock.
Und nun liegt endlich mal wieder neues Material vor. Seit „Raise Your Fist“ ist es nun auch schon wieder sechs Jahre her. Doro und ihre prima eingespielte Band sprühen offenbar nur so vor Ideen, denn das neue Werk präsentiert sich als Doppelalbum! Oder als zwei eigenständige Alben. Wie man’s nimmt.
Album 1 – Doro – Forever Warriors
(Kaufi) Die Fans und der Metal sind seit jeher das Wichtigste für Doro Pesch. Sie wird nicht müde, dies zu erwähnen, sei dies an den Konzerten oder auch in ihren Songs. Kein Wunder, dass der Opener des ersten Albums somit den Titel „All For Metal“ heisst! Zugegeben: Als ich den Song das erste Mal gehört habe, hat’s mich nicht gerade vom Hocker gehauen. „Nette Nummer, die aber live funktionieren könnte“ – dies waren so meine Gedanken. Und so ist es auch: „All For Metal“ ist bekanntlich die erste Single und wurde nun auf den Sommerfestivals bereits auf die Fans losgelassen. Mit fast euphorischen Reaktionen! „All For Metal“ ist eine simple Mitsing-Hymne, die auch den Klassiker „All We Are“ fast in den Schatten stellt. Dazu verfügt der Song – zumindest im Videoclip – über prominente Gäste: man sichtet Testament’s Chuck Billy, Sabaton sind dabei, Ober-Wikinger Johan Hegg darf „Metal“ brüllen und seine Mähne schütteln. Auch Mille sowie Tommy Bolan sind kurz zu sehen, genauso wie Jeff Waters und der mittlerweile verstorbene Warrel Dane. Durchaus ein Anfang nach Mass!
Weiter geht’s mit dem schnellen „Bastardos“, welches zwar mit ziemlich Wumms daherkommt, aber insgesamt nur bedingt zu überzeugen vermag. Auch „If I Can’t Have You –No One Will“ hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Balladesk beginnend entwickelt sich der Song zu einer harten Nummer, die vor allem auch durch den „Gesang“ von Amon Amarth Fronthüne Johan Hegg dominiert wird.
Eine richtige Ballade ist dafür dann „Soldier Of Metal“, welche zweifellos einen ziemlichen Old School Spirit versprüht und einmal mehr Doro’s Verbundenheit zum Metal und zu den Fans zelebriert.
Richtig geil ist dafür „Turn It Up“. Auch hier geht Doro zurück zu den Wurzeln (nicht nur aufgrund der Textzeile „I Rule The Ruins“, das ist insgesamt ein frisch klingender 80er Song, der problemlos auch auf „Triumph & Agony“ Platz gehabt hätte. In die gleiche Kerbe haut das treibende „Blood, Sweat and Rock’n’Roll“, ein weiteres Highlight, welches auch live sicher gut rüberkommen könnte.
Recht überraschend folgt mit „Don’t Break My Heart Again“ ein Titel, den die Band von Whitesnake gecovert hat. Über Sinn und Unsinn lässt sich hier natürlich immer streiten, aber tönen tut’s nicht schlecht, vielleicht auch weil die Nummer einen Zacken härter gespielt ist als das Original.
Gegen Ende des ersten Silberlings wird’s dann wieder ruhiger. Die Ballade „Love’s Gone To Hell“ gehört in die Kategorie „na ja“. Mit „Freunde Für’s Leben“ führt Doro danach die Tradition der in Deutsch gesungenen Songs weiter. Klar – stilistisch geht das genau in die gleiche Richtung wie die Übernummer „Für Immer“, und zwar textlich wie musikalisch. Irgendwie wäre das noch cool, wenn dieser Song live mal anstelle des Klassikers gespielt würde. Aber das sind dann wohl Wunschträume… „Freunde für’s Leben“ ist jedenfalls einer der Pluspunkte auf „Forever Warriors“!
Den Abschluss von Album Nummero eins bildet „Backstage To Heaven“, ein relativ harmloser Stampfer, der nicht sehr spektakulär ist, aber dennoch durchaus hörbar daher kommt. Bemerkenswert sind hier allerdings die Saxofon-Einschübe, welche von Helge Schneider (ja, genau der Typ mit dem „Katzenklo“) gespielt werden. Und Doro zeigt hiermit einmal mehr, dass sie keine Berührungsängste mit was oder wem auch immer hat…
Album Eins hinterlässt einige Fragezeichen. Einigen richtigen Hymnen und bockstarken Songs stehen einige mittelmässige und eher maue Titel gegenüber. Weil auf der „Haben“-Seite allerdings zwei Titel stehen, die das Potenzial zu richtigen Live-Klassikern haben („All For Metal“, „Freunde Für’s Leben“) gebe ich mal 7.5 von 10 Punkten. Mal schauen, was Pam zu „Forever United“ zu sagen hat!
Die Königin des Volkes
(pam) Danke Kaufi fürs Vorspuren. Wie Kollege K geht bei mir ungern was Negatives zu Doro und Band über die Lippen und Fingerkuppen. Zu viel Respekt habe ich vor dem Lebenswerk der Düsseldorferin. Sie war und ist immer ein grosser Fan des Metals und deren Legenden wie Lemmy und Dio, die sie auch immer gerne als Freunde bezeichnet und mit stolz die diversen gemeinsamen Schöpfungen präsentiert. Dazu mehr später. Aber Doro – und das vergisst man halt ab und zu fast ein bisschen, weil sie sich grad immer als grosser Fan zelebriert – gehört auch selber schon zu den Legenden. Bei den Frauen kann ihr über die gesamte Karriere von über drei Jahrzehnten niemand das Wasser reichen. Drum ist sie ja auch die Queen des Metals. Sie ist einfach eine Königin des Volkes, die die Sprache ihrer treuen Ergebenen spricht – aber auch nicht unbedingt bekannt dafür ist, dass sie sich grossartig unters Volk begibt. Da hat sie irgendwie ein bisschen Schiss davor. Siehe u.a. die Metal-Cruises, bei denen sie jeweils die Kabine nur für ihre Auftritte verlässt.
Nun, eine Königin des Volkes muss sich ja auch nicht zwingend mit dem Pöbel abgeben, sondern in erster Linie wie schon erwähnt die gleiche Sprache sprechen und natürlich immer wieder ein bisschen Brot und Musik liefern. Und das tut sie ja, auch wenn es in den letzten Jahren mit neuen Songs eher ein bisschen länger dauerte. Dafür haben wir ja jetzt zwei Langrillen zu besprechen und somit zu Album Nummero due.
Album 2 – Doro Forever United
(pam) Die beiden Alben-Titel brodeln ja schon von Pathos und Clichés. Das hat aber Doro schon immer und immer auch gut gemacht. Sie ist halt schon auch ein bisschen Manowar, auch wenn sie mehr die Einheit der Metal-Community besingt und dabei weniger ausgrenzt als Joey DeMaio und seine Mitstreiter. Doch sehr «trve» ist das Ganze bei Doro auch schon seit vielen Jahren. Entweder geht’s bei ihr um Herzschmerz oder eben um den Metal per se.
Forever United ist mit 38 Minuten 3 Minuten kürzer als Forever Warriors. Also bei mit neun respektive zehn Songs eher an der unteren Grenze (es sind noch sechs Bonus Tracks angekündigt, wo die dann drauf sind, ist leider noch nicht ganz klar). Da könnte man ein erstes Fragezeichen setzen, warum zwei Alben rausbringen, wenn diese zusammen schon fast auf einer CD mit einer Kapazität von 74 Minuten Platz hätten? Insbesondere da Kaufi bei der ersten Scheibe doch den einen oder anderen Füller entdeckt hat.
Mal schauen, ob ich solche auf dem zweiten Wurf auch finden werde. Der Opener «Résistance» kracht schon mal rein, auch wenn es auf United eher noch mehr Balladen enthalten sind als auf der Warriors. Somit bleibt es mehr oder weniger bei einem eher schnelleren Song. Das ist schon mal einer der Schwachpunkte der zweiten Scheibe. Der Song selbst ist ganz OK, auch wenn ich das Gefühl habe, diesen in einer ähnlichen Art und Weise – vor allem der Chor der Jungs – auf einem der Vorgängeralben schon gehört zu haben … ah, klar der Titel und Eröffnungssong vom Vorgänger «Raise Your Fist In The Air» … hat ja auch eine ähnliche Botschaft. Aber Doro ist ja auch nicht bekannt dafür, sich mit jedem Album neu erfinden zu müssen. Das ist auch gut so.
Dann geht’s Los mit einem Herzschmerz-Song nach dem anderen. Der beste von allen kommt mit «Lift Me Up» gleich am Anfang. Den find ich echt stark. Sehr schöne Mid-Tempo-Nummer mit dem eindeutigen Doro-Gütesiegel. Der darf gerne auch live gespielt werden. Gefällt mir persönlich sehr gut.
«Heartbroken» schwimmt da im gleichen Fahrwasser gleich hintennach. Auch gut, aber wenn man halt das Album in einem Stück durchhört, dann wird es einem schon bald mal langweilig und irgendwann möchte man einfach wieder einen richtigen Kracher à la «Revenge».
Ja, und auch «Cuts So Deep» ist ein guter Song. Aber eben – ich wiederhol mich in den nächsten Zeilen leider sehr oft, aber so ist eben auch das Album – wieder einen Heiratsbeschleuniger (wie es Kaufi jeweils so schon schreibt). Von der Melodie her kommt mir hier grad «Even Angels Cry» in den Sinn.
Und was kommt jetzt? Yep, ein weiterer Herzschmerzer. Wenn auch mit etwas mehr Tempo. Das ist doch schon mal gut, um die Hörer wieder aufzuwecken. Wenn Doro doch nur mal textmässig etwas abwechseln würde. Wären da nur die Texte und die auf Deutsch, man hätte ein volksdümmliches Schlageralbum vor sich. Ich wills nicht sagen, aber Doro, die Helene Fischer des Metals? Verzeiht mir die Zeile, aber bei den doch eher simplen Reimen zum Thema Liebe und allem was dazugehört, kommt dieser Gedanke unweigerlich. Muss da Doro in ihren Liedern was kompensieren? Ich hoffe ihr Liebesleben ist nicht ganz so dramatisch …
Lassen wir das Thema ohne den Tiefpunkt «1000 Years» gross zu erwähnen («szausend» hört sich einfach schräg an). Aber definitiv ein weiterer Schwachpunkt von diesem Album sind diese vielen thematisch ähnlichen Lieder. Lieber zwei, drei davon weglassen und man wäre bei einem wirklich guten Album mit Warrior zusammen.
Forever Lemmy
(pam) Man findet mit «Fight Through The Fire» doch noch einen Stampfer, der jetzt aber das Steuer nicht komplett rumreist. Und dann gibt es noch zwei Tribute an Lemmy. Einerseits mit dem Motörhead Cover «Lost In The Ozone». Hm … warum nicht eine schnellere, typischere Motörhead Nummer oder eine mit einem catchy Refrain à la Doro wie «No Voices In The Sky» als Kontrast zum Restprogramm?
Und schliesslich noch «Living Life To The Fullest» … Doro soll die Idee dieses Songs zu Ehren von ihrem Kumpel Lemmy während dem Flug an dessen Beerdigung gehabt haben. Natürlich ist es auch ein Herzschmerz-Lied («… how I’ve been missing you … in my heart, deep in my heart …»). Das Stück startet vielversprechend mit Klavier, Streichinstrumenten und schottischen Snare Drums und sorgt für entsprechende Dramatik, die dann mit schweren, schleppenden Gitarren verstärkt wird. Doro setzt gleich ein mit dem Refrain und dieser zieht sich wie ein Mantra durch das ganze Stück. Am Ende nuschelt Lemmy selig dann noch was Unverständliches.
Ich möchte ungern negativ über ein solches persönliches Stück schreiben und glaube Doro auch absolut, dass jede Zeile tief aus ihrem Herzen kommt. Dennoch habe ich meine Mühe mit diesen Lemmy-Tribute-Songs. Wie schon bei Metallicas «Murder One» hätte ich mehr was im Stile von Lemmy bzw. Motörhead erwartet; sprich schneller, dreckiger und vor allem Rock n’ Roll. Halt so wie es Motörhead selber mit z.B. dem Ramones Tribut «R.A.M.O.N.E.S» gemacht haben. Typisch Motörhead, jedoch so, dass man denkt, das Original sei von den Ramones selbst. Oder Amon Amarth mit «Snake Eyes» – da hat man das Gefühl das Original käme von Motörhead.
Das Artwork
(pam) Die Artworks der beiden Alben unterscheiden sich nur in der Farbe: Forever United ist einfach bläulich und Forever Warriors rötlich … das hatten wir doch schon mal Anfangs 90er mit einer Band aus Los Angeles … Zu sehen auf dem Cover ist Doro wie so oft auf ihren Alben als heisse Metalbraut – gut, das ist sie auch noch mit den über 50 Lenzen – gefolgt von einer wilden Gang inklusive einem Wolf zu ihrer Rechten. Das Artwork gestaltete Doros Lieblingsdesigner Geoffrey Gillespie, der alle Alben inklusive schon «Triumph Of Agony» von Doro verantwortet. Keiner malt die Queen besser und ich finde, bei den Artworks muss sich Doro nicht verstecken. Die gemalten waren all über die Jahre absolut top. Fun Fact: Doro war übrigens bevor sie voll auf die Karte Musik setzte selber grafische Designerin.
Das Fanzit
(pam) Zwei Alben für wenig Geld für die Fans. Aber nicht für die, die nicht die ganze Diskografie der Metal Queen ihr Eigen nennen. Da gibt’s nebst den Warlock Klassikern aus meiner Sicht bessere, weil abwechslungsreichere Scheiben – auch solche aus dem neuen Jahrtausend wie «Warriors Soul», «Fear No Evil» und insbesondere der Vorgänger «Raise Your Fist». Vor allem auf Letzterem hatte es ein, zwei ganz geile High-Speed-Nummern drauf, die auch live gut kommen wie «Revenge», «Take No Prisoner».
Wenn man jedoch die beiden «Forever …»-Scheiben zu einer komprimiert, den einen oder anderen Füller oder Herzschmerz-Song weglässt, dann wäre es eine Hammerscheibe. So oder so bleibt sich Doro treu und die Queen liefert alles in allem wie immer gute Qualität und positive Energie.
Ab Release reinhören und beide Alben im Duo portofrei bestellen
Line-up Doro
- Doro Pesch – Gesang
- Luca Princiotta – Gitarre
- Bas Maas- Gitarre
- Nick Douglas – Bass
- Johnny Dee – Drums