Lacuna Coil - Z7 Pratteln 2018
Di, 6. November 2018

Lacuna Coil, Amberian Dawn

Z7 (Pratteln, CH)
07.12.2018
Lacuna Coil - Z7 Pratteln 2018

Lacuna Coil gehen irgendwie immer 

Seit über 20 Jahren sind die italienischen Alternative Metaller Lacuna Coil rund um Frontmädel Cristina Scabbia inzwischen bereits im Geschäft. Am Dienstagabend gaben sie ihr nächstes Gastspiel auf Schweizer Boden. Was ein kleines Zirkuszelt auf der Bühne zu suchen hatte und weshalb ich mit der Vorgruppe abermals nicht auf einen grünen Zweig kam, könnt ihr wie gewohnt den nachfolgenden Zeilen entnehmen. 

Momentan brausen Lacuna Coil unter dem Banner der «The 119th Show»-Tour durch Europa. Losgelöst wurde die ganze Geschichte aufgrund eines ganz speziellen Auftritts, den die Truppe am 19. Januar dieses Jahres in London abhielt. Unter anderem wirkte dabei eine britische Zirkusgruppe mit. Für die Gehörgänge wurde auf ein geniales «Best Of»-Set zurückgegriffen. Damit auch diejenigen Fans, welche nicht ins englische Kapitol pilgern konnten, in den Genuss dieser pompösen Darbietung kommen können, wurde der ganze Abend auf DVD festgehalten. Diese Scheibe – und die dazugehörige Audio-CD – sollen im Rahmen der aktuellen Tour den Massen nähergebracht werden. Die Bekanntgabe des Support-Acts löste bei mir dagegen überhaupt keine Freudensprünge aus. Die finnischen Symphonic Metaller von Amberian Dawn konnten mich bisher noch nie überzeugen. Trotzdem schaffen sie es heute bereits zum dritten Mal in einen meiner Berichte – clever gemacht.

Kurz nach 19 Uhr treffe ich am Ort des Geschehens ein. Rappelvoll ist die Konzertfabrik zweifelsohne noch nicht. Da hätte man den heutigen Event wohl ruhig auch im Mini Z7 durchführen können. Allerdings bevorzugt eine Band wie Lacuna Coil schon eher die grosse Bühne. Auf eben dieser ist übrigens ein Teil eines Zirkuszeltes zu sehen. Planen die Italiener etwa ein Zusammenspiel mit Artisten oder irgendwelche Raubkatzen-Dompteur-Nummern? Das werden wir bald herausfinden. Zuerst gilt es allerdings das Quintett namens Amberian Dawn zu «überstehen». Ob sie mich vielleicht doch noch überzeugen können? Um die Stimmung aufzulockern, genehmige ich mir jedenfalls schon einmal einen ersten Hopfentrunk.

Amberian Dawn

Zu den 45 Minuten der Suomi-Metaller kann ich mich für einmal relativ kurzfassen. Auch beim dritten Anlauf bin ich leider überhaupt nicht begeistert. Das einzig brauchbare Mitglied der Band scheint effektiv Tastenmann Tuomas Seppälä zu sein. Der beherrscht sein Handwerk definitiv. Die restlichen Mitglieder agieren hingegen alles andere als packend. Das gilt insbesondere für Sängerin Capri – oder wie ich sie nenne: Die Helene Fischer der Metal-Szene. Bei diesem nervigen Geträllere fallen meine Gehörgänge direkt in den Winterschlaf. Das Gezeigte könnte man eigentlich auch als «ABBA-Metal» abstempeln. Passend dazu wagen sich die Finnen sogar an eine Cover-Version von «Lay All Your Love On Me». Nein, nein, nein – ein regelrechter Schuss in den Ofen. Ich hätte mir wirklich einen fähigeren Support-Act für Lacuna Coil gewünscht. Jetzt liegt es an den Mailändern, die Kohlen selbst aus dem Feuer zu holen.

Lacuna Coil

Um 21.10 Uhr startet der Headliner in sein Set. Wie auch bei den letzten Auftritten setzten die Akteure heute ebenfalls wieder auf Verkleidungen. Die Gesichter der Herren sind allesamt schwarzweiss geschminkt und Signora Scabbia betritt die Bühne im feuerroten Kleid (inklusive hellhaariger Perücke auf dem Haupt). Man kann sich darüber streiten, ob ein solches Auftreten wirklich notwendig ist oder nicht. Bei Lacuna Coil gehört es in letzter Zeit irgendwie dazu. Im Rahmen der 2016er-Scheibe «Delirium» sind sie ja auch immer in Irrenanstaltsinsassenklamotten durch die Gegend gerannt. Da Cristina als Nerd und kleiner Cosplay-Fan gilt, dürfte sie mit dieser Maskerade eh keine Schwierigkeiten haben. Am Ende steht sowieso die Musik im Fokus – und in diesem Bereich lassen die Musiker aus Mailand heute Abend gar nix anbrennen.

Das Publikum wird auf eine interessante und absolut hörenswerte Reise durch die Diskographie der Alternative Metaller mitgenommen. Der Fünfer agiert gewohnt souverän. Insbesondere Cristina und ihr Gesangspartner Andrea Ferro zeigen bärenstarke Leistungen. Die älteren Werke «Unleashed Memories» (2001) und «Comalies» (2002) sind gleich mit insgesamt sieben Stücken in der heutigen Setliste vertreten. Ein Zeichen dafür, dass die Truppe effektiv tief in der Vergangenheits-Box herumgewühlt hat. Erwähnenswert sind sicherlich das komplett in italienscher Sprache vorgetragene «Senzafine», bei dem das Gesangs-Duo für ordentlich Hühnerhaut sorgt, oder «One Cold Day», welches ihrem 2013 verstorbenen Ex-Klampfer Claudio Leo gewidmet ist. Emotionen pur! Selbstverständlich dürfen auch Über-Hits der Marke «Heaven’s A Lie» nicht fehlen. Eine überragend Live-Hymne. Zur Belustigung meiner Kollegen funktioniere ich meine Feldschlösschen-Dose kurzerhand zum Mikro um. Aber hey, immerhin bin ich dank solcher Aktionen um einige Stufen aktiver als die Mehrheit des restlichen Publikums. Ein bisschen mehr Stimmung würde keinesfalls schaden.

Wer erinnert sich noch an mein altbekanntes Problem bei Z7-Gigs, die unter der Woche stattfinden? Korrekt, der letzte Zug in Richtung Zürich beziehungsweise Winterthur fährt jeweils bereits um 22.41 Uhr. Aufgrund dessen trete ich nach «The House Of Shame» den Rückzug an. Ein Blick auf die Setliste verrät, dass mir glücklicherweise bloss der drei Lieder umfassende Zugaben-Block durch die Lappen geht. Damit kann ich problemlos leben. Diesbezüglich hat sich das Zeit-Management des Z7 in letzter Zeit massiv verbessert. Früher hätte ich lediglich einen Bruchteil des Headliner-Auftritts bestaunen können. Vielen Dank dafür! Jetzt kann ich zufrieden die Heimreise antreten.

Das Fanzit

Wie würde es die deutsche Model-Mama Heidi Klum formulieren? «Sorry Amberian Dawn, ich habe heute leider kein Foto für euch». Nein, auch das dritte Wiedersehen mit den Finnen konnte meine Meinung über sie nicht ändern. Das war nix! Bleibt zu hoffen, dass Lacuna Coil beim nächsten Mal mit einem besseren Support-Act im Gepäck anreisen werden. Am Auftritt des Headliner gab’s dann nichts auszusetzen. Auch nach über 20 Jahren im Geschäft muss man die Italiener nach wie vor auf dem Zettel haben. Andrea Ferro mausert sich meiner Meinung nach zu einem immer besseren Frontmann. Seine Kollegin Cristina Scabbia agierte heute Abend mit gewohnt viel Engagement und überzeugenden Gesangsleistungen. Unsere weiblichen Leser mögen mir den nun folgenden Ausflug in ein heikles Themengebiet verzeihen, aber den Jahrgang 1972 sieht man ihr überhaupt nicht an. Nach wie vor ist die werte Dame ein echter Hingucker. Unter anderem deswegen freue ich mich bereits jetzt auf die nächste Show von Lacuna Coil in unseren Gefilden.

Setliste – Amberian Dawn

  1. Intro
  2. Valkyries
  3. Fame & Gloria
  4. Circus Black
  5. Magic Forest
  6. Cherish My Memory
  7. Dragonflies
  8. Maybe
  9. Lay All Your Love On Me (ABBA-Cover)
  10. River Of Tuoni

Setliste – Lacuna Coil

  1. Intro
  2. A Current Obsession
  3. 1.19
  4. My Wings
  5. Blood, Tears, Dust
  6. Veins Of Glass
  7. One Cold Day
  8. Tight Rope
  9. When A Dead Man Walks
  10. Soul Into Hades
  11. Hyperfast
  12. Heaven’s A Lie
  13. Senzafine
  14. Comalies
  15. The House Of Shame
  16. Our Truth*
  17. Enjoy The Silence (Depeche Mode-Cover)*
  18. Nothing Stands In Our Way*

*Zugabe


Wie fandet ihr das Konzert?

07.12.2018
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