Wo bleibt bloss die angemessene Unterstützung?
Die zweite Swiss Metal Attack-Veranstaltung des laufenden Jahres bot ebenfalls einen gelungenen Einblick in die Vielfalt und das Talent unserer lokalen Szene. Leider schien dies wieder einmal bei viel zu wenigen Leutchen Begeisterungsstürme ausgelöst zu haben, denn das Mini Z7 war an diesem Samstagabend eher dürftig besucht. Was die Daheimgeblieben verpasst haben, werde ich im nachfolgenden Bericht gerne genauer erläutern.
Vor knapp fünf Monaten hatte ich schon einmal genau dieselbe Mission wie heute: Ab nach Pratteln reisen, um dort ein paar Schweizer Metal-Bands zu supporten. An die bärenstarken Auftritte von Soulline und Ørefik erinnere ich überaus gerne zurück. Unglücklicherweise blieb der grosse Besucheransturm damals auf. Ich hoffe, dass es diesbezüglich zu einer Verbesserung kommen wird. Gemeinsam mit dem Z7-Team ermöglicht Gonoreas-Gitarrist Damir Eskic dieses Mal folgenden Kapellen eine Auftrittschance: Tyrmfar, Drïzella, Sickret, Radwaste, Megora und Abinchova. Letztgenannte agieren als Ersatz für die ursprünglich eingeplanten Killer, da die Solothurner nach wie vor auf der Suche nach einem neuen Sänger sind.
Leicht gestresst eile ich raschen Schritts vom Bahnhof zur Konzertfabrik. Die erste Band wird ja bereits um 18 Uhr die Bühne betreten. Bei insgesamt sechs Gruppen habe ich gegen einen frühen Beginn allerdings überhaupt nix einzuwenden. Beim Betreten des Metal-Tempels wird umgehend klar, dass die heutige Veranstaltung im Mini Z7 ausgetragen wird. Da die letzten Swiss Metal Attack-Events allesamt eher mässig besucht waren, ist dies vielleicht gar keine so schlechte Idee. Zudem sorgt die kleinere Bühne für eine etwas intimere Club-Atmosphäre.
Tyrmfar
Den Auftakt machen die aus dem Kanton Wallis stammenden Tyrmfar mit ihrem melodiösen, tödlichen Schwarzmetall. Die Sonnenstube der Schweiz hat immer wieder interessante Bands zu bieten. Dazu zählen sicherlich auch Cremation oder Trollort. Letztgenannte haben sich jedoch leider erst kürzlich aufgelöst. Aber eventuell kann ich meinen Walliser Band-Horizont mit Tyrmfar ja wieder um einen Namen erweitern.
Das Quintett gibt trotz überschaubarer Kulisse von Beginn weg Vollgas. Sänger Robin steht schon bald ziemlich schweissgebadet da und muss sich deshalb den einen oder anderen Schluck Wasser genehmigen. Sein kräftiges Stimmorgan funktioniert durchgehend tadellos. Er ist zweifelsohne einer der Aktivposten der Truppe. Für die Soundqualität hat der Fronter nur lobende Worte. Aber auch Gitarrist Kévins propellerartige Headbanger-Künste können sich sehen lassen. Im hinteren Bühnenteil drischt derweil Quentin mit vollem Elan auf seine Felle ein.
Ein sehr geiler Start in die heutige Veranstaltung, der zweifelsohne ein paar Zuschauer mehr verdienen würde. Zu hören gibt’s beinahe ausschliesslich Material der bisher veröffentlichen Werke der Südwestschweizer. Das wären auf der einen Seite die 2015er-EP «In The Depths Of A Dark Spirit» und dann noch das Debütalbum «Human Abomination» aus dem vergangenen Jahr. Der nächste Silberling sei bereits in der Mache. Davon haben die Jungs in Form des Tracks «The Commander Of Death» ebenfalls eine Kostprobe in petto. Klingt vielversprechend. Vergesst für einmal eure «Röschtigraben-Abneigung» und gebt diesem Quintett ruhig eine Chance.
Setliste – Tyrmfar
- The Commander Of Death
- Hunter
- Once Upon A Time
- Dark Hours
- When Angels Lose Their Wings
- Fierce Battle
Drïzella
Ist es ein Rivella? Ist es Godzilla? Nein, beide Male falsch, denn jetzt kommen die Burgdorfer Rocker von Drïzella. Der Vierer lässt diverse Stilrichtungen in ihre einzelnen Stücke einfliessen. Ich höre beispielsweise Black Stone Cherry (Southern Rock), Bullet (Heavy Metal), AC/DC (Hard Rock) oder Lenny Kravitz (jep, seine rockigeren Sachen und selbstverständlich nicht das Pop-Gesülze) heraus. Hinzu kommen zudem Elemente von Journey und Foreigner. Das Ziel der Jungs ist nicht bloss anhand ihrer Outfits erkennbar – es soll eine Reise zurück in die 80er-Jahre stattfinden. Nach den zuvor eher groben und aggressiven Klängen von Tyrmfar kann deshalb schon von einem Stilbruch gesprochen werden. Der erfahrene Swiss Metal Attack-Besucher weiss allerdings, dass man sich bei solchen Events darauf einstellen muss.
Drïzella besteht zur Hälfte aus Irony Of Fate. Damit sind die Herren Ref und Tom gemeint. Letztgenannter ist erst seit Kurzem mit von der Partie und wirkt zu Beginn bei seinem Bassspiel noch ein bisschen nervös. Schön zu sehen, dass sein Kollege regelmässig zu ihm hinsteht und ihn unterstützt. Es zeigt Wirkung. Bald schon wirkt Tom selbstsicherer und beginnt sogar mit dem Publikum zu interagieren. In dessen Reihen tummeln sich übrigens auffallend viele Mädels. Über eine zu niedrige Groupie-Quote dürfen sich die Berner somit nicht beklagen.
Genau wie zuvor bei den Wallisern wage ich auch nach dieser Show einen erneuten Abstecher an den Merchandise-Stand. Die Drïzella-EP «Alive» will unbedingt käuflich erworben werden. Da kriegt man nicht bloss die Scheibe, sondern ebenfalls noch ein nettes «Dankeschön!» oben drauf. Gern geschehen meine Herren, gute und engagierte Bands unterstütze ich stets mit dem allergrössten Vergnügen.
Setliste – Drïzella
- Lift Me Up
- Running Wild
- Nasty
- Alive
- No Regrets
- Take Your Best Shot
Sickret
Huch, wer hat denn den durstigen Fred und seine Kumpels von Limp Bizkit eingeladen? Ne, sie sind es nicht. Aber wir haben auch in der Schweiz starke Kapellen aus dem Nu Metal-Sektor. Der lebende Beweis steht gerade auf der Mini Z7-Bühne und hört auf den Namen Sickret. Die Jungs aus Sursee konnten mich bereits als Support-Act von Jonathan Davis überzeugen. Auch dieses Mal geht’s abermals ordentlich zur Sache. Blöderweise scheinen die modernen Klänge der Mehrheit des Publikums nicht wirklich zu schmecken. Da bevorzugen offenbar lieber einige ein «Lungenbrötli».
Frontmann Timmy Michels hat dann die Lacher auf seiner Seite, als er mit viel Akzent einen Song für die Französisch sprechende Zuhörer ankündigt. Gesagt getan – es gibt den Track «Pomme De Terre» (zu Deutsch: Kartoffel) in die Kauleiste. Gegen Ende wird dann noch intensiv die Werbetrommel für die anstehende Taufe ihres neusten Werkes «Trapped Behind Golden Bars» gerührt. Diese wird in exakt einer Woche – sprich dem 29. September – in der Braustation Sursee vollzogen werden.
Setliste – Sickret
- Break Your Line
- Doomsday
- Hypocritical
- Pressure
- So Sick
- Pomme De Terre
- 420
Radwaste
Eine Plattentaufe haben die Herrschaften von Radwaste bereits hinter sich. Ende Mai dieses Jahres wurde ihr neuster Streich «War Within» mit ziemlich viel Quöllfrisch in der Lenzburger Met-Bar begossen. Es ist das zweite Studioalbum der seit 2005 aktiven Thrash Metaller aus Döttingen. Doch zwischen der Band und mir funkt es leider einfach nicht. Instrumental ist das Ganze zweifelsohne hörenswert und sorgt für einige Augenblicke des Mähnenschüttelns. Sobald Klampfer Daniel Jerosch dann aber noch seinen Gesang beisteuert, empfinde ich die ganze Angelegenheit als nicht mehr sonderlich prickelnd – zumindest live, denn ab Konserve klingt’s ziemlich solide. Nächste Gelegenheit für den endgültigen Funkensprung? Der gemeinsame Gig mit Lotrify und Abinchova am kommenden Samstag im Werkk Baden.
Megora
Beim nächsten Act gestaltet sich die genaue Genre-Einstufung wieder etwas anspruchsvoller. Hauptsächlich werden die Basler dem progressiven Power Metal zugeordnet. In meine Ohren dringen allerdings auch Elemente aus den Sparten Heavy und Thrash Metal. Aber wir wollen an dieser Stelle gar nicht zu viel Zeit mit irgendwelchen Einordnungsversuchen verschwenden. Was mich weitaus mehr stört, ist die Tatsache, dass ich Megora bisher nicht auf dem Schirm hatte. Genau aus diesem Grund bin ich diesen Swiss Metal-Events überaus dankbar. Man lernt effektiv jedes Mal mindestens eine neue Truppe kennen.
Ein Kumpel und ich sind von der energiegeladenen Darbietung so angetan, dass wir uns vorbildlich dazu entschliessen, den obligaten Sicherheitsabstand, welchen das Publikum jeweils zur Bühne hält, zu durchbrechen und mitten vor der Band zu headbangen. Megora haben zwar zwischendurch mit kleineren Soundschwierigkeiten zu kämpfen, lassen sich davon aber keinesfalls aus dem Konzept bringen. Hier wird mit überaus viel Spielfreude agiert.
Die Setliste ist gefüllt mit Tracks der bisherigen Werke (EP’s und Studioalben). Mit «Running Away» gibt’s allerdings auch eine brandneue Nummer auf die Lauscher. Nach diesem Abriss von einer Show muss ich definitiv beim Merchandise nochmals ein paar Franken investieren. Passt, denn dadurch komme ich in den Besitz des 2015er-Albums «Burning Empire».
Setliste – Megora
- Burning Empire
- Born To Pay
- Mirrored Eyes
- Time For Illusion
- Ship Of Monotony
- New Approach
- Running Away
- Felskinn
- Moonstill Waters
Abinchova
Gewisse Gruppen gehen einem immer durch die Lappen. So ging es mir beispielsweise lange Zeit mit Finntroll. Dann kam plötzlich die Wende. Seither habe ich die Trolle immerhin schon drei Mal in Aktion erleben dürfen. Ähnliches erhoffe ich mir nun auch von der Akte Abinchova.
Kurz vor 23 Uhr findet also das gegenseitige Beschnuppern statt. Die Luzerner reizen die Kapazität der kleinen Bühne beinahe aus, denn die Band zählt sieben Mitglieder. Musikalisch haben sie sich einem Mix aus Folk und Melodic Death Metal verschrieben. 2018 wird offenbar als das Jahr der metallischen Plattentaufen in die Geschichtsbücher eingehen, denn auch die Innerschweizer haben Ende März in der Schüür eine solche abgehalten. «Weltenwanderer» ist das dritte Studioalbum der 2005 ins Leben gerufenen Kapelle und dominiert beim heutigen Auftritt ganz klar die Setliste. «Vom grünen Grund» und «Echo» sind somit die Exoten-Hymnen. Die Schweizer Version der glorreichen Sieben hat übrigens abermals etwas zu zelebrieren, denn Basser Wigi feiert heute Geburtstag. Da darf das obligate Ständchen selbstverständlich nicht fehlen.
Abinchova legen einen souveränen Auftritt aufs Parkett. Soundtechnisch verwundet es überhaupt nicht, dass die Luzerner gerne mit ihren Landsleuten von Eluveitie oder der deutschen Truppe Equilibrium verglichen werden. Lob verdienen sicher jedoch nicht nur die Herren, denn auch die beiden Mädels Patricia (Keyboard) und Nora (Gesang/Violine) leisten hervorragende Arbeit. Das Septett ist mit seinem regulären Set offenbar zu schnell fertig. So reicht’s am Schluss sogar noch in Form des Tracks «Gestaltenwandler» für eine Zugabe.
Tatsächlich steht das nächste Wiedersehen zwischen Abinchova und meiner Wenigkeit unverhofft früh an. Genau wie Radwaste werden auch sie am kommenden Samstag im Vorprogramm von Lotrify zu bestaunen sein. Der Anlass? Ja wie könnte es auch anders sein – selbstverständlich eine Plattentaufe!
Setliste – Abinchova
- Präludium
- Weltenwanderer
- Lichtfänger
- Vom grünen Grund
- Liedermacher
- Gewässerdieb
- Schatzhüter
- Sennenpuppe
- Echo
- Gestaltenwandler*
*Zugabe
Das Fanzit
Ich danke Damir und der Z7-Crew für die Durchführung eines erneut interessanten Swiss Metal Attack-Events. Dass unsere lokale Szene so viele talentierte Truppen zu bieten hat, erfüllt mein metallisches Herz jedes Mal aufs Neue mit Stolz. Heute Abend konnten insbesondere Megora, Tyrmfar und Drïzella für Furore sorgen. Soundprobleme waren glücklicherweise nur kurzzeitig ein Thema. Dank der Mini Z7-Bühne konnten die Besucher sehr nahe an den einzelnen Akteuren dran sein. Insgesamt war der Publikumsaufmarsch jedoch wieder eher enttäuschend. Das hätte an einem Samstagabend durchaus anders aussehen können. Doch anstatt wie in vergangenen Berichten auf der Nörgel-Schiene zu fahren, wende ich mich dieses Mal an alle Fans, die der Veranstaltung beigewohnt und auch ein paar Moneten am Merchandise-Stand liegen lassen haben. Ich ziehe meinen imaginären Hut vor euch, chapeau! Herzlichen Dank, dass ihr unsere lokale Metal-Szene und die dazugehörigen Bands heute Abend unterstützt habt.