Skandinavischer Rockabend der gehobenen Klasse
Mitten unter der Woche beehren uns drei skandinavische Truppen im Konzerttempel Z7. Da durfte man im Vorfeld schon gespannt sein, wie sehr das Publikum auf so ein Package anspricht und was die Bands daraus machen würden. Dass der schwedische Headliner allerdings für energiegeladene Shows steht, weiss man natürlich schon lange…. Also auf nach Pratteln!
Shiraz Lane
Noch ist nicht allzu viel los, als der Opener Shiraz Lane pünktlich um halb acht die Bühne betritt. Die finnischen Jungspunde lassen sich davon aber nicht beeindrucken und legen mit „Carnival Days“ mit mächtig Power los. Cooler Hardrock wird uns hier um die Ohren gehauen. Zwar nicht unbedingt komplett neu erfunden (stellenweise schimmern beispielsweise offensichtliche Vorbilder wie Great White durch), aber dennoch durchaus hörbar. Fronter Hannes Kett hat sich zudem wohl auch einiges beim Sänger des heutigen Headliners abgeschaut: Ununterbrochen in Bewegung, kaum einen Moment stillstehend animiert er auch immer wieder die Fans zum Mitmachen. Die danken es ihm schlussendlich mit wohlwollendem Applaus.
Setliste Shiraz Lane
- Carnival Days
- The Crown
- Tidal Wave
- Mental Slavery
- Reincarnation
- Harder to Breathe
- People Like Us
One Desire
Die Landsleute von Shiraz Lane sind nun schon eine etwas andere Stufe. Zwar ist ihr Frontmann André Linman auch erst 26 Jahre alt. Aber der Kerl hat mit seinen jungen Jahren schon mehr erreicht als manch gestandener Rocker! Denn Linman dürfte doch dem Einen oder Anderen als Sänger von Sturm Und Drang bekannt sein: Als deren erstes Album „Learning To Rock“ erschien, war er gerade mal 15 Jahre alt!
Nun, seit 2013 singt Linman nun bei One Desire und diese Truppe hat im letzten Jahr ihr selbstbetiteltes Debütwerk veröffentlicht. Meine Wenigkeit hat die Jungs das erste Mal auf dem Ice Rock Festival im Januar halbwegs erlebt, völlig unwissend, wer da auf der Bühne steht. Und als dann plötzlich mit „Indians“ auch ein Sturm Und Drang Titel gespielt wurde, war auch ich erleuchtet…
Im Hier und Jetzt gibt es aber nur noch One Desire! Die Finnen dürfen sich schon mal über deutlich mehr Fans freuen, und diese kriegen nun eine volle Breitseite serviert. „Hurt“ ist der Opener, gibt die Marschrichtung der nächsten 45 Minuten vor und wird begeistert aufgenommen. Bis auf zwei Ausnahmen („Do You Believe“, „Straight Through The Heart“) präsentieren uns die Finnen ihr komplettes Erstlingswerk, wobei die Reihenfolge der Songs etwas gemischt wird. Die Ballade „This Is Where The Heartbreak Begins“ beispielsweise kommt mitten drin und glücklicherweise nicht als Schlussnummer…
Dass mehrheitlich Linman im Fokus steht, ist irgendwie logisch. Bei „Falling Apart“ hüpft er dann auch von der Bühne in den Fotograben und sucht die Nähe zu den Fans (dass dies nur Vorgeplänkel zu späteren Ereignissen ist, kann man nur erahnen – es folgt ja noch ein Headliner…). Die Ladies in der ersten Reihe freuen sich selbstredend über solche Aktionen…
Das harte „Buried Alive“ (Stratovarius standen hier ganz offensichtlich Pate!) beendet einen richtig coolen Auftritt der Finnen, die sich a) in der Schweiz offensichtlich sehr wohl fühlen, b) heute komplett ohne Sturm Und Drang Song auskommen (irgendwie zwar schade) und c) bald ihr zweites Album veröffentlichen werden. Wir freuen uns darauf und auf eine Rückkehr in „our beautiful country“!
Setliste One Desire
- Hurt
- Turn Back Time
- Apologize
- This Is Where the Heartbreak Begins
- Love Injection
- Falling Apart
- Whenever I’m Dreaming
- Buried Alive
H.E.A.T.
Nach dem finnischen Doppelpack folgt nun Schweden-Power. Wer H.E.A.T. schon mal live erlebt hat, kann erahnen, dass die nächsten gut 90 Minuten recht intensiv werden könnten. Das letzte Mal, als ich Erik & Co im Z7 gesehen habe (Mai 2014 – letztes Jahr habe ich es verpasst…), mussten sie noch im Mini Z7 antreten. Heute sieht das anders aus – die verkleinerte Hallenversion wäre aus allen Nähten geplatzt! Ich schätze, dass gut 500 Fans hier sind – mehr als anständig für einen Donnerstagabend.
Das letzte Werk von H.E.A.T. nennt sich „Into The Great Unknown“ und spaltet wohl immer noch etwas die Fangemeinde. Zu poppig, zu soft – das sind Attribute, die man in diesem Zusammenhang immer mal wieder hört. Auch ich bin kein allzu grosser Anhänger, kein Vergleich zu Grosstaten der Marke „Tearing Down The Walls“. Aber live tönt das ja meistens anders (= besser) und live darf man ja auch auf Klassiker hoffen… Und jetzt ist es halb zehn – Licht aus und Bühne frei!
Mit „Bastard Of Society“ geht’s grad mal richtig ab – sicherlich auch einer der besseren Songs des aktuellen Albums. Fronter Erik Grönwall benimmt sich von Sekunde eins so, wie man es erwartet – er hüpft, er springt, er steht nie still, er ist ein Alptraum für die Fotografen. Ein Mensch gewordener Gummiball. Man wird das Gefühl nicht los, dass er sich das Red Bull intravenös reinpfeifft….
Die Hyperaktivität des Fronters lässt derweil die starke Leistung der übrigen Bandmitglieder fast etwas verblassen. Das wäre schade, denn die liefern allesamt eine mehr als solide Leistung ab! Speziell Crash hinter seinen Drums lässt sein Können immer mal wieder aufblitzen, während Basser Jimmy Jay neben den musikalischen Fähigkeiten auch noch mit seinem Uralt-Iron Maiden-Shirt auftrumpft. Erik springt derweil bereits beim dritten Song „Danger Road“ das erste Mal in den Forograben. Gelebte Fan-Nähe! Und vielleicht die Chance für die knipsende Zunft, auf ein gescheites Bild…
Mit „Emergency“ folgt der erste Titel des bereits erwähnten Vorzeigewerks „Tearing Down The Walls“, die Nummer wird gnadenlos abgefeiert. Generell kann man schon jetzt sagen, dass die Stimmung im Z7 hervorragend ist. Die energetische Performance des Sängers ist ganz offensichtlich ansteckend – gut so! Man hat zur Genüge schon das Gegenteil erlebt…
Während also Erik Grönwall weiterhin das Zentrum der Aufmerksamkeit ist, so reisst mich die Setliste nicht so vom Hocker. Irgendwie zwar komisch, denn schlussendlich sind’s insgesamt nur drei Titel von „Into The Great Unknown“… Erst ab „It’s All About Tonight“ packt es mich wieder – und jetzt geht es in der Tat nur noch aufwärts!
„Living On The Run“ – und plötzlich ist Erik mitten im Publikum! Auch heute macht der wilde Fronter somit seinen obligaten Ausflug zu den Fans. Dass hier natürlich (fast) jeder sofort sein Handy zücken und ein völlig verwackeltes Bild machen muss, ist wohl der Zeitgeist. Verstehen muss man das ja nicht… Zurück auf der Bühne schwingt Erik die Schweden-Flagge, die er sich dann auch grad vorne in die Hose stopft – bevor er sie an die Fans zurück gibt… Öööhm, ja…
„Beg Beg Beg“ wird auch heute aufgelockert durch eine gehörige Portion AC/DC („Whole Lotta Rosie“). Und Erik dreht nun komplett am Rad und will crowdsurfend an die Bar! Während die Mädels in der ersten Reihe etwas skeptisch dreinschauen, wird der Wahnsinnige danach von mehreren Kerlen einfach zur Bar GETRAGEN…
Nun scheint’s so, als ob selbst ein Wirbelwind wie Erik mal eine kleine Verschnaufpause braucht. „Laughing At Tomorrow“ kommt in einer bockstarken Akustik-Version um die Ecke, bevor mit „Redefined“ nochmals ein neuer und mit „There For You“ ein ganz alter Titel folgt. Doch nun wäre es langsam an der Zeit, die GANZ grossen Nummern auszupacken…
Es beginnt das furiose Finale. „Mannequin Show“ – einer der stärksten Songs überhaupt – wird heftig bejubelt und „Tearing Down The Walls“ setzt dem Spektakel nach 75 Minuten vorerst ein Ende. Laute Zugabe-Rufe im Z7 setzen ein und die Schweden lassen sich glücklicherweise nicht lange bitten. Mit „Point Of No Return“ und dem gigantischen „A Shot At Redemption“ ist das vierblättrige Kleeblatt vom vorletzten Album komplett. Und hier zeigt sich dann auch auf extrem eindrückliche Weise der Qualitätsunterschied zum letzten Silberling… H.E.A.T. verabschieden sich mit strahlenden Gesichtern von den Fans. Ein baldiges Wiedersehen ist zu wünschen!
Setliste H.E.A.T.
- Bastard of Society
- Breaking the Silence
- Danger Road
- Emergency
- Shit City
- Downtown
- In and Out of Trouble
- It’s All About Tonight
- Living on the Run
- Beg Beg Beg
- Laughing at Tomorrow
- Redefined
- There For You
- Mannequin Show
- Tearing Down The Walls
- Point Of No Return*
- A Shot Of Redemption*
*Zugaben
Das Fanzit
Skandinavia rocks! Drei nordische Bands sorgten für beste Laune. Shiraz Lane als guter Opener, One Desire mit einer starken Performance und über allem die grandiosen H.E.A.T., welche zwar heute möglicherweise nicht ihre beste Setliste präsentierten (nicht nur ich vermisste „Inferno“…), aber mit einer enormen Spielfreude und fantastischem Einsatz sämtliche Zweifel schlicht wegwischten. Da freut man sich schon jetzt auf die nächsten Besuche in den heimischen Konzerthallen!