Zeal & Ardor - Dynamo Zürich 2018
Fr, 14. Dezember 2018

Zeal & Ardor, Schammasch

Dynamo (Zürich, CH)
21.12.2018
Zeal & Ardor - Dynamo Zürich 2018

Schweiss, Lärm und die vergessene 3D-Brille

Auf den ersten Blick scheint es sich heute um einen normalen Freitagabend handeln. Freitag der 14. so quasi. Doch dann vernehmen wir in den Gesprächsfetzen vor dem Konzertlokal, dass das Dynamo heute Abend ausverkauft ist. Beim Nachdenken, wie hoch das auf einer Skala der Aussergewöhnlichkeit anzusiedeln ist, fällt mir plötzlich ein, dass des Hauptacts Debutalbum erst vor zwei Jahren erschien und jener letztes Jahr seine ersten Konzerte überhaupt gab, was den Zeiger nach oben schnellen lässt. Mit dem diesjährigen überzeugenden Auftritt am Hellfest in Erinnerung sind die Erwartungen für den heutigen Abend also hoch. 

Das bezieht sich auch gleich noch auf die Supportband, denn über Schammasch habe ich bereits so einiges gehört. Die Band hat für ihre letzten Veröffentlichungen sehr gute Kritiken erhalten und ist definitiv zu einem bekannten Namen in der Schweizer Metalszene geworden. Dennoch handelt es sich heute um meinen Erstkontakt mit dem Quintett aus Basel. Wir scheinen nicht die einzigen zu sein, die genügend früh erschienen sind und so ist der Saal des Dynamos sehr gut gefüllt, als das Licht im Zuschauerraum ausgeht.

Schammasch

Nebelschwaden hüllen die in rotes Licht getauchte Bühne ein, als Schammasch die Bühne betreten. Abgesehen vom Schlagzeuger sind die Musiker in lange, mit Verzierungen versehene Gewänder gehüllt und Gesicht sowie Hände von Frontmann C.S.R. zusätzlich noch schwarz bemalt. Die Band legt los mit ihrem experimentellen Black Metal und ich bin überrascht, wie zugänglich die Musik trotz den unüblichen Passagen ist. Dafür ist sicher auch von Vorteil, dass die Abmischung sehr gut geraten ist und sämtliche Instrumente hörbar sind. Auf Interaktion mit dem Publikum wird durch das ganze Set hindurch verzichtet. Vor einigen Stücken spricht C.S.R. kurze Passagen über das Intro. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob das Ansagen respektive Hinweise zum folgenden Song sind oder ob es sich schlicht um einen Teil des Songs selbst handelt. Es wirkt auf jeden Fall gut integriert.

Ebenfalls bemerkenswert ist die Arbeit von B.A.W. am Schlagzeug. Das ist definitiv keine Standardware, die uns da aufgetischt wird sondern eine grosse Bereicherung der restlichen Musik und sein Spiel trägt viel zur Abwechslung bei, die in Schammaschs Musik zu finden ist. Nach dem ersten Drittel des Sets fällt dann die Spannung etwas ab, aber das Schlussdrittel korrigiert dies umgehend wieder. Als das Quintett nach einer guten Stunde immer noch in rotes Licht gehüllt die Bühne verlässt, dürfen sie sich über kräftigen Applaus als wohlverdiente Anerkennung für ein gutes Konzert freuen.

Zeal & Ardor

Nach einer wunderbar kurzen Umbaupause ist auch schon alles gerichtet für Zeal & Ardor und aus den Boxen tönt „Sacrilegium I“ als Einleitung. Mit „In Ashes“ vom selbstbetitelten Debutalbum steigt die Band ein und prescht mit ihrem Mix aus Gospel, Blues und Black Metal gleich voran. Das Licht besteht aus verstörenden rot-grünen Stroboskopeffekten, so als hätte man vergessen seine Anaglyph 3D-Brille aufzusetzen. Das ist zwar etwas anstrengend und unangenehm für die Augen, aber es passt perfekt zur Musik. Dennoch bin ich froh, dass nach dem ersten Song dieser Effekt dann nur noch vereinzelt eingesetzt werden wird.

Vielleicht liegt es am Song selbst, aber die hoch gesteckten Erwartungen werden durch die Band noch nicht ganz erfüllt. Frontmann und Bandleader Manuel Gagneux scheint noch etwas nervös zu sein. Dieses Gefühl ist auch beim anschliessenden „Servants“ noch nicht restlos verschwunden. Das Publikum ist aber bereits gut aufgewärmt, schüttelt die Mähnen und applaudiert lautstark. Und schliesslich ist es bei „Come on down“ soweit: Zeal & Ardor kommen richtig in Fahrt. Denis Wagner und Mark Obrist harmonieren mit ihrem Gesang wunderbar mit Manuel und Tiziano Volante fegt wie ein Derwisch über die Bühne. Genauso hatte ich die Band in Erinnerung. Doch es kommt noch besser, das Sextett steigert sich von Song zu Song und spielt mit einer riesigen Inbrunst auf. Die Musiker sind seit dem Auftritt am Hellfest noch vielmehr zu einer Einheit zusammengewachsen und agieren hier und heute wie aus einem Guss mit so viel Energie, dass es einfach eine Freude zum Zuschauen ist. Das Publikum ist nicht minder engagiert, lässt sich mitreissen, headbangt, was das Zeug hält, und veranstaltet nach jedem Stück grossen Lärm, jubelt und klatscht. Sogar mehrere Moshpits bilden sich, was zwar nicht so wirklich zur Musik passt, aber den Enthusiasmus der Leute hervorhebt.

So vergeht eine Stunde wie im Flug und die Band verlässt bereits die Bühne. Aber das Publikum will sie noch nicht gehen lassen und veranstaltet einen Ohrenbetäubenden Lärm, um sie wieder auf die Bühne zurückzurufen. Manuel, der mittlerweile schweissüberströmt ist, zeigt sich sichtlich beeindruckt: „Ihr sind ganz schön luut, wüssed ihr das?“ Auch den restlichen Bandmitgliedern ist die Freude über solch grossen Zuspruch der Fans anzusehen. Damit sind die besten Voraussetzungen gegeben für einen Zugabenblock, in dem Zeal & Ardor mit „Don’t you dare“, „Devil is fine“ und zum Schluss „Baphomet“ den finalen Höhepunkt setzen.

Das Fanzit

Zeal & Ardor übertreffen die eingangs erwähnten hohen Erwartungen und lassen keine Wünsche offen. Ihre Songs funktionieren live einfach am besten und die Band schafft es dieses Potential auf der Bühne voll auszuschöpfen. Die Spielzeit mag mit eineinviertel Stunden etwas kurz angesetzt gewesen sein, aber da das Musikgemisch der Basler mit repetitiven Elementen spielt, wäre eine ausgedehnte Spielzeit möglicherweise mit einigen Längen beim Auftritt verbunden gewesen.

Auch Schammasch, die musikalisch sehr gut zum Headliner gepasst haben, legen einen überzeugenden Auftritt hin, der in der Mitte einen leichten Spannungsrückgang zu verzeichnen hat. Dennoch hat mir das Konzert gut gefallen und es hat sich gelohnt heute Abend ins Dynamo zu kommen.


Wie fandet ihr das Konzert?

21.12.2018
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