Leo Leonis Herzensprojekt rockt die Bude
Das Publikum im ausverkauften Hall Of Fame wurde mit einem grandiosen Auftritt des Headliners beglückt. Das Vorprogramm wurde durch Redeem und Underskin in Angriff genommen. Freunde der Gitarrenmusik kamen an diesem Samstagabend definitiv auf ihre Kosten. Die Details werden in den nachfolgenden Zeilen genauer erläutert.
Der Wetziker Rock-Club Hall Of Fame schickt gegen Ende des Jahres zwei grössere Produktionen ins Rennen. Bei der einen handelt es sich um das Gastspiel der schottischen Legenden Nazareth. Dieses ging bereits Mitte November über die Bühne. Nun folgt also exakt zehn Tage später der nächste Höhepunkt: CoreLeoni. Nach der fulminanten Darbietung am diesjährigen Rock The Ring-Festival war für uns sonnenklar, dass wir die Truppe unbedingt wiedersehen müssen. Gitarrist Leo Leoni hat die ganze Sache primär ins Leben gerufen, um den älteren Gotthard-Alben anständig Tribut zollen zu können. Auf dem ersten Silberling «The Greatest Hits Part 1» ist allerdings mit «Walk On Water» auch ein brandneuer Song zu hören. Deswegen stellt sich die Frage, ob auch künftig eigenes Material von CoreLeoni erscheinen wird. Irgendwann wird Leo seine Vergangenheitsbewältigung nämlich abgeschlossen haben. Lassen wir uns diesbezüglich doch einfach überraschen.
Die Lokalität ist äussert gut besucht. Nach der Warteschlange am Eingang erwartet uns im Innern bereits die nächste Menschentraube. Glücklicherweise verduften bald schon einige ins Fumoir, was uns automatisch ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit beschert. Am Merch-Stand tut es mir dann besonders der CoreLeoni-Hoodie an. Nicht lange zögern, Dutti. Das Ding will gekauft werden. Gesagt, getan. Das Rückgeld wird sogleich bei der danebenliegenden Bar reinvestiert. Die Wirtschaft im Hall Of Fame boomt. Langsam aber sicher bahnen wir uns einen Weg zur Bühne. Auf der rechten Seite hat’s ein bisschen Platz. Mit den beiden Support-Acts – Redeem und Underskin – hatte ich bisher noch nie das Vergnügen. Das wird sich jedoch demnächst ändern.
Underskin
Die Zürcher Alternative Rocker Underskin machen um 20.30 Uhr den Anfang. Sängerin Andrina Travers punktet mit ihrem Netzoutfit insbesondere bei der männlichen Besucherschaft. Ins Netz geht man ihr aber auch wegen ihrer sackstarken Stimme. Sie versuchte sich damit sogar einmal als Kandidatin bei «The Voice Of Germany» und schaffte es bis in die Top 10 eines Jurors. Seither stellt sie ihr Stimmorgan aber wieder voll und ganz in die Dienste von Underksin.
Die Songs der kürzlich erschienenen EP «Cat Got Your Tongue», welche die heutige Setliste dominieren, gefallen mir besonders gut. Da sind einige rockige Nummern dabei. Für alle Daheimgeblieben wären «Monster On A Throne» oder das gelungene John Farnham-Cover «You’re The Voice» empfehlenswerte Hörproben. Für das Frontmädel selbst sei die Single «Use Me» stets eine emotionale Angelegenheit, denn die Inspiration dazu entstand während des Lebensabschnitts, in welchem sie gegen das unschöne Resultat einer Krebsdiagnose anzukämpfen hatte.
Der Vierer zockt sich währen den gesamten 35 Minuten sehr solide durch sein Set. Da die Trommel-Küche von Buddah Craven in der Bühnenmitte thront, herrschen ziemliche Bewegungsengpässe. Das hält Gitarrist Roman Walker jedoch nicht davon ab, regelmässig munter umher zu hüpfen. Ich freue mich jedenfalls schon auf die nächste Begegnung mit den Zürchern.
Redeem
Die danach aufspielenden Rocker von Redeem scheinen dagegen vor allem unsere Gruppe nicht wirklich mitreissen zu können. Woran man dies erkennt? Während des Auftritts wird ziemlich viel geplappert. Mag ich eigentlich nicht, denn der Band gegenüber ist dies nicht wirklich fair. Zudem kann mich meine journalistische Ader eh nie komplett ausblenden und versuche deshalb trotzdem, das Geschehen zwischendurch mit einem Auge (oder sollte ich sagen einem Ohr?) zu beobachten.
Drummer Simon Steiner ist eindeutig das Tier des Trios. Der drischt unermüdlich und mit viel Kraft auf seine Felle ein. Schön anzusehen. Fronter Stefano Paolucci und Basser Alessio Piazza schaffen es hingegen nicht, bei mir irgendwelche bleibenden Eindrücke zu hinterlassen. Das ändert sich beim letzten Song «Lost», bei dem das Publikum dazu aufgefordert wird, als Chor mitzuwirken. Dank dieser Zusammenarbeit, die doch unter die Haut geht, reicht es für einen gelungenen Abschluss des Gigs.
CoreLeoni
So viel sei verraten: Nun folgt beste Unterhaltung. Ein grossartiges Hard Rock-Kino. Anschauungsunterricht sowohl für Redeem als auch Underskin. Um 22.30 übernimmt der Headliner definitiv das Kommando. Leo Leoni (Gitarre), Ronnie Romero (Gesang), Jgor Gianola (Gitarre), Mila Merker (Bass) und Alex Motta (Drums) wirken bereits jetzt hervorragend gelaunt. Moment, aber wo ist denn bitteschön Hena Habegger? Der hat einen nur allzu gut nachvollziehbaren Grund, um für die laufende Tour auszusetzen. In den kommenden Tagen solle es nämlich Nachwuchs im Hause Habegger geben. Und ich bin sicher, dass Alex einen tollen Job als Vertretung machen wird. Mit-Metalinsiderin Nicky, die mich heute Abend als Knipserin unterstützt, ist bereits wieder unterwegs in den Fotograben. Die Jagd nach tollen Schnappschüssen kann beginnen.
Mit «Higher» vom zweiten Gotthard-Silberling «Dial Hard» aus dem Jahre 1994 eröffnen CoreLeoni ihren Auftritt. Stimmwunder Ronnie Romero darf gleich einmal zeigen, was er so alles auf dem Kasten hat. Dem Sänger in den Diensten von Rainbow und den Lords Of Black bin ich übrigens zum aller ersten Mal ebenfalls hier im Hall Of Fame begegnet. Vor rund zwei Jahren war er mit den schwarzen Lords aus Spanien zu Gast. Damals musste sich Ronnie noch mit der kleinen Fumoir-Bühne und deutlich weniger Zuhörern begnügen. Heute Abend lächelt ihm dafür eine rappelvolle Hütte entgegen. Dies scheint die Freude des Chilenen gleich nochmals zu steigern. Wenn einer den leider viel zu früh verstorbenen Steve Lee würdevoll vertreten kann, dann ist es zweifelsohne diese Ronnie Romero. Einige würden sich ihn deshalb auch bei Gotthard am Mikro wünschen. Wobei ich fairerweise an dieser Stelle den aktuellen Fronter Nic Maeder ein bisschen in Schutz nehmen muss; denn auch er macht einen tollen Job. Dass viele Leute Gotthard aufgrund der aktuellen «Defrosted»-Shows als zu soft abstempeln, kann ich nur bedingt nachvollziehen. Leute, hallo?! Das ist ja auch verdammt nochmal eine Akustik-Produktion. Was erwartet ihr denn bitteschön davon?
Aber kommen wir zurück zur heutigen Show. Die Saitenhexer Leo und Jgor haben ebenfalls sichtlich Spass an der ganzen Sache. Immer wieder fordern sie sich zu packenden Duellen heraus, bei denen Mister Leoni phasenweise ordentlich ins Schwitzen kommt. Jgor gibt anschliessend belustigt zu, dass er eigentlich nur spielen kann, was auf dem Setlisten-Zettel geschrieben steht. Prompt wird er deshalb zu einer Improvisationseinlage aufgefordert. Dies endet schliesslich in einem kurzen Cover des AC/DC-Klassikers «Highway To Hell». Nach dem neuen «Walk On Water» wird es wieder Zeit für einen echten Gotthard-Kracher: «Firedance». Ganz klar einer der besten Hymnen, die wir heute Abend zu hören bekommen. Band und Publikum sind gleichermassen «on fire». Ich lehne mich bezüglich des Sängers gerne nochmals aus dem Fenster: Lieber Ronnie, du wandelst gesanglich tatsächlich auf den Pfaden deines legendären Namensvetters Ronnie James Dio. Mach einfach weiter so! Das anschliessende «All I Care For» wird dann Steve Lee gewidmet. In den Publikumsreihen werden Feuerzeuge in die Luft gereckt und an der einen oder anderen Wange kullern Tränen herunter. Emotionen pur!
Trotz vorangeschrittener Uhrzeit wirkt die Truppe überhaupt nicht müde. Selbiges gilt auch für die Zuhörerschaft. Dank den gelegentlichen «Leo»-Fangesängen fühlt man sich zwischendurch wie in einem Fussballstadion. An genialen Nummern mangelt es definitiv nicht. «Mountain Mama» lässt ebenfalls alle aus den Latschen kippen. Den Zugaben-Track borgt sich der Fünfer von den legendären Led Zeppelin aus. Der «Immigrant Song» bildet den Abschluss eines überragenden Auftritts. Totale Spielzeit: 110 Minuten. Das hat unglaublich gerockt!
Das Fanzit
Abermals ein hammermässiger Abend im Hall Of Fame. Rock-Blockbuster-Kino made in Switzerland. Den Besuch einer CoreLeoni-Show kann ich euch allen wirklich wärmstens ans Herz legen. Spielfreude und genial vorgetragene Songs – mehr geht nicht und mehr braucht’s ehrlich gesagt auch nicht. Ich bin jedenfalls gespannt, wohin die Reise für Leo Leonis Nebenprojekt noch gehen wird. Hoffentlich bleibt es uns noch lange Zeit erhalten.
Als Besucher haben wir uns im HoF wie immer pudelwohl gefühlt – trotz ausverkauftem Hause. An dieser Stelle entschuldige ich bei allen Personen, die vor der CoreLeoni-Show aufgrund unseres Biertransports allenfalls ein bisschen nass geworden sind. Glücklicherweise konnte wir die kühlen Blondinen trotzdem einigermassen unbeschadet zu unseren Kollegen in die erste Reihe bringen.
Noch ein Wort zu den Vorgruppen: Underskin konnten sich definitiv für weitere Auftritte empfehlen. Von Redeem war ich dagegen nicht hundertprozentig überzeugt.
Setliste – Underskin
- Cactus
- Monster On A Throne
- Cat Got Your Tongue
- When I‘m Lost
- Use Me
- Starving Animal
- You‘re The Voice (John Farnham-Cover)
- Don‘t Try
- Spit On You
Setliste – Redeem
- Insanity
- Splendid
- Dreams You’ve Lost Along The Way
- 999
- Somebody Out There
- Murder
- Beauty Of A Lie
- Black Monkey
- Lost
Setliste – CoreLeoni
- Higher (Gotthard-Cover)
- Standing In The Light (Gotthard-Cover)
- Downtown (Gotthard-Cover)
- Get It While You Can (Gotthard-Cover)
- Fist In Your Face (Gotthard-Cover)
- Walk On Water
- Firedance (Gotthard-Cover)
- All I Care For (Gotthard-Cover)
- Let It Be (Gotthard-Cover)
- In The Name (Gotthard-Cover)
- Tell No Lies (Gotthard-Cover)
- Make My Day (Gotthard-Cover)
- Mountain Mama (Gotthard-Cover)
- She Goes Down (Gotthard-Cover)
- Ride On (Gotthard-Cover)
- Here Comes The Heat (Gotthard-Cover)
- Immigrant Song (Led Zeppelin-Cover)*
*Zugabe