Dresscode: Black
Die Luzerner Düsterrocker Kissin’ Black tauften am Samstagabend ihren neusten Silberling im Kulturwerk 118. Der Name der Scheibe war Programm: «Dresscode: Black». Am Ende hatte das Publikum sogar schwarze Farbe im Gesicht und auf den Armen. Was da genau vorgefallen ist, entnehmt ihr den nachfolgenden Zeilen.
Tatort Sursee (oder «Sorsi», wie die Einheimischen zu sagen pflegen). Irgendwie habe ich es mit den Plattentaufen im «Kulti». Im März des vergangenen Jahres stand hier nämlich die «Album-Begiessung» von Devils Rage auf dem Programm. Nun folgt also knapp ein Jahr später die nächste Sause. Dieses Mal sind es die Herrschaften von Kissin’ Black, welche neues Material auf die interessierte Zuhörerschaft loslassen möchten. Die heutige Veranstaltung ist ein Resultat der Zusammenarbeit der beiden Vereine Noxiris und Metal City Sursee.
Wir treffen kurz nach Türöffnung vor Ort ein. Rasch werden die ersten Hopfen-Smoothies vernichtet und der eine oder andere Smalltalk geführt. Immer wieder trifft man auf bekannte Gesichter. Der Einstimmungs-Sound, der da aus den Boxen dröhnt, stammt offenbar von DJ Jesus*66†. Doch schon bald wird es dann auch auf der Bühne laut zu und her gehen. Ein paar mehr Zuschauer mehr dürfte es meinetwegen ruhig noch geben. Wer will denn schon eine Plattentaufe im kleinen, familiären Kreis zelebrieren?
Ad-Rian
Adrian Sturzenegger, der gemeinsam mit seiner Band unter dem Namen Ad-Rian auftritt, übernimmt den Support-Slot. Ich habe ehrlich gesagt zuvor noch nie etwas von ihm oder seiner Kapelle gehört. Allerdings muss das nix heissen. Bissig sieht das Trio nicht aus. Und geduscht scheinen ebenfalls alle drei zu haben. Also wieso zur Hölle hat das Publikum dann einen kilometerlangen Sicherheitsabstand zur Bühne? Kann ich mir nicht erklären. Einzig zwei Fotografen tummeln sich an vorderster Front. So ungestört können sie ihre Arbeit wohl selten verrichten. Vielleicht müsste Herr Sturzenegger die Leute einfach einmal auffordern, ein bisschen näherzukommen. In der Regel leistet das gut erzogene Schweizer Publikum einer solchen Bitte stets Folge.
Der Fronter teilt sich die Bühne mit Bassist Markus Stephani und Trommler Geo Ioannidis. Das Dreiergespann serviert uns coolen Pop Rock, der sogar die harten Metaller im Raum berührt. Adrian verfügt über ein sehr starkes Stimmorgan. Tracks wie «Everlasting Dream» weisen ziemlichen Ohrwurmcharakter auf. Im Vorfeld war ich noch skeptisch über die Aufnahme des Songwriters ins heutige Vorprogramm. Allerdings werde ich während dieser Dreiviertstunde eines Besseren belehrt und muss am Ende ebenfalls anerkennend applaudieren.
Kissin’ Black
Hui, plötzlich volle Hütte! Das wird den Headliner natürlich freuen. Dieser tritt um 22.20 Uhr in Bestbesetzung an. Neben den üblichen drei Verdächtigen Giu Mastrogiacomo (Gesang), Marcel Spiga (Drums) und Andy Dormann (akustische Saitenkönigin) sind zudem André Huber-Meznaric (Keyboard), Heinz Gysin (Bass) und Pascal Zwyssig (elektrische Saitenkönigin) mit von der Partie. Die Musiker gehen äussert engagiert ans Werk. Insbesondere Fronter Giu ist ein waschechter Entertainer. Seine Stimme verleiht der ganzen Geschichte einen Hauch Gothic. Vergleiche mit Jyrki 69 von der finnischen Truppe The 69 Eyes sind durchaus angebracht. Das Publikum klebt nun beinahe an der Bühne und lauscht gespannt den vorgetragenen Dark Rock-Melodien.
Bei solchen Album-Release-Shows sind immer wieder dieselben Elemente zu beobachten. Kissin’ Black halten sich allerdings nicht wirklich daran. Die neue Scheibe von A bis Z durchspielen? Nö, nix da. Die Herrschaften packen auch ein paar ältere Stücke in die Setliste. Diese Abwechslung ist alles andere als verkehrt und stört niemanden. Stücke wie «Marrakech» (eintauchen und geniessen) oder «Heart Over Head» (verdammt gefühlvoll gesungen) sind nämlich absolut hörenswert. Bei den Cover-Nummern «Sweet Dreams (Are Made Of This)» und «Wild Child» agieren die Zuschauerreihen erwartungsgemäss textsicher. Der Spielplan der Düsterrocker scheint optimal aufzugehen.
Aber hey amici, wo bleibt die Tauf-Zeremonie? Ah, nun scheint sich diesbezüglich etwas zu tun, denn soeben hat eine Dame im schneeweissen Kleid mit einer Schale in der Hand die Bühne betreten. Die Band stimmt währenddessen den Titel-Track des neuen Werkes an: «Dresscode: Black». Zack! Soeben haben sich sämtliche Fragen nach dem Schaleninhalt erledigt. Das Mädel schmiert alles und jeden mit schwarzer Farbe ein. Kein Gesicht in der ersten Reihe ist vor ihr sicher. Arme und Hände werden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Selbst die Bandmitglieder bleiben nicht verschont. Die weissen Klamotten von Giu und Marcel sind schon bald Geschichte.
Nach der ganzen Schwarzmalerei drückt das Sextett nochmals ordentlich auf die Tube. Der überzeugende und gelungene Auftritt wird schliesslich nach 100 Minuten mit dem Song «Magdalena Luna» beendet. Nun kann die gemeinsame Tour mit der deutschen Truppe Stahlmann kommen. Davor folgt allerdings noch ein kurzes Heimspiel an der Metal City Sursee-Samplertaufe, die am 09. März stattfinden wird.
Das Fanzit
Beide Gruppen konnten mit gelungenen Performances punkten. «Dresscode: Black» wurde schlussendlich in einem würdevollen Rahmen getauft. Anhänger von Dark und Gothic Rock sollten Kissin’ Black unbedingt auf dem Schirm haben.
Setliste – Kissin’ Black
- Intro – Chi dice che porto sfortuna?
- Borderline
- Address Unknown
- Riders
- Giants
- Marrakech
- Dark Again
- Flirtin’ With Hope
- Liquor Tears
- Sweet Dreams (Are Made Of This) (Eurythmics-Cover)
- Heart Over Head
- Step Out Of My Dreams
- Jolie
- Dresscode: Black
- Blues: Unpardonable
- Ever Enough? / Wild Child (W.A.S.P.-Cover)
- Kick Ass Rock & Roll*
- Magdalena Luna*
*Zugabe