Spenden für den metallischen Zweck
Um auch künftige Ausgaben des Metal Scar Festivals (und andere Vorhaben) finanzieren zu können, haben Dave Armbruster und seine Crew am Samstag im Musikzentrum Sedel ein Benefiz-Konzert veranstaltet. Zu Gast waren acht helvetische Bands und mit The Privateer auch eine Truppe aus dem Ausland. Wie die ganze Geschichte abgelaufen ist, könnt ihr wie gewohnt den nachfolgenden Zeilen entnehmen.
Ob ich schon alle Schweizer Locations kenne und besucht habe? Definitiv nicht. Allerdings arbeite ich fleissig an der Erfüllung dieser Mission. Aufgrund dessen geht’s heute nach Ebikon in den ehemaligen Frauenknast. Nein, nix mit «Hinter Gittern». Im dortigen Clubraum – der ehemaligen Kantine des Gefängnisses – werden seit 1981 Konzerte veranstaltet. Eine frühe Anreise mit dem Auto zahlt sich aus, denn die Parkplätze vor dem Sedel sind beschränkt. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, kann auf einen Shuttlebus zurückgreifen, der im Halbstundentakt an drei Stationen in Luzern (Löwenplatz, Bundesplatz und Kasernenplatz) jeweils die Leute aufgabelt. Rückfahrten sind bis maximal 2 Uhr möglich. Für Besucher, die von weiter her anreisen, scheint somit das Auto für einmal definitiv die schlauere Variante zu sein.
Weshalb hat das Metal Scar-Team die heutige Veranstaltung überhaupt ins Leben gerufen? Thema ist – wie so oft – das liebe Geld. Ein eigenes Festival finanziert sich bekanntermassen nicht von selbst. Damit dieses auch künftig stattfinden kann, hofft man auf zahlreiche Spenden der heute in die Innerschweiz pilgernden Konzertgänger. Ausserdem hat Dave ein paar zusätzliche Projekte in Planung, aber darüber darf ich euch leider (noch) keine weiteren Details verraten.
Für heute stehen ganze neun Gruppen auf der musikalischen Speisekarte. Thrash Metal dominiert, aber auch Anhänger von Hard Rock, Glam Metal und Folk Metal kommen auf ihre Kosten. Eine intensive Geschichte, die um 14.30 Uhr mit der Türöffnung ihren Anfang nimmt. Mein Grüppchen und ich zählen zu den ersten Besuchern vor Ort. Einige Bands (beziehungsweise einzelne Mitglieder) sind ebenfalls schon da und verladen ihr Material ins Innere. Equipment und Merchandise-Artikel – alles muss in den Clubraum gebracht werden. 200 Personen sollen hier übrigens Platz finden. Dann wäre die Hütte allerdings rappelvoll. Ich bevorzuge lieber die momentan vorherrschende, gemütliche Atmosphäre. Und all die anderen Räumlichkeiten des grossen Gebäudes werden nicht genutzt? Oder wie sieht’s diesbezüglich aus? Doch, doch, der Sedel verfügt nämlich über 54 Proberäume, die scheinbar äusserst begehrt sind.
Beim Soundcheck geht’s schon ziemlich laut zu und her. Wieder einmal bin ich sehr dankbar für meinen Gehörschütz. Wir genehmigen uns an der Bar die ersten Bierchen. Später soll dann noch Pizza als Festnahrung angeboten werden. Die Zeit schreitet munter voran. Leider ist das Publikum nach wie vor ziemlich überschaubar. Hoffentlich verirren sich in den kommenden paar Stunden noch ein paar spendenfreudige Nasen mehr hierhin. Wir platzieren uns jedenfalls vor der Bühne, um den ersten Act so gut wie möglich zu unterstützen.
Dizzy Fox
Sleaze beziehungsweise Hard Rock aus Bülach macht den Anfang. Vorgetragen wird uns diese Mischung von den 2016 gegründeten Dizzy Fox. Ich durfte die junge Truppe zum ersten Mal am 1st Swiss Glam Rock Fest Ende Oktober des vergangenen Jahres im Hall Of Fame live erleben. Ob sie die tollen Eindrücke von damals bestätigen können?
Aber ja doch! Der Fünfer geht mit viel Spielfreude ans Werk. Auf dem Bühnenboden herrscht zwar ein ziemlicher Kabelsalat, aber auf den Allerwertesten haut’s glücklicherweise niemanden. Nichtsdestotrotz kommen die Jungs schon ein bisschen als witzige Chaoten daher. Setliste? Joa, die hätten sie irgendwie nicht dabei. Tja, da muss man sich halt auf sein Gedächtnis verlassen. Sänger Dariolicious trifft die hohen Töne abermals ohne Schwierigkeiten. Wir versuchen dies nachzuahmen – und scheitern kläglich. Da hilft auch kein Einklemmen des eigenen Gemächts. Bleibt zu hoffen, dass das Abenteuer der Füchse noch lange Zeit weitergehen wird.
Setliste – Dizzy Fox
- Seems So Real
- Spirit
- Bite It
- The Only One
- Medley + It’s So Easy (Guns N’ Roses-Cover)
- Wicked
- Lower The Bar bzw. Outta Here (Songname steht noch nicht eindeutig fest)
- Over The Top
Freakings
Den Basler Thrashern Freakings bin ich vor zwei Jahren an einem Metalchurch-Event begegnet, an dem ich meiner damaligen Freundin zuliebe teilgenommen habe. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mich der Gottesdienst von Metal-Pfarrer Samuel Hug nicht wirklich gefesselt hat. Im Anschluss fanden aber noch Konzerte statt und beim Auftritt von Jonathan (Gitarre, Gesang), Toby (Bass) und Simon (Drums) stand ich dann hellbegeistert vor der Bühne.
Nun kommt es heute also zum Wiedersehen zwischen dem lauten Trio und meiner Wenigkeit. Sie zünden ein regelrechtes Thrash-Feuerwerk, welches gleichbedeutend mit Höchstleistungssport für alle anwesenden Nackenmuskeln ist. Ein 40-minütiges Geknüpple, wie es Fans dieser Stilrichtung kennen und lieben. Ein Freakings-Songtitel fasst die ganze Sache eigentlich schön passend zusammen: «Thrash Will Never Die».
Setliste – Freakings
- Price Of Freedom
- Violent Disaster
- Future Vision
- Hell On Earth
- Hate In Our Veins
- Thrash Will Never Die
- Toxic End
- Friendly Fire
- No More Excuses
Angry Again
Die nun folgenden vier Bands sind ebenfalls allesamt in diesem Genre beheimatet. Angry Again aus der Ostschweiz donnern gleich mit der nächsten Abrissbirne durch den Raum. Veranstalter Dave steht in der ersten Reihe und jubelt dem Quartett unermüdlich zu. Dann folgt eine spontane Chaoten-Aktion. Er klettert auf die Bühne und springt in die kleine Menge vor ihm. Gemeinsam tragen wir ihn dann durch die Gegend bis hinaus zur Abendkasse. Coole Aktion – auch wenn’s der anwesende Security-Mitarbeiter nicht wirklich gerne gesehen hat.
Für mich heisst’s dann aber rasch wieder hinein ins Geschehen. Schliesslich möchte ich von diesem überzeugenden Auftritt keinesfalls zu viel verpassen. Die St. Galler machen zweifelsohne Werbung in eigener Sache. Das neue Werk «Ravage» steht übrigens schon in den Startlöchern. Die dazugehörige Album-Release-Show findet am 6. April in der Grabenhalle statt.
Setliste – Angry Again
- Kill
- Tribute
- AA’s Hell
- Born To Win
- Divide And Conquer
- Slavery
- Never Back Down
Hellvetica
Die Lenzburger Hellvetica kann bekanntermassen eigentlich nix aufhalten. Gegen technische Probleme ist allerdings blöderweise niemand gefeit. Klampfer Pasci kann machen, was er will – aber heute soll es nicht sein. Irgendwann gibt er ganz auf und räumt mitsamt seiner Saitenkönigin das Feld.
Ist der Gig damit vorbei? Definitiv nicht. Fronter Roman kündigt sofort an, dass sie nun einfach in reduzierter Form weiterspielen würden. Dass dies ebenfalls funktionieren kann, beweisen uns die übriggeblieben Musiker ziemlich schnell. Das Kracher-Trio «Against The Odds», «Wake Up The Dead» und «Forever Revolution» sorgt sowieso jedes Mal für Stimmung. Ich kriege ebenfalls wieder mein Fett weg und werde als alter Hip-Hüpfer dargestellt, der bei einem Track kräftig «bouncen» darf. Tja, bei einer solch prominenten Erwähnung kann ich selbstverständlich nicht ablehnen und füge mich brav der Aufforderung. Dafür darf ich dann auch ein paar Mal ins Mikro brüllen.
Die 40 Minuten vergehen leider viel zu rasch. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Aufeinandertreffen mit dieser tollen Truppe. Dann werden technische Probleme hoffentlich kein Thema mehr sein.
Setliste – Hellvetica
- Deadly Eyes
- Against The Odds
- Forever Revolution
- Wake Up The Dead
- Bitchslap
- Roadkill
Mind Patrol
«Stayin’ Alive» von den Bee Gees als Intro-Nummer – mehr Metal geht nicht, oder? Den vier Herrschaften von Mind Patrol ist das jedoch nicht genug. Aufgrund dessen haben sie für das Publikum heute nach den ersten paar Songs eine ganz spezielle Aktivität geplant: Eine Kissenschlacht. Die dazu notwendigen «Waffen» werden von der ganzen Band in die Menge geschmissen. Fronter Yves gibt anschliessend – wie immer mit einer Anrede aus dem Knigge-Bilderbuch («Meine sehr verehrten Damen und Herren…») – das Startzeichen für das kuschlige Gemetzel. Somit wird nun sowohl auf als auch vor der Bühne geprügelt – einfach mit unterschiedlichem Härtegrad. Mangelnde Kreativität kann man dem Vierer aus Luzern eindeutig nicht vorwerfen. Aber aufgepasst: Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Nun müssen plötzlich die Musiker einzelnen heranfliegenden Kissen ausweichen. Wirbelwind-Basser Emil und Drummer Mättu scheinen die bevorzugten Ziele zu sein. In Sachen Entertainment dürfte der Auftritt von Mind Patrol heute Abend wohl kaum zu überbieten sein.
Setliste – Mind Patrol
- Intro – Welcome To Hell
- Doomsday
- All In
- Warfare
- Drinking Song
- Machine Society
- Till We Die
Broken Fate
Die Band, die das Wort «Böös» in der hiesigen Metal-Szene fest verankert hat, darf als nächstes ran. Wir liegen übrigens nach wie vor gut im Zeitplan. Die Umbauarbeiten scheinen bis jetzt allesamt reibungslos vonstattengegangen zu sein. Wie üblich sehen sich die Modern Thrasher einem gut besuchten Raum gegenüber. Sie gehen mit viel Energie ans Werk. Offenbar strapaziert Fronter Tobias dabei seinen Gitarrengurt etwas zu intensiv. Zack! Da reisst das Ding urplötzlich. Das sei ihm jetzt also noch nie passiert. Glücklicherweise können die Jungs von Mabon mit Ersatz aushelfen. Die Broken Fate-Show kann weitergehen.
Lead-Gitarrist Gabriele Sacco ist äusserst aktiv unterwegs und zockt sogar diverse Soli inmitten der Publikumsreihen. Den Preis des Grimassen-Königs sichert sich heute Abend Fellklopfer Alessandro De Cicco. Die Jungs tragen eine abwechslungsreiche Setliste vor. Bei mir hinterlässt dieses Mal insbesondere das Cover zu Michael Jacksons «Dirty Diana» bleibende Eindrücke. Saustark! Wenn möglich sollte die Band diese Nummer auf einem der kommenden Alben verewigen.
Setliste – Broken Fate
- Our War Against All
- I Forget Nothing
- Fall Of Serenity
- Always The Same (neuer Song)
- Thorns Of A Rose
- Dirty Diana (Michael Jackson-Cover)
- Freedom
Creeper
Das war bisher für meinen Geschmack beinahe zu viel Thrash Metal. Doch jetzt kommen ja Creeper und sorgen mit ihrem Hard Rock für Abwechslung. Für die Truppe aus Obwalden sind ebenfalls einige Fans in den Sedel gepilgert. Zu Beginn scheint Sänger Dominik Ming die höhen Töne noch nicht wie gewünscht zu treffen, aber glücklicherweise kriegt er bald die Kurve. Nun macht das Ganze Laune. Aus musikalischer Sicht ist eine Zeitreise zurück in die 80er bei Creeper nicht von der Hand zu weisen. Energie scheint ebenfalls genügend vorhanden zu sein, denn die Jungs nutzen die Bühne voll aus und sind ständig in Bewegung.
Es ist gar nicht einmal verkehrt, heute schon eine Duftmarke zu setzen, denn in exakt einer Woche steht die Gruppe hier gleich nochmals im Einsatz. Dann wird nämlich die Vorrunde des SPH Bandcontest stattfinden. Creeper dürfen sich dort unter anderem mit Dreams In Fragments messen.
Setliste – Creeper
- Walk Of Shame
- Think Twice
- Evil Knight
- Deal With The Devil
- Smoking Blood
- Shadow In The Dark
- Fireblood
- Snakebite
- Pain Has Left
- MILF-Machine
- Ghost
Mabon
Mit den Thurgauer Thrashern Mabon habe ich erst kürzlich das vergangene Konzertjahr im Anker in Frauenfeld ausklingen lassen. Das war eine bärenstarke Show. Nun folgt bloss ein paar Wochen später bereits das Wiedersehen. Meine Nackenmuckis werden abermals nicht geschont, denn die Jungs walzen sich gnadenlos durch ihre Setliste. Bei Basser Tom muss ich direkt zwei Mal hinschauen. Ich dachte zuerst, dass da Peter Tägtgren (Pain/Hypocrisy) auf der Bühne steht. Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Sein gut gelaunter Kollege Badi – seines Zeichens Sänger der Band – unternimmt wieder einige Abstecher ins Publikum. Die Stimmung kocht. Wir kommen hier gerade in den Genuss der bisher besten Performance der heutigen Veranstaltung. Abriss par excellence!
Der Fünfer hat mit «The World Is Bleeding» ebenfalls ein neues Eisen im Feuer. Getauft wird der Silberling am 30. März in der Frauenfelder Ölfleck-Bar. Mit der hier gezeigten Leistung machen Mabon definitiv beste Eigenwerbung für diesen Event. Obwohl an diesem Datum gefühlte 100 Sachen anstehen, werde ich ganz klar versuchen, bei dieser Taufe vorbeizuschauen und mitzufeiern.
Setliste – Mabon
- Stampede
- Killers
- Apocalypse
- Desert War
- In The Name Of God
- Death Kiss
- Chaos Of Life
- Enemy
- Are You Blind?
The Privateer
Inzwischen hat sich der Zeitplan ein bisschen verschoben. Müde sitzen wir am Bühnenrand und versuchen nochmals die letzten Kräfte zu mobilisieren. Mit den Piraten von The Privateer aus Freiburg im Breisgau folgt nämlich nochmals ein echter Höhepunkt zum Abschluss. Gerade nach der überzeugenden Performance am letztjährigen Wacken Open Air habe ich mich im Vorfeld sehr auf den heutigen Gig gefreut. Mit Jonas hat die Crew wieder einen neuen Kapitän und Sänger in ihren Reihen. Der gute Mann liefert einen grundsoliden Job ab.
Leider machen unsere Kraftreserven früher schlapp als erwartet. Aufgrund dessen entscheiden wir uns nach dem Track «Störtebeker» für einen verfrühten Abgang. Selbst eine strahlende Clara vermag dies leider nicht zu ändern. Schade, aber da die Freibeuter glücklicherweise gerne durch unsere Gegenden segeln, wird es sicherlich demnächst wieder zu einem etwas ausführlicheren Bericht über diese sympathischen Folk Metaller kommen.
Setliste – The Privateer
- A Sequel From A Distant Visit
- Gunpowder Magic
- Where Fables Are Made
- Störtebeker
- Draft Of The Strange
- In The Nought Of The Wind
- For What Lurks In The Storm
- The Island, It’s Calling
Das Fanzit
Ein echt intensiver Konzertmarathon in einer coolen Location mit einer brauchbaren Soundqualität. Der ganz grosse Publikumsandrang blieb leider aus. Ich hoffe trotzdem, dass eine anständige Spende zusammengekommen. Das Metal Scar-Team hätte es nämlich absolut verdient. Von den Bands her legten insbesondere Freakings, Mind Patrol und Mabon überaus überzeugende Auftritte aufs Parkett. Nichtsdestotrotz fand ich es schade, dass beinahe alle Thrash-Truppen direkt nacheinander spielen mussten. Hier hätte man ruhig etwas Abwechslung ins Programm beziehungsweise in den Zeitplan reinbringen dürfen.