Swiss Metal Masters zum Vierten
Wer einen kleinen Einblick in die Schweizer Metal und Rock-Szene erhalten wollte, kam am Samstag am Swiss Metal Masters im Casino Wohlen voll und ganz auf seine Kosten. Mit Sacred Steel war sogar eine Kapelle aus dem grossen Kanton mit von der Partie. Die Organisation verlief reibungslos und im Gegensatz zu den Ausgaben der vergangenen Jahren konnte dieses Mal endlich auch die Soundqualität mehrheitlich überzeugen. Die weiteren Details entnehmt ihr den nachfolgenden Zeilen.
Gut gelaunt pilgere ich an diesem frühlingshaften Samstag nach Wohlen. «Support your local rock and metal-bands» – dieser Leitspruch wird heute wieder einmal in die Tat umgesetzt. Es ist immer dieselbe Leier: Wenn eine internationale Grösse hierzulande ein Konzert gibt, sind ausverkaufte Hallen in den meisten Fällen stets garantiert. Bei Gigs der kleinen Gruppen um die Ecke fallen die Besucheraufmärsche hingegen jeweils äusserst dünn aus. Da kann ich den Unmut gewisser Künstler durchaus nachvollziehen. Schliesslich haben unter anderem die heutigen Metal-Schwergewichte Iron Maiden und Accept vor etlichen Jahren ihre Karrieren mit Auftritten in Pubs oder ähnlichen Locations ins Rollen gebracht. Will heissen – sie alle haben einmal klein angefangen. Talent allein reicht allerdings nicht aus. Unterstützung von treuen Fans ist auf dem Weg nach oben genauso wichtig. Deswegen sei an dieser Stelle kurz der Mahnfinger gehoben: Denkt bitte zwischendurch ebenfalls an die lokale Szene und schwingt eure sofaverwöhnten Hinterteile jetzt aber schnurstracks alle ins Casino Wohlen! Spotify oder YouTube alleine nützen den Bands wenig bis gar nix.
Ich treffe pünktlich zur Türöffnung um 16 Uhr am Ort des Geschehens ein. Sofort entwickeln sich zahlreiche Gespräche mit Besuchern, Musikern, Organisatoren und anderen Medienschaffenden. Jep, das Swiss Metal Masters-Festival darf zurecht auch als eine Art «Networking»-Plattform bezeichnet werden. Man lernt immer wieder neue und interessante Persönlichkeiten kennen. Deswegen würde ich selbst Musikern, die heute nicht auf der Bühne stehen, einen Besuch der Veranstaltung wärmstens ans Herz legen. Wer weiss, wohin die Kontakteknüpferei eines Tages führen könnte?
Der Konzertreigen wird bald beginnen. Insgesamt stehen heute zehn Kapellen auf der musikalischen Speisekarte. Im Gegensatz zu früheren Events wurde die Running Order dieses Mal schon im Vorfeld bekanntgegeben. Zur Einstimmung muss jedoch zuerst einmal ein Hopfentrunk her. Derweil bringt sich Kollege Friedemann bereits im Fotograben in Stellung. Hauptveranstalter Damir Eskic glänzt heute aus gutem Grund durch Abwesenheit. Schliesslich tourt unser «Guitar Hero» zurzeit als viertes Mitglied von Destruction gemeinsam mit Overkill, Flotsam And Jetsam und Chronosphere quer durch Europa. Deshalb schmeissen unter anderem die Mädels von den Burning Witches das Casino.
Devils Rage
Wer von einem gemächlichen Einstieg ausgegangen ist, wird umgehend eines Besseren belehrt. Den Anfang machen nämlich die Melodic Death Metaller Devils Rage aus Sursee. Die noch äusserst beschauliche Kulisse hält das Quintett nicht davon ab, einen krachenden Abriss aufs Parkett zu legen. Da sind die Nackenmuskeln von uns am Absperrgitter klebenden Zuhörern erstmals ordentlich gefordert. Fronter Stefan Häfliger grunzt in beeindruckender Manier in sein Mikro. Schade, dass die Jungs den Opener-Slot erhalten haben. Beim nächsten Mal reicht’s dann sicherlich wieder für ein grösseres Publikum. Nichtdestotrotz zeigen sie sich gegenüber den bereits anwesenden Metallschädeln sehr dankbar. Das war eine Performance, die sich die Bezeichnung «Hügagel» (Schlachtruf der Band) absolut verdient hat.
Setliste – Devils Rage
- Full Speed
- Mirror’s Game
- Lost In Prison
- Change
- Ignorant Know It All
- Stupid
- Nothing Left
Exhortation Reloaded
Das nächste Brett lässt nicht sonderlich lange auf sich warten. Nach über 15-jähriger Pause melden sich Exhortation mit neuem Namen – Exhortation Reloaded – zurück im Business. Meine Herren, wo habt ihr bitteschön die ganze Zeit bloss gesteckt? Mit diesem knallharten Oldschool-Todesmetall wäre ich gerne schon früher in Berührung gekommen. Wie zuvor Devils Rage lassen nun auch die Zürcher die Abrissbirne ungebremst durch den Saal kreisen. Für mich steht jetzt schon fest, dass ich nach der Show unbedingt beim Merchandise-Stande vorbeischauen muss.
Setliste – Exhortation Reloaded
- Steel Soldier
- Hidden Gun
- Butter
- Last Shoot
- Scareface
- Bulletproof
- Scream
Klaw
Pause? Erholungsphase? Fehlanzeige! Nun macht die fiese Klauenbestie Jagd auf unsere havarierten Nackenmuskeln. Energiebündel Lucie Werlen ist munter auf der Bühne unterwegs. Man sollte sie wohl besser nicht reizen, denn wer einen so anbrüllen kann, möchte man lieber nicht zu seinen Feinden zählen. Aggressiver Thrash Metal mitten in die Kauleiste – so kann das Dargebotene eigentlich sinnvoll zusammengefasst werden. Lead-Klampfer Chasper Wanner zeigt regelmässig packende Soli. Für meinen Geschmack vergehen die 30 Minuten viel zu schnell. Interessierte Personen sollten sich den 28. September vormerken. Dann laden Klaw nämlich zur Plattentaufe im Siebner District 28.
Setliste – Klaw
- Age Of The Fools
- Exoskeleton
- Don’t Give Me That
- Hurt People
- Hellcome
- Light Crusher
XII Gallon Overdose
Nach den primär groben Klängen und Melodien könnten XII Gallon Overdose jetzt beinahe schon als Kontrastprogramm eingestuft werden. Aber nix da. Winterthurs Antwort auf Airbourne sammelt mit einer energiegeladenen und unterhaltsamen Hard Rock-Show massenhaft Punkte. Es ist schlichtweg eine Freude, diesen Jungs bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Sänger Angry Z verfügt über ein bilderbuchmässiges Rock-Stimmorgan. Das untere Ende seines Mikrofonständers mündet in einem Lenkrad – irgendwie eine überaus passende Symbolik für das Tempo, welches das Quintett hier an den Tag legt. Ein weiteres Highlight ist Saitenhexer Sascha Simic. Der Kerl versteht sein Handwerk! Wenn’s auf der Bühne einmal zu öde wird, ist er auch gerne für den einen oder anderen Abstecher hinunter in die Publikumsreihen zu haben. Sackstarke Sache! «Winti Rock City» zeigt Wohlen gerade so richtig, wo der Hammer hängt.
Setliste – XII Gallon Overdose
- Damn Hot
- Bang Your Head
- Roll The Rock
- Running High
- Black Jack
- No Pain No Gain No Rock ‘N’ Roll
Atlas&Axis
Auf die Burning Witches und Gomorra (ehemals Gonoreas) müssen die Fans heute trotzdem nicht komplett verzichten, denn mit Romana Kalkuhl und Jonas Ambühl übernehmen nun zwei Vertreter dieser Truppen das Kommando. Gemeinsam mit Pablo Cevallos (Gitarre), Nico Ardüser (Bass) und Roman Zeindler (Drums) bilden sie die Formation Atlas&Axis. Das ist sauber vorgetragener Schwermetall, zu welchem die Zuhörer brav ihre Mähnen schütteln können. Inzwischen hat sich der Saal doch einigermassen anständig gefüllt. Vor dieser Kulisse macht’s doch gleich nochmals ein bisschen mehr Spass, oder? Speziell Nico steht die Spielfreude deutlich ins Gesicht geschrieben.
Setliste – Atlas&Axis
- My Way
- Elements
- Power And Might
- Help Me
- Blood Will Flow
- To Violence
- Winter
Sin Starlett
Wir bleiben gleich im schwermetallischen Sektor, denn die Luzerner Sin Starlett sind ebenfalls in diesem Genre angesiedelt. Soundmässig ist das definitiv eine Reise zurück die 80er-Jahre. Dazu passen natürlich auch die gestreiften Hosen von Sänger Elias Felber. Parallelen zu Judas Priest oder Iron Maiden sind deutlich heraushörbar. Ein Vorteil der Swiss Metal Masters? Man lernt wirklich immer wieder talentierte Truppen kennen. Unsere Szene lebt! Für Begeisterungsstürme sorgt dann ebenfalls das Gastspiel von Leandro Pacheco an der Gitarre bei zweien Tracks. Ihn kennt man ja noch bestens von seiner Zeit als Gonoreas-Sänger.
Setliste – Sin Starlett
- Intro – The March Of The Iron Musketeers
- Electric Expander
- Headed By The Hexx
- Black Magic Sky
- Digital Overload (mit Leandro Pacheco)
- Savage Nightshifts (mit Leandro Pacheco)
- Winds Of Fury
Allison
Ähnlich wie Exhortation Reloaded durfte auch die nächste Truppe erst kürzlich eine Reunion zelebrieren. Diese fand spannenderweise exakt 30 Jahre nach der Bandgründung statt. Und Allison haben definitiv auf sich aufmerksam gemacht. Beinahe täglich wurden in den sozialen Medien Meldungen und Beiträge gepostet. So wurde schliesslich dann auch ich auf die Schwyzer aufmerksam. Heute Abend hat’s endlich geklappt mit dem Konzertbesuch. Zu hören gibt’s mit Herzblut gespielten Hard Rock, den meine Gehörgänge wohlwollend willkommen heissen. Die Musiker agieren allesamt routiniert. Frontmädel Janet La Rose muss die Besucher zwar ab und an ein bisschen aus der Reserve locken («Hey wo sinder?»), aber danach wird stets brav mitgeklatscht.
Setliste – Allison
- Can You Hear Me
- Without A Woman
- Still Got This Thing
- Dancing On A Line
- Hang Tough
- Grand Lady
- Rock High
Sacred Steel
Was bei der letztjährigen Festival-Ausgabe geklappt hat, wird 2019 ebenfalls wieder umgesetzt. Die Veranstalter haben mit Sacred Steel nämlich eine Gast-Kapelle aus Deutschland nach Wohlen eingeladen. Heavy Metal vom Scheitel bis zur Sohle – sowohl musikalisch als auch in Sachen Outfits (Nieten ahoi!). Allerdings erkenne ich ebenfalls gewisse Power Metal-Passagen. Die Herrschaften aus Ludwigsburg liefern ab. Wir kleben für einmal nicht am Gitter, sondern betrachten die ganze Szenerie vom Bartresen aus. Schliesslich muss man sich doch auch einmal einen Überblick über die ganze Szenerie verschaffen. Dabei kann man idealerweise sogar noch die eine oder andere Blondine schlürfen.
Setliste – Sacred Steel
- Intro – Glory Ride
- Heavy Metal Sacrifice
- Battle Angel
- Metal Is War
- Master Of Thy Fate
- Faces Of The Antichrist
- Denial Of Judas
- Wargods Of Metal
GurD
Mister V.O. Pulver sitzt ja bekanntermassen nicht 365 Tage im Jahr in seinem Tonstudio herum. Der gute Mann steht zwischendurch auch überaus gerne mit seinen Bands Poltergeist oder GurD auf den Bühnen dieses Planeten. Letztgenannte Truppe übernimmt ab jetzt das Zepter. Mit einem 50 Minuten-Slot sind sie am heutigen Abend sozusagen als Headliner einzustufen. Mit viel Wucht wird uns ein brachiales Gemisch von Thrash und Groove Metal und die Lauscher geballert. Offenbar zu viel für die Boxen, denn ausgerechnet jetzt leidet die Soundqualität. Doof, denn bisher hat’s diesbezüglich effektiv keine Probleme geben. GurD ziehen ihr Programm allerdings unbeirrt durch und bringen meinen Nacken nichtsdestotrotz an seine Grenzen.
Setliste – GurD
- Get Up
- Learn
- Rule The Pit
- What Do You Live For
- Just Give It Up
- Your Drug Of Choice
- Never Fail
- Go For It
- Bang
- We Will Resist
- Down The Drain
- Skin Up
- Warmachine*
*Zugabe
Giftstoff
Für den Rausschmiss stünde eigentlich noch eine Dosis Punk Rock auf dem Programm. Da unser Fahrer allerdings langsam nach Hause gehen möchte und wir ehrlich gesagt auch nicht mehr hundertprozentig auf der Höhe sind, geht’s langsam aber sicher Richtung Auto. Inzwischen hat sich der Saal sowieso ziemlich geleert, da einige wohl den letzten Zug erwischen müssen. Naja, hoffentlich erhalte ich bald Gelegenheit, Giftstoff doch noch irgendwo live zu erleben.
Das Fanzit
Erneut ein gelungenes Swiss Metal Masters-Festival. Abgesehen vom GurD-Gig vermochte die Soundqualität endlich einmal zu überzeugen. Dies war in dieser Location bisher nämlich keine Selbstverständlichkeit. Organisatorisch lief alles glatt. Der straffe Zeitplan konnte ziemlich gut eingehalten werden. Mit Exhortation Reloaded durfte ich eine coole und – zumindest für mich – neue Band kennenlernen. Neben den Zürchern gab’s auch von Devils Rage und XII Gallon Overdose bärenstarke Auftritte zu bestaunen. Leider mussten die ersten paar Akteure mit ziemlich wenig Publikum auskommen. Im Verlaufe des Abends hat sich der Saal dann aber glücklicherweise immer besser gefüllt. Ich freue mich bereits jetzt auf die Swiss Metal Masters 2020 – dann darf das Festival sogar das fünfjährige Mini-Jubiläum feiern.