Ich hab’ den Sonntags-Blues
Mit einem bärenstarken Konzertabend startete das Hall Of Fame in die diesjährige Saison. Im rappelvollen Fumoir der Lokalität bestaunten die Besucher die absolut überzeugende Performance des US-amerikanischen Blues-Gitarristen Kirk Fletcher und seiner beiden Musiker-Kollegen. Die Details zu dieser ganzen Angelegenheit werden im nachfolgenden Bericht genauer erläutert.
Hallo Wintereinbruch… Ganz Wetzikon versinkt unter einer weissen Flockenschicht. In einer Decke eingekuschelt vor dem heimischen Kamin sitzen? Ja, das wäre bei diesen Witterungen durchaus eine akzeptable Option. Doch die Hartgesottenen haben andere Pläne. Es steht nämlich ein vielversprechender Konzertbesuch auf dem Programm. Die Crew vom Hall Of Fame hat einen der aktuell weltbesten Blues-Gitarristen ins Zürcher Oberland geholt: Kirk Fletcher. Der ursprünglich aus Los Angeles stammende Klampfer lebt inzwischen in der Schweiz. Bisher hat er vier Studioalben veröffentlicht. Das aktuellste Werk hört auf den Namen «Hold On» und ist seit Oktober des vergangenen Jahres in den Plattenläden erhältlich. Genre-Kollegen wie Joe Bonamassa schwärmen in den höchsten Tönen von Mister Fletcher.
Vom Status des Blues-Experten bin ich zugebenermassen meilenweit entfernt. Der Einfluss dieses Stils auf den Metal und Hard Rock-Sektor ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Zudem bin ich einer Horizonterweiterung bekanntermassen selten abgeneigt. Dass die ganze Veranstaltung in einem meiner bevorzugten Locations stattfindet, ist dann schlussendlich noch das Tüpfelchen auf dem i.
Bereits am Eingang werden meine Kollegen und ich freudig begrüsst. Wir sind endlich wieder da! Vorbei am Merchandise-Stand geht’s hinein ins Fumoir. Die Akteure müssen sich heute somit mit der kleinen Bühne begnügen. Rauchen ist übrigens erst nach der Show gestattet – Order vom Management. Oha, mit einem solchen Besucheraufmarsch hätte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Blues scheint eine gewisse Anziehungskraft auf die Menschheit auszuüben. Wir drücken den Altersdurchschnitt wieder einmal ein bisschen nach unten. Dem Hall Of Fame – und selbstverständlich auch den Musikern – gönne ich diesen beinahe ausverkauften Abend absolut. Wir genehmigen uns anschliessend an der Bar eine erste kühle Blondine und warten gespannt auf die anstehende Darbietung.
Kirk Fletcher
Punkt 19 Uhr und ohne irgendwelche Intro-Mätzchen betritt das Dreiergespann die Bühne. Kirk hat sich Verstärkung in Form von Jonny Henderson (Hammondorgel) und Matt Brown (Drums) mit ins Boot geholt. Strahlend richtet der Gitarrist, der ein schickes Hawaiihemd trägt, ein paar Worte an die Zuhörerschaft. Wow, der Kerl hat nur schon beim Sprechen eine geniale Stimme. Seinen Geschichten könnte man problemlos stundenlang lauschen. Er zeigt sich dankbar dafür, dass trotz dieser «cold night in Switzerland» so viele Leute den Weg nach Wetzikon gefunden haben.
Was das Trio im Anschuss zeigt, ist schlichtweg fantastisch. Bei den einzelnen Stücken liegt der Fokus ganz klar auf den instrumentalen Parts. Allerdings kann sich auch der Gesang des Meisters durchaus hören lassen. Kirk verfügt definitiv über eine göttliche Fingerfertigkeit. In beeindruckender Manier kitzelt er ununterbrochen rhythmische Ergüsse aus seiner Saitenkönigin heraus. Wir können bei unseren Luftgitarren-Versuchen nicht einmal ansatzweise mit ihm mithalten. Wie heisst in einem seiner Songs so schön? «I gotta right to sing the blues.». Jep, mit diesem Talent hat dieser Mann effektiv jedes Recht dazu. Sämtliche drei Akteuren fühlen ihre Musik bis in die Haarspitzen – das ist an ihren Gesichtsausdrücken deutlich zu erkennen. Die Stimmung im Raum ist ausgezeichnet. Nach 40 Minuten gönnt sich das Trio allerdings ein Päuschen. Wir nutzen den kurzen Besuch für einen Toilettenbesuch und der Wiederauffrischung des Flüssigkeitshaushalts.
Nach einer Viertelstunde geht’s in die zweite Runde. Nun dürfen auch Matt und Johnny mit je einem Solo zeigen, wie gut sie ihre Instrumente beherrschen. Tolle Leistungen der beiden. Sie harmonieren hervorragend mit Kirk. Abermals ziehen sie das Publikum voll und ganz in ihren Bann. Nach rund 50 Minuten wird dieser zweite Block mit einer Zugabe beendet. Die Musiker verabschieden sich von der Bühne. Mister Fletcher taucht jedoch schon kurz darauf am Merchandise-Stand auf und verteilt munter Unterschriften. Wir lassen uns die Chance nicht entgehen und posieren gemeinsam mit dem Saitenhexer für ein cooles Erinnerungsfoto. Während sich die einen danach auf den Weg ins heimische Bettchen machen, pilgern andere in die nächstgelegenste Sport-Bar um sich den Super Bowl-Match zwischen den Los Angeles Rams und den New England Patriots reinzuziehen. Diesen Leuten steht zweifelsohne eine lange Nacht und ein müder Start in den Montag bevor.
Das Fanzit
Kirk Fletcher und seine Mannen legten einen bärenstarken Auftritt aufs Parkett. In der sehr gut besuchten Location sah man ausschliesslich zufriedene Gesichter. Mission Horizonterweiterung verlief für mich abermals erfolgreich. Ich sollte künftig definitiv mehr Blues-Konzerte besuchen. Hoffentlich lässt die nächste Begegnung mit dem sympathischen Gitarrengott nicht allzu lange auf sich warten. In meinem persönlich Ranking der besten Hall Of Fame-Events teilen sich Kirk Fletcher und Hank Davison momentan den ersten Platz.