Die Djent-Garantie
Für das Konzert im Kiff in Aarau von TesseracT haben sich viele Fans auf Facebook angekündigt und der Abend versprach ein volles und angesichts des Headliners auch ein tolles Ereignis zu werden. Was soll man sagen? Der Laden war gestossen voll und der Duft von Bier, Futter vom Grillstand und schwitzenden Besuchern nahm allmählich überhand. Ergo – nichts für zartbesaitete Musikliebhaber mit Freiraum-Bedürfnissen und empfindlicher Nase.
Plini
Teilweise zartbesaitet (zumindest spielerisch) war auch der Opener Nummer 1. Aussie-Gitarren-Talent Plini und Band, schraubten die musikalische Messlatte gleich mal in die Höhe. Spielerisch einwandfrei bot Plini besonders für Musiker einen 1A-Auftritt. Aber auch seine Mitstreiter mussten sich, was Spiel-Qualität anbelangt, keinesfalls verstecken. Wer Plini kennt, weiss, dass dessen Kompositionen ausgesprochen abwechslungsreich sind und von feinen, ja fast harmlosen Gitarren-Passagen, bis zu komplexen und druckvollen Parts reichen. Allerdings muss man schon mit instrumentaler Musik was anfangen können. Diese Tatsache schränkt ein grosses und breites Publikum schon ein wenig ein. Obwohl man der Sound transparenter hätte abmischen können, kann man den verhältnismässig kurzen Auftritt als sehr gelungen bezeichnen. Und dennoch kann man sich fragen, ob Plini der geeignete Opener war, denn zeitweise kam die Band schon ein wenig zu brav daher.
Between The Buried And Me
Der zweite Act auf der Bühne waren Between The Buried And Me die einen spannenden Mix zwischen Progressive-Metal und Metalcore spielen. Leider konnte die Band mich nicht überzeugen. Das eigentlich hohe spielerische Level kam nicht wirklich zu tragen und ging mehrheitlich in einem Soundbrei unter. Dieser liess es schlichtweg nicht zu, dass die musikalischen Feinheiten, welche die Band unter anderem auszeichnen und die das eigentliche Niveau der Band reflektieren, zum Tragen kamen. Selbst bei günstigster Stehposition (vor dem Mischpult) war der Sound bescheiden – wie schlimm muss es denn an ungünstigeren Positionen gewesen sein? Schade, denn Between The Buried And Me hat eigentlich viel zu bieten. Und so bleibt die traurige Erkenntnis, dass man (also ich zumindest) an diesem Freitag auf Between The Buried And Me hätte verzichten können, aber das lag weniger bei der Band als am Umfeld.
TesseracT
Schon beim Kurz-Soundcheck der Drums konnte man erahnen, dass TesseracT eine fette und äusserst druckvolle Darbietung liefern wollten. Bis dahin tauchte man die Bühne in ein violett fabenes Kleid und liess fast eine Viertelstunde mystisch und hypnotisch wirkende Sounds laufen, die den kommenden Auftritt der Briten ankündigten oder besser gesagt androhten. Die Unannehmlichkeiten (Platz) waren auf einmal wie weggeblasen, denn der Hauptact TesseracT bezog auf der Bühne Stellung und verwandelte das Kiff von 0 auf 100 in einen Hexenkessel.
Der Headliner verlor keine Sekunde, legte fulminant los und vermochte den Saal sofort zu begeistern. Sänger Daniel Tompkins sprang schon beim zweiten Song unerwartet ins Publikum und brachte augenblicklich die vorderen Reihen zum kochen. Der Blick ins Publikum zeigte eine begeisterte Menge, in deren Mitte sich auch ein Moshpit bildete (dessen Zweck mit immer noch schleierhaft ist). Allerdings war es nicht notwendig, sich im Moshpit aufzuhalten, um Begeisterung für TesseracT zu zeigen. Was die Briten auf der Bühne boten war einfach nur Klasse – Musik und Show in erster Güte.
200%
Die akzentuierte Musik von TesseracT ist rhythmisch anspruchsvoll und erfordert hohe Spielqualitäten und Timing. Es schien eine Leichtigkeit zu sein diese Kriterien zu erfüllen und man vermochte die Stimmung der Alben zu 200% ins Publikum zu transportieren. 200%, weil die Band Live einen enormen Druck gepaart mit düsterer Stimmung aufbaut, der jeden zu umwälzen vermag. Eine Power, die einfach zum obligaten Kopfnicken bis Headbangen verleiten, punktgenaues Shredden, herausragendes rhythmisches Zusammenspiel und einen Sänger, der als Frontmann einfach nur Spitzenklasse ist. Aber auch Bassist Amos Williams trug massgeblich zur Bühnenshow bei, denn während die Gitarristen mehrheitlich ruhig und konzentriert standen, waren er und Tompkins zusammen diejenigen, die Bewegung auf die Bühne brachten.
Wer mit TesseracT wenig anfangen kann (mir unbegreiflich), muss trotzdem nicht auf gute Musik verzichten. An dieser Stelle sei auch Daniel Tompkins Side-Project White Moth Black Butterfly bemerkt, das wesentlich ruhiger rüberkommt, aber nicht minder Spass macht.
Anyway – TesseracT lieferten genau das, was das Publikum brauchte. Die Band war an diesem Abend einfach allmächtig und brachte das Kiff zum Jumpen, schreien und singen. Und 40 Franken für einen solch energetischen Gig ist beileibe nicht zu viel.
Das Fanzit
Das Kiff war pumpevoll! Für den Veranstalter und die Bands top, für klaustrophobische Besucher der blanke Horror. Aber auch als normaler Konzert erprobter Besucher, war die Masse an Leute manchmal zu viel. Und trotzdem, das sympathische Kiff war einmal mehr Zentrum der Prog/Djent-Macht und lieferte mit drei hochkarätigen Bands einen tollen Abend, an den man sich gerne zurück erinnert.
Setlist TesseracT (Quelle setlist.fm)
- Luminary
- Of Mind – Nocturne
- Concealing Fate, Part 2: Deception
- Concealing Fate, Part 3: The Impossible
- Survival
- Dystopia
- Hexes
- Phoenix
- Juno
- Smile
- Of Matter – Proxy
- Of Matter – Retrospect
- King
- Concealing Fate, Part 1: Acceptance