Das Zebra ist der König
Eine Rock’n’Roll Party mitten unter der Woche. An einem Dienstag. Kann das funktionieren? Nun, wenn die richtigen Bands spielen, dann klappt das sogar problemlos!
Das Mascotte ist zumindest in Zürich kein unbekannter Laden. Die heimischen King Zebra laden hier zur Party und haben grad auch noch die Winterthurer Rocker Gloria Volt dabei. Die Vorzeichen stimmen, also ab nach Zürich! Im Club angekommen herrscht allerdings noch gähnende Leere. DJ Beck in Black ist dafür schon am Werk und heizt der nun langsam eintrudelnden Hörerschaft mit 80er Klassikern ein.
Gloria Volt
Der Name Gloria Volt ist mir durchaus ein Begriff und irgendwie glaube ich mich zu erinnern, dass ich die Truppe auch schon (zumindest teilweise) live gesehen habe. Mit etwas stöbern im Internet findet man prompt die Bestätigung: Im Jahr 2012 waren die Jungs als Opener bei Mötley Crüe in Basel am Start!
Vollgas Rock’n’Roll ist angesagt! Dass hier wahrlich keine Frischlinge am Start sind, ist von der ersten Sekunde an hör- und spürbar. Speziell Fronter Fredi steht kaum eine Sekunde still: Er hüpft, springt, animiert, headbangt, spielt Luftgitarre. Das macht Laune!
Zugegeben, ich kenne mich mit dem Songmaterial nicht so sehr aus. Das müsste man eigentlich auch mal ändern… Doch einige Dinge gehen mir schon ins Ohr. Die Powerballade „Keep This Time“ packt mich zwar nicht so sehr, ganz anders dafür das direkt darauf folgende „Dance With The Devil“, welches arschcool rüberkommt! Mit dem schwer AC/DC-lastigen „You Gonna Roll“ wird die Pace nochmals richtig angezogen, der mittlerweile proppenvolle Laden kommt nun langsam ins Schwitzen. Die Stimmung – vor allem in den vorderen Reihen – ist dementsprechend, natürlich sehr zur Freude der Band. Da scheinen sowieso einige grosse Fans der Winterthurer hier zu sein!
Nach genau einer Stunde beendet „Rollercoaster“ die Show und Gloria Volt werden mit sehr viel Applaus in den verdienten Feierabend geschickt. Coole Rock’n’Roll Show war das, keine Frage! Das tu ich mir gerne an anderer Stelle auch wieder mal an! Wer übrigens jetzt etwas neugierig ist: Gloria Volt kann man immer mal irgendwo antreffen, unter anderem im Januar beim legendären Ice Rock Festival im Emmental…
Setliste Gloria Volt
- Sydney
- World of Pain
- Never Ever
- 3 Angels
- Shout Loud
- Lose Alone
- Keep this Time
- Dance with the Devil
- You Gonna Roll
- Screamin‘ for Hollywood
- Need A Kick
- Call Me a Man
- Rollercoaster
King Zebra
Zugegeben: King Zebra war mir bis vor kurzem kein Begriff. Erst als der langjährige China-Sänger Eric St. Michaels da den Posten am Mikrofon übernahm und die Zürcher im Vorprogramm der Dead Daisies im Z7 spielten, wurde ich auf das Zebra aufmerksam. Die Band existiert seit 2012, hat sich dem klassischen 80er Sound verschrieben und mit Hilfe des in der Schweiz nicht unbekannten V.O. Pulver das Album „Wild! Wild! Wild“ aufgenommen. Nun ist seit kurzem wie erwähnt Eric St.Michaels der neue Sänger und jetzt will die Truppe mal etwas aufs Gaspedal drücken. Der Anfang ist heute im Mascotte mit der ersten Headliner Show, bei der zudem einige Überraschungen vorgesehen sind…
Mit dem saugeilen „Bad Reputation“ erwischen King Zebra den perfekten Start in den Abend. Die eh schon gute Stimmung wird sofort weiter angeheizt, im wahrsten Sinne des Wortes – Eric läuft bereits beim zweiten Titel „King Zebra“ der Schweiss runter! Bei Gitarrist Jerry verfliegt derweil jegliche Nervosität, der Kerl kriegt sein Strahlen bis zum Ende nicht mehr weg. Bassist Michi zupft derweil ziemlich cool auf seinen Saiten herum, doch auch ihm ist der Spass anzusehen. Drummer Ben ist dafür etwas versteckt, zumindest hab ich ihn leider kaum im Fokus. Leadgitarrist Lauer schlussendlich zeigt sich immer mal wieder auch in der Bühnenmitte und zockt ein paar saugeile Soli.
„Man In The Mirror“ ist der erste von einigen neuen Songs, welche King Zebra heute Abend spielen. Im Gegensatz dazu steht das geile „Star Attraction“, welcher schon im Z7 auf dem Programmzettel aufgeführt war. Cover Versionen sind am heutigen Abend ebenfalls ein Thema. Den Beginn diesbezüglich macht „Fortunate Son“ von Creedence Clearwater Revival, bevor Eric das erste Mal die Bühne verlässt. Denn für „Wild Animals“ und „Glamrock City“ (YAY!) überlässt er das Mikro dem ersten Gast: seinem Vorgänger Hoochy! Coole Aktion der Band, der Originalsänger wird dementsprechend auch gefeiert vom Publikum.
Eric bedankt sich für das zahlreiche kommen, mit 350 Leuten ist der Laden ausverkauft! Ja, es ist wirklich verdammt voll, ich frag mich irgendwie, wo zum Geier hier so viel Volk überhaupt Platz hat… Auf der Bühne rückt nun Jerry in den Hintergrund und überlässt für das Stones-Cover „Sympathy For The Devil“ seinen Platz dem nächsten Gast. Niemand geringeres als Eluveitie Sechssaiter Jonas übernimmt den Lead und zockt ein starkes Solo. Wahrlich eine Überraschung!
Kontrastprogramm. Nachdem Jonas wieder weg ist, verlässt auch der Rest der Band die Bühne, während der Fronter mit seiner 12-saitigen Klampfe zurückkehrt. Eine Verschnaufpause kündigt sich an. Eric spielt den China-Song „Gates Of Heaven“. Normalerweise finde ich das ja immer eher mau. Doch heute ist das schlicht fantastisch – selten hab ich diesen Song dermassen gut gefunden!
Nach „Bad Idea“ der nächste Gast und der wohl krasseste Kontrast… Lemmy kommt auf die Bühne! Ähm – Moment mal: Wer?? Ok – es ist natürlich nicht der legendäre Motörhead Fronter. Es handelt sich um Thin Lem, den Sänger der Motörhead Tribute Band Kilmister. Und plötzlich macht alles mit den heutigen Gästen irgendwie Sinn! Denn vor knapp zwei Jahren spielten Kilmister zu Ehren von Lemmy den „Lemmy Bash II“ in Aarau. Und auf der Gästeliste damals standen Namen wie Eric St. Michels, Jonas Wolf oder Michael Mutter… Und jetzt also Motö…äääh: Kilmis…äääh… ach egal: „Ace Of Spades“! Brachial und laut ist es – dem Original natürlich so geschuldet.
So, jetzt aber wieder back to Business! „Don’t Stop Me“, „Firewalker“ und „Like A Hurricane“ bilden den vorläufigen Abschluss. Die beiden letzten Songs kann der geneigte Fan heute Abend als Vinyl Single käuflich erwerben, ich persönlich müsste da eher was in digital haben. „Firewalker“ hat seine Live Premiere ja schon im Z7 hinter sich gebracht, „Like A Hurricane“ im Hall of Fame.
Grosser Jubel im Publikum bei der ersten Zugabe! Ein Cover… Ganz streng genommen hat nämlich auch Eric nicht allzu viel mit diesem Song am Hut, denn China haben den bereits vor seiner Zeit geschrieben. Aber scheissegal: „In The Middle Of The Night“ ist sicher der bekannteste Titel der Chinesen und auch heute noch einer der besten! So gesehen also kein Wunder, dass hier das Abräumkommando nochmals in Aktion ist… Zur aktuellen Single „That’s The Way I Like It“ (zu finden auf Youtube) und dem Neil Young Cover „Rockin‘ In The Free World“ wird kaltes CO2 auf die Bühne und ins Publikum gespritzt und die Bühne versinkt schlussendlich in mehrmaligen silbernen Konfettiregen. Ein spektakuläres Ende einer grossartigen Clubshow!
Setliste King Zebra
- Bad Reputation
- King Zebra
- Man in the Mirror
- Star Attraction
- Fortunate Son
- Intro Wild Wild Wild
- Wild Animals
- Glamrock City
- Sympathy for the Devil
- Gates of Heaven
- Bad Idea
- Ace Of Spades
- Don’t Stop Me
- Firewalker
- Like A Hurricane
- In The Middle Of The Night*
- That’s The Way I Like It*
- Rockin‘ In The Free World*
*Zugaben
Das Fanzit
Gut möglich, sogar wahrscheinlich, dass der Einstieg von Eric St. Michaels bei King Zebra der Band einen Boost gebracht hat, denn China sind sicherlich eine der bekanntesten heimischen Truppen. Dass die Fans deren Sänger natürlich immer noch etwas im Fokus haben, ist naheliegend. Ich hätte ehrlich gesagt nie damit gerechnet, dass heute dermassen viele Leute anwesend sind – zumal an einem Dienstag! Dem sagt man dann wohl „positive Überraschung“… Und man mag es den sympathischen Jungs gönnen!
Zwei Bands rocken also das Mascotte, beide bestens aufgelegt. Gloria Volt überzeugen mit ihrem dreckigen Rock’n’Roll (irgendwie kommt mir das Wort „Strassenköterrock“ in den Sinn, aber ich weiss nicht mehr, auf wen das ursprünglich bezogen war). Und King Zebra bieten auch dank den unterschiedlichen Gästen 90 Minuten geile Mucke mit viel Abwechslung und keiner Sekunde Langeweile! Rock’n’Roll is alive!