Kein Scherz!
Zeit für irgendwelche April-Witzeleien blieb an diesem Montagabend keine. Im Vordergrund standen nämlich primär die todesmetallischen Klänge, die von vier Gruppen aus diversen Ecken unseres Planeten vorgetragen wurden. Wie sich die von Veranstalter Roadrage-Booking nach Zürich gelotsten Akteure geschlagen haben, wird in den nachfolgenden Zeilen verraten.
Einmal im Jahr fragen sich die Menschen, ob sie wirklich alles glauben sollen, was so im Internet steht. Dieses Phänomen ist auch unter der Bezeichnung «1. April» bekannt. Einer Falschmeldung auf den Leim zu gehen wird tunlichst vermieden. Dass dieses Verhalten bloss an einem von 365 Tagen zum Tragen kommt, spricht nicht gerade für die Hirnwindungen der Mehrheit unserer Gesellschaft.
Leute mit wachem Verstand sollte sich von diesem Einstieg allerdings nicht verunsichern lassen, sondern viel eher einen Abstecher in Kellergewölbe des Dynamo in Erwägung ziehen. Richtig gelesen, es geht wieder einmal ins Werk 21. Wer auf durchgenudelte Nackenmuskeln steht, kommt ehrlich gesagt gar nicht um den heutigen Event herum. Die Amis von Misery Index befindet sich zurzeit in der ersten Phase ihrer «Rituals Of Power»-Tour und haben sich dazu ein Dreier-Support-Paket bestehend aus Truth Corroded, The Lion’s Daughter und Wormrot mit ins Boot geholt. Für mich persönlich bedeutet dies abermals jede Menge Horizonterweiterungen.
Truth Corroded
Für die ersten Knüppel-Salven des Abends sind Truth Corroded aus Down Under zuständig. Jake Sproule verwandelt seine Drums effektiv in ein Maschinengewehr. Ganz grosses Blastbeat-Kino! Ergänzt wird dieses durch das brüllende Biest Jason North an der Mikrofon-Front. Der «Aussie» Fünfer muss zwar mit wenig Publikum auskommen, empfiehlt sich während der halbstündigen Darbietung aufgrund von sehr guten Leistungen aber trotzdem für weitere Auftritte hierzulande. Der Mix aus Thrash und Death Metal hat es definitiv in sich. Vor der letzten Nummer «Victims Left Lepers» erkundigt sich Rhythmus-Klampfer Trent Simpson fürsorglich bei den Besuchern, ob irgendjemand mit ihnen einen «Schnäpps» trinken möchte. Sie hätten genug dabei. Offenbar hält sich der Durst bei der Zuhörerschaft allerdings (noch) in Grenzen.
Nach der Show ist für meinen Kumpel und mich sofort klar, dass wir dem Merchandise-Stand einen Besuch abstatten müssen. Die Verkäufer haben sich in dem Raum eingenistet, der sonst als Fumoir genutzt wird. Kein Problem, bei diesen angenehmen Temperaturen kann man ja auch problemlos draussen paffen. Wir unterhalten uns mit dem dankbaren Jason und erhalten neben unseren Shirts eine Gratis-Anstecknadel mit dem Band-Logo dazu. Coole Sache.
The Lion’s Daughter
Die nächste Kapelle lässt sich beim Soundcheck ziemlich viel Zeit. Irgendwie will einfach nicht alles passen. Doch dann können die Amis loslegen. Progressive und Blackened Sludge Metal soll das gemäss den von mir durchforsteten Quellen also sein. Reizüberflutung würde es eigentlich eher treffen. The Lion’s Daughter kombinieren schlichtweg zu viele Stile auf einmal miteinander. Dadurch können sich die Gehörgänge leider kaum auf das musikalische Schaffen der Jungs aus dem US-Bundesstaat Missouri einlassen. Wir schnappen uns an der Bar ein neues Bierchen und entscheiden uns anschliessend dazu, vor dem Werk 21 ein bisschen frische Luft zu schnappen. Offensichtlich hatten ein paar andere Besucher dieselbe Idee.
Wormrot
Zehn Minuten früher als geplant geht der Vertreter aus Singapur ins Rennen. Plötzlich ist das Gewölbe ziemlich gut gefüllt, weshalb wir uns mit einem Platz im hinteren Raumbereich begnügen müssen. Angesichts der Aktivitäten, die sich gerade vor der Bühne abspielen, bin ich darüber alles andere als unglücklich. Wormrot scheinen nämlich die Moshpit-Auslöser vom Dienst zu sein. Im Gegensatz zu The Lion’s Daughter ist in ihrem Fall die Stilfrage kein allzu kniffliges Rätsel. Zu hören gibt’s nämlich fiesen und giftigen Grindcore. Wieso die Jungs eine Setliste mit über 30 Songs verweisen können? Tja, wenn die meisten Stücke nur knapp eine Minute dauern kriegt man das durchaus in einem halbstündigen Slot unter. Für Stimmung sorgen die Asiaten definitiv, aber nichtsdestotrotz bleiben Truth Corroded für mich der beste Support-Act des heutigen Abends.
Misery Index
Die Aktien der Todesmetaller aus Baltimore, Maryland scheinen hoch im Kurs zu stehen, denn nun hat sich wieder die komplette Besucherschar im Gewölbe versammelt, um den nackenbrechenden Klängen zu lauschen. Wie zuvor bereits Wormrot legen auch Misery Index einen Frühstart hin und feuern schon um 22 Uhr aus allen Rohren. Nach den bärenstarken, letztjährigen Gigs am Summer Breeze Open Air und Meh Suff! Metal-Festival musste ich die Truppe einfach wiedersehen. Jason (Bass/Gesang), Adam (Drums), Mark (Gitarre/Gesang) und Darin (Gitarre) enttäuschen auch heute Abend überhaupt nicht. Abriss nach Mass!
Die Setliste wird jedoch nicht wirklich auf das neuste Werk «Rituals Of Power» ausgelegt. Das Quartett entscheidet sich für einen ausgewogenen Song-Mix. Von der 2010er-Platte «Heirs To Thievery» gibt’s beispielsweise ebenfalls drei Nummern zu hören. Das Publikum bleibt ähnlich engagiert wie bei der «wormrot’schen» Darbietung. Morgen werden ich beziehungsweise meine Nackenwirbel sich definitiv an die heutige Veranstaltung zurückerinnern. Nach rund einer Stunde beendet die zerstörerische Dampfwalze aus dem Ami-Land mit «Traitors» ihre Schicht und hinterlässt eine rundum zufriedene Zuhörerschaft.
Das Fanzit
Truth Corroded und Misery Index waren aus meiner Sicht die klaren Sieger des Abends. Am Ende war es wahrscheinlich clever, dass sich die Veranstalter für das nicht überall gleichermassen populäre Werk 21 entschieden haben. Den Dynamo Saal hätte man mit diesem Package wohl kaum vollgekriegt und somit dann auch ein Verlustgeschäft eingefahren. Solange das Gewölbe nicht gerade aus allen Nähten platzt, hat man immer noch eine einigermassen brauchbare Sicht auf die Bühne. Anhänger der extremen Spielarten der schwermetallischen Musik kamen definitiv auf ihre Kosten. Einzig die Spielplan-Anpassungen von Wormrot und Misery Index hätte man gerne noch kommunizieren dürfen. Glücklicherweise haben wir bei diesen beiden Shows lediglich den Anfang verpasst.
Den Abschluss soll ein kleiner Ausblick in die nahe Zukunft bilden. Veranstalter Roardrage-Booking hat nämlich für den 10. April bereits das nächste Kracher-Paket in Form von Jungle Rot, Requiem und Ultra Violence am Start. Der nächste Härtetest für die Mauern das Dynamo-Gewölbe – da gehe ich jede Wette mit euch ein.
Setliste – Truth Corroded
- To The Carnal Earth
- The Leeches Feed
- They Are Horror
- As A River The Bled
- Of Open Eyes And Willing Hands
- Leave Nothing Alive
- Crown The apocalypse
- Victims Left Lepers
Setliste – Wormrot
- Outworn
- Blockhead Fuck Off
- God’s In His Heaven
- Take Aim
- A Dead Issue
- Public Display Of Infection
- Buried The Sun
- Oblivious Mess
- Forced Siege
- Descending Into The Unknown
- No One Gives A Shit
- Shallow Standards
- Hollow Roots
- Stench Of Ignorance
- Back Stabber Mission Aborted
- Evolved Into Nothing
- Ferocious Bombardment
- Lost Swines
- Take Aim
- Sledgehammer
- Critical Human Stupidity
- Still Irrelevant
- Outburst Of Annoyance
- The Face Of Disgrace
- Outworn
- Fallen Into Disuse
- Eternal Sunshine Of The Spotless Grind
- The Final Insult
- Compulsive Disposition
- Good Times*
- Manipulation*
*Zugabe
Setliste – Misery Index
- The Great Depression
- The Carrion Call
- Conquistadores
- Ruling Class Cancelled
- Conjuring The Cull
- I Disavow
- Naysayer
- Sheep And Wolves
- Exception To The Ruled
- Ghosts of Catalonia
- The Spectator
- New Salem
- You Lose
- Traitors