Nordische Folkmusik im Theater
Hä, wie bitte? Metalinside.ch ist doch eine Metal-Plattform? Genau, und hier gehört ein Bericht über Wardruna auch bei ihrer Distanz zu verzerrten Gitarrenklängen hin! Die norwegischen Folk-Musiker besuchten das Zürcher Theater 11 am 8. und 9. März für eine Doppelshow und überzeugten mit einem speziellen Auftritt.
Nun, ein bisschen komisch sind solche Theater-Konzerte ja schon. Gemütliche Sessel, keine Stehplätze… Diese sind aber auch nicht nötig, schliesslich machen Wardruna ja nicht Musik zum abgehen, sondern zum ruhig geniessen. Ich bin gespannt auf die heutige Darbietung, welche als Zusatzshow angekündet wurde, nachdem der Samstag-Auftritt innert kurzer Zeit ausverkauft war.
Dass viele der Zuschauer Wardruna von der Serie «Vikings» kennen, mag eine Behauptung sein; aber ich stimme ihr definitiv zu. Übrigens, selten habe ich so viele Zöpfe im Haar und Perlen in Bärten gesehen wie an diesem Abend! Auch kleidungstechnisch haben sich viele auf den heutigen Abend eingestimmt, immer wieder sieht man traditionell wirkende Kleidung aus alten, nordischen Zeiten.
Wardruna
Es wird also dunkel und der Auftritt beginnt. Während den ersten zwei bis drei Songs störe ich mich am Publikum, welches alles andere als leise ist und damit den Beginn des Auftritts gewaltig stört. Eventuell habe ich meine Erwartung in Sachen Disziplin auch ein wenig zu hoch geschraubt, nachdem ich von verschiedenen Seiten Eindrücke von der letzten Show im Komplex 457 vermittelt bekommen habe. Auf jeden Fall finde ich es respektlos, bei dieser Art von Musik dauernd zu plappern und den Rest des Publikums (und vielleicht sogar die Band) mit verschiedenen Lärmquellen zu stören. Auch die Handydisplays, welche während dem gesamten Auftritt für eine zusätzliche Lichtshow sorgen, gehen auf den Geist!
Gott sei Dank beruhigt sich die Nebengeräusche-Situation nach einiger Zeit. Projekt-Leader Einar und seine Musiker können nun endlich eine richtig intensive Atmosphäre aufbauen. Durch verschiedenste Arten von Gesängen (Flüstern, repetitives Murmeln, inbrünstige Chöre) und dem Einsatz aller möglichen Arten von Folk-Instrumenten verzaubern die Norweger das Zürcher Publikum.
Auch das Bühnenbild trägt das Seinige zum Ambiente bei: Auf der Bühne ist es mehrheitlich dunkel, im Hintergrund erstreckt sich ein riesiger tarnnetzartiger Vorhang bis zur Decke. Der Vorhang resp. die ihn bescheinenden orangen Schweinwerfer sind gleichzeitig auch die grösste Lichtquelle. Zu sehen sind also vor allem die Silhouetten und Bewegungen der Musiker und Instrumente, aber keine Details. Da wird man im Vergleich beim heftigen Strobo- und Trommeleinsatz am Ende von «Thurs» geradezu geblendet!
Die Setliste führt uns durch verschiedene Stücke der vergangenen vier Alben: den drei Trilogie-Alben, in welchen die 24 altnordischen Runen interpretiert werden und dem erst im November erschienenen, auf der Völuspá basierenden «Skáld». Nach 15 Stücken und knapp eineinhalb Stunden richtet sich Einar zum ersten Mal an das Publikum und bedankt sich. Nach einer kurzen Stellungnahme zu Herkunft, Völkerwanderungen, Traditionen und Liedern in seiner Heimat kündigt er den letzten Song «Helvegen» mit der Thematik des Todes und des Abschieds an.
Glücklicherweise ist dann noch nicht ganz Schluss. Die Band verlässt zwar den Saal, doch Einar bleibt noch und zeigt sich verblüfft über die Standing Ovation, die ihm im Theater 11 geboten wird. «I’m not Swiss, does this mean you want another one?» Scherzhaft fügt er noch an: «I’ll do a classic one, do you know ‘Smoke On The Water’?» Selbstverständlich gibt es nicht diesen, sondern einen viel älteren Klassiker, eine in einer Schlangengrube geschriebene Poesie. Was für ein Abschluss!
Das Fanzit
Die Gespräche im und vor dem Theater 11 sprechen für sich. Rundum sind alle überwältigt von der Show, von den musikalischen Interpretationen und der Atmosphäre. Wardruna haben auf ganzer Linie überzeugt – und hauen am Tag darauf noch einmal einen drauf!
Setliste Wardruna
- Tyr
- Wunjo
- Bjarkan
- Heimta Thurs
- Thurs
- Runaljod
- Raido
- Völuspá
- Isa
- UruR
- Algir – Stien Klarnar
- Dagr
- Fehu
- NaudiR
- Odal
- Helvegen
- Snake Pit Poetry*
*Zugaben