Tschüss, Slayer!
Vor einem Jahr, anfangs 2018, gaben die Thrash-Legenden Slayer bekannt, auf Abschiedstournee zu gehen. Diese führte sie zusammen mit starkem Support (Lamb Of God, Anthrax, Obituary) auch nach Zürich in die Halle 622, wo Kerry, Tom, Paul und Gary ihr letztes Konzert in der Limmatstadt spielten. Die Titanen bewiesen am 21. November einmal mehr, dass sie eben doch DIE Meister ihres Fachs sind!
Slayääääärr!! Auch wenn diese Schreie auf den Metalfestivals und -Konzerten dieses Planeten wohl nie verstummen werden, Slayer verabschieden sich heute definitiv von ihren Schweizer Fans. Dass für ein Abschiedskonzerte einer Band dieser Grösse «nur» die Halle 622 – mit 3500 Plätzen – gewählt wurde, mag so manchen erstaunt haben. Nicht aber, dass dieser Abend innert kurzer Zeit ausverkauft war. Am Bahnhof Oerlikon tobt der Schwarzmarkt. Die allermeisten Fans haben ihr Ticket aber schon in der Tasche und begeben sich zur Halle 622.
Hier angekommen ergeben sich bereits die ersten organisatorischen Mängel. Der Einlass wirkt zwar strukturiert, dauert aber ein Spürchen zu lange.
Obituary
Slayer wollen auf ihrer Tour natürlich kein verkürztes Set spielen und doch mit drei Vorbands aufwarten. Dies drückt den Beginn der Veranstaltung entsprechend nach vorne (Doors 17:00, Beginn Obituary 18:20). Die Kombination des frühen Beginns und des länger dauernden Einlasses bewirkt dann leider, dass ich Obituary verpasse. Gerade als ich den inneren Teil der Halle betrete, strömen mir hunderte glückliche Gesichter entgegen – mit der Absicht, den WC-Bereich zu verstopfen (meiner Meinung nach ein weiteres Manko dieser Location). Die Meinungen zum Opener sind mehrheitlich positiv, mehr kann ich dazu leider nicht sagen.
Setliste Obituary
- Deadly Intentions
- Sentence Day
- Chopped In Half
- Straight To Hell
- Find The Arise
- I’m In Pain
- Slowly We Rot
Anthrax
Hoppla Schorsch! Als Anthrax die inzwischen komplett umgebaute Bühne betreten, hängt wohl gleich so mancher Kiefer fast am Boden. Die neben Slayer auch zu den Big Four gehörenden New Yorker beginnen mit dem Intro von Panteras «Cowboys From Hell» – und wie! Von der ersten Sekunde an ist hier eine unglaubliche Power zu spüren, die Jungs scheinen richtig Bock zu haben! Leider wird dieses Gefühl ganz leicht vom noch nicht perfekt abgemischten Sound getrübt, aber auch dies vermögen die Thrasher zu überschatten: Joey Belladonna ist aufgestellter denn je und begeistert die Masse über die ganze Bühnenbreite. Der italienische Basser Frank Bello und seine beiden Saiten-Kollegen Scott Ian und Jonathan Donais an den Gitarren sowie Charlie Benante-Tour-Ersatz Jon Dette hinter den Kesseln geben ebenfalls Vollgas und somit ist der Auftritt schon viel zu früh fertig. Beendet wird die Show so, wie sie begonnen hat: mit fettem, selber gespielten Pantera-Sound – dem Outro des bereits am Anfang gespielten Songs!
Mit total nur sieben Songs ist das heutige Set sehr kurz und so mancher Besucher hätte sich diese Band gerne noch länger reingezogen. Dies ist aber nicht ihre eigene Abschiedstournee, sondern die ihrer Kollegen, und so sind wir für heute durch mit Anthrax – und froh, dass diese (hoffentlich) bald wieder zurückkehren.
Setliste Anthrax
- (Cowboys From Hell)
- Caught In A Mosh
- Got The Time
- Efilnikufesin (N.F.L.)
- Be All, End All
- Fight ‘Em ‘Til You Can’t
- Antisocial
- Indians
- (Cowboys From Hell)
Lamb Of God
Bevor die Hoffnung allzu gross wird – auch Lamb Of God spielen keine Ewigkeit, das liegt heute Abend einfach nicht drin! Sie bekommen zwar, wie es sich für den letzten Act vor dem Headliner gehört, die längste Spielzeit; und nüchtern betrachtet sind die Spielzeiten der Vorbands nicht wirklich zu kurz. Es sind einfach nicht die Ausmasse, die wir uns von Bands dieser Grösse gewohnt sind… Dies spricht aber eindeutig dafür, dass der heutige Support so hochkarätig wie selten ist.
Doch kommen wir zum Auftritt selber: Auch Lamb Of God passen mit ihrem «Pure American Metal» perfekt ins heute anwesende Thrash/Death-Paket, auch wenn der Stil jeder einzelnen Band natürlich extrem charakteristisch ist. Von Anfang an ist der Sound glasklar und richtig druckvoll; jedoch habe ich das Gefühl, die Band brauche eine kurze Aufwärmphase. Erst gegen Ende des zweiten Songs ist die Stimmung so, wie man es sich wünschen könnte. Ab jetzt ist aber Party pur angesagt: Shouter Randy Blythe nutzt sein Podestchen in der Mitte für unzählige Sprünge über die Bühne, wenn er nicht gerade am rumbrüllen und Rastas durch die Luft wirbeln ist. Auch die zu zwei Dritteln bärtige Saitenfraktion lässt sich nicht lumpen und sorgt für jede Menge Groove. Hinter der Schiessbude sitzt nicht der eigentliche Drummer Chris Adler, sondern Prong-Drummer Art Cruz. Auch dieser geht aber mächtig ab und weiss den Speed voranzutreiben. Nach «Redneck» ist dann urplötzlich Schluss. Man könnte eine Zugabe erwarten, diese bleibt aber aus. Na dann: Slayääääärrrr!
Setliste Lamb Of God
- Omerta
- Ruin
- Walk With Me In Hell
- Now You’ve Got Something To Die For
- 512
- Engage The Fear Machine
- Blacken The Cursed Sun
- Laid To Rest
- Redneck
Slayer
Endlich ist es soweit: Die Thrash-Ikonen begeben sich auf die Bühne, um ein letztes Mal eine Zürcher Location auseinanderzunehmen. Den Einstieg macht der erste Track des aktuellen Albums «Repentless». Slayer führen mit der heutigen Setliste durch ihre ganze Bandgeschichte; für jeden ist etwas dabei!
Alle vier Musiker erweisen sich als recht energievoll und hinterlassen einen guten letzten Eindruck bei ihren Schweizer Fans (zum Zeitpunkt des Konzerts war keine weitere Show in der Schweiz angekündigt). Die beiden Gründungsmitglieder Tom Araya und Kerry King sowie der Exodus-Gitarrero Gary Holt, welcher Jeff Hannemann während dessen Krankheit und schliesslich nach dessen Tod ersetzte, geben ihr Bestes und es gibt nichts, woran man rumnörgeln könnte. Anders sieht dies bei Drummer Paul Bostaph aus: Dieser erweist sich zwischendurch leider als eher unsicher mit dem Tempo, was vor allem bei ikonischen Fills und im Vergleich zum Gründungsdrummer Dave Lombardo auffällt.
Showtechnisch haben die Amerikaner heute eine ganze Menge Equipment eingepackt. Neben wechselnden Backdrops gibt es jede Menge Pyro. Die Flammen formen unter anderem zwei auf dem Kopf stehende Kreuze auf den Seiten und ein Pentagramm im Hintergrund. Ganz cool!
Die Zeit vergeht wie im Flug und schon bald verlassen die Thrasher ein erstes Mal die Bühne. Dies lässt sich das Publikum natürlich nicht gefallen und bittet die Band lauthals schreiend noch einmal nach vorne. Mit dem Vierer «South Of Heaven», «Raining Blood», «Chemical Warfare» und «Angel Of Death» wird noch ein letztes Mal ausgepackt. Araya, King, Holt und Bostaph spielen sich gekonnt durch den geschichtsträchtigen Moment. Nach dem Übergeben der Instrumente an die Roadies bietet sich uns ein ungewöhnliches Bild: Die Musiker – allen voran Tom Araya – bleiben mehrere Minuten wortlos am Bühnenrand stehen. Insbesondere der Mimik des Sängers ist abzulesen, dass der Abschied schmerzt. Er werde uns vermissen, haucht er ins Mikro und verschwindet als letzter von der Bühne.
Setliste Slayer
- Delusions Of Saviour
- Blood Red
- Disciple
- Mandatory Suicide
- Hate Worldwide
- War Ensemble
- Jihad
- When The Stillness Comes
- Postmortem
- Black Magic
- Payback
- Seasons In The Abyss
- Dittohead
- Dead Skin Mask
- Hell Awaits
- South Of Heaven*
- Raining Blood*
- Chemical Warfare*
- Angel Of Death*
*Zugaben
Das Fanzit
DAS nenne ich eine würdige Abschieds-Show. Zu Obituary kann ich leider nichts berichten; Anthrax spielten besser denn je und machten jede Menge Bock auf zukünftige Shows; und Lamb Of God heizten die Halle 622 noch einmal richtig auf. Die Thrash-Legenden Slayer gaben eine energiegeladene Show zum Besten und verabschiedeten sich mit gemischten Gefühlen von Zürich.
Inzwischen ist bekannt: Die allerletzte Slayer-Show auf Schweizer Grund wird am 19. Juni in der Arena Genf stattfinden. Daneben werden Slayer mehrere europäische Festivals und auch Hallenkonzerte spielen und für viele Länder sind die sogenannten «Final Tour Shows» und «Final Shows» bekannt. Ach ja, fast vergessen: Slayäääärrrr!!!
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