Durst ist schlimmer als Heimweh
Ich muss mal… mich wieder mit Onkel Tom auseinandersetzen. Bei solch akustischem Alkoholgehalt morgens früh – es war so eine Schnapsidee von mir, Onkel Tom beim Frühstück zu hören – kann es einem schwindlig werden, aber auch teilweise lustig. Nach Doros „Forever Warriors / Forever United“ schiebt uns auch Onkel Tom eine Doppel-CD über den Tresen zu. „Bier Ernst“ liefert sage und schreibe einundzwanzig Lieder, die euch während fünfundsiebzig Minuten unterhalten werden.
Das Werk lässt sich in „Bier“ und „Ernst“ unterteilen, aber auch in „Eigenkompositionen“ und „Covers“. Letztere sind hauptsächlich auf „Bier“ vertreten und diesem werden wir uns zuerst widmen. Tom Angelripper und Co. kennen offensichtlich alte, vergessene Hits bestens, denn wenn Mike Krüger einigen Metallern ein Begriff sein könnte, lässt der Name Bobbejaan eher ratlos in die beschwipste Runde schauen. Wenn Musiker so kundig sind, dann überrascht es kaum, dass sie Lieder wie „Wir Trinken Wenig“ oder „Was Sind Wir Männer Für‘n Lustiger Verein“ temporeich ins Teutonen-Metallische gekonnt übersetzten und damit gute Laune verbreiten. Diese feierliche Stimmung fasst „Bier“ gut zusammen. Die Eigenkompositionen sind zwa r abwechslungsreich, variieren von einer Prise Kneipenfolklore in „Flasche Zu Flasche“ bis zum oberwitzigen „Trunkenbold“, aber wirken im Vergleich zu den Covers eher verhalten.
„Ich Finde Nur Metal Geil“ reisst uns wütend, kritisch und eher auf Sodom-Art ins Geschehen rein. Damit gilt es nun „Ernst“. Die Eigenkompositionen auf der zweiten CD tragen oft und gerne einen Hauch Deutschpunk, der an die Onkelz von „Heilige Lieder“ erinnert und in vielen Refrains gut zu vernehmen ist. Die einprägsamen Chöre laden den Hörer ein, mitzusingen und passen gut zum Kontext der Deutschrockkultur. Die verschiedenen Gemütslagen erstrecken sich vom nachdenklichen, fast verzweifelten „Ich Will Hier Raus“ zum melancholischen „Von Arschlöchern Für Arschlöcher“ über den flotten und foutierenden „Egal“. Eins steht für mich fest: Die Texte sind das Beste an den Eigenkompositionen. Einige Lieder sind sehr unterhaltsam, fast jedes hat charakteristische Momente, aber „Ernst“ als Ganzes betrachtet, kommt – meiner Meinung nach – nicht richtig in Fahrt. Woran liegt das? Am persönlichen Geschmack? An der Auswahl der Stücke und deren Zusammenstellung? Extrabreits Cover „Polizisten“ schliesst das Album ab und lässt uns mit seiner ruhigen, kritischen Stimmung darüber rätseln, wie es mit Onkel Tom weitergehen wird.
Das Fanzit
Quo vadis Onkel Tom? Ist „Bier Ernst“ nur eine Phase oder eine Zäsur? Ist die Aussage „Ich Muss Hier Raus“ mehr als nur ein Titel oder ist es ein Statement? Warten wir es ab. Die Antwort wird schon kommen.
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Trackliste Onkel Tom – Bier Ernst
Disc 1 – Bier
- Ich Steh‘ An Der Bar Und Ich Habe Kein Geld (Bobbejaan Cover)
- Flasche Zu Flasche
- Wir Trinken Wenig (Mike Krüger Cover)
- Bier, Bier, Bier Ist Die Seele Vom Klavier (Paul Kuhn Cover)
- Durst Ist Schlimmer Als Heimweh
- Hätten Wir Lieber Das Geld Vergraben… (Fritz Servos Cover)
- Was Sind Wir Männer Doch Für’n Lustiger Verein (Heinz Rühmann Cover)
- Jacky Cola
- Durst Wird Durch Bier Erst Schön
- Trunkenbold
- Bier, Bier, Bier (Heino Cover)
- Prost
Disc 2 – Ernst
- Ich Finde Nur Metal Geil
- Todgeweiht
- Ich Muss Hier Raus
- Egal
- Von Arschlöchern Für Arschlöcher
- Zwischen Emscher & Lippe
- Auf Dünnem Eis
- Das Blaue Buch Des Lebens
- Polizisten (Extrabreit Cover)