Mit Max im kleinen Club
(Domi The Stick) Am 23. Juli zerlegte Soulfly aus Brasilien zusammen mit Expellow aus der Schweiz das Dynamo in Zürich. Draussen war es heiss, drinnen befand man sich in der Hölle. Was Expellow-Frontmädel Mik und ihre Jungs begannen, beendete Max Cavalera mit seinen Mannen einige Stunden später: Das Publikum mit harter Musik zu bedonnern, bis keine Energie mehr vorhanden ist.
Meine Vorfreude auf dieses Konzert war riesig. Soulfly ist für mich persönlich der interessanteste und beste Abschnitt aus Max Cavaleras Werdegang. Live gesehen hatte ich die Band aber noch nie, nur Sepultura (ohne Max und Igor) und «Max And Igor Return To Roots». Von der Vorband Expellow hatte ich bisher nur gehört, kannte sie jedoch nicht näher.
Expellow
(Raphi) Heute bin ich nicht als offizieller Vertreter von Metalinside vor Ort, aber einige Worte zu Expellow möchte ich trotzdem gerne loswerden, denn der heutige Auftritt der Metalcore-Formation strotzt nur so von Spielfreude. Es ist allen fünf Bandmitgliedern anzusehen, dass sie sich sehr freuen, für Soulfly eröffnen zu dürfen. Zu Beginn macht sich natürlich die vorhandene Nervosität durchaus bemerkbar, aber eigentlich bereits ab dem zweiten Stück ist davon kaum mehr etwas zu spüren. Da ist richtig Energie vorhanden auf der Bühne. Bei „Black Hole Minds“ fühle ich mich stellenweise an den fantastischen Gig im Galvanik erinnert. Sängerin Mik ist ständig in Bewegung, mal hier, mal da. Hinter ihr tauschen die Herren an den Saiten immer wieder die Plätze, so dass richtig was los ist auf der Bühne und Drummer Moritz steht die Freude immer mal wieder mit einem grossen Grinsen ins Gesicht geschrieben. Da der hintere Teil der Bühne durch Soulflys Dekoration und Schlagzeug belegt ist, bleibt für Expellow gerade mal die vordere Hälfte übrig und das ist definitiv zu wenig. Eine solch aktive Band hätte wahrhaftig eine grössere Bühne verdient! Expellow überzeugen heute restlos und zeigen einmal mehr, dass sie enorm energetische Liveshows bieten können.
(Domi The Stick) Energetisch ist genau das richtige Wort, um die jungen Metalcorer zu beschreiben! Anfangs zögere ich noch, tatsächlich scheint die Band angespannt zu sein. Nur wenige Minuten später ist dies aber verflogen und das Publikum bekommt ein erstes Mal so richtig auf die Fresse. Die starken, nicht übertriebenen Breakdowns runden die sehr druckvollen Songs ab. Die bereits von Raphi erwähnte Aktivität der Musiker erstaunt auch mich. Selbst zwischen den Songs kann Mik nicht stillstehen und geht dauernd hin und her. Während einem Song fliegt dann auch mal ein Monitor vom Bühnenrand runter, so wild geht es zu und her! Ohne Zweifel eine Band, auf die man auch weiterhin ein Auge werfen muss…
Soulfly
Soulfly ist schnell, Soulfly ist brachial. Und die Songs von Soulfly funktionieren auch, wenn man gar nicht den ganzen Track vorgespielt bekommt. So gibt es zu Beginn die beiden Songs «Frontlines», bei dessen Aufnahmen Slayers Kerry King mitwirkte, und «Prophecy» zu hören – jedoch nur teilweise! Was Soulfly zudem gut kann, sind «Doppel-Songs», wie ich diese Konstellationen mal zu nennen wage: Einen Song beginnen, mittendrin wechseln, und mit dem zweiten Song aufhören. Dies geschieht sogleich mit dem Doppel «Fire» / «Porrada». Wer jetzt noch nicht genug hat (und das dürften sehr wenige sein), kommt spätestens jetzt auf seine Kosten: Bei «Blood Fire War Hate» wird extrem aufgedreht, es gibt kein Halten mehr. Auch wenn ich links, rechts und weiter hinten schaue; der ganze Saal brüllt mit wutverzerrtem Gesicht mit!
Als nächstes folgt jener Song, den ich am meisten erwartet hatte: «Rise Of The Fallen» vom Album «Omen». Die 2010 veröffentliche Scheibe ist insgesamt sehr stark und wahrscheinlich das von mir am meisten gehörte Soulfly-Album, der erwähnte Song einer der besten Tracks der Scheibe. Leider waren meine Erwartungen aber wohl etwas zu hoch angesetzt. Da auch dieser Song, wie viele andere, eine Kollaboration mit anderen Musikern ist, kann er nicht wie ab Platte gespielt werden. Greg Puciatos Gesangsteil kommt leider viel zu wenig rüber, und so bin ich dann von diesem Stück eher enttäuscht.
Die Enttäuschung ist aber nur von kurzer Dauer. Sogleich gibt es «Summoning», einen Track des im Herbst erscheinenden Albums «Ritual», auf die Ohren. Tönt gut! Auch die folgenden Songs «Mars», «No Hope = No Fear» und «Downstroy» sprechen für sich selbst. Die Action findet nicht nur auf der Bühne statt, auf welcher die Musiker auf ihre Instrumente eindreschen. Neben Max selber speziell zu erwähnen ist sein Sohn Zyon, der sich hinter der Schiessbude schier die Hände blutig trommelt. À propos Trommeln, nun folgt eine Session, bei der Zyon hinten rumtrommelt, während die drei anderen Musiker Trommeln an den Bühnenrand gestellt bekommen und da rumtrommeln. Okay, ich erwähne das Wort «Trommeln» nicht mehr. Für mich als Schlagzeuger ein sehr cooler Moment des Konzerts, allerdings gefällt dies – wie auch oft die Drumsoli – nicht wirklich allen Besuchern.
Es folgen das Doppel «Bleed» / «Plata O Plomo» (bei letzterem singt das Publikum den Titel wieder lauthals mit) sowie der Hit «Tribe». Mit diesem Soulfly-Klassiker-Triple hat Max schnell wieder jeden, vom vorne bis ganz hinten, auf seiner Seite. Auch «Back To The Primitive» tut dem kein Abbruch. Davor wäre gemäss Setliste noch ein Berimbau-Solo geplant gewesen, dieses wird allerdings nicht dargeboten – ob geplant oder nicht, weiss im Publikum wohl niemand. Nach dem Doppel folgt «No», bei welchem Max sich über Missstände in der Musikindustrie auslässt. Als Abschluss gibt es noch «Jumpdafuckup» auf die Ohren, leider nur Intro bis erster Refrain (wie an vielen Konzerten). Die Alle-sitzen-ab-und-springen-auf-Einlage ist aber ganz cool, es darf ein (zweit)letztes Mal ausgerastet werden). Der letzte Song ist «Eye For An Eye», bei welchem noch ein kleines Mädchen auf die Bühne darf, welches das ganze Konzert in der ersten Reihe ausgehalten hatte. Trotz Sprachbarriere finden die beiden einen Weg miteinander zu kommunizieren: die Musik. Was kitschig tönt, ist tatsächlich wahr. Max hat dabei sichtlich Spass, die Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Das Fanzit
Heute sind wohl alle auf ihre Kosten gekommen: Expellow, welche ein zu diesem Zeitpunkt mittelmässig gefülltes Dynamo rocken durften; Soulfly und allen voran Max Cavalera, denen der Spass am Musizieren sehr gut anzusehen war; und das Publikum, welches mit Unterstützung der Bands das Lokal auseinandernahm. Schwitzig wars, bierig wars, alles stinkt – aber im Gegensatz zum Gestank bleibt die Erinnerung an einen genialen Konzertabend bestehen!
Setliste Soulfly
- Frontlines
- Prophecy
- Porrada
- Blood Fire War Hate
- Rise Of The Fallen
- Summoning
- Mars
- No Hope = No Fear
- Downstroy (mit Trommel-Session)
- Bleed / Plata O Plomo
- Tribe
- «Nailbomb»
- Back To The Primitive
- No
- «Roki»
- Jumpdafuckup / Eye For An Eye