Das Gaswerk versinkt im Nebel
Anhänger der düsteren Melodien waren am Freitagabend im Winterthurer Gaswerk bestens aufgehoben. Der exzessive Gebrauch der Nebelmaschine führte bei den einen mit der Zeit allerdings zu leichten Orientierungsschwierigkeiten. Metalinside ging glücklicherweise nicht verloren und erläutert euch in den nachfolgenden Zeilen sämtliche Geschehnisse dieses Events.
Der Winter naht. Die Nächte werden immer kälter und finsterer. Für exakt dieses Ambiente hat sich das Gaswerk das passende Trio in die Eulachstadt geholt. Insbesondere über ColdCell aus Basel hat mir eine Kollegin im Vorfeld diverse Male vorgeschwärmt. Ich bin jedenfalls gespannt, was die Herrschaften auf der Bühne zeigen werden. Headliner Ultha hat mit «The Inextricable Wandering» eine neue Scheibe im Gepäck. Über den Opener mit dem mysteriösen Namen S S S S ist mir praktisch nix bekannt. Scheint irgendeine Art DJ zu sein. Naja, bald werde ich mehr wissen.
S S S S
Auf der Bühne steht ein Tisch mit einer kompliziert aussehenden Gerätschaft. Das ist also für die nächsten 40 Minuten der Arbeitsplatz von S S S S. Ohne grosses Tamtam erscheint der Luzerner auf der Bildfläche und beginnt munter an den zahlreichen Knöpfen vor ihm herumzudrücken. Von den Scheinwerfern wird er gelegentlich in blaues Licht gehüllt. Die Nebelmaschine kommt ebenfalls ein erstes Mal zum Einsatz. Dadurch wird zweifelsohne eine düstere Atmosphäre erzeugt. Zuschauer sind noch nicht sonderlich viele vor Ort. In kompletter Stille lauschen sie dem Mix aus Industrial und Wave. Einige wirken – wie meine Wenigkeit – etwas verunsichert und wissen nicht so recht, was sie mit dieser Darbietung anfangen sollen. S S S S wird sich am morgigen Tag wohl mit Rückenschmerzen herumschlagen müssen. Der niedrige Tisch zwingt ihn nämlich zu einer ziemlich ungesunden Haltung. Meines Erachtens hätte der junge Mann geradesogut ganz am Schluss auftreten können.
ColdCell
Wie mir der werte Herr Lichtmensch verrät, hat er von ColdCell bloss zwei Vorgaben bekommen: Scheinwerfereinsatz bitte nur von hinten und die Nebelmaschine solle doch am Besten durchgehend laufen. Der Fotograf, der sich da vor der Bühne abmüht, tut mir jetzt schon richtig leid. Hoffentlich kriegt er trotz widriger Umstände ein paar brauchbare Schnappschüsse hin. Die Basler stehen allesamt mit Kapuze auf der Bühne. Gesichter zu erkennen ist somit am heutigen Abend definitiv kein Thema. Aber wir beurteilen ja keinesfalls nur die Optik. Der Schwarzmetall, welcher von dem Fünfer hier präsentiert wird, kann sich absolut hören lassen. Sänger S keift richtiggehend in sein Mikro. Zwischen den Lichtern und den Instrumenten entstehen faszinierende Schattenspiele.
ColdCell haben bisher drei Studioalben veröffentlicht, von denen heute allerdings ausschliesslich Material der 2017er-Platte «Those» in der Setliste vertreten ist. Mittlerweile ist es so neblig im Saal, dass man kaum noch die eigene Hand vor Augen sieht. Schade eigentlich, dass eine solche starke Truppe lediglich 40 Minuten Spielzeit erhält. Da hätte man lieber bei S S S S ein paar Zeigerumdrehungen einsparen sollen. Glücklicherweise kommt es bereits in acht Tagen zum Wiedersehen zwischen mir und den Nordwestschweizern. Dann werden sie gemeinsam mit Tardigrada, Imperium Dekadenz und Make A Change Kill Yourself das Hall Of Fame unsicher machen.
Ultha
Der Headliner betritt um 22.45 Uhr das Feld – etwas früher als ursprünglich vorgesehen. Auch die Kölner verstecken sich primär hinter dichtem Nebel. Genau wie zuvor bei ColdCell hören sich die schwarzmetallischen Melodien der Deutschen überaus vielversprechend an. Das Publikum zeigt ebenfalls mehr Aktivität. Diverse Mähnen werden entfesselt und durch die Luft geschleudert. Sowohl Ralph als auch Chris könnten jedoch durchaus lautere Mikros vertragen. Das bleibt allerdings einer der wenigen Kritikpunkte eines ansonsten souveränen Auftritts. Dass Ultha bereits nach 40 Minuten ein erstes Mal hinter der Bühne verschwinden, wirkt auf mich ein bisschen irritierend. Doch das Quintett kehrt nochmals zurück und haut als Zugabe einen echten Monster-Track raus. Diesen widmen sie ihren beiden Support-Acts. Danach ist aber endgültig Schicht im Schacht.
Das Fanzit
Ein mehrheitlich gelungener Konzertabend im nebligen Winterthurer Gaswerk. Für mich waren die Mannen von ColdCell die überzeugendsten Akteure. Ultha hätte gerne etwas länger spielen dürfen, aber eventuell müssen die Veranstaltungen in dieser Location jeweils vor Mitternacht beendet sein. Das weiss ich ehrlich gesagt nicht. Das ehemalige Stromverteilzentrum steht nämlich in einer Wohnzone. DJ-Mann S S S S wollte hingegen nicht wirklich ins Line-Up passen. Was ich sehr begrüsst habe, war die Tatsache, dass die ganze Sache im Saal stattfand – und nicht wir ursprünglich geplant im kleinen Foyer.
Setliste – ColdCell
- Growing Girth
- Entity I
- Seize The Whole
- Tainted Thoughts
- Drought In The Heart
- Heritage