Heavy Birthday, Metal Scar Festival!
Das war ein lautes und intensives Wochenende in der Zentralschweiz. Während zweier Tage hauten 23 Bands aus neun Nationen im Sachsler Mattlisaal ordentlich auf den Putz. Sowohl die Musiker als auch die Besucher fühlten sich in der Obwaldner Gemeinde pudelwohl. Sämtliche Höhepunkte dieser fünfjährigen Jubiläumssause vom Metal Scar Festival werden in den nachfolgenden Zeilen genauer erläutert.
Freitag, 12.10.2018 – Metallischer Wohlfühlort Sachseln
Seinen Ursprung hat das Metal Scar Festival als Konzert im Rahmen der Geburtstagsparty von OK-Präsident Dave. Die eigentlich als einmalig geplante Geschichte fand 2014 im Luzerner Sedel statt. Aufgrund der zahlreichen, positiven Rückmeldungen entschied man sich dazu, die Veranstaltung jährlich stattfinden zu lassen. Aus platztechnischen Gründen ist das Festival seit dem vergangenen Jahr in den Kanton Obwalden umgezogen. Neuer Austragungsort ist der Mattlisaal in Sachseln, der hauptsächlich als Aula figuriert. In diesem Gebäude haben einige Mitglieder der Metal Scar-Crew die Schulbank gedrückt. Allerdings dürften Matheaufgaben oder Fremdsprachen in den kommenden zwei Tagen kaum – oder nur sehr bedingt – Themen sein. Die schwarzgekleideten Gestalten, die durch die Eingangspforten strömen, haben sowieso nur ein Lieblingsfach: Metal-Musik. Und genau darin werden sie in den nächsten Stunden ausgiebig unterrichtet werden. Beim Fachpersonal wurde keinesfalls gespart. Lehrer und Lehrerinnen kommen sowohl aus dem aus der Gegend als auch aus dem Ausland. Einer rundum gelungenen Weiterbildung steht somit nix im Wege.
Meine Freunde und ich reisen mit dem Auto an. Während der Anfahrt kommen wir bereits ein erstes Mal in den Genuss der traumhaften Landschaft. Die angenehmen, fast schon sommerlichen Temperaturen sind ein zusätzlicher Pluspunkt. Die Aussicht auf den Sarnersee ist schlichtweg überragend. Die Szenerie könnte wohl problemlos als Postkartensujet verwendet werden. Unter diesen Bedingungen hätte man die ganze Sache eigentlich auch als Open Air-Event aufziehen können. Da es am Abend aber ziemlich kühl werden wird, kann ich mit der Indoor-Variante bestens leben.
An der Eingangskasse vorbei geht’s ins Innere des Mattlisaals. Gross und übersichtlich – so lauten meine ersten Gedanken. Die Aula beziehungsweise die Bühne befinden sich einen Stock höher. Auf diese werden wir jedoch später noch genug zu sprechen kommen. Unweit des Eingangs ist die Merchandise-Ecke vorzufinden. Jede Band kriegt einen Tisch mit dazugehörigem Namenstäfelchen. Das Angebot wirkt ziemlich überschaubar. Allerdings sind die meisten der heute aufspielenden Gruppen noch gar nicht eingetroffen. Es ist kurz vor 13 Uhr. Gemäss Plan müsste der der erste Act in etwas mehr als einer Stunde loslegen. Bei den Besucherzahlen herrscht ebenfalls Luft nach oben. Die meisten werden wohl noch auf der Arbeit festsitzen. Aber dieses Risiko müssen die Veranstalter einkalkulieren, wenn man den Festivalstarttermin auf den frühen Freitagnachmittag legt. Wir genehmigen uns einen ersten Hopfentrunk und bringen uns dann langsam vor der Bühne in Stellung.
tHOLA
14.20 Uhr – der metallische Unterricht beginnt. tHOLA aus dem Südwesten der Schweiz sind für die erste Lektion verantwortlich. Der Bandname stammt aus einer alten ostindischen Sprache und bedeutet im Deutschen ungefähr so viel wie «Wolf». Die Walliser zocken einen Mix aus Thrash und Power Metal, der zusätzlich mit progressiven Elementen angereichert wird. Sänger Fredy Salzmann verfügt über ein kräftiges Stimmorgan und Bandleader Rodo Studer entlockt seiner Saitenkönigin diverse, mitreissende Soli. Die Publikumsreihen sind zwar noch ziemlich überschaubar, aber der Fünfer aus Brig ist bemüht, für gute Stimmung zu sorgen – was auch gelingt. Zu hören gibt’s ausschliesslich Material vom Scheibchen «Stalking Tender Prey». Das erst seit zwei Jahren aktive Wolfsrudel wirkt bereits äusserst routiniert und sorgt zweifelsohne für einen gelungenen Festivalauftakt. Passenderweise kann die Leistungen von tHOLA mit den folgenden Worten zusammengefasst werden: «Hüere güet!».
Setliste – tHOLA
- Wolfburn
- XVII
- Seven Gates
- Squaring The Circle
- Under My Skin
Fallout H.R.
Chef-Organisator und OK-Präsident Dave ist bekennender Thrash Metal-Anhänger. Kein Wunder also, das diese Stilrichtung auch in diesem Jahr fleissig im Line Up vertreten ist. Fallout H.R. aus «bella Italia» haben sich ebenfalls diesem Genre verschrieben. Um die Gruppe war es über ein Jahr still. Doch Ende Januar dann die Comeback-Ansage mit der gleichzeitigen Bekanntgabe, dass das Trio am Metal Scar Festival teilnehmen wird. Nun stehen Antonio Appugliese (Drums), Raph Linnoja (Leadgitarre/Gesang) und Cristian Sacchetti (Bass/Gesang) effektiv auf der Bühne des Mattlisaals. Die Jungs machen zwar keinen schlechten Job, aber bei tHOLA war die Stimmung des Mini-Publikums ein bisschen besser.
Setliste – Fallout H.R.
- That Night… (Intro)
- …We Passed The Line
- Red Forest
- The Sarcophagus
- Until The Fallout
- Solitude (Candlemass-Cover)
- Human Crime (2nd Intro)
- Silent Deception
Tyron
Tyron aus der Karnevalsstadt Köln beschallen die Zuhörerschaft mit einer Mischung aus Heavy und Thrash Metal. Aufgrund von ein paar technischen Schwierigkeiten geht der Vierer leider nicht wirklich im Beifall unter. Schade eigentlich, denn ich traue den Jungs durchaus mehr zu. Vielleicht erhalten sie bei einem nächsten Besuch in unserem Lande nochmals eine Gelegenheit, uns von ihrem ganzen Können zu überzeugen. Unter dem Banner von Tyron agieren Fronter Pavlos und seine Kollegen übrigens erst seit 2014. Zuvor waren sie als Lilith Laying Down unterwegs und liessen neben Thrash Metal ebenfalls noch Progressive Metal und Gothic-Passagen in ihr musikalisches Schaffen einfliessen. Metalinside-Kollege Steve und meine Wenigkeit sind während des Auftritts übrigens im Auftrag der Band mit einer Mini-Pocket-Kamera unterwegs. Hoffentlich können Tyron die gemachten Aufnahmen irgendwie verwenden.
Setliste – Tyron
- Beast Inside
- Men’s Fate
- From Prey To Predator
- Hollister Riot
- Blazing Trail
- Sick Of It All
Die erste Bandladung und der rege Hopfenteekonsum haben bei mir ein Hungerbedürfnis hervorgerufen. Glücklicherweise können die vorhandenen Speiseangebote dabei Abhilfe schaffen. Ob leckere Burger (mit Raclette-Käse) oder der Dauerbrenner namens «Ghackets mit Hörnli» – ein wahrer Gaumenschmaus ist definitiv garantiert. Die Essensaufnahme erfolgt im Outdoor-Aufenthaltsbereich der Location. Zwischendurch muss man schliesslich auch einmal frische Luft schnappen. Ein paar Gespräche mit Freunden und Kollegen liegen ebenfalls drin.
Angry Again
Aber hey, nicht zu lange quatschen! Drinnen nehmen nämlich gerade Angry Again die Bühne auseinander. Also nix wie hin. Die thrashigen Groove-Metaller aus St. Gallen waren für einige Fans die eigentlichen Sieger des hiesigen W:O:A Metal-Battle. Gewonnen haben diesen aber bekanntermassen Lotrify und somit blieb den Ostschweizern ein Gastspiel auf dem unheiligen Acker im hohen Norden Deutschlands verwehrt. Dank Dave kommt’s zum momentan stattfindenden Gig am Metal Scar Festival. Aus meiner Sicht ein durchaus brauchbarer Trostpreis.
Angry Again sorgen jedenfalls für einige herumfliegende Mähnen. Für das kommende Jahr plant die Truppe die Veröffentlichung ihres zweiten Studiosilberlings. Bei Interesse kann man 100-days.net Website besuchen und das Crowdfunding des Vierers mit einem Beitrag unterstützen.
Setliste – Angry Again
- Kill
- Tribute To Metal
- AA’s Hell
- Born To Win
- Divide And Conquer
- Never Back Down
Toxic Waltz
Von einer Band, deren Name offensichtlich aus der Inspiration durch einen Exodus-Song entstanden ist, erwarte ich eigentlich nur eine Sache: Den totalen Abriss! Die Münchner Toxic Waltz werden dieser Forderung absolut gerecht. Was für ein Brett! Moshpits und Headbanger lassen nicht lange auf sich warten. Mit der Zeit scheint die Standfestigkeit auf dem Bühnenboden zu einer echten Herausforderung zu werden. Sieht ziemlich rutschig aus. Davon lässt sich der deutsche Fünfer allerdings nicht aufhalten und zieht sein 40-minütiges Set unbeirrt durch. Und wenn mir schon beim Thema sind; bisher wird der Zeitplan von allen Beteiligten souverän eingehalten. Bei diesen doch eher knappen «Change-Over»-Abschnitten ist dies keine Selbstverständlichkeit.
Toxic Waltz existieren seit 2009 und haben bisher mit «Decades Of Pain» und «From A Distant View» zwei Studioalben auf den Markt gebracht. Thrash-Freunde und Liebhaber von Bands der Kaliber Death Angel, Dust Bolt oder eben Exodus sollten die Deutschen zweifelsohne auf dem Schirm haben. Gegen ein baldiges Wiedersehen auf helvetischem Grund hätte ich überhaupt nix einzuwenden.
Setliste – Toxic Waltz
- Intro
- From A Distant View
- Decades Of Pain
- Mass Atrocity
- Toxic Hell
- Generosity Exploited
- Priest Of Lie
- 13 Days To Live
Hellvetica
Seit nun schon 14 Jahren beehren die in Lenzburg stationierten Hellvetica die Spielstätten dieser Welt mit ihren explosiven und energiegeladenen Auftritten. Auch heute Abend haben sie das Publikum von der ersten Sekunde an auf ihrer Seite. Dank Krachern der Marke «Forever Revolution» (dessen Refrain wieder einmal etliche Stimmbänder strapaziert) und «Wake Up The Dead» ist dies jedoch keine wirklich schwierige Aufgabe. Als Ober-Energiebündel entpuppt sich wie gewohnt Sänger Roman. Seine Seele brüllt und schreit er sich mit vollem Elan aus dem Leib. Für mich hat der Fronter gar eine persönliche Botschaft: «Bim nögschte Song tuet dä Dutti schön bounce. Wänners nid macht, dörfeder ihn umeschupfe.». Tja, das habe ich wohl meinem frechen Mundwerk zu verdanken. Im Vorfeld der Show habe ich Roman nämlich ein bisschen mit dem Wörtchen «bouncen» auf witzige Art und Weise aufgezogen. Wunschgemäss komme ich seiner Aufforderung nach und entgehe dadurch einem allfälligen Stupskrieg.
Der Fünfer aus dem Kanton Aargau liefert bisher ganz klar den stärksten Auftritt des ersten Festivaltages ab. Das macht einfach Spass. Neben Fedi ist heute Pasci als zweiter Gitarrist im Einsatz. Er vertritt den eigentlichen Stamm-Klampfer Jon, der sich berufsbedingt bis zum Ende des Jahres von sämtlichen Bandaktivitäten zurückgezogen hat. Abermals ein Paradebeispiel dafür, dass in bei den meisten Schweizer Metal-Bands häufig die einzelnen Mitglieder häufig einem normalen Alltags-Job nachgehen und das musikalische Engagement eher auf der Hobbyebene betreiben. Solch sackstarken Künstlern würde man es jedoch diskussionslos gönnen, wenn sie zu 100% von der Musik leben könnten.
Setliste – Hellvetica
- Deadly Eyes
- Against The Odds
- Forever Revolution
- Wake Up The Dead
- Rise and Fall
- Raging Wars
- Bitchslap
- Pitmaster
- Roadkill
Creeper
Als Obwaldner geniessen die nächsten Akteure selbstverständlich Lokalhelden-Status. Ausserdem bringen sie mit ihrem Hard Rock ein bisschen Farbe in die bisher primär durch Thrash Metal dominierte Szenerie. Die Outfits der Bandmitglieder weisen allerdings auch einen Hauch von Glam auf. Weshalb Creeper heute überhaupt dabei sind? Ja weil sei den diesjährigen Metal Scar Before Party-Contest gewonnen haben. Dieser fand Mitte August im Luzerner Sedel statt. Die Mannen aus Alpnach konnten sich dort unter anderem gegen Konkurrenten wie Devils Rage oder Forge durchsetzen. Jetzt sind alle Anwesenden gespannt, ob Creeper ebenfalls im Mattlisaal überzeugen können.
Anders als es der Bandname vielleicht andeutet, sind die Jungs keinesfalls «creepy». Die Rocker reissen die Zuhörerschaft mit einer soliden Leistung mit und ernten insbesondere aus dem weiblichen Sektor immer wieder Jubelrufe. Frei nach dem Motto «Die Bühne ist nicht genug» wagt das Gitarristen-Duo Roman Stalder und Samuel Degelo während eines Stücks einen kleinen Ausflug auf die gegenüberliegende Tribüne. Von der obersten Ebene hat man den gesamten Raum zweifelsohne hervorragend im Blick.
Setliste – Creeper
- Walk Of Shame
- Evil Night
- New Way
- Until The End
- Pain Has Left
- Deal With The Devil
- Smoking Blood
- Milf Machine
- Ghost
Die anschliessende Pause nutze ich für einen abermaligen Abstecher ins Erdgeschoss. Dort lässt inzwischen ein DJ all die uns bestens bekannten Metal-Hymnen aus den Boxen dröhnen. Vor seinem Arbeitsgerät hat sich bereits ein kleine Feiermeute versammelt. Hier wird dann wohl auch in ein paar Stunden die Aftershow-Party stattfinden. An dieser Stelle möchte ich ausserdem festhalten, wie gut sich die Masse in diesem Gebäude verteilt. Nirgends kommt es zu Staus oder hoffnungslos überfüllten Abschnitten. Ein weiterer Pluspunkt für die Location.
Infinitas
20.50 bis 21.30 Uhr – ein verdammt cooler Slot. Diesen haben sich die aus dem Muotathal stammenden Infinitas gekrallt. Tolle Geschichte für die sowieso überaus fleissige und engagierte Truppe. Der Neid gewisser andere Gruppen dürfte ihnen damit sicher sein. Ihre Darbietung ist ähnlich souverän wie bereits eine Woche zuvor in der Luzerner Schüür. Damals teilten sie die Bühne mit den metallisierten Maxxwell. Heute haut mich speziell die Nummer «Labartu» aus den Socken. Beginnend mit Irina Melnikovas Hühnerhaut auslösendem Geigenspiel, zu dem Fellklopfer Pirmin «Piri» Betschart in stolzer Pose die Arme – samt Horns – in die Höhe reckt. Danach betreten Sängerin Andrea Böll als Opfer des schwarzen Todes und Bassist Tinu Telli, der einen Pestdoktoren mimt, die Bühne. Der nächste Haaraufsteller lässt nicht sonderlich lange auf sich warten. Wow, die Frontdame hat einfach eine hammermässige Stimme. Auf diesen epischen Auftakt folgt nach rund zweieinhalb Minuten eine wilde Folk-Party, die auch diverse Teile des Publikums zum Herumhüpfen animiert. Starke Sache!
Nun folgt als Einschub ein kleiner Werbeblock: Erst kürzlich wurde bekannt, dass Infinitas 2019 an den Metal Days in Slowenien auftreten dürfen. Neben Eternal Delyria sind Piri und Co. die zweite Schweizer Band, welche auf der New Forces Stage für Furore sorgen wird. Wer die Festivaltickets direkt über Infinitas erwirbt, steigert deren Chance, auch im darauffolgenden Jahr in Tolmin auftreten zu können – und zwar auf einer der grösseren Bühnen. Eine aus meiner Sicht durchaus unterstützenswerte Sache. Zur Belohnung gibt’s ein offeriertes Hopfengetränk und exklusiv designtes T-Shirt.
Setliste – Infinitas
- Morrigan
- Samael
- Rudra
- Skylla
- Labartu
- Alastor
- A New Hope
Gonoreas
Hui, bei den Brugger Schwermetallern dreht sich das Personalkarussell zurzeit ziemlich heftig. Im Mai wurde bekannt, dass Sänger Leandro Pacheco sich dazu entschlossen hat, Gonoreas zu verlassen. Der darauf zuerst als Aushilfskraft verpflichtete Jonas Ambühl – seines Zeichens Mikrofon-Boss bei Atlas&Axis – gehört inzwischen zum Festbestand der Truppe. Rund zwei Wochen später dann der nächste Hammer, Basser Pat Rafaniello zieht ebenfalls einen Schlussstrich und teilt den Fans mit, dass der Auftritt am Metal Scar Festival seine Dernière sein wird. Beerben wird ihn Nico Ardüser. Abermals verstreichen lediglich ein paar Tage bis zur nächsten Meldung. Glücklicherweise ist diese allerdings positiver Natur. Gonoreas wird zum Quintett. Verantwortlich dafür ist Dominic Blum, der die Crew als zweiter Gitarrist verstärken wird.
Im Gegensatz zur Show im Winterthurer Gaswerk vor ein paar Monaten gefällt mir Jonas’ Stimme heute deutlich besser. Er scheint sich besser in das bestehende Gefüge eingegliedert zu haben und agiert äusserst stilsicher. Ober-Saitenhexer Damir Eskic zeigt erneut, was er so alles auf dem Kasten hat. So kennen wir unsere Schweizer Version von Yngwie Malmsteen. Gegen Ende erscheint plötzlich der weiter oben erwähnte Dominic auf der Bühne und deswegen kommen die Fans ein erstes Mal in den Genuss des «doppelgitarrigen Minotaurus’». Pat – der Wirbelwind am Tieftöner – spielt trotz immer näher rückendem Abschied souverän und unbekümmert. Schade nur, dass sein Abgang selbst nach der letzten Nummer mit keiner Silbe thematisiert wird. Ein finaler Exkusiv-Applaus hätte er meines Erachtens definitiv verdient gehabt.
Brainstorm
Kurz vor 23 Uhr freuen wir uns auf den Headliner des ersten Festivaltages. Während den nächsten 90 Minuten werden uns Brainstorm eine ordentliche Ladung schwäbischen Power Metal um die Lauscher ballern. Leider ist die Zuhörerschaft inzwischen beträchtlich geschrumpft. Die öV-Abhängigen mussten wohl gezwungenermassen bereits den Heimweg antreten. Sachseln ist in Sachen Zugverbindungen logischerweise nicht mit de Zürcher Hauptbahnhof vergleichbar. Immerhin sind mein Kollege und ich bemüht, den Deutschen einen einigermassen würdevollen Empfang zu bereiten. Wir platzieren uns direkt mittig vor der Bühne. Die restlichen Festivalbesucher bevorzugen da lieber wieder den altbekannten Sicherheitsabstand.
Brainstorm haben mit «Midnight Ghost» einen überragenden neuen Silberling am Start. Kollege Kaufi war darüber überaus verzückt und vergab in seiner Plattenkritik stolze neun von zehn möglichen Punkten. Fünf neue Stücke haben es in die heutige Setliste geschafft. Davon vermögen besonders «Revealing The Darkness» und «Ravenous Minds» zu gefallen. Bärenstarke Klampfenarbeit der Herren Loncaric und Ihlenfeld! Erstgenannter trägt ein Dauergrinsen im Gesicht und macht damit aus seiner Spielfreude keinen Hehl. Charisma-König bleibt jedoch Frontmann Andy B. Franck. Freche Sprüche und ein starkes Stimmorgan – solch einen Fronter wünscht sich wohl jede Band. Abermals wird mir schmerzlich bewusst, welch gigantische Lücke er nach seinem Abgang bei Almanac hinterlassen hat. Doch wenn seine volle Konzentration auf Brainstorm weiterhin solch überzeugendes Material zur Folge hat, kann ich bestens damit leben. Ältere Hymnen des Fünfers wie «The World To See», «All Those Words» oder «Highs Without Lows» beeindrucken ebenfalls.
Mein Kollege und ich kommen gar nicht mehr aus dem Headbanger-Modus raus. Brainstorm haben uns voll und ganz in ihren Bann gezogen. Aber auch die übrigen Zuhörer werden stetig aktiver. Einer klettert prompt auf die Bühne und setzt zum souveränen Stagediving an. Dafür erntet er auch Applaus von den fünf Power-Schwaben. Wer sich Brainstorm heute Abend nicht reinziehen kann, erhält Ende Januar im Z7 nochmals Gelegenheit dazu. Ich gehe stark davon aus, dass dann auch Metalinside erneut vor Ort vertreten sein wird.
Setliste – Brainstorm
- Intro
- Devil’s Eye
- Worlds Are Comin‘ Through
- All Those Words
- Revealing The Darkness
- Fire Walk With Me
- The World To See
- Firesoul
- Falling Spiral Down
- The Pyre
- Shiva’s Tears
- In These Walls
- Jeanne Boulet (1764)
- Erased By The Dark
- Ravenous Minds
- Highs Without Lows*
*Zugabe
Nach diesem fantastischen Headliner-Auftritt ist die Plünderung des Merchandise-Standes die logische Folge. Ich ergattere mir ein Exemplar von «Midnight Ghost» und dazu gleich noch das passende Shirt. Einige Mitglieder der anderen Bands sind ebenfalls noch anwesend und halten ein paar Schwätzchen mit den Fans. Starallüren sucht man hier vergeblich. Eigentlich würde mit Dark Zodiak noch die letzte Kapelle des Tages demnächst zum Dienst antreten. Wir sind jedoch zu stark ausgepowert und machen uns deshalb auf den Heimweg. Zu ein paar Stunden Schlaf in den heimischen vier Wänden wird’s wohl knapp reichen. Man hätte notfalls aber auch die Möglichkeit gehabt, den vom Festival zur Verfügung gestellten Campingplatz zu nutzen oder irgendwo im Luftschutzkeller des Mattlisaals zu dösen.
Das Fanzit Freitag
Ein gelungener erster Tag des Metal Scar Festivals. Die Zuhörerschaft kam in den Genuss einer tollen Soundqualität, was angeblich im letzten Jahr überhaupt nicht der Fall war. Von den Bands konnten insbesondere Hellvetica, Brainstorm und Toxic Waltz überzeugen. Das Publikum agierte gewohnt friedlich, aber es hätte trotzdem ruhig noch ein bisschen mehr in Feierlaune sein dürfen. Während in den ersten zwei Reihen vor der Bühne jeweils ordentlich die Post abging, wirkte die ganze Geschichte im hinteren Bereich eher verhalten. Der grosse Besucherandrang blieb leider aus. Vielleicht müssen die Veranstalter das Festival in den kommenden Jahren wieder auf einen Tag – sprich den Samstag – reduzieren. Bei einem Beginn am frühen Freitagnachmittag muss man gezwungenermassen mit einer kleineren Anzahl von Besuchern rechnen.
Samstag 13.10.2018 – Starke Frauenstimmen und wilde Spanier
Ein paar zusätzliche Stunden Schlaf hätten es meinetwegen gerne sein dürfen, aber die Pflicht ruft bereits wieder. Da unser Fahrer heute als Roadie für eine der spielenden Truppen im Einsatz steht, müssen wir leider auf seinen fahrbaren Untersatz verzichten. Deshalb pilgere ich mit dem Zug in Richtung Obwalden. Am Bahnhof Sachseln nehme ich mir kurz Zeit, um die traumhafte Kulisse auf mich einwirken zu lassen. Sonnschein, sommerliche Temperaturen, Berge und die glitzernde Wasseroberfläche des Sarnersees – hier lässt es sich leben. Dieser Meinung scheinen auch die Musiker zu sein. Facebook und Instagram werden mit zahlreichen Impressionen aus Sachseln geflutet: Kobra Paige – die Sängerin von Kobra And The Lotus – nutzt beispielsweise ihr Jogging-Programm zur Erkundung der Gegend, die Butcher Babies unternehmen eine kleine Wanderung, The Hawkins seien noch ziemlich verkatert und einige Mitglieder aller anderen Kapellen posieren in der Nähe des Sees für diverse Schnappschüsse. Diese kurze Überprüfung der sozialen Medien zeigt, dass Sachseln verdientermassen als Wohlfühloase bezeichnet werden kann. Es würde mich nicht wundern, wenn diese wunderbar anzuschauende Kulisse in den kommenden Jahren weitere Bands aus dem Ausland anlocken wird.
Aber genug geträumt – auf zum Mattlisaal! Dank ein paar Wegweisern gehen die schwarzgekleideten Gestalten auf dem Weg vom Bahnhof unterwegs nicht irgendwo verloren. Auf dem Vorplatz der Location treffe ich auf die Medienkollegen von Plekvetica, die mich spontan ins Video zum Résumé der bisherigen Festivalereignisse einbinden. Die Zusammenarbeit klappt bestens. Soll noch einer behaupten, dass die Schweizer Metal-Medien untereinander irgendwelche Probleme hätten. Davon fehlt jede Spur. Gestern haben die «Plekveten» übrigens ein spannendendes Quiz rund um unsere metallische Welt veranstaltet, bei dem ich mich gar nicht einmal so doof angestellt habe. Im Innern des Gebäudes folgt gleich die nächste Begegnung mit einem Journi-Kollegen. Martin Rahn berichtet als Knipser und Schreiberling für schwarzeliste.ch über das Metal Scar Festival und war – genau wie meine Wenigkeit – bereits gestern schon im Einsatz. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir am heutigen Tag ebenfalls wieder viel Freude an unserem Job haben werden.
In der Aula ist schon einiges los. Carla Harvey von den «Metzger-Chicks» inspiziert – ungeschminkt und locker – gemeinsam mit einem Kollegen die Bühne. In etwa zehn Stunden werden wir sie dann genau an Ort und Stelle in Aktion erleben. Die männlichen Mitglieder von Kobra And The Lotus stiefeln ebenfalls in der Gegend herum und verpflegen sich schliesslich an der Essensausgabe. Schön zu sehen, dass sich die Künstler einfach so unters Volk mischen. Ich bin sicher, dass sie sich ebenfalls den einen oder anderen Auftritt der anderen Gruppen reinziehen werden. Gelegenheit dazu wird es demnächst geben, denn der erste Akteur steht schon in den Startlöchern. Der ganz grosse Besucherandrang lässt jedoch auch am zweiten Tag weiterhin auf sich warten.
Sawmill
Gestern waren es Creeper – und heute Sawmill. Somit ist der Kanton Obwalden auch am zweiten Festivaltag im Line Up vertreten. Zu Beginn wirkt das Melodic Metal-Sägewerk noch ein bisschen verhalten, aber mit der Zeit legen die Jungs den Schalter gekonnt um. Die musikalische Inspirationsquelle ist bei gewissen Mitgliedern gut sichtbar. Klampfer Daniel Wolf trägt beispielsweise ein Norther-Shirt. Bei diesem Anblick wird mir abermals schmerzlich bewusst, wie sehr mir diese geniale Truppe aus Finnland fehlt. Das Land der tausend Seen ist auch beim letzten Stück von Sawmill präsent: Die Obwaldner wagen sich eine Cover-Version des HIM-Klassikers «Wicked Game». Nicht übel – diese Interpretation kann durchaus mit dem Original mithalten. Zu wenig Spielfreude kann man dem Fünfer sowieso nicht vorwerfen.
Setliste – Sawmill
- Road To Hell
- Death Valley
- Gates To Paradise
- White Cross
- Devil’s Pack
- Wicked Game (HIM-Cover)
Final Crusade
Dass Marco Wernli – der Anführer des letzten Kreuzzuges aus Brugg – über ein bärenstarkes Stimmorgan verfügt, dürfte in der Schweizer Szene mittlerweile sicherlich bekannt sein. Die schrillen Heavy Metal-Schreie sitzen – ganz im Gegensatz zum Reissverschluss am Beinkleid des Sängers. Dieser macht sich immer wieder vollständig. Belustigt weisen die Fans Marco freundlich auf seine ungewollte Durchlüftungsaktion hin. Rasch hält er fest, dass es diese Hose bei künftigen Auftritten keine Rolle mehr spielen wird. An der Gitarrenfront klappt’s ebenfalls nicht wunschgemäss. Aaron Hartmeier und Kevin Waltert müssen regelmässig hinter der Bühne verschwinden, um irgendwelche Feinjustierungen vorzunehmen. Aufgrund dessen geht leider ein Teil der Spielzeit flöten. Glücklicherweise wird die starke Hymne «Forged With Metal» kein Opfer der Kürzungsschere. Neben «Battlefield» und «The Awakening Of The Spirit» die Nummer, welche heute klar zu überzeugen vermag.
Setliste – Final Crusade
- Battlefield
- The Awakening Of The Spirit
- Six In Line
- Shadow In The Night
- Possessed By Fire
- Savage Rider
- Forged With Metal
The Hawkins
Glaubt man der Aussagen der Helfer-Crew, dann hat die nächste Truppe insbesondere am gestrigen Tag immer wieder für leere Kühlschränke im Backstage-Bereich gesorgt. Skandinavier scheinen einfach unzerstörbare Lebern zu besitzen. Albin Grill (Drums), Martin Larsson (Bass), Johannes Carlsson (Gesang/Gitarre) und Mikael Thunborg (Gitarre) wirken jedoch um einiges stabiler, als so manches IKEA-Möbel aus ihrer Heimat. In ihren Outfits wirken die Schweden zwar wie brave Sonntagsschüler, aber Kuschelrock spielen sie deswegen eindeutig nicht. Hier wird der Fuss durchgehend auf dem Gaspedal platziert. Hochmotiviert geht der Vierer ans Werk und lässt so manchen Zuhörer staunend aus den Latschen kippen.
Die Setliste ist primär geprägt durch Material der im vergangenen Jahr veröffentlichten Debütscheibe «Ain’t Rock N Roll». Die Jungs sind sich jedoch ebenfalls nicht zu schade, ein paar Tracks ihrer EP’s miteinzubeziehen. Bei den Ansagen gibt sich Fronter Johannes unterhaltsam und sympathisch. Bei einem Stück wagt er samt Saitenkönigin einen Ausflug durch die Publikumsreihen. Unterwegs gibt’s unter anderem ein Löffelchen «Ghackets mit Hörnli» als Stärkung mit auf den Weg. Für das Teilen von Hopfentees sind sich die Schweden ebenfalls nicht zu schade. Als ein Kollege nach einer Dose auf der Bühne fragt, drückt Basser Martin ihm diese ohne zu zögern in die Hand. Wir halten fest: Ein Nordmann hat soeben tatsächlich eine volle, eisgekühlte Bierdose freiwillig verschenkt.
Im Vergleich zum gemeinsamen Gig mit Corroded Anfang März im Werk 21 wirken die rockigen Falken heute nochmals etwas stärker. Von einigen Besuchern werden sie sogar als eine der Entdeckungen des diesjährigen Metal Scar Festivals bezeichnet. Mit einer solch starken Leistung haben sich die Jungs diese Lorbeeren definitiv verdient. Ich freue mich jedenfalls schon jetzt auf das nächste Aufeinandertreffen. In diesem Sinne: Tack, The Hawkins.
Setliste – The Hawkins
- Rat Race
- Alco-Hole
- Frankie Boy
- Bless Me Father (’Cause I Wanna Win)
- Perfect Son
- Give It Up
- Amnesia
- Let’s Go
- The Astronomical Fool
- Fuck You All I’m Outta Here
Sickret
Gestärkt durch den neuen Silberling «Trapped Behind Golden Bars» starten die Nu Metaller Sickret aus Sursee kurz vor 16 Uhr in ihr Set. Falls sich bei den Zuhörern Sympathisanten von Korn oder Limp Bizkit befinden sollten, dann kommen diese während den nächsten 40 Minuten definitiv auf ihre Kosten. Das Quartett muss im Vergleich zu The Hawkins zwar mit weniger Publikum auskommen, aber sie schaffen es trotzdem ziemlich viel Bewegung in den schwarzgekleideten Pulk zu bringen. Die Fotografen erfreuen sich hauptsächlich an Frontmann Timmy Michels’ bunt tätowiertem Bein – ein wahres Bilderbuch voller bekannter Comic- und Zeichentrickfiguren. Ich entdecke unter anderem die frechen Knirpse aus South Park.
Mit «Trapped Behind Golden Bars» haben es Sickret übrigens in die Schweizer Hitparade geschafft. Gelandet sind sie auf Platz 58 – nur knapp hinter dem gestrigen Headliner Brainstorm und deren Werk «Midnight Ghost». Die Stilrichtung Nu Metal scheint ihren letzten Atemzug also dank den Surseern definitiv noch nicht getätigt zu haben. Nach dem Auftritt muss ich unbedingt einmal an ihrem Merch-Stand vorbeischauen.
Setliste – Sickret
- Doomsday
- Tortured
- Pressure
- Revelation
- Hypocritical
- Break Your Line
- So Sick
- Greetings From Babylon
- Pomme De Terre
- 420
IGNEA
Mit Kobra And The Lotus und den Butcher Babies hat sich Organisator Dave auch gleichzeitig das restliche Paket der «Female Metal Voices»-Tour – die vor ein paar Tagen bereits im Solothurner Kofmehl zu bestaunen war – nach Sachseln geholt. Dazu gehören auch Skarlett Riot und die nun aufspielenden IGNEA. Die Ukrainer mischen in ihrem Sound gleich mehrere Stile zusammen. Progressive Metal trifft auf Symphonic Metal und zusätzlich werden ebenfalls orientalische Klänge dazugegeben. Interessant und überzeugend. Lasst euch von der zierlichen Gestalt am Mikrofon nicht täuschen. Helle Bogdanova tobt sich auch gerne im gutturalen Gesangsbereich aus. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Kollegen am Tasteninstrument – Evgeny Zhytnyuk. Von dieser jungen Kapelle werden wir in Zukunft sicherlich noch mehr zu hören bekommen.
Setliste – IGNEA
- Last Chosen
- Sputnik
- Alexandria
- Queen Dies
- Chorne Polumia
- Halves Rupture
- Seytanu Akbar
- Leviathan
Skarlett Riot
Und wir bleiben der «Female Metal Voices»-Tour gleich treu, denn jetzt übernehmen Skarlett Riot aus Grossbritannien das Kommando. Sie schwören auf ein Gemisch aus Rock und Metal und – wie könnte es auch anders sein? – ein talentiertes Frontmädel. Skarlett beweist den Besuchern, dass ein toller Auftritt auch problemlos ohne Growls funktionieren kann. Ihre Stimme kann sich zweifelsohne hören lassen. Zudem macht die Sängerin einen ziemlich sympathischen Eindruck. Sie lässt es sich nicht nehmen, ein paar «High fives» in der ersten Reihe zu verteilen.
Ich sehe abermals eine blutende Geldbörse auf mich zukommen. Von IGNEA und Skarlett Riot müssen definitiv noch ein paar Scheibchen her. Lokalpatriotismus ist okay, aber zwischendurch sollte man trotzdem auch die internationalen Acts ein bisschen unterstützen. Ich persönlich betrachte dies als Investition in den metallischen und rockigen Nachwuchs.
Setliste – Skarlett Riot
- Break
- The Storm
- Empty Inside
- Closer
- Voices
- Calling
- The Wounded
- Warrior
Broken Fate
Die Ladies haben nun wieder Pause. Inzwischen hat sich eine ansehnliche Menschentraube vor der Bühne gebildet. Optimale Voraussetzungen also für ein geiles Konzert der helvetischen Modern Thrasher Broken Fate. Oder um es in ihrem Stil zu sagen: «Böös!». Dieses Wörtchen geniesst bei der Band und ihren Supportern einen richtiggehenden Kultstatus. Ich lege es den Jungs deshalb ans Herz, dieses irgendwann einmal auf künftigen Merchandise-Artikeln festzuhalten. Ein «Böös»-Schweissbändchen würde sich beispielsweise noch gut in meiner Sammlung machen.
Tobias John Bänteli seinen drei Kollegen treten mit einer buntgemischten Setliste an. Besonders zu beeindrucken vermögen aber primär die Songs des Anfang April veröffentlichten Silberlings «Reborn». Dazu zählen unter anderem «The Ruler Of Mankind» oder «Our War Against All». Letztgenanntes Stück vermittelt eine deutliche Botschaft. Broken Fate lassen sich von niemandem unterbuttern und zeigen allen Widersachern den Mittelfinger. Dieser wuchtige Kracher sorgt immer wieder für Laune. Mit «Quiet Memories» präsentiert der Vierer ihren Anhängen zudem ein komplett neues Lied. Danach deutet die Band an, dass sämtliches Material für das nächste Album eigentlich schon beinahe fertig sei. Wir sind zweifelsohne gespannt, wie sich der «Reborn»-Nachfolger dann anhören wird.
Zuschauertechnisch sind Broken Fate bisher definitiv die Tagessieger. Tobias agiert mit gewohnt starkem Stimmorgan, Basser Patrick Von Gunten ist der Strahlemann in Person, Alessandro De Cicco drischt unermüdlich auf seine Felle ein und Gabriele Sacco kitzelt trotz angeschlagenem Gesundheitszustand vielversprechende Soli aus seiner Saitenkönigin heraus. Band und Zuschauer können mit ihrer Leistung zufrieden. Mister Bänteli gibt dem Ganzen zum Abschluss die folgende Note: «Ultra-Böös!».
Setliste – Broken Fate
- Everything Around You
- Rising To The Dream
- Our War Against All
- Quiet Memories (neuer Song)
- The Ruler Of Mankind
- Don’t Wake Me Up
- The Wait (Killing Joke-Cover)
Final Cut
Sie sind zurück! Eine Weile war es nämlich ziemlich still um die Drescher Final Cut aus dem Kanton Aargau. Die Suche nach einem neuen Gesicht am Mikro nahm dann doch etwas Zeit in Anspruch. Fündig wurden die Herrschaften schliesslich in der Person von Giulio Serratore. Der «Italian Stallion» erweist sich als echter Glückgriff. Sein Gesang bewegt sich phasenweise beinahe schon im Brutal Death-Bereich. Die anwesenden Nackenmuckis kommen jedenfalls ordentlich ins Schwitzen. Violent Blues Thrash – wie die Band ihren Stil selbst nennt – ist effektiv die passende Bezeichnung für das Material, das uns hier um die Lauscher geballert wird. Jungs, schön seid ihr wieder da! Da freut man sich jetzt schon riesig auf die kommenden Konzertbegegnungen mit euch.
Setliste – Final Cut
- Pregame
- Voice Of The People
- Struggle For Life
- Black
- Bad
- Break The Barriers
- Utopia
- Short Life Song
- Santallion
- Generation Y
Crisix
Die nächsten Musiker haben die Veranstalter im Vorfeld wohl wie Hunde in einen engen Käfig gesperrt und ordentlich wild gemacht. Anders kann ich mir diese brutale Thrash Metal-Welle, die da gerade mit voller Wucht über uns hereinbricht, ehrlich gesagt nicht erklären. Bei diesen Spaniern gilt ganz klar die Aussage: «Wehe, wenn sie losgelassen.». Headbanger und Moshpit-Freunde geben sich nun ebenfalls zu erkennen. Bei diesem mit einer unglaublichen Spielfreude vorgetragenen Abriss überrascht dies allerdings niemanden. Auch auf der Bühne herrscht ordentlich Bewegung. Als zusätzliche «Spielzeuge» hat man Crisix kleine Podeste hingestellt, auf denen sich die Thrasher gekonnt in Szene setzen können.
Vergleichbare Bands? Hmm, da kommen mir am ehesten Havok in den Sinn. Wer jetzt denkt, dass die Spanier das Ganze nicht mehr steigern können, wird rasch eines Besseren belehrt. Vor dem nächsten Stück beginnen sie frischfröhlich damit, die Funktionen zu tauschen. So sitzt beispielsweise Basser Dani Ramis hinter die Schiessbude und der von dort «vertriebene» Javi Carry übernimmt die Gitarre eines anderen Kollegen, der wiederum zum Sänger wird. Gespielt wird in dieser veränderten Formation ein interessantes Medley aus den bekanntesten Thrash Metal-Hymnen – saustarke Aktion! Danach werden noch Bälle ins Publikum geschmissen, so dass die anwesenden Hobby-Volleyballer ihr Können unter Beweis stellen können. Crisix hinterlassen bei ihrer Schweizer Premiere tonnenweise bleibende Eindrücke. Ein Wiedersehen ist überaus wahrscheinlich.
Kobra And The Lotus
Offenbar fürchten sich die beiden letzten Truppen vor dem rutschigen Bühnenboden, weshalb dieser kurzerhand abgeklebt wird. Schliesslich möchten wir nicht, dass Kobra Paige plötzlich unfreiwillig auf ihr hübsches Hinterteil plumpst. Mit dieser Aussage habe ich es bereits vorweggenommen: Die nächste Band kommt aus Kanada und heisst Kobra And The Lotus. Der Schweiz starten die blonde Sängerin und ihre Jungs in letzter Zeit häufig Besuche ab – man erinnere sich beispielsweise an die Gastspiele in der Wetziker Hall Of Fame.
Nun obliegt dem Quintett die Aufgabe, den Fans vor dem Headliner nochmals so richtig einzuheizen. Die Truppe zeigt zwar eine gewohnt solide Leistung, aber ohne die ganz grossen Kracher in der Setliste reicht’s schlichtweg nicht zu einer überragenden Darbietung. «Soldier», «50 Shades Of Evil», oder «Forever One» vermisse ich beispielsweise schmerzlich. «Light Me Up» und «Let Me Love You» wirken dagegen blöderweise bloss wie sogenannte Samenlöser. Da nützt selbst eine stark singende Kobra und ein grinsender Lemmy nix. Äh sorry…, der Bass wird natürlich von Brad Kennedy gespielt. Bei der Gesichtsbehaarung hat er sich jedoch zweifelsohne vom verstorbenen Motörhead-Fronter inspirieren lassen. Ich tue mein Bestes, um die Truppe trotz allem anzufeuern, denn im Vergleich zu Crisix wirkt die Aula nun wieder ziemlich leer. Gitarrist Jasio Kulakowski weiss meine Bemühungen offenbar zu schätzen und überreicht mir am Ende des Gigs zur Belohnung sein Plektrum.
Setliste – Kobra And The Lotus
- Losing My Humanity
- TriggerPulse
- Specimen X (The Mortal Chamber)
- Light Me Up
- Let Me Love You
- Hell On Earth
- Ribe
- My Immortal
- Velvet Roses
- You Don’t Know
Butcher Babies
23.30 Uhr – ein letztes Mal versammeln sich die Besucher vor Bühne. Für den finalen Tanz konnte Metal Scar-Organisator Dave die aus den USA stammenden Butcher Babies verpflichten. Die Gehörgänge der Besucher dürfen sich auf eine vielseitige Mischung aus Groove Metal, Metalcore, Alternative Metal und Thrash Metal freuen. Doch bevor ich näher auf die Headliner-Show eingehe, müssen noch ein paar Worte über die Band an sich verloren werden. Aushängeschilder der Truppe sind glasklar die beiden attraktiven Frontmädels Heidi Shepherd und Carla Harvey. Mit knappen Outfits setzen sie ihre insbesondere im Brustbereich üppigen Rundungen gerne in Szene. In Sachen Marketing natürlich ein wahrgewordener Traum. Dass diese Mittel zur Ankurblung der Plattenverkäufe eingesetzt werden, kann dem Management eigentlich niemand verübeln, oder? Wer würde dies nicht so handhaben? Problematisch wird es erst, wenn ausser Plastik nix anderes vorhanden ist. Diese Befürchtungen haben die Amis bei mir jedoch Mitte März dieses Jahres im Zürcher Komplex Klub zerschlagen. Der dortige Auftritt war unglaublich mitreissend und packend. Talentfrei sind die Ladies also definitiv nicht. Hoffentlich können sie dies nun auch dem Metal Scar Publikum beweisen. Und ja, ein paar Lüstlinge in den ersten Reihen wird es bei Butcher Babies-Konzerten wohl immer geben.
Da auch ich zugegebenermassen dazu neige primär über Carla und Heidi zu berichten, kommt es mir sehr entgegen, dass sich die männlichen Bandmitglieder beim Eröffnungs-Track «Korova» zuerst ein bisschen ins Rampenlicht stellen dürfen. Korrekt, die Butcher Babies sind nämlich ein Quintett und nicht bloss ein Duo mit ansehnlichen Argumenten. Henry Flury sorgt für die Gitarrenmelodien, Jason Klein ist der Mann für die tiefen Klänge und im Hintergrund trommelt Chase Brickenden munter drauf los. Ohrenbetäubend laut wird es jedoch erst, als die beiden Anführerinnen die Bühne vertreten. Von diesem Moment an überlassen ihnen ihre männlichen Kollegen die Mehrheit der «Spielwiese».
Heidi schwärmt von der Gastfreundschaft und der Betreuung hier in der Schweiz. Ob ihr wohl bewusst ist, dass sie mit ihrem Vornamen in unserem Land sowieso einen Sonderstatus geniesst? Im grauen Einteiler und mit zusammengebundenen Haaren wirkt die Blondine für ihre Verhältnisse ziemlich züchtig. Ihre Stimme ist dadurch glücklicherweise nicht beeinträchtigt. Ein Ausflug in den Moshpit liegt ebenfalls wieder drin. Ihre Kollegin Carla gibt sich mit Hotpants und tiefem Ausschnitt hingegen gewohnt sexy. An lasziven Blick wird abermals nicht gespart. Da dieses Mal Metalinside-Boss pam nicht am Start ist, kriege ich mehr davon – ätsch! Sie mag dies ja eventuell in jeder Stadt mit einem anderen Typen abziehen, aber heute Abend flirtet sie eindeutig mit mir. Das motiviert natürlich direkt zu noch intensiverem Mähnenschütteln meinerseits.
«Monsters Ball», «The Butcher» oder «Dead Man Walking» – der Fünfer haut alle seine krassen Stücke raus. Strenggenommen ermöglicht «Headspin» die einzige, kurze Verschnaufpause des heutigen Abends. Während sich Heidi zwischen klarem und gutturalem Gesang bewegt, setzt Carla beinahe ausschliesslich auf Growls und Screams. Zur Ölung der Stimmorgane wird zwischendurch gerne der eine oder andere Shot vernichtet. Oder um es in Heidis Worten zu sagen: «Drink motherfucker, drink!». In einer anderen Ansage gibt’s sogar einen persönlichen Geburtstagsgruss für OK-Chef Dave. Du glücklicher Kerl, du!
Das Publikum feiert die Darbietung der Amis durchgehend ab. Ein solch gut gefüllter Raum hätte man zugegebenermassen eigentlich jeder Band dieses Festivals gegönnt. Die Butcher Babies beenden ihren bärenstarken Auftritt schliesslich mit dem Vierer «They’re Coming To Take Me Away, Ha-Haaa!», «Lilith», «Look What We’ve Done» und «Magnolia Blvd.». Vor dem Verlassen der Bühne bringt mir Carla höchstpersönlich eine Setliste und drückt sie mir grinsend in die Hand. Okay, jetzt bin ich definitiv ein bisschen verliebt – was für ein geiler Festivalabschluss!
Setliste – Butcher Babies
- Korova
- Burn The Straw Man
- Monsters Ball
- The Butcher
- Headspin
- Grim Sleeper
- The Huntsman
- POMONA (Shit Happens)
- Dead Man Walking
- Gravemaker
- Oceana
- They’re Coming To Take Me Away, Ha-Haaa! (Napoleon XIV-Cover)*
- Lilith*
- Look What We’ve Done*
- Magnolia Blvd.*
*Zugabe
Halt! Noch ist nicht ganz Schicht im Schacht. Beim Merchandise tummeln sich noch die Jungs von Broken Fate, mit denen wir ein paar Worte wechseln. Später stossen auch noch Heidi und Carla dazu. Wir nutzen die Gelegenheit natürlich für ein paar Schnappschüsse mit den Ladies. Henry, Jason und Chase lassen sich dagegen nicht mehr blicken. Im Gespräch mit den Sängerinnen wird klar, dass sie keinesfalls arrogant oder abgehoben sind. Im Gegenteil, die beiden wirken total sympathisch und scheinen auch etwas in der Birne zu haben. Tja, nun steht aber definitiv die Heimreise an. Bye bye, Metal Scar.
Das Fanzit Samstag
Auch am zweiten Festivaltag durften wir einige interessante Bands erleben. Meine persönlichen Highlights waren The Hawkins, Crisix und die Butcher Babies. Unsere Schweizer-Acts boten allerdings ebenfalls überzeugende Shows. Soundqualität und Licht waren ausgezeichnet. Nichtsdestotrotz hätten es auch heute ein paar Besucher mehr sein dürfen. Aber dann hätte ich wohl um meinen Platz in der ersten Reihe kämpfen müssen.
Ich ziehe meinen Hut vor Dave und seiner Crew für die erfolgreiche Durchführung des fünften Metal Scar-Festivals. Metalinside wird bei passendem Line Up auch 2019 gerne wieder aus Sachseln berichten. Damit die ganze Geschichte überhaupt erneut durchgeführt werden kann, findet am 19. Januar im Luzerner Sedel eine Benefiz-Veranstaltung statt. Neun Bands (u.a. The Privateer, Dizzy Fox und Mabon) werden dann für laute Unterhaltung sorgen. Am dortigen Metal Scar-Stand erhalten Besucher die Möglichkeit, eine Spende abzugeben und das Team damit zu unterstützen. Also, markiert euch das Datum fett in eurer Agenda. Ihr habt an einem Samstag sicherlich schon dümmere Dinge angestellt.