Die Mädels geben den Ton an
Sowohl Halestorm als auch Devilskin sorgten am Sonntagabend unter anderem dank ihrer jeweiligen Frontdame für mitreissende Auftritte. Der Support-Act aus Neuseeland nutzte die Gunst der Stunde und spielte sich bei so manchem Zuhörer definitiv ins Gedächtnis. Anschliessend versetzte der Headliner den ausverkauften Dynamo-Saal in Dauerekstase. Alle weiteren Details zu diesem Konzertabend gibt’s im folgenden Bericht nachzulesen.
Halestorm rufen – und die Massen kommen. Dies hat schon bei den vergangenen Schweizer-Gastspielen der Amis bestens funktioniert. Egal, ob im Komplex Klub, im Plaza oder eben im Dynamo: Wenn Lzzy Hale und ihre Jungs einer Zürcher Location einen Besuch abstatten, kann das Vermelden des „Sold Out“-Status‘ eigentlich fix eingeplant werden. Veranstalter Mainland Music wird’s sicherlich freuen. Den heutigen Abend möchte die Band unter anderem dazu nutzen, der Zuhörerschaft ihren aktuellsten Streich „Vicious“ zu präsentieren. Ich bin im Vorfeld leider nicht mehr dazugekommen, mir das neue Material einmal reinzuziehen. Hoffentlich wird das Quartett aber ebenfalls den einen oder anderen Klassiker in die Setliste einbauen. Die für das Aufwärmprogramm verantwortlichen Devilskin sind mir (noch) überhaupt kein Begriff. Somit wird es abermals zu einer persönlichen Horizonterweiterung kommen. Mit Hopfentrunk in der Hand platziere ich mich auf der rechten Seite des Saals. Von hier aus habe ich trotz engen Publikumsreihen ein bisschen Freiraum und gute Sicht auf die Bühne. Lasst die Shows beginnen!
Devilskin
Mit dem Song «Pray» vom zweiten Album «Be Like The River» eröffnen die Alternativ Metaller ihren Gig. Blickfang ist – wie könnte es auch anders sein? – die attraktive Sängerin Jennie Skulander. Die sympathisch agierende Frontdame hat das Publikum rasch im Griff. Ihre starke Stimme ist absolut hörenswert. Dazwischen überrascht sie mit gelegentlichen Growls, was einige Zuschauer, die sich den gutturalen Gesang nicht wirklich gewohnt sind, ziemlich ins Staunen versetzt. Jep, heute Abend sind leider ein paar Konzerttouristen anwesend. Einige dieser Exemplare verhalten sich ziemlich störend. Anyway, davon lasse ich mir keinesfalls den Musikgenuss vermiesen.
Gitarrist Nail und Basser Paul Martin könnten beinahe als Zwillinge durchgehen. Beide setzen auf dieselbe Frisur (nämlich die nicht Existierende) und bei beiden sind die Bärte rot gefärbt. Nic Martin der – Sohn des Tieftöner-Mannes – hütet die Schiessbude der Truppe. Das Ensemble strotz regelrecht vor Spielfreude. Nail glänzt immer wieder mit packenden Soli. Der Herr kann definitiv mit seiner Klampfe umgehen. Rasch wird klar, dass sich Halestorm (oder je nach dem das involvierte Management) hier zweifelsohne den idealen Support-Act ausgesucht haben – was in der heutigen Zeit bei ab und an wild zusammengewürfelten Billings nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist.
Witzige Momente erleben wir ebenfalls. Ausgerechnet bei einem Song, der die Trinkerei zum Thema hat, kämpft Jennie mit einem kleinen Texthänger. Allerdings tut dies ihrer guten Laune keinen Abbruch. Das «Holy Diver»-Cover hätten die Neuseeländer jedoch auch weglassen können. Es ist keinesfalls schlecht vorgetragen, aber irgendwie habe ich das Stück in letzter Zeit zu oft in «gecoverter» Form gehört. Dio hätte ja schliesslich etliche andere Hymnen, die man vortragen könnte. Dank den Kollegen von Musig Pub TV mutieren einige Bandmitglieder kurzzeitig zu Kameraleuten. Ich bin gespannt, ob aus dieser Aktion brauchbare Aufnahmen entstanden sind. Gitarrist Nail wagt sich ein paar Mal bis an die Absperrung heran, um sich das Publikum ganz genau anzusehen.
Gegen Ende ihres Sets schicken Devilskin leider ein paar schwächere Lieder ins Rennen. Dies lässt die vorherrschende Euphorie ein bisschen verpuffen. Trotzdem würde ich die Neuseeländer definitiv weiterempfehlen. Wenn ein Support-Act eine Stunde Spielzeit zur Verfügung hat, will das ganz klar etwas heissen, oder? Die Fans sind jedenfalls bestens aufgewärmt für den Headliner.
Halestorm
Um 21.30 Uhr reisst der Headliner schliesslich das Zepter an sich. Jetzt kommt ordentlich Bewegung in die Publikumsreihen. Die Aushängeschilder der Band sind bekanntermassen die Geschwister Hale. Lzzy trägt eine rote Lederjacke und stolziert wie gewohnt auf extrem hohen Hacken durch die Gegend. Bei allen anderen Damen würde wohl ein Aussenknöchelbruch drohen. Doch nicht so bei der Halestorm-Frontröhre. Sie rockt die ganze Geschichte in souveräner Manier. Einzig ihre Stimme wirkt phasenweise ein bisschen heiser. Hat da gestern in Lausanne etwa jemand zu viel Gas gegeben? Komplett versagt ihr Stimmorgan glücklicherweise nicht. Für meinen persönlichen Geschmack hätte die Kurzhaarfrisur nicht unbedingt sein müssen. Fairerweise muss ich jedoch zugeben, dass Madame Hale dieser Look trotzdem irgendwie steht. Ihr Bruder Arejay setzt zu Anfang auf ein kunterbuntes Sakko und eine Sonnenbrille. Während seine Schwester die Gesangs- und Klampfenarbeit übernimmt, kümmert er sich um die Fellklopferei. Komplettiert wird die Truppe durch Bassist Josh Smith und den zweiten Gitarristen Joe Hottinger, der einen sehr chicen Hut trägt.
Das neue Werk ist gleich mit sieben Stücken in der heutigen Setliste vertreten. Der Titel-Track erhält eine besonders nette Ansage. Lzzy liebe unsere Schokolade, aber unser Dialekt mache sie argwöhnisch und deswegen werde sie ziemlich «Vicious». Die Mehrheit erweist sich bei den neuen Nummern ziemlich textsicher. Ich dagegen kann eher bei den älteren Hymnen brillieren. Von denen hauen Halestorm zu meiner grossen Freude ebenfalls einige raus. Zu hören gibt’s beispielsweise «Love Bites (So Do I)», «Freak Like Me», «Mz. Hyde» und «I Miss The Misery». Auf der laufenden Tour ändern die Amis übrigens an jedem Abend die Setliste. Ein weiteres Indiz für das enorme Können der Band. Arejay brilliert so ziemlich in der Mitte des Auftritts mit einem äusserst unterhaltsamem Drum Solo. Dieses nimmt er unter anderem mit gigantischen Sticks in Angriff. Kann man schon einmal so machen. Für den letzten Part holt er sich ausserdem noch Nic von Devilskin dazu und beide bearbeiten anschliessend die Trommeln.
Lzzy Hale ist im Rock-Bereich meines Erachtens eine äusserst wichtige Persönlichkeit. Für viele Mädels hat sie aufgrund ihres stets selbstbewussten Auftretens eine Vorbildfunktion. Den jüngsten Konzertbesuchern gibt sie heute die Botschaft auf den Weg, dass sie alles werden können, was sie möchten. Es sei ganz egal ob Arzt, Rockstar oder Clown. Man solle sich für niemanden verändern und immer sich selbst treu bleiben. Starke Worte einer starken Frau!
Im Zugaben-Block holen Halestorm dann die gesamte Devilskin-Truppe auf die Bühne um gemeinsam mit ihnen abzufeiern. Angestossen wird dabei standardgemäss mit den roten «Ami-Bechern», die wir beispielsweise aus Filmen wie «American Pie» kennen. Der 90-minütige Auftritt wird danach mit dem Duo «Here’s To Us» und «She Won’t Mind» beendet. Der Headliner verabschiedet sich von der Bühne und lässt ein total ausgepowertes Publikum zurück.
Das Fanzit
Ein gelungener Konzertabend, der ganz im Zeichen der Frauenpower stand. Sowohl Halestorm als auch Devilskin legten sehr überzeugende Auftritte aufs Parkett. Hoffentlich erleben wir letztgenannte Truppe bald wieder einmal auf Schweizer Boden. Bands und Veranstalter dürften ausserdem über die ausverkaufe Hütte erfreut gewesen sein. Mir war es phasenweise leider ein bisschen zu voll.
Setliste – Devilskin
- Pray
- Elvis Presley Circle Pit
- All Fall Down
- Mountains
- Start A Revolution
- Animal
- Holy Diver (Dio-Cover)
- Never See The Light
- Vessel
- Until You Bleed
- Endo
- Voices
- Little Pills
- Violation
Setliste – Halestorm
- Familiar Taste Of Poison
- Love Bites (So Do I)
- Black Vultures
- White Dress
- I Get Off
- Do Not Disturb
- Amen
- The Silence
- Vicious
- Drum Solo
- Freak Like Me
- Apocalyptic
- Mz. Hyde
- Killing Ourselves To Live
- Skulls*
- I Miss The Misery*
- Here’s To Us*
- She Won’t Mind*
*Zugabe